München. Heute gibt es für jeden Bedarf den individuell zugeschnittenen Vertrag, der auf die Wüsche von Investoren, Betreibern und Franchise-Partnern eingeht. Das bedeutet aber keineswegs, dass deshalb im Wechselspiel von Sicherheit, Flexibilität und Profitabilität vor dem Hintergrund wachsender Vertriebskosten alle zufrieden gestellt wären. Aktuell dürften sich viele angesichts der Zins-Situation mit kleineren Brötchen zufrieden geben, zeigte die Abschluss-Diskussion der Hotel-Konferenz "Hospitality Industry Dialogue" an der Münchner Expo Real.
Die steigenden Vertriebskosten für die Hotellerie, ausgelöst durch die dominante Rolle der OTAs, hinterlassen auch in der Gestaltung der Hotelverträge ihre Spuren. "In der System-Hotellerie kassieren OTAs heute sechs bis acht Prozent der Einnahmen, Betreiber zehn bis 15 Prozent. Dazu gibt es oft noch den Franchise-Geber, das wird schon ein schwer zu schaffender Anteil C, bemerkte Moderator Martin Schaffer, Managing Partner der Beratungsgesellschaft MRP Hotels in Wien, einleitend. "In der Weisheit des Rückblicks erkennt man, in welcher Zeit die jeweiligen Verträge abgeschlossen wurden."
Momentan setzen Investoren eher auf ein gutes Augenmass bei der Gestaltung von Fixpachten, meinte Jörg Frehse, Geschäftsführer des Family Office Munich Hotel Partners, München. "Sicher will der Investor immer das Maximum - Branding und Fixpacht, aber man hat aktuell erkannt: Es bringt nichts, von einer Insolvenz des Betreibers aus der Zeitung zu erfahren." Für den Investor beginne das Vergnügen in besseren Zeiten. Allerdings: Die Immobilien-Eigentümer neigen von sich aus nicht zu hybriden Modellen. "Aber man kann sie hinführen," ist Frehse überzeugt.
Für Cornelia Kausch, Vice President Development beim skandinavischen Owner-Operator Pandox hat sich in den Verträgen gar nicht so viel verändert. Seit 20 Jahren schliesse man Verträge mit Fixpacht plus variablen Anteilen ab. Das sind nicht wenige, denn die in Stockholm börsennotierte Pandox ist einer der grössten Immobilien-Betreiber und -Besitzer in Europa. 104 Hotels gehören dazu, 89 davon arbeiten mit Pacht-Verträgen.
Für jeden Appetit etwas
Für Dr. Mathias Jung, Partner der Hotellerie-spezialisierten Kanzlei Jung & Schleicher Rechtsanwälte Berlin, ist die Pacht nach wie vor ein Spezifikum des deutschsprachigen Raums. "Ausserhalb gibt es mehr Management-Verträge und andere erfolgsabhängige Modelle", nur Fonds setzen auf die Festpacht. "Offene Fonds ohne Hotel-Hintergrund können variable Modell schwer wiederspiegeln", merkte Jung an mit Blick auf eine generell wachsende Professionalisierung des Marktes in den vergangenen zehn Jahren.
Dass Verträge nicht nur Kinder ihrer Zeit, sondern auch der Region sind, bestätigt Ascan Kókai, neuer Director Development & Asset Management Central Europe bei der spanischen NH Hotel Group. Er wechselte erst vor kurzem aus dem Fonds-Umfeld zu der 380 Hotels umfassenden Hotelgruppe. "Zentral- und Osteuropa sind eher Management- oder Franchise-Gebiet," schlug er den grösseren geographischen Bogen. NH könne alle Vertragstypen bespielen - ein Pacht-Vertrag in Bukarest sei in dieser Palette ebenso denkbar. Doch dem Appetit der Investoren in Osteuropa begegne man bevorzugt mit Management-Verträgen.
"Will ich den Private Equity-Investor, der nach fünf bis acht Jahren verkauft und ein geringes Investitions-Programm fährt, oder einen institutionellen, der längerfristig unterwegs ist?", führte Frehse weitere Fragen als Unterscheidungsmerkmal bei Verträgen ins Feld. Offenheit sei in allen Punkten das tragende Kriterium. "Ich führe als Operator offene Bücher, damit der Eigentümer über das Hotel Bescheid weiss. Regelmässige Information ist wichtig für schlechtere Zeiten, um dem Eigentümer die Ängste zu nehmen."
Performance-Klauseln gefordert
Schaffer erinnerte daran, dass es früher keine Transparenz-Verpflichtung gegeben haben, man habe den Investor gern "dumm sterben lassen". Inzwischen haben diese aber Knowhow aufgebaut. "In jedem Vertrag wird der Einfluss diskutiert. Die Rechnung ist immer: je höher der Fixpacht-Anteil, desto geringer der Einfluss". Auch Kókai sieht eine Korrelation zwischen variablem Anteil und Informationsumfang: "Es geht aber nicht darum, Entscheidungen zu fällen. Denn das Betriebsrisiko hat ja der Pächter." Es sind diese Formulierungen, um welche die Rechtsanwälte ringen. "Wenn es um performance-abhängige Kündigungsmodelle geht, sind wir schon in den Details der Bilanzkriterien," weiss Jung.
Kausch sieht die Pandox als absolut involvierten Investor. Betreiber und Franchise-Geber würden, wo immer möglich, in die Pflicht genommen. Dazu würden Performance-Tests und auch das Sonderkündigungsrecht für den Eigentümer zählen. Frehse merkte an: "Auch ich will ein Sonderkündigungsrecht, wenn der Markt wirklich mal zusammenbricht. Lehmann, Ebola, 9/11, da will man auch geschützt sein". Die Kunst bestünde im Übrigen darin, Franchise-Geber im richtigen Masse einzubinden. Franchise-Geber würden acht bis zwölf Prozent vom Umsatz kassieren, sagte Jung, der angesichts dessen Performance-Klauseln empfiehlt.
"Performance-Kennziffern klingen gut, sind im Reality Check aber nicht durchzusetzen", konterte Frehse. Hier die Büchse der Pandora zu öffnen, dürfe sich kein Franchise-Unternehmen erlauben. Und auch Jung bestätigte, dass an den global ausgehandelten Verträgen wenig zu drehen sei. Und Exit-Klauseln seien nie gratis zu erhalten.
Wie sinnvoll ist ein direktes Vertragsverhältnis zwischen Eigentümern und Franchise-Unternehmen über den Betreiber hinweg? Jung sah es als eine Win-Win-Situation. Es gebe Investoren, denen die Marke das wichtigste sei. Kókai sah das in Europa als reine Theorie: "Da stehen die Betreiber nicht der Reihe nach bereit, um ein Hotel unter diesen Bedingungen zu übernehmen." Für Frehse stand ausser Diskussion: "Wir wollen entscheiden, welche Marke wo eingesetzt wird."
Kritik an Gebühren und Provisionen
Als drängender wird die Frage der Vertriebskosten gesehen. So beklagte Frehse, dass der Operator von den Franchise-Gebern meist im Regen stehen gelassen werde. Er nannte als Beispiel die Kundenbindungs-Programme. Viel Geld fliesse dahin, die Gäste innerhalb der Gruppe zu halten, aber zu wenig werde investiert, um neue Kunden zu gewinnen. Kausch sah die Notwendigkeit, generell die Fee-Strukturen der Franchiser nach unten zu bewegen. Beklagt wurde allgemein die Doppelzahlung von Fees und von Provisionen bei Buchungen über die IT-Kanäle.
Insgesamt nehme der Einfluss der Banken auf die Vertragsgestaltung deutlich zu, führte Jung weiter aus. "Selbst bei Fixpacht müssen nun auch die Quartalsauswertungen vorgelegt werden." Kokai brachte es auf den Punkt: "Banken sitzen immer mit am Tisch, auch wenn sie nicht am Tisch sitzen." Doch sie frühzeitig mit an Bord zu haben, helfe dem Investitionsprozess.
Im Prinzip gebe es inzwischen Verträge für alle Wünsche und Varianten, meint Jung: "Unsere Verträge lassen sich kaum mehr verbessern, da haben wir uns schon gut ausgetobt. Aber Basics werden bei 20 Jahre laufenden Verträgen erstaunlich oft übersehen: Indexierung, Verantwortlichkeit, Schnittstellen – und nicht zuletzt die Abbildung des Verkaufsfalls. Denn der Markt dreht sich". / Fred Fettner