Auf dem Weg zur kritischen Masse So Apart Serviced Apartment-Segment entwickelt Dynamik und Profil
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Auf dem Weg zur kritischen Masse

So!Apart: Serviced Apartment-Segment entwickelt Dynamik und Profil

Dynamik ist überall: Arlett Hoff, HVS, und Anett Gregorius, Boardinghouse Consulting, erläutern Zahlen und Unterschiede zwischen Grossbritannien und Deutschland.

Berlin. Im Segment der Serviced Apartments/Apartment-Hotels herrscht derzeit die gleiche Hochstimmung wie in der übrigen Hotel(immobilien)-Welt: In den nächsten zwei Jahren soll dieser Markt um 20 Prozent zunehmen, so eine Schätzung, die letzte Woche bei "So!Apart" in Berlin zu hören war. Dieses Treffen der kleinen und grossen Anbieter von Apartments zog bei seiner dritten Auflage 170 Teilnehmer an, darunter erstmals auch Investoren und Projekt-Entwickler. Dennoch: Das Segment ist im Vergleich zur klassischen Hotellerie immer noch ein zartes Pflänzchen und die publizierten Zahlen sind aufgrund kleiner Basis noch mehr Trendanzeige als Bedeutungsbeweis. Aber: Der Veranstalter, die Boardinghouse Consulting Berlin, unterstützt mit dieser Konferenz konsequent die Professionalisierung des Nischen-Segments. Deshalb verdient sie Beachtung.

"Es herrscht eine unglaubliche Dynamik am Markt", betonte Veranstalterin Anett Gregorius, Geschäftsführerin der Boardinghouse Consulting, die sich seit 15 Jahren auf das Segment konzentriert – per Beratung und über eine Buchungsplattform. Nach ihrer Markt-Analyse, zusammengefasst im aktuellen "Marktreport 2015 Serviced Apartments", gibt es in Deutschland derzeit ca. 460 Häuser mit rund 23.000 Serviced Apartments. Seit 2010 erscheint dieser Markt-Report. Für 2016 sagt dieser in Deutschland allein 2.500 neue Apartment-Einheiten voraus, 2017 sollen weitere 1.800 dazu kommen. Zudem haben mit Starwoods Marke Element und mit der Marke Capri by Frasers erstmals internationale Ketten den deutschen Markt betreten.

Laut jüngstem Markt-Report stieg die durchschnittliche Belegung der SA von 2013 auf 2014 von 75 auf 77%. Den grössten Zuwachs verzeichneten Häuser, die ihre Apartments alle im gleichen Gebäude anbieten. Um wirtschaftlich agieren zu können, halten 63% eine Auslastung zwischen 60 und 79% für notwendig. "Die Auslastung hängt vom Konzept ab," begründet Anett Gregorius die grosse Bandbreite. Positiv sieht sie die Tatsache, dass knapp die Hälfte der Anbieter im Jahr 2014 die Preise erhöht haben, und zwar um bis zu 5%.

Der SA-Markt setzt sich aktuell aus Budget-orientierten Produkten, aus Mikroapartments oder aus Mixed Use-Konzepten zusammen. Letztgenannter kombiniert studentische Apartments und SA in einem Gebäude.

Mit 170 Besuchern zog 'So!Apart' 2015 deutlich mehr Anbieter und erstmals auch Investoren an.

Der aktuelle Markt-Report 2015 der Boardinghouse Consulting ist erhältlich für 379 Euro und kann bestellt werden unter der eMail info@boardinghouse-consulting.de).

Aufruf zum Benchmarking

Mit STR Global, dem grössten Daten-Lieferanten für die klassische Hotellerie, verbindet die Boardinghouse Consulting seit Sommer 2014 eine Kooperation. Gemeinsam will man mittelfristig möglichst alle SA-Anbieter dazu bringen, der neutralen STR-Datenbank Kennziffern zuzuliefern, um so aussagekräftige Benchmarks über alle Kategorien hinweg zu generieren. Die Resonanz aber ist bisher noch mager, auch wenn es bereits für Hamburg, Berlin, München eine gute Datengrundlage im Mid- und Upper-Scale Segment der Apartmenthotels – also der grossen SA-Brands der Ketten - gibt. Was fehlt, ist noch der Input der kleineren, familiär geführten Anbieter, von denen sich viele durchaus gut am Markt behaupten.

Um für den deutschen SA-Markt einen allerersten Orientierungsansatz zu finden, hat STR Global aus seiner grossen Hotel-Datenbank die Marken-Hotels mit ihren Kennziffern herausgefiltert, diese in der separaten SA-Datenbank eingepflegt und die Angaben verfeinert. Analog zur Hotel-Datenbank werden auch hier fünf SA-Anbieter gefordert, bevor man deren Daten überhaupt auswerten und anonymisieren kann bzw. möchte. "Die kritische Masse ist bei den Marken-SA da", unterstreicht Anett Gregorius

In der Konferenz zeigte STR Global von 2007 bis September 2015 deshalb u.a. folgende Kennziffern: Seit 2010, seit der Erholung von der grossen Finanzkrise, erholten sich die SA-Anbieter in allen drei Kern-Kennziffern. Aktuell liegt die Belegung bei durchschnittlich 80%, der ADR bei etwa 110 Euro und der RevPar bei etwa 80 Euro.

Frustrierende Wahrnehmung der Konsumenten

Das alles stimmt generell positiv – auf Anbieter-Seite. Auf Verbraucher-Seite sieht die Welt noch anders aus. Das grösste Problem für das zarte Pflänzchen SA besteht nämlich in seiner mangelnden Bekanntheit, wie die jüngste Umfrage der Boardinghouse Consulting unter 100 Passanten in Berlins Strassen zeigte: 83% hatten keine Vorstellung von SA, kannten aber Airbnb! Erfreulicher das Bild bei Geschäftsreisenden: 95% der Reiseprofis kennen den Begriff. Witzige Randbemerkung: 4% ordneten SA dem horizontalen Gewerbe zu…

Eine erste, vorsichtige Hochrechnung von STR Global über die Entwicklung des Serviced Apartment-Marktes in Deutschland von 2007 bis heute.

Unter den Anbietern schärft sich unterdessen der Sinn für die Online-Buchbarkeit, was auch getrieben wird durch die Travel Manager der grossen Unternehmen, die auf einfache Reservierungen und einheitliche Storno-Bedingungen drängen. Für die Travel Manager rief Anett Gregorius bei dem Berliner Treffen deshalb ein neues Vertriebskonzept ins Leben: "The Best for Long Stays". Sechs Häuser aus Deutschland und Österreich haben sich unter diesem Label zusammengefunden, das geschäftsreise-taugliche Produkte speziell für Aufenthalte ab 28 Nächten kennzeichnen soll.

Es soll sicherstellen, dass z.B. eine vollständig ausgestattete Küche vorhanden ist, dass das Apartment einmal pro Woche auf Hochglanz gebracht wird und dass immer ein Ansprechpartner im Haus ist. Das Label soll allerdings auch klarmachen: "Es ist keine Kaution nötig, wir kommunizieren immer All-in-Preise, ohne versteckte Nebenkosten und messe-unabhängige Raten sowie einheitliche Stornierungsbedingungen," führt Gründungsmitglied Marcus Löwe von IG Serviced Apartments an. Die übrigen fünf Pioniere sind: Adapt Apartments, iPartment, Schoenhouse Apartments, Like Apart und Trinom Business Apartments.

Neues Label für Langzeit-Gäste

Diese sechs Unternehmen zählen zwischen ein und fünf Häusern, haben in ihrem jeweiligen Mikro-Markt aber durchaus ihre Position gefunden und sind entsprechend erfolgreich. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass diese kleinen Anbieter bei ihren Long Stay-Kunden ihre Preise nicht yielden – auch nicht zu Messezeiten. In dieser Konsequenz werden Ketten das nicht eingehen können, da sie zum einen doch stark vom Short Stay-Geschäft leben und zudem ganz anderen, härteren Konzern-Vorgaben unterliegen.

Generell bedeutet dieser Ansatz mit dem Label "The Best for Long Stays" aber auch, dass sich so langsam, im deutlich wachsenden SA-Markt, jeder Betreiber ein klares Profil zulegen muss. Ein Markt, an dem der Wettbewerb und die Profile der Anbieter sehr bald sehr deutlich werden könnte, ist Frankfurt.

Impressionen von IG Serviced Apartments, einem familiären, noch kleinen Anbieter im deutschen Markt. Er beteiligt sich an dem neuen Label 'The Best for Long Stays'.

Mit dem bestehenden Siegel "Certified Serviced Apartment" beisse sich das neue Label übrigens nicht, versichert Anett Gregorius; dieses diene auch weiterhin als Orientierungshilfe für das Gesamt-Segment. Es war 2005 mit dem TÜV Rheinland ins Leben gerufen worden, 2014 übernahm der Verband Deutsches Reisemanagement die Trägerschaft für dieses System vom Apartmentservice.

Interessant war ein Vergleich des britischen mit dem deutschen SA-Markt, wenngleich auch hier der Fragemodus noch nicht einheitlich gewesen war. Dennoch zeichneten sich Unterschiede ab, die Praktiker auch nur bestätigen können. So schliessen britische SA-Anbieter relativ ausgewogen Management-/Owner Operator-Verträge und Pacht-Verträge ab; Franchise bildet den Schluss. In Deutschland sind Pacht- und Miet-Vertrag bevorzugt, vor Management-Verträgen. Die Briten investieren gleich gerne in den eigenen wie in fremde Märkte, die Deutschen bleiben zu über 60% lieber im eigenen Land aktiv. Beide Nationen haben danach aber Frankreich als Markt im Blick.

Vergleich Grossbritannien-Deutschland

Arlett Hoff, Direktor im Büro von HVS London, und Anett Gregorius, hinterfragten auch die grössten Herausforderungen der Betreiber in beiden Ländern. So kämpfen die Briten hauptsächlich um zentral gelegene Grundstücke, erklären Investoren die Geschäftsmodelle hinter SA und beklagen den schweren Zugang zu Benchmark-Informationen wie Belegung und Durchschnittsrate. Die Deutschen empfinden dagegen die Markt-Akzeptanz als Haupt-Herausforderung wie auch die Nachfrage und Kundengewinnung, gefolgt von Modernisierungs-Herausforderungen. "Diese Unterschiede zeigen," so analysiert Anett Gregorius, "das sich die deutschen Betreiber noch in ihrer Findungsphase sind," wohingegen die Kümmernisse der Briten zeigen, dass der Markt hier schon eine gewisse Reife erreicht hat.

Interessant die Auskünfte von Kreditgebern: HVS in London verrieten sie, dass sie Kredite am liebsten in UK vergeben, vor Westeuropa, gefolgt von Frankreich und anderen. Ganz eindeutig, zu 87%, würden sie dann in Aparthotels investieren – offenbar, weil dieser Typus der klassischen Hotellerie am nächsten kommt. In Deutschland hingegen hatte von 125 angeschriebenen Banken-Kontakte niemand geantwortet – also gab es hierzu keine Vergleichszahlen. "Keine Antwort ist auch eine Antwort," kommentierte es Gregorius – noch eine Menge Aufklärungsarbeit vor sich sehend.

Genau umgekehrt verhält sich die Einschätzung, ob das Segment denn schon Mainstream ist: Die Deutschen bejahten dies zu 70%, die Briten hingegen stimmten dem nur zu 33% zu.

Die deutschen Investoren wollen zu 100% nur in Deutschland wachsen, die Briten in UK und Deutschland. Und welche sind die Haupt-Herausforderungen für Investoren? Die Briten wünschen sich mehr Objekte/Deals und mehr Benchmarks zu Renditen, Transaktionen, Belegung und ADR. Auf deutscher Seite beklagen die Investoren ebenfalls eindeutig fehlende Benchmarks wie auch geeignete Standorte.

Keine Antwort von den Banken

Aus dem Publikum wollte nach so vielen Zahlen-Trends ein Projekt-Entwickler wissen, wie wichtig SA-Marken für Banken sind? Das liess sich leider nicht quantifizieren, so die enttäuschende Antwort, dafür aber schätzte man die Rendite-Erwartungen auf 7 bis 9%, abhängig von Konzept und Land.

Anett Gregorius' Fazit: "Das Segment befindet sich auf absolutem Wachstumskurs! Ein Ende ist noch nicht in Sicht. Wir schätzen aufgrund unserer eigenen Markt-Analysen, dass Serviced Apartments momentan 6,5 Millionen Übernachtungen in Deutschland produzieren." Und das würde noch sehr, sehr viel Luft nach oben zulassen. Denn der VDR/Verband Deutsches Reisemanagement bezifferte in seiner Studie 2014 das Potential bei Aufenthalten über vier Nächten auf insgesamt 120 Millionen Übernachtungen. / map

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