Dehnbar wie Gummibärchen Dubai Region Upscale verdrängt immer noch Budget Neue Superlative
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Dehnbar wie Gummibärchen

Dubai & Region: Upscale verdrängt immer noch Budget - Neue Superlative

In einem riesigen Modell präsentierte Emaar am ATM neue Projekte: Im Vordergrund zwei Tower, die ähnlich wie Marina Bay Sands in Singapur per Sky-Deck verbunden sind, Sky-Pool inklusive.

Dubai. Die Sucht nach Superlativen ist in Dubai, in den Emiraten wie auch in anderen Ländern kaum zu stoppen. Auch wenn man jetzt häufiger von Economy- und Midscale-Hotels spricht, Investoren flirten nach wie vor am liebsten mit Upscale und damit auch am liebsten mit Ketten, die zurückzwinkern: Accor dehnt seine Serviced Apartment-Marke dort sogar ins Premium-Segment aus. In Europa reduziert man das Produkt eher auf Budget. Doch das ist nur ein Beispiel.

Grundsätzlich geht in Dubai nichts ohne – Unmengen von – Hotels. Die Ketten halten schliesslich auch für jeden Themenpark, Distrikt oder Komplex eine Marke parat. Obwohl die Preise inzwischen schon unter Druck geraten, lassen die Belegungszahlen die Dollar-Zeichen in den Augen der Betreiber und Investoren noch leuchten.

Landentwickler Emaar, nach der letzten Finanzkrise einst in grossen Schwierigkeiten, ist mit seiner Hospitality Group wieder voll im Rennen und hat neben der Erstmarke The Address Hotels, der Zweitmarke Vida Hotels jetzt als dritte Marke Rove Hotels lanciert – allesamt Lifestyle-Produkte. Auch der lokale Player JA Hotels meldet über 80% Belegung, trotz weggebrochener russischer Gäste, die jedoch durch grosse Zuwächse aus Australien und Skandinavien kompensiert werden konnten. Das Atlantis Hotel The Palm erreichte nach Auskunft von Geschäftsführer Serge Zaalof durchschnittlich 87% Belegung – und wartet jetzt gebannt auf die Umsetzung des Schwesterhotels, The Royal Atlantis Resort und Residences gleich nebenan. Dessen kantige, würfelartige Architektur polarisiert heute schon.

Auch internationale Ketten wie Accor schwimmen zumindest in Dubai bestens mit: Accor erreichte 2014 in seinen 16 Hotels durchschnittlich 84% und einen RevPar-Anstieg von 16%. Auch die asiatischen Shangri-La Hotels sprechen für ihre Luxus- und Firstclass-Marke Traders in Dubai von über 80% Belegung.

Wen wundert es da noch, dass überall wieder die Dollar-Zeichen in den Augen der Markt-Player blinken? Und man strebt neuen Zielen entgegen – nämlich der Expo 2020. Das nächste Mega-Event in Dubai mit Effekten für die gesamte Region lässt jede Hotelgruppe noch dynamischer agieren, scheint es. So enthusiastisch war die Szene in Dubai auch 2007/2008 gewesen, kurz vor dem Finanz-Crash… Dubai schafft immer wieder neue Magnete, und diesem Rausch kann sich kaum noch eine Hotelgruppe entziehen.

Die neue Mall mit 100 Hotels im Distrikt

Hier nur ein paar Daten zu einigen Neuheiten rund um die Expo 2020: Der Startschuss für den Bau des 150 Hektar grossen Expo-Areals fällt noch in diesem Jahr.

So soll das neue, zweite Atlantis Hotel auf Palm Jumeirah aussehen.

Platziert wird die Ausstellungsfläche im Rahmen des Dubai Trade Centre Jebel Ali nahe dem Mega-Flughafen Dubai World Central, der 2020 ebenfalls voll in Betrieb sein soll. Bis dahin werden die Verkehrsnetze weiter ausgebaut, die Dubai Metro wird verlängert, und eine Heerschar umweltfreundlicher Busse soll Menschen aus allen Emiraten zur Expo bringen. Macht zusammen Investitionen von 8,1 Milliarden USD.

Bei den unzähligen Mega-Projekten, die fast alle dem Neubau von ganzen Vierteln gleich kommen, sind immer wieder in rauhen Mengen neue Hotels mit eingeplant. Im 15 km-Radius rund um das Expo-Areal entsteht "Dubai Parks and Resorts", ein Entertainment-Park für Familien mit den drei separaten Themenparks Motiongate, Legoland Dubai und Bollywood Parks, mit einem polynesischen Themenhotel und einem weiteren 503 Zimmer grossen Luxushotel für Familien.

Ein Themenpark wird auch Bestandteil von Dubais allerneuester und allergrösster "Mall of the World" werden: In ihrer Nachbarschaft wird es u.a. einen Theater-Distrikt und 100 Hotels geben. Die Mall of the Emirates, bei ihrer Eröffnung 2005 die grösste in Dubai, schrumpft damit zum Winzling, und selbst die doppelt so grosse Dubai Mall – das Shopping-Paradies direkt am Burj Khalifa, eröffnet 2008 – verwelkt zum Mittelmass. Doch die Zahlen klingen prächtig: In der Dubai Mall tummelten sich letztes Jahr 80 Millionen Besucher, lässt Eigentümer Emaar wissen. Und das inspiriert Dubai halt zum nächsten Superlativ.

Neue Unterhaltungs- und Hotel-Ghettos

Egal, welche Distrikte, Parks oder Komplexe in Dubai also entstehen – ohne Hotels geht nichts. Und von ihnen werden in der Tat eine Menge gebraucht werden, denn mit Autos, Taxis und Metro werden die erhofften Menschenmassen nicht mehr zu händeln sein; Dubai erstickt heute schon im Verkehr. Also müssen "Ghettos" gebaut werden, in denen die Menschen ausreichend Unterhaltung finden.

Mit gigantischen Werbeflächen machte Hilton am Eingang des Messegeländes auf seine Midscale-Marken aufmerksam.

Hotel-Developer denken nicht viel darüber nach – ausser vielleicht, wenn sie selbst im Stau stehen. Ihr Auftrag heisst Weiter-Entwicklung. Und hier denken alle gleich, internationale wie nationale Ketten. Ihre Marken-Portfolien sind breit genug gestreut, um in jedem Themenpark oder Distrikt mit dem passenden Produkt präsent zu sein. Das ergab sich ganz klar aus den Gesprächen am "Arabian Travel Market" vor knapp drei Wochen in Dubai.

Vor vier Jahren zählte Hilton erst 42 Hotels in Operations und Development, jetzt sind es 150. Und es geht noch dynamischer weiter: Für die nächsten fünf Jahre werde man in EMEA ein Hotel pro Monat eröffnen, sagt Rudi Jagersbacher, President Middle East & Africa von Hilton Worldwide. Der Fokus liegt auf den im Hilton-Jargon genannten "Focus-Serviced"-Produkten, besonders auf Hampton und Garden Inn. An eine "Ketten-Müdigkeit" seitens der Investoren, die hier und da vor allem in Arabien aufkeimt, glaubt er nicht. "Die Loyalty-Programme bringen bereits über 40% Grundauslastung", sagt er, "deshalb sollten die Investoren nicht marken-müde werden." Die Midscale-Marken mit ihrem limitierten Service-Konzept sieht Jagersbacher u.a. bestplatziert in Themenparks und an Flughäfen. Für Garden Inn hält man auch Ausschau nach einem Master-Franchisenehmer; "dann wären wir in puncto Franchising zu neuen Diskussionen bereit", antwortet er auf die Frage nach möglichen Franchise-Incentives.

Grundsätzlich beurteilt er die Voraussetzungen für eine starke Expansion im Mittleren Osten als sehr gut: Seit zwei Jahren seien die Grundstückspreise wieder stabiler und trotz globaler wirtschaftlicher Zwänge lege zumindest bei Hilton der RevPar jedes Jahr um fünf Prozent zu.

Jetzt kommen die Söhne der Scheichs

Accor hat gerade einen strategischen Partner gefunden – für Sharjah. In Dubais Nachbar-Emirat wird das Unternehmen kbw investments ein 235 Zimmer grosses 5 Sterne-Strand-Resort für 100 Millionen USD errichten. Hinter kbw steht Prinz Khaled Bin Alwaleed, "Es wird nicht mein letztes Investment in Sharjah sein," kündigt der Sohn des saudischen Prinzen Alwaleed an.

Die Marke auf dem Dach des neuen Resorts wird "Majlis Grand Mercure" sein – eine neue Upscale-Marke nur für den Mittleren Osten aus dem Hause Accor. Sie wird arabisches Flair verströmen: Die Gäste werden traditionell mit arabischem Café und Datteln begrüsst, das F&B wird lokal ausgerichtet sein, es gibt flexible Sitzgruppen mit privaten Zonen und getrennte Spas für Männer und Frauen, erläutert Christophe Landais, COO Accor HotelServices Middle East. "Es sind 20 Majlis Hotels im Mittleren Osten geplant, mit Schwerpunkt auf Saudi-Arabien," kündigt er an; andere Standorte sollen Kairo, Doha und Abu Dhabi sein. Erste gute Erfahrungen hat man seit 2011 mit 13 Majlis in China gesammelt; bald soll es die Marke auch in Lateinamerika geben.

Nachwuchs-Investor: Prinz Khaled Bin Alwaleed Bin Talal al Saud.

Das kleine Emirat betrachtet das neue Resort als wegweisend: 10.000 Zimmer offeriert man heute, 15.000 sollen es bis 2021 sein – darunter aber sollen sich auch noch weitere 3- und 4 Sterne-Häuser befinden.

Accor mit regionalen Upscale-Variationen

Trotz aller Projekte und Pläne rund um Budget und Midscale: Das gehobene Segment bleibt, wie man sieht, der Lieblingsspielplatz der arabischen Investoren. Und die Ketten geben sich da dehnbar wie Gummibärchen.

Olivier Granet: Accor passt seine Produkte an.

Wir bleiben beim Beispiel Accor: Accor führt nicht nur über Sharjah die Upscale-Marke Majlis ein, sondern dehnt in der Region auch seine Serviced Apartment-Marke Adagio ins gehobene Segment aus – als "Adagio Premium". Und das bereits wenige Monate nach Einführung der Marke überhaupt in dieser Region. Im Kontrast dazu: In München hat vor wenigen Monaten das erste Adagio Access in Deutschland eröffnet – angesiedelt im Budget-Segment.

Als Treiber für die Longstay-Marke macht Olivier Granet, Senior Vice President Development von Accor Middle East, den Wunsch der Gäste nach Lifestyle und Design aus. Vier Adagio Hotels sind seit 2014 eröffnet worden: jüngst in Dubai, davor in Fujeirah, Abu Dhabi und Doha. Zehn weitere in den nächsten vier Jahren werden folgen. Die Premium-Variante für den Mittleren Osten wird Apartments bis zu 240 qm erlauben; die kleinste Einheit wird bei 40-45 qm beginnen. Den Investoren stellt man ein 40prozentiges Premium bei dieser Variante in Aussicht, verrät Granet. Das hören auch Araber gerne.

Accor zählt in der Region inzwischen 70 Hotels in Operation, in 18 Monaten sollen es 120 sein. Bis 2020 will man von heute 17.000 auf 30.000 Zimmer aufgestockt haben. "Wir unterschreiben alle zwei Wochen einen neuen Vertrag", so Granet.

Damit dehnt Economy-Profi Accor auch sein ibis-Markennetz weiter aus. Um den Lifestyle-Hunger der GCC-Reisenden auch auf kostenbewusster Basis zu befriedigen, führt die Kette jetzt ibis Styles ein. Das erste von drei geplanten Hotels in Dubai ist eine Conversion aus einem Büro-Gebäude innerhalb eines Büro-Komplexes. Das Haus, am Dragon Mart Shopping Centre gelegen, wird in der zweiten Hälfte dieses Jahres eröffnen. Partner ist Sheikh Rashid, der Sohn des Herrschers von Ajman. Das nächste ibis Styles soll 2017 an Dohas Business Bay eröffnen.

Rebranding bei Saudis grösster Hotel-Gruppe: Dr Badr Al Badr, CEO von DUR Hospitality.Fotos: map

Selbstbewusste, reiche Saudis

Ein Blick über Dubai und die VAE hinaus: Immer stärker wird die Rolle Saudi-Arabiens im Hotel-Zirkus des Mittleren Ostens spürbar. Die saudische Regierung hat in den preisgünstige(re)n Marken der internationalen Ketten schnell multiplizierbare Herbergen für ihre Aber-Millionen an Pilgern entdeckt. Ein Beispiel dafür ist die vor 40 Jahre gegründete, erste staatliche Hotelgruppe in Saudi-Arabien. Sie startete 1976 unter dem Namen Saudi Hotels & Resorts, entwickelte mit Marriott die ersten 5 Sterne-Häuser und war von Anfang an börsennotiert. An der Arabischen Hotel Investment Konferenz gab CEO Dr. Badr Al Badr ihr Rebranding in das peppigere J9JUR bekannt.

21 Hotels zählt die Gruppe derzeit, 400 Millionen USD pumpt sie in die nächsten 14 neuen Projekte, darunter auch 3- und 4-Sterne-Hotels wie auch ein Apartment-Hotel im diplomatischen Viertel von Riad. Mit IHG hat man dort gerade eine Master Development-Vereinbarung für zehn weitere Häuser unter verschiedenen IHG-Marken unterschrieben; das erste Hotel wird ein Holiday Inn.

Die internationalen Franchise-Marken werden im ganzen Land entstehen, einzig in den heiligen Städten Makkah Al Mokaramah und in Al Madinah Al Monawarah pflegt die Gruppe noch ihre lokale Zweitmarke Makarem. 180 der 400 Millionen USD fliesen allein in diese Marke. DUR pflegt bei Franchising das Owner-Operator-Modell, übernimmt selbst aber auch das Management für Fremd-Eigentümer. Laut DUR-Marketingbroschüre verzeichnete die saudische Hotelgruppe 2014 eine Belegung von 69,4% und einen RevPar von 379,4 SAR.

Es bleibt also spannend im Hotelmarkt des Mittleren Ostens, das steht jedenfalls für die Zukunft fest. Allerdings fragen immer mehr Insider nach dem Sinn dieser nicht enden wollenden Superlativ-Entwicklung. / Maria Pütz-Willems

 

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