Der Bluff von Booking com
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Der Bluff von Booking.com

Amsterdam/Brüssel. Am vergangenen Montag erklärte Booking.com sich bereit, die Preisparitätsklausel in den Verträgen mit europäischen Hoteliers zu lockern. Das in mehreren Ländern unter Beobachtung stehende Unternehmen mit Sitz in Amsterdam scheint sich schnell bewegt zu haben, um die Untersuchung seitens der EU zu beenden. Aber dieser jüngste Schachzug ist nur scheinbar smart.

Anfang der Woche gab die Europäische Kommission den Startschuss für Markttests im Rahmen der kartellrechtlichen Untersuchungen der französischen, schwedischen und italienischen Wettbewerbshüter im Bereich der Online-Hotelreservierungen bekannt. Die Behörden befragen dabei Kunden und Wettbewerber über das Marktangebot bis zum 31. Januar 2015.

Nun machte Booking.com, im Besitz der amerikanischen Priceline-Gruppe, den Vorschlag, seine sogenannte Preisparitätsklausel durch eine angepasste "enge Preisparität" zu ersetzen. Diese Änderung erlaubt es Hotels, verschiedenen Online-Reisebüros unterschiedliche Zimmerpreise anzubieten, was bislang nicht möglich war.

Bis Anfang dieser Woche waren Hotels durch die bisherige Paritätsklausel noch dazu gezwungen gewesen, Booking.com und anderen Webseiten denselben Zimmerpreis anzubieten, den sie Direktkunden anderswo im Netz anboten. Demzufolge müsste diese Nachricht für Europas Hoteliers eigentlich hohen Anklang finden, denn sie hatten sich lange gegen diese frustrierende Klausel zur Wehr gesetzt. Doch in der Realität hat dieser Sieg für die Hoteliers einen bitteren Beigeschmack, da die neue Regelung nicht für ihre eigene Website gilt. Nach wie vor müssen Hotels Booking.com denselben Preis anbieten wie Kunden, die direkt über die Hotelwebseite buchen.

Ein Bluff in den Augen der Hoteliers

Die französische Hoteliervereinigung UMIH und ihre Partner-Vereinigung GNC nennen Booking.coms neuesten "unerwarteten und grosszügigen" Vorstoss einen "Medienbluff". Beide Präsidenten, die im Juli 2013 in Paris eine Beschwerde gegen Booking.com eingereicht hatten, nehmen das Zugeständnis des Online-Vermittlers zur Kenntnis, bleiben allerdings höchst wachsam. "Dadurch, dass wir die Kartellbehörden eingeschaltet haben, haben wir die Hotel-Reservierungsplattformen gezwungen, Angebote vorzulegen. Aber wir werden uns Zeit lassen, sie unter rechtlichen, wirtschaftlichen und kommerziellen Gesichtspunkten unter die Lupe zu nehmen, um sicherzugehen, dass wir einen überarbeiteten Vertragstyp erhalten, der im Interesse des Kunden eine fruchtbare Beziehung zwischen Hoteliers und Online-Reisebüros basierend auf gegenseitigem Vertrauen ermöglicht", so Roland Heguy, Präsident der UMIH.

Noch skeptischer zeigt sich die europäische Hotelvereinigung HOTREC, indem sie sich gegen alle Versuche der Online-Plattfromen wehrt, Paritätsklauseln für Zimmerpreise in welcher Form auch immer beizubehalten. Das erklärte Ziel der Organisation: "Die Wiederherstellung der vollständigen unternehmerischen Freiheit von Hoteliers, die es ihnen erlaubt, ihre Preise für die jeweiligen Vertriebskanäle auf Grundlage ihrer Geschäftsziele zu bestimmen."

In einer Presseerklärung vom vergangenen Dienstag legte Christian de Barrin, CEO der Hotrec, dar, inwieweit die Bedingungen der Online-Plattformen die Freiheit der Hoteliers untergraben, den Wettbewerb einschränken und den Kunden die möglichen Vorteile des freien Wettbewerbs vorenthalten. "Es gibt drei grosse Webseiten, auf die 90 Prozent der über Online-Reisebüros getätigten Hotelreservierungen entfallen, verglichen mit etwa 200.000 hauptsächlich kleinen Hotel-Unternehmen in Europa. Angesichts dieser Verhältnisse ist es nicht schwer zu erraten, wer in diesem Markt am längeren Verhandlungshebel sitzt, und aus diesem Grund ist der Schutz der kleinen Markt-Teilnehmer umso wichtiger. Die Behörden sollten genau hinsehen, wer den Markt tatsächlich lenkt und die Regeln bestimmt."

Booking.com unter Marktkontrolle

Aus diesen Gründen wendet sich die Hotrec an die europäischen Wettbewerbshüter, um "alle Arten von Paritätsklauseln aus den Vertriebsverträgen zu beseitigen" und es den Hoteliers damit zu erlauben, anstelle der Verkäufer selbst zu entscheiden, wie und zu welchem Preis sie ihre Hotelzimmer über die verschiedenen Vertriebskanäle anbieten. Sollten die Paritätsklauseln tatsächlich wegfallen, könnten die Hotels die Preise für OTAs unterbieten, um gezahlte Provisionen wiederzugeben und ihre Kunden dazu zu bringen, zunächst die jeweilige Hotelwebseite zu besuchen, um das beste Angebot zu erhalten.

Wird dies jemals wieder möglich sein? Die Zeit wird es zeigen. Fürs Erste müssen beide Seiten abwarten, ob die überholten Regelungen Wirkung zeigen. Am Montag starteten Frankreich, Italien und Schweden zeitgleich einen sechswöchigen Markttest, um festzustellen, ob das Angebot von Booking.com ausreicht, den Wettbewerb unter den OTAs anzuheizen. Die französischen Wettbewerbshüter wollen an eine verstärkende Wirkung glauben, die das Angebot von Booking.com auf den Wettbewerb haben soll. Das Ziel sind geringere Provisionen und dadurch auch geringere Zimmerpreise. Sollte dies nicht funktionieren, können immer noch Sanktionen verhängt werden.

Die Regierungsbehörde sieht allerdings auch den Vorteil für Hoteliers, sich mit Booking.com zusammenzutun. "Viele OTAs bezahlen viel Geld für ein hohes Google-Ranking und machen dadurch auch kleine unabhängige Hotels sichtbar, was wiederum für eine Preisparität zwischen Hotels und OTAs spricht."

Booking.com hofft, dass die unterbreiteten Vorschläge "den Weg für eine branchenweite Lösung in ganz Europa ebnen werden, von der sowohl die Beherbergungsbetriebe als auch die Verbraucher profitieren", liess das Unternehmen in einer Stellungnahme per eMail wissen. hospitalityInside.com konnte Booking.com in dieser Woche nicht telefonisch erreichen, um weitere Informationen zu erhalten.

Booking.com ist übrigens nicht der einzige OTA unter Beobachtung. Wie bereits mehrfach berichtet, stehen Expedia und HRS ebenfalls auf der Liste zahlreicher Kartellbehörden und Wettbewerbshüter in ganz Europa. / SD

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