Die globale Budget-Welle rollt

Die globale Budget-Welle rollt

ITB Hospitality-Talk: Alle wollen expandieren, aber mit anderen Konzepten

Budget überall - das internationale Panel während des 5. ITB Hospitality Day.

Berlin. Ob China, Indien, Südamerika oder Europa: Die Pipeline für Budgethotels ist internationaler denn je. Europäische Anbieter schliessen kontinent-übergreifende Joint Ventures ab. In Indien rollt eine nationale Marke den Markt auf. Die Diskussionsrunde rund um die globale Budget-Hotellerie beim fünften "ITB Hospitality Day", der Hotelkonferenz der ITB, liess die Fachleute aufhorchen.

Man müsse nicht weit gehen, um den Vormarsch der Budget-Hotellerie mit eigenen Augen zu sehen, leitete Moderator Marcy Marvel, Professor für Wirtschaft an der Hotelfachschule in Lausanne, die Diskussion in Berlin ein. Die deutsche Hauptstadt sei ein Paradies für preisbewusste Reisende. Die durchschnittliche Tagesausgabe liege bei 108 Euro, ab 19 Euro gebe es ein Bett in einem Hostel. Und im neuen Berliner easyHotel koste gar das gesamte Zimmer nur 25 Euro.

Wird der Budget-Boom in Deutschland bisweilen als Phänomen der Wirtschaftskrise mit überschätztem Potenzial belächelt, folgen weltweit immer mehr Entwickler und Ketten dem Budget-Marktführer Accor und setzen auf günstige Häuser mit abgespecktem Service.

So kündigten die Gruppe Louvre Hotels, zu der heute 782 Budget Hotels der Marken Prèmiere Classe, Campanile, Kyriad, Kyriad Prestige und Golden Tulip zählen, bereits 2005 eine Expansion ausserhalb Frankreichs an. 2007 unterzeichnete sie ein Joint Venture mit der österreichischen Warimpex für die Entwicklung der Marken Prèmiere Classe und Campanile in Osteuropa.

Moderator Prof. Macy Marvel.

"Bisher“, so Louvre-Repräsentant Haike Blauuw, Senior Vice President Golden Tulip, "haben wir sechs Hotels in Polen und eines in Budapest unterzeichnet.“ Ausserdem gebe es einen Vertrag für 15 Hotels in Marokko.

Louvre expandiert über Joint Ventures

Ausserhalb Europas seien weitere Joint Ventures geplant, beispielsweise in China und Brasilien. Auf der Agenda für die Expansionen stünden ausserdem die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Japan. "Man kann nicht alles gleichzeitig angehen“, erklärte er und zeigte sich verwundert darüber, dass Mitbewerber aus Grossbritannien wie Premier Inn und Travelodge bisher fast keine Expansionspläne ausserhalb des Königreichs heraus geäussert hätten.

Stolz präsentierte Prahbat Pani, CEO der indischen Ginger Hotels, seine Marke in Berlin. Die Budget-Gruppe gehört zum heimischen Tata Konzern. "Mit dieser Marke sind wir die am schnellsten wachsende Gruppe in Indien“, erklärte er. "Zurzeit sind 21 Ginger Hotels geöffnet, fünf im Bau und neun unterzeichnet.“ Die Wirtschaftskrise hatte nach Panis Aussagen wenig negative Auswirkung auf diese Hotels. "Wir haben eine wachsende Mittelklasse, die auch Fernreisen unternimmt“, erklärte er. 70 Prozent der Ginger-Gäste seien zwischen 25 und 35 Jahre alt, Führungsnachwuchs oder Selbstständige. Sie buchten Ginger auch für Wochenendtrips. "Unsere Durchschnittrate liegt bei 30 Dollar, üblich sind Preise zwischen 22 und 45 Dollar“, so Pani.

Indische Budgets: Mehrkosten durch F&B, aber Gehälter klein

Prabhat Pani und Haike Blauuw.

Bisher liegen die Ginger Hotels in Businesszentren, nicht in den Grossstädten, das werde sich aber mit der nächsten Generation ändern. "Alle anderen indischen Marken sind im höheren Segment angesiedelt, darunter liegt nur noch ein unorganisiertes Segment. Unsere Mitbewerber sind Gästehäuser oder Serviced Apartments“, erläuterte Pani und erklärte auch, weshalb es seiner Meinung nach für internationale Ketten nicht so leicht sei, die Ansprüche seiner Landsleute im Budget-Segment zu erfüllen. "In Indien muss ein Hotel heisses Essen servieren. Indien ist wie ein Mini-Europa. Es gibt 30 verschiedene Sprachen. Wer 500 Kilometer weit fährt, erlebt eine völlig andere Küche. Wir müssen auf regionale Unterschiede Rücksicht nehmen.“ Aktuell beträgt der Anteil internationaler Gäste in den Ginger Hotels laut Pani 10 Prozent. Das Managergehalt in einem Ginger Hotel liege zwischen 10.000 bis 15.000 Dollar im Jahr, ein Berufsanfänger in der Branche verdiene jährlich zwischen 4.000 und 5.000 Dollar - was Moderator Macy Marvel kommentierte mit den Worten "Das sieht nach einem profitablen Geschäftsmodell aus…".

Auch wenn die Personalkosten in Europa deutlich höher liegen, hat die deutsche Meininger Gruppe sechs weitere Betriebe in der Pipeline. Sie nannte ihre Herbergen zunächst Hostels, hat sie aber inzwischen in Hotels umbenannt. Meininger pachtet die Betriebe laut Geschäftsführer Sascha Gechter per Fixpacht, das Risiko werde durch ihre exzellente Lage und das Hybridmodell der Betriebe reduziert. Damit spreche man unterschiedliche Zielgruppen an. "30 Prozent unserer Gäste am Berliner Hauptbahnhof sind Geschäftsreisende“, erklärte er.

Accor setzt auf kleinere Häuser und Mikro-Standorte

Michael Mücke.

Auf den hybriden Gast setzt auch Accor, allerdings mit einem anderen Konzept. Während Meininger zunehmend grössere Häuser betreibt und auch vor 300 bis 350 Zimmern nicht zurückschreckt, bietet Accor an einem Standort bis zu drei Marken an. "Der Human Touch wird auch bei Economy künftig eine grössere Rolle spielen“, betonte Michael Mücke, GF und Generaldirektor Economy Marken Accor Hotellerie Deutschland. "In einem Haus mit 150 bis 180 Zimmern ist er einfacher umzusetzen.“ Allein in Berlin gebe es 11 Ibis Hotels.

"Unser Modell lautet Risikostreuung und Nähe. Wir greifen die Mikro-Locations ab“, erklärte Mücke. Damit sei sein Unternehmen schliesslich immer gut gefahren. "Wir kennen den Markt, wir haben die Budgethotellerie nach Deutschland gebracht.“ Ganz unbesorgt zeigte sich Mücke allerdings angesichts der vielen neuen Konkurrenz nicht: "Ich bin manchmal aber selbst über den Extremismus in Deutschland überrascht“, erklärte er zum Budget-Boom im Land. "Wenn in 12 Monaten in Berlin und Hamburg 1.000 Zimmer hinzukommen, dann ist das zu schnell. Trotz erheblicher Perspektiven erwarte ich mehr Augenmass.“

Dass die Accor-Tochter Motel 6 in den USA nicht von der Wirtschaftskrise profitieren konnte, sondern erhebliche Einbrüche hinnehmen musste, begründete Mücke mit deren Hauptzielgruppe: "Motel 6 lebt in den USA hauptsächlich von Menschen, die im Bau oder Handwerk beschäftigt sind. Die Economy Hotellerie in Europa ist hier resistenter. Der individuelle Leisure-Reisende ist bei Accor stabil geblieben.“

Auch in Zukunft einfach bleiben

Sascha Gechter.

Die Zukunft bleibt für die Budget-Hotellerie nach Ansicht der Experten rosig, wenn ihre wichtigsten Merkmale nicht verwässert werden. "Wir wollen unseren Kernprinzipien treu bleiben“, so Gechter. Mücke sieht das ähnlich. "Wir müssen einfach bleiben und nicht immer mehr Zusatzangebote hinzu fügen. Sie gehören nicht zur Economy Hotellerie. Ihr Schlüssel zum Erfolg ist die Einfachheit.“ Allerdings, so Mücke, wurden 2009 alle Etap Hotels mit kostenlosem W-Lan ausgestattet. Auch Ginger, so Pani, habe gerade den W-Lan-Anbieter gewechselt, um diesem neuen Grundbedürfnis der Menschheit dienen zu können.

Vom Weg der Preisparität zu allen Zeiten ist die Budgethotellerie inzwischen auch abgekommen. "Gäste akzeptieren Preisunterschiede von bis zu 100 Prozent“, so Mücke. "Wir haben den Reiz des fixen Systems gegen Yielding aufgegeben.“ Für 2010 sieht Mücke freundliche Zeichen am Horizont, die ersten beiden Monate seien ermutigend verlaufen. Die Ginger Hotels verzeichneten laut Pani in 2009 ein Umsatz-Wachstum um 10 Prozent, vor allem die Belegung habe sich positiv entwickelt. Man hätte mehr Rahmenverträge mit Unternehmen abgeschlossen und erwarte für 2010 ebenfalls gute Ergebnisse. / Susanne Stauss

 

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