Brauchen Frauen Förderung Karriere Frauen berichten Unternehmen reagieren auf Personalnot
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Brauchen Frauen Förderung?

Karriere-Frauen berichten - Unternehmen reagieren auf Personalnot (Teil 1)

Frauen lernen von weiblichen und männlichen Mentoren.Foto: Robert Kneschke Fotolia

Augsburg. Die Hotellerie ist männlich. Zumindest in ihrem Top-Management. Noch dünner aber wird künftig die Luft in den unteren Rängen werden. Fachkräfte müssen her! Deshalb will die Carlson Rezidor-Gruppe die "Frauen-Reserve" mobilisieren. CEO Wolfgang Neumann hat das neue Förderprogramm "Women in Leadership" zur Chefsache gemacht. Accor bekennt sich seit März 2015 zu den Prinzipien der Vereinten Nationen und thematisierte Frauen in Führungspositionen explizit vor wenigen Wochen beim Top-Management-Meeting in Paris. hospitalityInside.com hat mit beiden Unternehmen gesprochen und mit acht Frauen, die es selbst in Top-Positionen geschafft haben. Wer hat sie gefördert, was hat sie motiviert, wie schlagen sich Frauen im Männer-Team, wie wichtig sind Netzwerke?

In dieser und der nächsten Ausgabe berichten Doris Greif, Kristin Intress, Gisela Willmes, Gabriele Maessen, Daniela Schade, Elke Schade, Susanne Weiss und Marion Schumacher aus ihrem Leben.

Wolfgang Neumann hat seine Human Resources-Abteilung in Bewegung gesetzt. Bei Rezidor beträgt der Anteil von Frauen in führenden Management-Positionen in Europa, dem Nahen Osten und Afrika derzeit 16%. Er soll bis Ende nächsten Jahres auf 30% steigen. In Skandinavien und in Frankreich hat die Hotelgruppe diese Ziele bereits erreicht. "Wir eröffnen jährlich im Schnitt 20 neue Hotels," erläutert Michael Farrell, Senior Vice President Human Resources bei Rezidor, den Druck aus dem Hintergrund, der einfach nicht mehr wegzudiskutieren ist. "Wir suchen gezielt Frauen für GM-Positionen und im Executive Management. Aber wir bekommen einfach nicht genug Bewerbungen!"

Team Leader bei Rezidor: Markus Conzelmann und Verena Forstinger.

Markus Conzelmann, General Manager im Radisson Blu Hotel Luzern, ist einer der neu ernannten "Botschafter" für das "Women in Leadership"-Programm und erklärt: "Dabei geht es uns nicht darum, Frauen bevorzugt einzusetzen. Vielmehr möchten wir beiden Geschlechtern die Möglichkeit geben, ihre Karriere neben privaten Verpflichtungen voranzutreiben. Wenn sich Mitarbeiter z.B. an bestimmten Tagen ihren Kindern widmen möchten oder Karriereschritte auf einen anderen Zeitpunkt vertagen möchten, unterstützen wir das auf allen Ebenen", so seine Message.

Diese tragen nun sieben "Botschafter" aus den sieben Rezidor-Regionen in die Mitarbeiter-Welt hinaus. Klugerweise im Team: Der Botschafter agiert nur mit Frau an der Seite – mit einer Kollegin: Im Falle Conzelmanns, zuständig für Zentral-Europa, ist dies Verena Forstinger, General Manager des Radisson Blu Style Hotels in Wien. Alle Teams haben inzwischen begonnen, ein internes Netzwerk zu knüpfen: Da werden u.a. per Skype allmonatlich Gespräche mit GMs geführt und pro Land hat man über alle Job-Level hinweg einen Info-Kreis gegründet. So sollen individuelle Problem-Situationen oder Wünsche eruiert werden – und vor allem auch die Frauen ermutigt werden, ihre Vorstellungen zu formulieren.

"Manche Frauen möchten eine Weiterbildung zum MBA, andere ein Kind. Kann sie dann vom Home Office aus arbeiten? Wieviel Gehalt bekommt sie dann noch?" Markus Conzelmann formuliert praktische Fragen, die sich aus Gesprächen ergeben. Deswegen hat sich die Hotelkette aus Brüssel drei konkrete Leit-Prinzipien gesetzt: Carlson Rezidor fördert Teilzeitstellen mit klaren Einsatz-Regelungen, setzt persönliche Entwicklungspläne auf und diskutiert flexible Mobilitätsansätze für eine individuelle Karriere-Planung.

Neben Rezidor forciert auch Accor das Thema

Carlson Rezidor ist nicht die einzige Hotelgruppe mit dem Rücken an der HR-Wand. Umso lobenswerter, dass sie das Problem nun konkret und offen angeht. Das ist auch das Stichwort für Daniela Schade, Senior Vice President Sales & Distribution, Revenue Management, Loyalty Central Europe für AccorHotels: "Die Unternehmen müssen pro-aktiver Flexibilität und Chancen anbieten! Das ist für mich der Stein des Anstosses!"

Top-Managerin bei AccorHotels: Sophie Stabile.

Bei Accor waren im Jahr 2014 26,5% der Direktoren weltweit weiblich. Auf der Ebene der Abteilungsleiter waren rund 50% der Mitarbeiter weiblich.

Fortschritte in der Frauen-Karriere aber kann es auch nur mit dem Verständnis auf Männer-Seite geben. Deswegen beteiligt sich auch Accor an der "HeforShe"-Kampagne der Vereinten Nationen. Diese wurde vor zwei Wochen auf der Accor-Management-Konferenz der Gruppe in Paris vorgestellt.

"Accor ist absolut pro Gleichstellung," berichtet Daniela Schade, die in Paris dabei war, als Accors Finanzchefin Sophie Stabile das interne, internationale Programm erläuterte. Stabile ist die Vorzeige-Frau an der Konzernspitze. Daniela Schade: "Accor erkennt die Notwendigkeit für mehr weibliche Führungskräfte, obwohl die Gruppe viele Frauen im mittleren Management hat. Nach oben aber wird die Luft dünner. Accor spricht deshalb offen über die Präsenz von Frauen in der Firma und auch über die Bezahlung."

Sie selbst weiss aus Gesprächen mit Kolleginnen, dass es den Frauen weniger um Geld und mehr um andere Werte geht. Typisch Frau. "Trotzdem", so Daniela Schade, "treibt das Headquarter in Paris das Thema Geld, denn Accor will es verändern."

Doris Greif: Warum werden europäische Frauen schlechter bezahlt?

Emirate progressiver beim Thema Bezahlung

Doris Greif war absolut geschockt, als sie im September 2014 zurück in ihre Heimat Deutschland kam - nach 26 Jahren in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Entsetzt stellte sie fest, dass Frauen und Männer nicht gleich bezahlt werden. "Ich verstehe das einfach nicht!" wiederholt die resolute Münchnerin mehrfach, die für Jumeirah Hotels heute Vice President Europa ist sowie General Manager des Jumeirah Hotels Frankfurt. "Und ich stelle immer wieder diese Frage! Ich habe in den Emiraten nie weniger verdient als ein Mann, ich verdiene auch jetzt das Gleiche wie mein Vorgänger," sagt sie. Sie kann es nicht fassen. In den Emiraten werden Frauen wesentlich respektvoller und gleichberechtigter behandelt als in Zentral-Europa, sagt sie.

Daniela Schade kann Doris Greifs Reaktion verstehen. Deshalb ist sie auch froh, dass Accor den Kampf gegen Stereotype aufgenommen hat. CEO Sébastien Bazin bekennt: "Ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter im Unternehmen ist ein wichtiger Pluspunkt zur Förderung von Leistung und Innovation – davon können wir alle nur profitieren!" Deshalb hat Accor im Februar 2015 die "Women’s Empowerment Principles" unterzeichnet. Dieses Programm ist eine gemeinsame Initiative von UN Women und UN Global Compact und definiert sieben Grundsätze zur Stärkung von Frauen am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsmarkt und in der Gemeinschaft.

Daniela Schade: AccorHotels will Veränderung. 

Zwei Jahre zuvor, also 2013, hatte Accor bereits intern das internationale Netzwerk "Women at Accor Generation" gegründet. Dessen Ziel ist es, die Mitarbeiterinnen aus den Unternehmenszentralen und den Hotelbetrieben in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen. Mit weltweit über 2.500 Mitgliedern – Frauen und Männern – setzt sich WAAG insbesondere für ein Mentoring-Programm und den Dialog mit Rollen-Vorbildern, für die Weiterentwicklung und die Förderung von Kontakten zu anderen Netzwerken ein.

In Sachen Gleichstellung und Stereotypen-Bekämpfung ist Accor sogar schon seit 2011 unterwegs: Damals formulierte das Unternehmen bereits seine Grundsätze in der sogenannten "Diversity Charter", die in 15 Sprachen übersetzt wurde.

Frauen-Förderung ist auch Männer-Förderung

Accors Ansatz, dass Frauen-Förderung mit dem wachsenden Verständnis der Männer einhergeht, formuliert Gisela Willmes schärfer: "Frauen-Förderung ist auch Männer-Förderung!", sagt die heutige Personalberaterin und -Vermittlerin aus Berlin, die durch ihre eigene HR-Karriere bei Ritz-Carlton auch über die Branche hinaus bekannt wurde.

Gisela Willmes: Nur Transparenz zählt.

Als geschäftsführende Partnerin von LHC International heute ist sie inzwischen regelmässig mit diesem Thema konfrontiert. "Alle grossen Ketten haben heute Trainings und Workshops zur Weiterbildung und Förderung ihrer Führungskräfte installiert. Das funktioniert." Bei kleineren Firmen spürt sie deutliche Zurückhaltung: "Die Unternehmen scheuen sich, offen mit dieser Frage umzugehen. Aber es funktioniert eben nur mit transparenter Kommunikation."

Das Kern-Problem des fehlenden weiblichen Führungsnachwuchses liegt für sie in diesem Punkt: "Es geht immer nur um die Flexibilität der Arbeitszeit." Frauen, die arbeiten wollen und die Karriereleiter aufsteigen möchten, sprechen diesen Punkt von sich aus an. "Wer keinen Drive hat, ist auch keine Führungskraft", resümiert sie nüchtern.

Was Karriere-Frauen auf dem Weg nach oben erlebt haben, was sie über die Frauen-Förderung, Team-Work und Netzwerke denken, schildern die anfangs erwähnten Damen in der nächsten Ausgabe. / Maria Pütz-Willems

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