Amsterdam. Google hat im US-amerikanischen Markt seine Instant Booking Function aktiviert. Das sind schlechte Nachrichten für OTAs, weil sie sich damit keinen Wettbewerbsvorteil mehr kaufen können, und für Hoteliers, die keine andere Wahl haben als noch mehr Kommission zu zahlen, um einfach überhaupt noch im Web existieren zu können. Google will jetzt Daten und Kommissionen.
Google hat eine Menge darüber gesprochen, dass man den Online-Hotel-Buchungsmarkt mit seinem Volumen von 400 Milliarden Dollar durchdringen möchte. Indem Google seine Instant Booking Function an den Google Hotel Finder anbindet, wird die Message klar: Es ist an der Zeit, sich ein Stück des grossen Kuchens zu sichern.
In den USA läuft die Beta-Phase, in der Google ein neues Feature testet, das es dem Reisenden erlaubt, ein Hotelzimmer zu buchen, ohne die Such-Seite zu verlassen. Bisher bot der Gigant Hotel-Metasearch-Ergebnisse an, übergab seine User dann aber den Hotel-Webseiten oder den OTAs, um die Transaktionen zu vervollständigen. Laut Internet-Dienst "tnooz" ist die "neue Strategie die, den User bei seinem wiedererkennbaren und minimalistischen Google-User-Erlebnis zu halten, was zu steigenden Conversions führen könnte. Aber es verhält sich auch gegenläufig zum eigenen Geschäft, welches OTAs helfen soll, Buchungen zu erhalten."
Inzwischen offeriert Google seinen US-Kunden die Möglichkeit, mithilfe der Suchmaschine über Google.com/hotels zu suchen und gleichzeitig Hotelzimmer zu buchen. Ohne Zweifel ist dies ein direkter und ernster Wettbewerb für Plattformen wie Expedia oder die Priceline Group, die etwa 5% zu Googles Anzeigen-Einnahmen beitragen.
Eine Seite, ein paar Clicks – erledigt
Aus Kunden-Sicht ist der gesamte Prozess sicherlich einfach. Er sucht schlicht eine Destination, filtert seine Suche nach Preis, Hotel-Kategorie, User-Bewertungen, Standort und Einrichtungen. Dann braucht die Maschine nur ein paar Sekunden, um alle Online-Angebote zu vergleichen und die Hotels zu listen. Die Website zeigt ihm den Namen des Hotels an, sie zeigt ein Foto und nennt praktische Details, eine Karte und wohl auch Preise – womöglich die beiden besten Raten, dies es vermutlich im Markt gibt, wer immer diese auch anbietet. Dann kann das Hotel selbst sein, die Hotelkette, einer der grösseren OTAs oder auch lokale Agenturen. Jeder erhält nun eine Chance, dass seine Nennung zur Buchung konvertiert… Aber: Er hat keine Datenkontrolle!
Würde er direkt beim Hotel buchen, würde der User zur Hotel-Website geleitet werden. Jetzt ist es anscheinend so, dass der User seine Reservierung auf der Google-Seite vornimmt – für ein "komfortableres" Buchungserlebnis. Das Hotel sendet nur noch die Buchungs-Bestätigung an ihn.
Google will die Daten und die Kommission
"In diesem Datenkrieg gibt es keinen Zweifel: Google will die Kontrolle über die Kunden-Information behalten. Der Kunde wird immer Google gehören; das Hotel erfüllt lediglich den Vertrag. Hoteliers sollten weder auf Google noch auf TripAdvisor zählen, wenn sie Direkt-Buchungen möchten. Das wird nicht geschehen," analysiert Markus Luthe vom Deutschen Hotel-Verband; er ist auch der Experte für Online-Distribution für die HOTREC, die europäische Hotel-Vereinigung.
Seiner Ansicht nach sollte man nach diesem Eintritt von Google in die Hospitality-Welt zwei Aspekte im Blick behalten: "Einerseits ist Google in einem OTA-dominierten Markt, der fast schon ein Oligopol hat, willkommen. Dieser braucht ernsthaften Wettbewerb. Andererseits bin ich besorgt darüber, dass die freie 'organische' Suche die Hotels noch mehr kosten wird, wenn Google seine Suche nun in ein neues Geschäftsmodell dreht."
Luthe meint, dass Googles AGBs derzeit noch unbekannt sind, dass die Kosten aber wahrscheinlich bei 12 bis 15% Kommission liegen werden. "TripAdvisor hat das Gleiche gemacht, nachdem es sein Instant Booking-Tool eingeführt hat." Offensichtlich präferiert Google nun ein Umsatz-Modell à la "Pay Per Action/Conversion" und nicht mehr das klassische "Pay Per Click"-Modell. Das könnte in der Tat das gesamte Spiel im Markt verändern. Vor allem, wenn Google als Konkurrent zu seinen eigenen Kunden einsteigt: zu den OTAs. Für diese ist es zweifelsohne schwer, diese Pille zu schlucken. Zum ersten Mal überhaupt sehen sich Expedia oder Booking.com einem Spieler gegenüber, der grösser ist als sie selbst. Sich mit Geld einzukaufen, um den Wettbewerber zu übertrumpfen, scheint dieses Mal sehr unwahrscheinlich zu sein.
Sabre könnte Google in der Interaktion mit Hotels helfen
Keine der grossen US-Hotel-Ketten scheint sich bisher an diesem Google-Schema zu beteiligen. Obwohl derzeit noch unklar ist, wer Google in der Interaktion mit den Hotel-Buchungssystemen helfen wird, taucht der Name des Reise-Technologie-Unternehmens Sabre sehr oft auf.
Es ist noch nicht lange her, als Sabre offenbarte, sich mit Google in einem Beta-Testing für ein neues Kommissions-Modell zu befinden, durch das Hotels Buchungen direkt von Usern aus der organischen Suche in Google und Google Maps bekommt. Wenn Sabre sich dafür entscheidet, ebenfalls Googles Instant Booking-Feature zu vermarkten, wäre das Unternehmen vielleicht auch inder Lage, viele der 20.000 oder mehr unabhängigen Hoteliers zu überzeugen, dass sie für das zentrale Reservierungssystem unterschreiben sollten.
"Für Reisende sind das gute Nachrichten, da das neue Tool nicht mehr verlangt, die Website zu verlassen und sich durch unterschiedliche Webseiten durch zu navigieren. Für Hotels reduziert der neue Service die "abandonment rate", die man allgemein sieht, wenn Konsumenten die Sites switchen müssen, um eine Transaktion zu vervollständigen," sagte Sabre zu "tnooz.com".
Können Hoteliers noch überleben?
Eine Kommission wandert an OTAs, eine andere an TripAdvisor und bald auch eine an Google… Da darf man sich schon ernsthaft fragen, ob Hoteliers in dieser Branche überhaupt noch eine Zukunft haben. "Ich mache mir Sorgen, dass Hotels zwischen diesen Giganten noch ein wenig mehr ausgepresst werden. Nachdem Frankreich und Deutschland ihre Freiheiten regelten, haben sich Hoteliers reorganisiert, um ihre Kunden zurückzugewinnen. Googles Power und doppeldeutiges Verhalten werden es nicht leichter machen. Man wundert sich, wie ein Unternehmen die Hauptsuchmaschine zum Listen von Hotels sein kann und zur gleichen Zeit ein Distributionssystem. Man kann noch nicht Richter und Beklagter zugleich sein, oder?" fragt Christian de Barrin, Präsident der HOTREC.
Als ewiger Optimist lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass die Hoteliers kämpfen und sich anpassen werden und wie immer alles tun, um die Kontrolle über den Kunden wieder zurück zu erhalten. "Die Beziehung zwischen einem Hotelier und einem Gast ist die Essenz jeder Aktivität," zeigt auch Markus Luthe die Sonnenseite auf. "Anders als beim Schuhkauf über Zalando erlebt am Ende dieses Prozesses der Gast das Hotel selbst. Es ist eine zweite Chance für den Hotelier, ihm den bestmöglichen Service zu geben und sicherzustellen, dass er das nächste Mal direkt bei ihm bucht."
Momentan ist die Google Instant Booking Function nur in den USA verfügbar, aber sie wird bald im europäischen Markt getestet werden. Google brauchte ein Jahr, um seinen Hotel Finder nach Europa zu transportieren. / Sarah Douag