Grösser, globaler, besser Expo Real Talk über Risiken und Chancen von Fusionen
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Grösser, globaler, besser?

Expo Real-Talk über Risiken und Chancen von Fusionen

Konsolidierung ist Fakt, aber wo liegen die Vor- und Nachteile vonFusionen und Übernahmen? Moderator Dirk Bakker diskutiert mit Marc Werner, David Etmenan und Ingo Peters.

München. Pipeline, Entwicklung, Expansion: Für die Bosse der grossen internationalen Hotelketten spielt die Grösse ihres Unternehmens nach wie vor eine Riesenrolle. Doch wie viel besser ist gross, birgt schnelle Expansion nicht auch Risiken und welche Rolle spielen bekannte Marken? Ein Panel auf der Expo Real-Konferenz "Hospitality Industry Dialogue" vor zwei Wochen fühlte dem Thema auf den Zahn.

Der Marriott-Starwood Deal ist nicht das Ende: Das Übernahme-Karussell bleibt in Bewegung, sei es über das Schlucken von Betriebsgesellschaften, Marken und/oder Hotel-Immobilien. Und immer mehr beteiligt, so Moderator Dirk Bakker von Colliers International Real Estate, seien chinesische Investoren, die sich global – und dabei besonders gerne in europäische – Hotelgruppen einkaufen. Selbst Branchenriese AccorHotels ist davor nicht gefeit. An ihm hält das chinesische Konglomeat Jin Jiang bereits Anteile. Auf der anderen Seite machte das Unternehmen selbst im Vorjahr durch die Übernahme der Luxuskette FRHI mit den Marken Raffles, Fairmont und Swissôtel als Käufer von sich reden.

Im gehobenen und oberen Segment stehen AccorHotels-Investoren damit heute die Marken Pullmann, Sofitel, MGallery, Swissôtel, Fairmont und Raffels zur Auswahl. Ingo Peters, General Manager des Fairmont Vier Jahrezeiten Hamburg und Regional Vice President Fairmont, steht der gerade stattfindenden Fusion der beiden Unternehmen positiv gegenüber. "Einige dieser Hotels würden besser in andere Marken passen", ist er überzeugt. Noch seien aber diesbezüglich keine Entscheidungen gefallen. "Schliesslich müssen die Eigentümer davor gefragt werden und diese lassen sich viellecht gerne upgraden, aber nicht herunterstufen."

Ingo Peters, Fairmont Vier Jahreszeiten Hamburg: Gäste schickt er jetzt ins Sofitel. 

Synergien primär Kosten-Vorteile

Seinem eigenen Haus in Hamburg habe die Übernahme bisher keine Nachteile gebracht. "Das Sofitel liegt nicht weit vom Fairmont entfernt. Wenn es ausgebucht ist, schickt es die Gäste jetzt zu mir und nicht mehr zu Steigenberger", freute sich der Manager über die neuen Synergien. Vor Ankündigung der Übernahme habe FRHI gerade über die Schaffung eines neuen Kundenbindungs-Programms für die drei Marken nachgedacht. "Jetzt werden wir in das riesige Accor Club-Programm integriert", hebt er einen weiteren Vorteil hervor. Zwar wären einige Eigentümer sicherlich nicht glücklich über die Übernahme gewesen, letztendlich würden aber alle von der Economy of Scale profitieren. "AccorHotels hat ganz andere Fee-Strukturen, andere Energie- und Wartungsverträge, etwa für Aufzüge", nennt Peters Beispiele.

Die Markenvielfalt von AccorHotels und die Entwicklung neuer Marken imponiert dem Manager ebenfalls: "In unserem Headquarter sitzen jede Menge Leute, die sich Gedanken um junge Marken machen. Und es werden weitere kommen wie jetzt gerade Jo&Joe", erklärte er. Er selbst kenne mindestens 12 Betriebe, die gut in ein Jo&Joe passten. "Manche unserer Loyalty Programm-Teilnehmer buchen dort vielleicht ihre erwachsenen Kinder ein," sagte er.

Zukäufe beflügeln Markt- Position

Verschwindet eine Marke von einem Haus oder hat es erst gar keine, dann sieht David Etmenan, CEO und Owner der Novum Group Hotel, ganz genau hin. Innerhalb kürzester Zeit ist sein Unternehmen auf 101 Häuser im 3- bis 4 Sterne Segment gewachsen, etwa 30 Prozent davon befinden sich im Eigentum, der Rest ist gepachtet. "Ich bin ein Fan von Mergers, die Märkte werden weiter konsolidieren. Ich bekomme ständig Hotels zur Pacht angeboten," freute er sich und verwies ebenfalls auf den Economy of Scale-Effekt: "Je grösser ein Unternehmen ist, desto besser wird die Verhandlungsposition. Wer still steht, verliert Marktanteile." Derzeit hat Novum vier eigenen Linien: 87 Hotels zählten zur Marke Novum, daneben gibt es Novum Style, Novum Select und Novum LikeApart.

Lustig: Das neue Würfel-Spiel, das die Marken von Marriott und Starwood wild miteinander kombiniert.Foto: map

Man könne erfolgreiche Marken wie Motel One nicht adaptieren oder kopieren, sondern müsse seine eigenen Produkte entwickeln, so Etmenan, der die Zahl seiner Hotels bis 2020 um weitere 50 erweitern möchte. Dies vor allem im Ausland rund um Deutschland. Zu diesem Zweck habe man ein Expansionsteam mit 12 Mitarbeitern gegründet. Novum hat ein eigenes Loyalty-Programm, beschäftigt 12 IT-Mitarbeiter und das eigene Reservierungsbüro ist an 365 Tagen im Jahr von sieben Uhr morgens bis Mitternacht geöffnet. "Wir produzieren Direkt-Buchungen, andere investieren gar nicht in diese Bereiche," so Etmenan.

Ausserhalb Deutschlands ist die Expansion von Novum mit internationalen Marken geplant, dazu wird das Unternehmen Franchise-Verträge unterzeichnen. "Wir haben das anaylsiert; man kann in einem fremden Land nicht so schnell aus eigener Kraft wachsen, dass man die Economy of Scale erreicht", sagt der CEO. Grosse Marken würden im Marketing- und Sales-Bereich immer grösser, hätten starke Kundenbindungsprogramme und die Möglickeit, Gäste von einem Haus ins andere zu schicken. "Wenn man einen neuen Markt betreten möchte, ist die Plattform wichtig", so Etmenan. Erst vor wenigen Tagen schloss Novum ein Multiple Development Agreement mit IHG über 20 Hotels in Europa ab.

Nicht begeistert zeigt sich der Manager von dem derzeitigen Investoren-Run auf die sieben deutschen Top-Städte. "Das Kapital dafür kommt aus der ganzen Welt und treibt die Preise dabei künstlich in die Höhe", sagt er. Beim Einstieg seines Hotels in der Landsberger Strasse in München habe er noch 650 Euro pro Quadratmeter bezahlt, heute würden dort 1.500 Euro aufgerufen.

David Etmenan, Novum Group, ist ein Fan von Fusionen.

Change of Control-Klauseln sind rar

Jede Übernahme geht mit einer Vertragsveränderung einher. "In Deutschland ist der Pacht-Vertrag am gebräuchlichsten, aber man muss sich natürlich jeden Vertrag genau anschauen", erklärte dazu Marc Werner, Managing Partner bei Hogan Lovells in Frankfurt am Main. Üblicherweise kaufe ein Investor ein Paket aus Immobilie und Standard-Betreibervertrag. Dabei wolle der Eigentümer keine schlechtere Marke als zuvor für sein Haus haben, in der Regel auch in einer Marke bleiben. Der Pächter habe normalerweise ein Mitspracherecht bei der Markenwahl.

Schwieriger werde es bei der Übernahme von Management- oder Franchise-Verträgen, worauf der Eigentümer manchmal gar keinen Einfluss habe. Eine Rolle bei der Markenwahl spiele auch das Wettbewerbsumfeld. Die derzeit sehr beliebte Mixed Use-Immobilie sei zudem in der Vertragsgestaltung komplizierter als einzelne Hotels. "Nur sehr wenige Pacht- und Management-Verträge haben eine Change of Control-Klausel", erklärte Werner. Diese definiert die Verhältnisse im Falle eines Eigentümerwechsels.

In Deutschland, so Werner, werde sich die Pacht-Landschaft nicht ändern. Instiutionelle Investoren müssten Pacht-Verträge eingehen, z.B. mit Novum oder Motel One, oder sie arbeiteten mit Betreibern zusammen, die auch Franchise-Nehmer einer Kette seien und acht bis 15 Hotels betrieben – wie etwa Success oder Bierwirth & Kluth. "Sie existieren, damit Martin Schaller ein Hotel kaufen darf," spielte Werner auf die Pacht-Vertragsforderungen des Investment-Hauses Union Investment an.

Marc Werner, Lovells: Change of Control ist rar.

"Die anglelsächsischen Betreiber werden auch in Zukunft keine Pacht-Verträge in Europa unterschreiben." Dies biete den Betreibern Verhandlungsspielraum. "Ich würde die Grossen zwingen, die Franchise-Gebühren zu senken, wenn ich mehrere Hotels habe."

In der Zukunft sieht Experte Marc Werner noch mehr Fusionen kommen. Geld sei genügend auf der Welt. "Private Equity-Investoren kaufen zunehmend Plattformen und Hotels", sagte er. Neben der schieren Grösse machte Werner einen weiteren Grund für Marken-Übernahmen aus: "Es ist einfacher, einen Störenfried oder Teile an ihm zu übernehmen anstatt eine vergleichbare Marke selbst zu erfinden." Man denke nur an die langwierige Moxy-Entwicklung.

Und damit fiel es dem Anwalt auch nicht schwer, die Abschlussfrage von Dirk Bakkers zu beantworten, in welche Art von Hotel er investieren würde, wenn man ihm 250 Millionen Euro zur Verfügung stellte: "In einen kreativen Nischenexperten, ihn ausbauen und dann verkaufen." Peters dagegen nannte 4 Sterne-Hotels als bevorzugte Anlage, Etmenan eine OTA-Plattform. / Susanne Stauss

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