17 qm und Upgrading bis ins Uferlose Hat Budget noch eine Zukunft oder droht der Einheitsbrei in der Mitte
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17 qm und Upgrading bis ins Uferlose?

Hat Budget noch eine Zukunft oder droht der Einheitsbrei in der Mitte?

Budget-Trend-Treiber Motel One: die 'One Lounge' in Basel.

Wiesbaden. Klassische Budget-Hotels rüsten ihre Hardware auf, teilweise verändern sich die Zimmer-Grössen und selbst das gastronomische Angebot wird ausgebaut. Im Gegenzug dazu verschlankt sich die 4 Sterne-Hotellerie aufgrund der immer teurer werdenden Immobilien-Preise. Gibt es bald nur noch einen Einheitsbrei in der Mitte? Motel Ones jüngste Ankündigungen, ihre neuen Budget-Hotels mit Marmorboden, exklusiven Designer-Möbeln, Kleenex und Safes auszustatten, setzt im deutschen Markt eine sensible Diskussion in Gang.

Die Manager des Berliner Projektentwicklers GBI AG erleben es mit: "Die Hotellerie in Deutschland hat sich im 3 Sterne-Minus bis 4 Sterne-Plus Bereich mit einer Netto-Zimmerfläche von 22 bis 24 qm eingependelt", sagt Chris-Norman Sauer, Head of Development. Marken der sogenannten Budget-Hotellerie wären dabei, ihre Zimmer-Grösse von bisher 14 bis 16 auf bis zu 19 qm auszudehnen – und entsprächen damit heute eher der Economy-Kategorie. Zudem würden die öffentlichen Bereiche einladender, durchdachter gestaltet und stärker den Standorten angepasst.

Reiner Nittka, GBI: Budget-Hotels wachsen in der Fläche, 4 Sterne-Hotels schrumpfen.

"Noch vor fünf Jahren galt die Faustregel, dass in einem Budget-Hotel pro Zimmer max. 30 qm BGF kalkuliert werden. Bei den 4 Sterne-Hotels war es um die 50 qm – teilweise sogar deutlich darüber. Dieser deutliche Flächen-Unterschied hat sich halbiert, durch Flächen-Zuwachs bei der neuen Generation der Budget-Hotels und dem gleichzeitigen Spardruck in der 4 Sterne-Klasse. Holiday Inn Express und andere moderne Budget-Hotels haben durch die grösseren Zimmer und die grosszügigeren öffentlichen Flächen heute einen BGF-Verbrauch pro Zimmer von 35 qm, manchmal sogar noch etwas mehr", so der GBI-Entwickler. 4 Sterne reduzierten dabei nicht nur die Zimmer-Grössen, sondern beispielsweise auch den Fitnessbereich oder führten Multifunktionsräume anstelle von Konferenz-Zonen ein.

Mit fast 22 qm fielen die Zimmer des ersten, von der GBI errichteten Premier Inn im Frankfurter Europaviertel grösser aus als im Heimatland Grossbritannien. Dies, so GBI-Vorstand Reiner Nittka, sei allerdings der Tatsache geschuldet, dass die Immobilie ursprünglich als ein GBI-Smartment-Gebäude geplant worden war. "In den neuen Premier Inn Hotels in Deutschland werden die Zimmer 19 qm haben", weiss er. Ausgestattet mit einer Vollküche für das Restaurant und hochwertigen, geräumigen öffentlichen Flächen bezeichnet Premier Inn sich selbst als "Premium Economy"-Marke.

Der Gast zahlt nicht mehr pro Quadratmeter

"Budget ist nicht out. Aber Budget ist im Wandel und wird dadurch immer stärker zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für die klassische 3- bis 4 Sterne-Hotellerie", erklärt Chris-Norman Sauer. Der Kunde interessiere sich nicht mehr dafür, wie das Hotel klassifiziert sei. "Es gibt selbst bei Business-Kunden immer weniger Status-Denken. Der Gast will heutzutage ein Hotel-Erlebnis, Abwechslung und Überraschung. Er sucht den regionalen Bezug und Authentizität. Dafür bezahlt er Geld – nicht mehr für den Quadratmeter Zimmerfläche", sagt er und verweist dabei auch auf die derzeit von Motel One getätigten grosszügigen Investitionen in öffentliche Bereiche sowie die Ausdehnung des F&B-Angebots, beispielsweise durch das vor wenigen Monaten eingeführte Gin-Menu mit 40 Sorten.

Motel One-Zimmer: An der Grösse soll sich nichts ändern.

Laut Ursula Schelle-Müller, Chief Marketing Officer der Motel One Group, werde sich auch bei der nächsten Generation Motel One die Zimmer-Grösse von durchschnittlich 16 qm nicht ändern. Allerdings erhalte das im März in Berlin eröffnende 580 Zimmer grosse Motel One Upper West eine umfassende Produkt-Verfeinerung, auch im Zimmerbereich, wo u.a. Sessel der Sitzmöbel-Manufaktur Freifrau und runde Schreibtische, SmartTV und Safe sowie lokale Kunst Einzug halten werden. An der Lobby-Lounge-Bar werde es ebenfalls Weiterentwicklungen geben. Angesichts all dieser Upgrades wird Motel One jetzt in seinem Marken-Subtitle "Low Budget Design" künftig das Wörtchen "Low" weglassen – zur Economy bekennt man sich hier jedoch noch nicht.

Von der 2 Sterne-Klassifizierung hat sich die Gruppe jedoch inzwischen auch verabschiedet. "Dafür haben wir auf der einen Seite zu viel, auf der anderen Seite zu wenig," begründete Schelle-Müller dies vor drei Wochen vor einer Journalisten-Runde in München. "Bei uns gibt es z.B. keinen geforderten zweiten Mülleimer im Zimmer."

Einen anderen Weg als Motel One hat die junge Marke Ruby eingeschlagen, am Ende des Tages tritt aber auch sie in den Wettbewerb mit den weiterentwickelten Budget-Hotels. "Im Gegensatz zu Design-Budget-Hotels, die sozusagen ein Budget Hotel chic machen, machen wir ein Luxushotel schlank", erklärt Ruby-CEO Michael Struck. Dabei konzentriere man den Luxus im Zimmer auf das Wesentliche wie beispielsweise die Schlafqualität, mit hochwertigen und 2,10 m Betten, einem besonderen Schallschutz und hervorragenden Verdunklungsmöglichkeiten.

Ruby Hotels vermarktet sich als das schlanke Luxushotel.

Während ein klassisches 4 Sterne Hotel einen Gesamt-Flächenverbrauch von ca. 40 qm BGF pro Zimmer habe, benötige Ruby etwa 30 qm BGF pro Zimmer, im neuen Münchner Haus sind es z.B. 31,6 qm. Die Zimmer-Grösse Bad startet bei Ruby bei 16 qm und liegt im Schnitt bei 18 qm. Der RevPAR in den beiden Wiener Ruby-Hotels hat sich laut Struck im 4 Sterne-Bereich etabliert, mit den Einstiegspreisen bliebe man aber unter der magischen100 Euro-Schwelle. Allein das zeigt den Spagat zwischen Budget und Midscale.

Zu viel Kapital am Markt treibt die Aufrüstung

"Motel One treibt den Markt voran", ist Marco Nussbaum, CEO bei prizeotel, überzeugt, "technologisch sind wir aber noch die feinsten." Für Nussbaum ist klar: "Die Geiz ist geil-Mentalität ist vorbei". Deshalb investiert auch prizeotel derzeit in die öffentlichen Bereiche. An der Zimmer-Grösse von 16 qm werde aber auch prizeotel grundsätzlich nichts ändern. "Es sei denn", so Nussbaum, "es handelt sich um eine Conversion".

Wo immer man in der Budget-Hotellerie hinblicke, überall werde in Lobbys, Food-Konzepte, Betten und auch Safes investiert, so Nussbaum. Dies sei auch der Tatsache geschuldet, dass so viel Kapital am Markt sei. Grundstücke und Einrichtungen würden zudem immer teurer, zudem bessere Lagen erwartet. Dies alles werde sich in den Preisen der Budget-Hotellerie niederschlagen. Motel One beispielsweise startet heute in manchen Destinationen schon bei 79 Euro und nicht mehr bei 59 Euro, zu Messen und Events werden – je nach Bedeutung – Aufschläge ab 20 bis maximal 100 Euro fällig.

prizeotel: poppig-buntes Budget Design und Technologie-Trendsetter.

Allerdings bleibt Motel One mit diesen Preisen selbst in Messezeiten noch moderat. Andere, stark yield-getriebene Marken wie ibis Hotels liegen auch nur bei leicht gestiegener Nachfrage weit über 100 Euro und in Messezeiten können die Preise 300 bis 400 Euro erreichen.

Angesichts des permanenten Upgradings im Markt ist Nussbaum jedenfalls fest davon überzeugt: Wer als Betreiber nur noch die Kosten drücke und nicht investieren könne, werde vom Markt verschwinden.

ibis gestaltet Zimmer-Grössen flexibler

Dem Trend zur Verfeinerung hat sich in jüngerer Zeit aber auch ibis nicht verschlossen. In fast allen Hotels wartet die Gruppe bereits mit neuem Design, neuen F&B-Konzepten und besseren Betten auf. Eike Alexander Kraft, Corporate Communications Central Europe, beziffert die Zimmer-Grösse bei ibis budget auf derzeit ca. 14 qm, bei ibis auf ca. 16 qm und bei ibis Styles auf ca. 17 qm. "Allgemein werden die Zimmerprodukte und -grössen bei der ibis Familie flexibler gestaltbar. Dies hilft uns, besser auf die unterschiedlichen Projekte und die Bedürfnisse der jeweiligen Mikromärkte reagieren zu können", sagt er. Im asiatischen Raum beispielsweise betrage die Zimmer-Grösse 30 qm. Eine grundlegende Veränderung an den Vorgaben sei derzeit konkret nicht geplant.

Allerdings, so Kraft, habe ibis erst vor kurzem die öffentlichen Bereiche aufgewertet. "Im Designkonzept AVANZI, das vom französischen Designatelier Archange entwickelt wurde und in allen ibis nach und nach umgesetzt wird, spielt die Lobby eine sehr grosse Rolle. Warme Farben und Deko-Elemente aus Holz, gepaart mit grossen Polstermöbeln und grossen Ablageflächen, tragen zum Wohlfühlen bei. Und um immer 'Up-to-Date' zu sein, gibt es an den Rezeptionen grosse Displays, mit aktuellen Informationen den Aufenthalt betreffend. Zukünftig soll auch in der ibis family mehr Gestaltungsfreiheit gegeben werden, um eine bessere Anpassung an den lokalen Markt zu gewährleisten."

Super 8: 130 Elemente fürs Frühstück

Eine Vergrösserung der Zimmer von Super 8 mit derzeit 18 qm ist laut Wyndham-Sprecherin Haley Borisoff derzeit ebenfalls nicht geplant. "Grössere Zimmer würden auch die Baukosten und damit die Zimmerpreise steigern", erklärt sie. "Reisende im Budget-Bereich sind sehr preisempfindlich und wir möchten unsere Raten wettbewerbsfähig halten."

ibis styles erlaubt mehr Freiheit im Design als andere Marken.

Super 8 sei in Deutschland noch sehr jung, die öffentlichen Bereiche nach den neusten Standards der Branche und der Marke gestaltet und deshalb derzeit auch keine Veränderungen geplant. Allerdings hat Super 8 – wie der deutsche Exklusiv-Franchise-Nehmer Michael Bungardt von GS-Star jüngst stolz in München berichtete – in Deutschland 130 Elemente auf dem Frühstücksbuffet. Und für seine Coffee Shops ist eine Kooperation mit Dallmayr geplant. Premier Inn wird seinen eigenen Coffee Shop – Costa Coffee – aus England gleich selbst überall hin mitbringen.

B&B bleibt konsequent

Und wo stehen heute beispielsweise die Marriott-Marke Moxy oder B&B-Hotels? Markus Lehnert, Vice President International Development bei Marriott: "Wir sehen Moxy teilweise mit dem Budget-Bereich überlappen, aber nicht firm im Budget-Bereich verankert." Die Zimmergrösse von 17,5 qm soll bestehen bleiben. "Mehr wird nicht benötigt", so Lehnert. Das Design der Zimmer würde turnusgemäss etwas angepasst werden – derzeit dem Stil der öffentlichen Bereiche.

Der Grundgedanke solle aber erhalten bleiben: "Die öffentlichen Bereiche von Moxy funktionieren gut, dort werden wir Bewährtes mit Regionalem verbinden und so auch eine gewisse gestalterische Freiheit beibehalten." Moxy, derzeit erst mit drei Häusern in Deutschland vertreten, wird sich dem Wettbewerbsalltag aber jetzt erst langsam stellen und sein Konzept damit dem offenen Benchmark ausliefern.

Max C. Luscher, Geschäftsführer B&B Hotels Deutschland, fühlt sich mit seinem nach wie vor streng standardisierten Produkt im Kreise all dieser aufgehübschten und gratwandernden Kollegen bestens aufgestellt: "Budget ist nicht out, sondern war noch nie so 'in' wie heute", erklärt er. "Wir sehen, dass viele Hotelketten upgraden und den Budget-Bereich verlassen. Wir tun dies nicht, wir sind und bleiben das am meisten standardisierte Marken-Produkt im Markt-Einstiegssegment." Ein Seitenhieb auf die design- und upgrading-verliebten Motel Ones.

B&B Hotel Stuttgart-Vahingen: Top-Marke für Budget-Einsteiger.

Die B&B Zimmer haben eine BGF von rund 28 qm und einen Nettofläche von 15-17 qm. "Wir planen nicht, die Grösse zu ändern. Wir bieten ein qualitativ hochwertiges Produkt", so Luscher. Allerdings habe man gerade die Qualität des Betts angepasst und beabsichtige eine Aufwertung des Frühstücksbuffets. "Aber alles als Budget-Produkt", betont der Manager. "Der finale und günstige Preis, den wir den Gästen anbieten können, ist im Zweifel immer ein Unterscheidungskriterium."

Der sich anbahnende Einheitsbrei in der Mitte lässt nach unten also wieder Luft für Neues. So stösst beispielsweise das Buddy Konzept aus München in die Lücke: Seine Zimmer messen zwischen 10 und 12 qm. Die BGF für ein klassisches Buddy beziffert Geschäftsführer Johannes Eckelmann auf 20 qm. Der Mann, der die Cocoon Hotels in München als Budget-Marke ins Leben rief, ist dabei, mit dem Super-Budget-Format Buddy in Münchner Premium-Lage faszinierende Zahlen einzufahren: Über 90% Belegung bei einem RevPar von fast 100 Euro.

Weitere Konzepte, die den deutschen Markt nach Einschätzung der GBI-Manager bald noch mehr in Bewegung bringen dürften, heissen Hoxton, the Student Hotel, Zoku, Premiere Classe, 7 Days Inn und Yotel. / Susanne Stauss

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