Allergische Reaktionen Österreich 1 EU Land mit eigener Umsetzung für neue Allergen Verordnung
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Allergische Reaktionen

Österreich 1. EU-Land mit eigener Umsetzung für neue Allergen-Verordnung

Allergen-Falle Frühstück: Müslis, Nüsse und Rosinen könnten eine Herausforderung werden.Foto: Austria Trend Hotels

Wien. Manchmal denkt man, es gäbe zwei "EUs": Während – wie in der letzten Ausgabe berichtet – in Deutschland immer noch grosse Unsicherheit über die bevorstehende Umsetzung der EU-weiten Kennzeichnungspflicht für Allergene herrscht und man darüber nachdenkt, ob eine allgemeine schriftliche Information im Restaurant gesetzeskonform ist, handhaben die österreichischen Nachbarn dies kurz und knackig: Als erstes EU-Mitgliedsland haben sie ihr eigenes Gesetz zur Umsetzung geschaffen. Dieses sieht die mündliche Information des Gastes als ausreichend an. Voraussetzung ist der schriftliche Hinweis in allen Karten, dass ausgebildete Mitarbeiter während der kompletten Öffnungszeiten zu allergenen Zutaten informieren.

Am 13. Dezember wird die neue europäische Lebensmittel-Informationsverordnung rechtskräftig und hätte bei Nichteinhaltung auch strafrechtliche Konsequenzen. Während die Deutschen die neue EU-Verordnung als praxisfremd und unklar diskutieren und noch hoffen, dass eine nationale Verordnung sie vor Strafen schützt, geben sich die Hoteliers und Gastronomen im südlichen Nachbarland mal wieder pragmatisch: "Wir bieten die notwendigen Informationen schriftlich – und haben unser Schulungsprogramm für die Mitarbeiter abgeschlossen", betont Geschäftsführer Andreas Berger von den Austria Trend Hotels. In jedem Team gebe es nun einen Experten, der umfassend informieren kann. Zusätzlich müsse jeder Service-Mitarbeiter Bescheid wissen.

Thomas Wolf: Das neue Gesetzmuss für alle gelten.

Wer die LMIV nicht umsetzt, dem drohen drastische Strafen, die der Branche ein echtes Dorn im Auge sind. So verweist auch Kastner auf die enorme Strafandrohung von 50.000 bis 100.000 Euro im Wiederholungsfall.

"Beim Strafrahmen hatte man grenzüberschreitende Betrugsdelikte - Stichwort Pferdelasagne - vor Augen", erläutert Thomas Wolf, Geschäftsführer Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich. Er setzt auf die Wirkung einer ministeriellen Mitteilung an den Lebensmittelschutz. Diese empfiehlt den Beamten, sich anfangs als beratende Begleiter zu verstehen. "In Folge sollen kleine Übertretungen in dreistelliger Höhe bestraft werden. Im Sinne der Rechtssicherheit für unsere Betriebe verlangen wir aber weiterhin, dies auch gesetzlich abzusichern," so Wolf.

Österreich setzt um – in Italien alles unbekannt

Mit der nationalen Umsetzung steht Österreich ziemlich allein auf weiter Flur. "Wir sind wieder einmal Vollzugsweltmeister. Südeuropäische Spitzenköche haben noch nicht einmal davon gehört", poltert der Nationalrats-Abgeordnete Sepp Schellhorn vom Hotel Der Seehof Goldegg. "Besonders bringt mich der Bürokratie-Exzess auf die Palme. Dadurch müssen wir als Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammer dort noch 50 Euro für die Weiterbildung abliefern".

Wolf ist aber überzeugt, mit dem eigenen Gesetz zur Umsetzung einen Coup gelandet zu haben. Neben der mündlichen Information bedeute auch der Buchstabencode eine wesentliche Arbeitsvereinfachung. "Wir sind nicht Vorzugsschüler, sondern haben das Beste draus gemacht", sagt Wolf und ergänzt: Hätten alle Staaten, die sich nun über die Bürokratie ärgern, 2011 nicht zugestimmt, hätte sich die Branche ein Problem erspart.

Österreichs Allergen-
Information

gemäss Codex-Empfehlung
Buchstabencodes:

A - glutenhaltiges Getreide
B - Krebstiere
C - Ei
D - Fisch
E - Erdnuss
F - Soja
G - Milch oder Laktose
H - Schalenfrüchte
L - Sellerie
M - Senf
N - Sesam
O - Sulfite
P - Lupinen
R – Weichtiere

(Quelle: Wirtschaftskammer Österreich)

In Österreich bleibt für die Wirtschaftskammer allerdings noch eine grosse Lücke offen: "Im Interesse der Chancengleichheit, aber auch des Konsumentenschutzes, muss das Gesetz auch auf Vereinsveranstaltungen und Volksfeste angewendet werden." Bisher sei das nicht vorgesehen.

In der Hotellerie beschränkt sich die Auszeichnungspflicht keineswegs nur auf Speisekarten oder Buffets. So wurden bei den Austria Trend Hotels die Minibar-Listen mit Infos versehen, die umfangreicher als die eigentliche Karte sind. Neu gedruckt werden mussten auch die Türhänger für das Zimmerfrühstück und sämtliche Tischaufsteller, die nun die Infos zum Buchstabencode bieten. Und das alles jeweils zweisprachig. Betroffen sind ebenso Seminarpausen, Executive Lounges, Welcome-Teller, "Betthupferl" und manches mehr. Auf der Habenseite steht die Sicherheit für die wachsende Zahl an Allergikern, die sich nun manche Frage ersparen können.

Verschiedene elektronische Systeme werfen bei Rezepteingabe gleich die im Gericht enthaltenen Allergene aus. Doch schon bei Verwendung einer anderen Gewürzmischung, etwa mit Sellerie, geht die Rechnung nicht mehr auf. Aufpassen muss man auch bei der Warenanlieferung, wenn Austauschartikel geliefert werden. Die von Zusatzstoffen schwammige Formulierung "kann XY enthalten" ist bei den Allergenen nicht erlaubt.

Manche Software-Produzenten nutzen die Verunsicherung der Wirte aus. So behauptet die Nährwert- und Allergen-Datenbank FoodNotify in einer Pressemitteilung über die österreichische Nachrichtenagentur APA: "Ausserdem deckt die Anwendung schon jetzt eine gesetzliche Regelung für 2016 ab. So werden mit dem Programm alle auszuweisenden Angaben der Nährwerte - von den gesättigten Fettsäuren über Zucker bis hin zum Salz - aufgeschlüsselt." Doch dieses Gesetz wird es laut Branchenvertreter nur für verpackte Lebensmittel gelten. / Fred Fettner

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