2020: Das Hotel ein lebendes Labor

2020: Das Hotel ein lebendes Labor

Studie stellte an der ITB Zukunftsszenarien für die Branche vor

Der Service am Gast wird immer feinfühliger. Jérôme Destors, Moderator Prof. Dr. Christian Buer und Rohit Talwar beim 6. ITB Hospitality Day 2011.

Berlin. Hotelkategorien und Marken-Versprechen waren gestern, Hotels von morgen müssen sich noch sensibler als bisher auf die Gäste-Typen der Zukunft einstellen. Neben dem globalen Überblick gewinnen aber auch regionale Netzwerke an Bedeutung. Welchen Herausforderungen sich das Hotel 2020 stellen muss, geht aus einer aktuellen Studie hervor, die beim 6. "ITB Hospitality Day" in Berlin vorgestellt wurde und der es nicht an praktischen Beispielen fehlt.

Die Marken-Vielfalt wird weiter steigen, damit verbunden werden eine noch feinere Segmentierung der Gäste-Schichten und ein noch individuelleres Eingehen auf die Wünsche des Einzelnen sein. Davon ist Rohit Talwar, CEO des Londoner Instituts "Fast Future", felsenfest überzeugt. Für den Technologie-Anbieter Amadeus erstellte er die Studie "Mehr als Segmentierung – Wachstumsstrategien in einer Ära der Personalisierung und des globalen Wandels." Auszüge daraus stellten die Partner - Rohit Talwar und Jérôme Destors, Director Hotel IT bei Amadeus - an der ITB Berlin vor.

Laut Studie sind die Gäste von morgen entweder wahnsinnig beschäftigt, haben finanziell nur beschränkte Mittel, suchen die Einfachheit oder sind reich und schwer zu befriedigen. Hoteliers, die ihre Bedürfnisse erfüllen möchten, müssen künftig mehr denn je um die Ecke denken und sich auf immer schnellere Wechsel einstellen. Dabei genügt es längst nicht mehr, sich nur ein Zukunftsszenario vorzustellen, es sollten stets mehrere durchgespielt werden.

Rohit Talwar.

Eine wichtige Rolle beim Meistern neuer Situationen spielen die Mitarbeiter. Wer heute Mitarbeiter einstellt, sollte jene bevorzugen, die neugierig sind, keine Angst vor Unerwartetem haben, in Szenarien denken können und auch dann entscheidungsfreudig sind, wenn nicht alle vorliegenden Informationen in eine Richtung zeigen. Aus dem Hotel, so spitzt es die Studie zu, werde ein lebendes Labor für konstante Experimente.

Bald ein Jumeirah Beckham oder Hyatt Madonna?

Als weiteren Trend führt die Studie die Weiterentwicklung von Co-Brandings auf. Schon heute werbe das Burj al Arab in Dubai beispielsweise mit Badezimmer-Produkten von Hermès, ebenso gibt es Versace Hotels. Über die Zusammenarbeit mit Mode-Designern hinaus könnten sich aber beispielsweise auch Co-Brandings mit Stars ergeben. So sei in Zukunft durchaus ein Jumeirah Beckham oder ein Hyatt Madonna denkbar.

Im Gegenzug zu den feiner segmentierenden Markenhotels würden künftig immer mehr Privathotels die Vermarktungschancen starker Partner unter ihrem eigenen Namen nutzen. In Anlehnung an die "weissen Produkte" aus der Industrie bezeichnet die Studie sie als "white label"-Hotels.

Die Hotels der Zukunft werden weiterhin von globalen Konsumenten-Trends beeinflusst. Hinzu kommt die steigende Erwartung der Gäste an ihre Auswahl-Möglichkeiten bei Service und Hardware. Aus einem Pool von Service-Leistungen und Ausstattungsmodellen wie Zimmer-Grösse, Bettentyp, Dekoration, Möbel, Pflege-Produkten oder Technologie wollten Gäste nur jene Angebote herausfiltern, die sie benötigen.

Hoteliers: Umsatz-Modelle verfeinern, IT nutzen

Um Gäste ins Haus zu holen, werden Hoteliers ihre Umsatz-Modelle permanent verfeinern und sich auf diesem Gebiet Aktionen wie "Zahlen Sie, was Sie wollen" oder "Mieten Sie das Zimmer für 24 Stunden, egal, wann Sie anreisen" entwickeln. Um ihre Einkünfte zu steigern, so eine weitere Erkenntnis der Studie, sollten sie von der Einkaufslust ihrer Gäste profitieren und beispielsweise Lederwaren, Bekleidung, Transport-Möglichkeiten, Versicherungen oder Duty Free-Produkte im Haus verkaufen.

Auch in Zukunft werden Technologie und Internet grossen Einfluss auf die Hotellerie nehmen. Social Networks haben dabei nicht nur einen positiven Einfluss auf den Tourismus. Manche jungen Leute werden aufgrund ihrer permanenten Vernetzung gar keine grosse Lust mehr auf Reisen verspüren. Eine Herausforderung der Branche wird es sein, sie hinter dem Ofen vorzulocken. So oder so: Die intensive Beschäftigung mit den Social Media ist unabdingbar geworden.

Jérôme Destors.Fotos: map

Die Studie widmet dem Bereich "Micro-Segmentation" durch Technologie einen grossen Part. Denn ohne diese Hilfsmittel ist die Einteilung der immer fragmentierteren Zielgruppen kaum denkbar. Über die bereits bekannten Zielgruppen wie Best Ager oder superreiche High Networth Indviduals hinaus führt die Studie auch neue Gruppen auf - z.B. Menschen, die künftig über eine genetischen Pass verfügen werden. Dieser hält ihnen permanent gesundheitliche Gefährdungen vor Augen, wonach sie dies oder jenes nicht tun oder essen sollten.

Investoren von Marktkenntnis überzeugen

Eine weitere Herausforderung für Hoteliers ist die Kreation innovativer Finanzierungsmöglichkeiten. Weil Hotel-Betriebsgesellschaften heute kaum noch über eigene Immobilien verfügen, müssen sie bei ihrer Expansion Investoren von sich überzeugen. Dazu gehören auch Finanzierungsideen. Analysten werden den Wert von Hotelgruppen künftig nach Fähigkeit, Tiefe und Qualität ihrer Marktkenntnis beurteilen, so ein Fazit der Studie.

Regionale Netzwerke gewinnen

Themen, die die Entwicklung der Hotellerie auch in Zukunft beschäftigen werden, sind Politik und Sicherheit, Energie-Gewinnung, Infrastruktur, Luftfahrt, Reisen ins Weltall, Umwelt-Katastrophen, Klima und Gesundheitsgefährdungen. Weil immer wieder Teile der Welt unsicher sein werden, wächst aber auch die Bedeutung regionaler Netzwerke. Weltweit sind bereits heute Bemühungen eingeleitet worden, Reisende auf ihren Kontinenten zu halten. Hoteliers, die an Gästen aus fernen Ländern interessiert sind, rät die Studie zur Unterstützung bei deren Visa-Beschaffung. Der Inhaber eines Passes aus Grossbritannien könne heute ohne Visum in 166 Länder reisen, der eines chinesischen Passes nur in 35.

Ein Trost zum Schluss: Selbst wenn die Facebook-Generation vielleicht lieber zuhause am PC festklebt als ins Hotel zu gehen: Geschäftsreisen werden laut Studie trotz virtueller Konferenzen überleben.

Über die Homepage von Amadeus kann die mehr als 50seitige Studie "Hotel 2020: Beyond segmentation – strategies of growth in an era of pesonalization and global change" kostenlos per Mail bestellt werden; der Link zum Bestell-Formular. / Susanne Stauss

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