Eine chaotische Entwicklung Brüsseler Hotel Vereinigung über Herausforderungen und klare Regeln
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Eine chaotische Entwicklung

Brüsseler Hotel-Vereinigung über Herausforderungen und klare Regeln

Hotel-Design vom Feinsten: Kommunikative Kissen im Sofitel Le Louise Brüssel. Hinter den Kulissen können belgische Hoteliers nicht mehr lächeln.

Brüssel. Die belgische Hotel-Vereinigung kämpft für klare Regeln und faire Wettbewerbsbedingungen. Belgische Hotels verfügen über die niedrigsten Bruttobetriebsergebnisse in Europa, klagt Generalsekretär Rodolphe Van Weyenbergh von der Brussels Hotels Association. Die Lohnkosten empfindet er dabei als ungebührlich hohe Belastung, die die meisten Hoteliers und Investoren amInvestieren hindert. Gleichzeitig gebe es im Markt angeblich 5.000 Zimmer, die illegal sind oder von gesetzlichen Unsicherheiten profitieren. Inzwischen planen zudem etliche 5 Sterne-Hotels, sich auf 4 Sterne degradieren zu lassen. Der Generalsekretär zur aktuellen Situation in Brüssel und in der Region.

Wie viele Hotels werden von der BHA repräsentiert?

Rodolphe Van Weyenbergh: Unsere Vereinigung repräsentiert 15.000 Hotelzimmer und 12.500 Arbeitsplätze in Brüssel. Mit Brüssel meine ich die Wirtschaftsregion Brüssel bestehend aus insgesamt 19 Kommunen einschliesslich des Umlands über politische Grenzen hinweg.

Wer sind Ihre Mitglieder?

Van Weyenbergh: 70% unserer Mitglieder gehören internationalen Hotelgruppen an und 30% sind Familienhotels. Die meisten unserer Mitglieder sind klassische Hotels sowie offiziell anerkannte Serviced Apartments, die unserer Vereinigung erst kürzlich beigetreten sind.

Warum erst jetzt?

Van Weyenbergh: Serviced Apartments, Gästehäuser und ähnliche Formen von Gastbetrieben befanden sich hinsichtlich Regeln und Gesetzen lange Zeit in einer Grauzone - bestimmte Arten von Gastbetrieben, die sich nicht an bestehende Gesetze und betriebliche Auflagen halten, sogar in einer schwarzen. Glücklicherweise stimmte das Brüsseler Parlament am 25. April letzten Jahres für eine neue "Ordonnanz", die einen Rahmen schafft und alle Formen des Gastgewerbes dazu anhält, sich an bestimmte Regeln zu halten.

Gemeinsam mit anderen Tourismusakteuren und Lokalpolitikern hat unsere Vereinigung hart dafür gekämpft, dem Chaos Einhalt zu gebieten. Es ist für das Image unseres Sektors und das Wohl der Kunden unabdingbar, dass sich jeder im Sinne von Qualität und fairem Wettbewerb an Recht und Gesetz hält.

Rodolphe Van Weyenbergh.

Ist dieser parallele Beherbergungssektor
ein ernsthaftes Problem?

Van Weyenbergh: Ein erhebliches. Es gibt mehr als 5.000 Zimmer, die illegal betrieben werden oder von gesetzlichen Unklarheiten profitieren. Ich spreche hier nicht von regulär organisierten Gästehäusern. Ich spreche von Immobilien-Gesellschaften, die hunderte ihrer Apartments nächteweise an Touristen vermieten. Und wie sieht es mit den Privatleuten aus, die ihre Wohnungen oder freien Zimmer online an Urlauber vermieten? Das ist unfairer Wettbewerb, besonders gegenüber gemeldeten Gästehäusern und kleinen Hotels mit 6 bis 10 Zimmern.

Meinen Sie damit Webseiten wie Airbnb?

Van Weyenbergh: Wir haben per se nichts gegen Airbnb oder ähnliche Webseiten – sie bedienen schliesslich eine offensichtlich vorhandene Nachfrage. Wir sind allerdings der Meinung, dass wir mit ihnen kommunizieren und sogar zusammenarbeiten sollten, um sicherzugehen, dass sie nicht dem Image unserer Destination und der gesamten Branche schaden. Die Regierung sollte zudem prüfen, ob die dort angebotenen Produkte den Übernachtungsstandards genügen und ob sich diese Webseiten an die vor Ort geltenden Finanz- und Steuerbestimmungen halten. Einfach nur ein leeres Zimmer zu vermieten, macht einen noch lange nicht zum Hotelier. Ein Auto zu besitzen, macht einen ja auch noch lange nicht zum Taxifahrer, oder? Hoffentlich wird die neue "Ordonnanz" diese Situation geraderücken.

Ist die Regierung hilfreich?

Van Weyenbergh: Sie wird es hoffentlich sein. Wir hatten gerade Wahlen und die künftige Regierung hat der Tourismus-Branche wirtschaftliche Priorität eingeräumt. Eine gute Nachricht. In Belgien ist die Verteilung der Kompetenzen sehr kompliziert. Glücklicherweise hatte die letzte Regierung eine Reform auf den Weg gebracht, die vorsieht, die Zuständigkeit für den Tourismus von den Kommunen auf die Region zu übertragen. Das sind gute Nachrichten für Brüssel und Umgebung, da sie nun ihr touristisches Schicksal in die eigenen Hände nehmen können – von Marketingstrategien bis hin zu internationalen Werbekampagnen analog zu Flandern und Wallonien.

Gibt es noch weitere dringende Herausforderungen?

Van Weyenbergh: Auf Landesebene durchlebt unser Sektor derzeit schwere Zeiten. Es gibt nach wie vor eine Entwicklung, aber Hotels bleiben verwundbar. Wir arbeiten hart daran, die Hotelbranche zu einem profitablen Sektor zu machen, aber die Lohnkosten lassen uns dabei kaum eine Chance. Aus diesem Grund haben wir mit die geringsten GOPsin ganz Europa. Wie sollen Hoteliers denn überleben, reinvestieren, neue Mitarbeiter anstellen, geschweige denn die Löhne erhöhen, wenn die Lohnkosten 45 bis 50% des Gesamtumsatzes auffressen? (Anm.d.Red.: sh. separaten Artikel/nachfolgenden Link).

Die Situation ist untragbar geworden. Ich sage nicht, dass die Mitarbeiter zu viel verdienen, aber sie kosten zweifellos zu viel Steuern – mehr als in anderen Bereichen. Wir bitten die neue Regierung, uns zuzuhören und die Lohnsteuer zu senken. Dadurch können Hoteliers neue Mitarbeiter anstellen, einschliesslich junge und ungelernte Arbeitskräfte, neu in ihre Hotels zu investieren, neue Konzepte und Produkte erarbeiten usw. ... Ein solcher Schritt würde ausserdem Investoren dazu veranlassen, keinen grossen Bogen mehr um unsere Stadt zu machen oder Projekte zu hinauszuschieben.

Brüssel-Panorama mit Atomium.Foto: Olivier van de Kerchove

Wie geht es dem Beherbergungssektor?

Van Weyenbergh: Das Geschäft läuft eigentlich gut, obwohl es verglichen mit anderen europäischen Hauptstädten nach wie vor Verbesserungspotenzial gibt. Die durchschnittliche jährliche Belegungsrate liegt bei knapp über 70 Prozent, was gut ist, aber nicht gut genug, um zu den besten europäischen Destinationen aufzuschliessen. Durchschnittsrate und Belegung haben beide noch Luft nach oben. Die Hotels wurden von der Finanzkrise schwer getroffen, aber dank der EU-Institutionen weniger als in anderen Destinationen. Insgesamt stehen 75 Prozent des Geschäftssegments und 56 Prozent aller Konferenzen in der Stadt in Verbindung zu EU-Institutionen. Mehrtägige Konferenzen sind für die Hoteliers in Brüssel von elementarer Bedeutung.

Sind die Hotels in Brüssel aus diesem Grund eher geschäfts- als freizeitorientiert?

Van Weyenbergh: Sie erfüllen die Nachfrage aus beiden Märkten. Der Geschäftssektor generiert 55 Prozent der Gesamtbelegung, während 45 Prozent auf den Freizeitsektor entfallen. Bislang hing der Hotelsektor stark von den Geschäftsreisenden ab, aber die Lage beginnt sich zu verändern, seit Visit Brussels und dessen Partner, zu denen auch Hotels gehören, die Leute dazu aufgefordert haben, auch in der Nebensaison zu kommen – an Wochenenden und zu bestimmten Zeiten im Sommer und im Winter. Die Besucherzahlen sind schon jetzt etwas ausgeglichener, die Preise allerdings nicht. Daran ist noch zu arbeiten.

Viele 5 Sterne-Hotels haben sich wieder auf 4 Sterne degradieren lassen, um für den MICE-Markt attraktiv zu sein. Ist das richtig?

Van Weyenbergh: Es hat tatsächlich eine Neupositionierung von einigen 5 Sterne-Hotels gegeben, aus vielerlei Gründen. Einige wollten neue Unternehmensvorgaben erfüllen, insbesondere im Pharmabereich. Aufgrund der Finanzkrise haben zahlreiche Unternehmen ihr Reisebudget gekürzt und festgelegt, dass 4 Sterne-Häuser den 5 Sterne-Hotels vorgezogen werden. Für einige andere Hotels, die zu grösseren Portfolios gehören, war dieser Schritt einfach das Ergebnis einer weltweit angepassten Strategie, und für andere gab es steuerliche Gründe.

Und was sagen Sie zu Online-Reisebüros?

Van Weyenbergh: Wir können nur sagen, dass es eine laufende Untersuchung gibt und wir die Situation genau beobachten. Natürlich lassen sich Online-Reisebüros heutzutage nicht vermeiden. Sie sind effizient und sehr mächtig, aber das ist mit Sicherheit kein Grund, zu allem ja und amen zu sagen, was sie tun. Ich kann Ihnen sagen, dass wir jegliche Art von Missbrauch einer marktbeherrschenden Position ablehnen. Unsere Vereinigung empfiehlt dringend die Direktbuchung über die Webseiten von Hotels, um von günstigeren Preisen und besserem Service zu profitieren.

Vielen Dank für Ihre Zeit.

Das Interview führte Sarah Douag.

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