Expansion mit reduziertem Risiko Steigenberger CEO Puneet Chhatwal über Projekte ausserhalb von Europa
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Expansion mit reduziertem Risiko

Steigenberger-CEO Puneet Chhatwal über Projekte ausserhalb von Europa

Musterzimmer für ein künftiges Jaz in The City-Hotel.

Frankfurt/M. Steigenberger hat seit letzter Woche nun auch eine Lifeystyle-Marke: Jaz. Damit schwimmt die deutsch-stämmige Gruppe im aktuellen Strom der internationalen Marken-Anbieter mit. Sie hat die Marke jedoch nicht erfunden, sondern per Namenslizenz-Vertrag von der Travco Group Ägypten für die Expansion ausserhalb Ägyptens "geliehen". Der Reise- und Touristik-Konzern Travco ist das Unternehmen des Steigenberger-Eigentümers Hamed El Chiaty. Die News wurde just publik während eines Hintergrund-Gespräches von Steigenberger-CEO Puneet Chhatwal mit Maria Pütz-Willems über die Hotel-Strategie der Gruppe im Ausland.

Das erste "Jaz in the City" ist bereits im Bau und eröffnet im September dieses Jahres in Amsterdam. 247 Zimmer und elf Suiten als Spiegel eines Spirits aus Lifestyle und Technologie – mit direktem Zugang zur Event-Location Ziggo Dome, einer Bühne für bekannte Stars und Veranstaltungen XXL. Dieser Mix könnte locken. Das zweite Jaz, ebenfalls im Bau, wird im ersten Quartal 2016 in Deutschland eröffnen; der Standort wird in Kürze kommuniziert werden.

Eine "zweistellige Zahl" an Jaz City-Hotels stellt sich Steigenberger vor. Es wird aber noch weitere "Jaz"-Varianten geben: "Jaz on the Nile" – wobei hier die drei aktuell fahrenden Kreuzfahrtschiffe auf dem Nil nicht eingeschlossen sind; ausserdem wird es noch die Marken-Variante "Jaz on the Beach" geben, mit neun Hotels aus dem Travco-Portfolio, die derzeit aber noch auf ihre Lifestyle-Fähigkeit überprüft werden.

Werbebroschüre für die neue Steigenberger-Marke Jaz.

"Jaz soll die Zielgruppe auffangen, die Steigenberger und InterCity Hotels nicht ansprechen," sagt Puneet Chhatwal, im dritten Jahr Chief Executive Officer der Steigenberger Hotels Group. Die Pressemitteilung letzte Woche hat es schon erklärt: "Jaz in the Citys Zielgruppen sind weltoffene Entdecker, Wochenend-Abenteurer, Foodies und Bizcationers, preisbewusste moderne Geschäftsreisende und Consultants, die, so möglich, ihre Trips mit Freizeit-Eindrücken ergänzen."

Bizcationers?? Google kennt dieses Wort nicht – Steigenberger hat es gerade erst erfunden! Abgeleitet ist "Biz" von Business und "cationers" von "vacationers"… Damit setzt Steigenberger den linguistischen Pirouetten in der überbordenden Lifestyle-Marken-Welle eine neue Krone auf….

InterCity für Zentraleuropa

Sachlich spricht nichts dagegen, dass Steigenberger eine dritte Marke etablieren will. Die Hotelgruppe spricht schon länger von einem "schlankeren", peppigeren Modell, einer Marke zwischen InterCity und Steigenberger. Die aktuelle Tiefstzins-Phase sei "eine gute Zeit zum Wachsen" und gut für die Einführung einer neuen Marke, merkt der Development-Experte Chhatwal an.

Parallel versucht Steigenberger, die beiden Kern-Marken zu pushen. Das aufwändige und teure Grand Hotel wird künftig zwar die Ausnahme bleiben, multipliziert wird aber das entschlacktere Steigenberger, etwa nach dem Vorbild des Hotels Kanzleramt Berlin. Darüber hinaus wird das Mittelklasse-Produkt InterCity – die Cash Cow der Gruppe – forciert: "Wir möchten noch mehr InterCity Hotels in Kerneuropa haben als bisher," setzt Chhatwal den Fokus, und für den schnelleren Roll-out dieser Marke ist man auch weiterhin bereit, Pacht-Verträge zu zeichnen. 30 bis 40 Häuser der Marke InterCity kann er sich in dieser Region durchaus vorstellen.

Sichtbar ist momentan allerdings eher die Expansion in ferneren Ländern – und dort will man das Risiko sehr gering halten. Management- oder Franchise-Verträge sind angesagt: Der Gebührenstrom soll fliessen. Das hat Puneet Chhatwal in seinen Development-Jahren bei Rezidor intensiv gelernt.

Stylische Architektur: Steigenberger Doha. Auf dem Dach ist ein Pool vorgesehen, auf der niedrigeren Ebene vorne eine Terrasse.

Glänzende Kernmarke
in den Emiraten

Steigenberger schlägt den Expansionsbogen aus Zentraleuropa über die Türkei in den Mittleren Osten und nach China. In Istanbul kommt Steigenberger schon im Juni 2016 zum Zug - dank eines Franchise-Vertrages mit Korcan Turizm Petrol Ürünleri Ticaret Sanayi, einem Unternehmen aus der Öl-Industrie. Das Steigenberger Hotel Istanbul Airport wird 210 Zimmer haben und an einer grossen Verkehrsachse zwischen dem Flughafen Atatürk und dem Business-Viertel der Stadt liegen.

Mit Dubai und Doha besetzt man künftig zwei Standorte, in denen viele Geschäftsleute den deutschen Hotel-Namen kennen. So wird das Steigenberger Dubai 2017 im Cultural Village der Stadt eröffnen, gleich neben dem Palazzo Versace und damit etwas von dem erhofften Glamour dieses Edel-Hotels abbekommen. Weil es zwei Grundstücke gibt, wird sich das Steigenberger Hotel auf zwei Gebäude verteilen. Der Management-Vertrag ist unterschrieben mit Eigentümer Hashim Aldabal von Warsan Dubai.

In Doha entsteht bis 2016 das 200 Zimmer grosse Steigenberger Doha Airport Road, zwischen Stadtmitte und dem internationalen Flughafen gelegen. Diesen Management-Vertrag hat Eigentümer Sheikh Abdulla bin Abdulrahman bin Seoud Al Thani, ein Mitglied der regierenden Familie von Qatar unterzeichnet.

Profil im Land des Eigentümers

Steigenberger-CEO Puneet Chhatwal: Bemüht um Kosten-Kontrolle.

Dass Steigenberger mehrere Hotels in Ägypten verkünden konnte bzw. kann, hängt wohl auch mit dem Netzwerk von Eigentümer El Chiaty zusammen. Offen ist das Steigenberger Hotel in Alexandria. Bei dem 86 Zimmer-Hotel handelt es sich um das ehemalige Sofitel Cecil. Seit 1. Januar 2015 prangt zudem der Name Steigenberger via Franchise auf dem neu eröffneten Familien- und Spass-Resort Aqua Magic in Hurghada – einer Mega-Anlage mit sechs Pools, Wasserrutschen-Park und 707 Zimmern, von denen 294 spezielle Familiensuiten mit Kinderzimmer sind.

Ab Mai 2015 kommt per Management-Vertrag ein weiteres, neues Steigenberger Resort mit 625 Zimmern in Sharm El Sheikh dazu; Eigentümer ist El Chiatys Travco Group. Das nächste Steigenberger folgt dann bis September 2016: das Hotel Tahir Square in Kairo, 95 Zimmern gross. Es gehört der HOTAC. Die beiden Unternehmen EGOTH und HOTAC besitzen übrigens gemeinsam 23 historische Hotels in Ägypten.

Insgesamt betreibt Steigenberger damit aktuell sechs Hotels im Land der Pharaonen und hält zwei Projekte in der Pipeline. Danach aber sollen laut Chhatwal nur noch wenige Standorte in Ägypten für Steigenberger überhaupt in Frage kommen.

China ohne Risiko

Vergleichsweise schnell, gemessen an der Zahl der Ankündigungen in jüngster Zeit, mutet die Steigenberger-Expansion in China an. Insgesamt sieben Projekte bahnen sich an, eines davon ist eröffnet. Dazu hat die Hotelgruppe aus Frankfurt ein 50:50 Joint Venture namens "The German Hotelgroup Co. Ltd" mit Sitz in Beijing gegründet. Partner ist die chinesische Beijing Yun Bang Investment Trade Co. Ltd.. Die Projekte im Überblick:

1. Hotel Maximilian managed by Steigenberger in Beijing, 286 Zimmer – das 1. Haus der Gruppe in China, eröffnet im Juni 2014
2. Steigenberger Resort & Spa Haitang Bay Sanya, 102 Zimmer, Eröffnung 4. Quartal 2015
3. InterCity Hotel Qingdao, 193 Zimmer, Eröffnung Ende 2015
4. Steigenberger Hotel Shaohai in Qingdao, 280 Zimmer, Eröffnung Winter 2015/2016
5. Steigenberger Changchun, 130 Zimmer, Eröffnung Frühjahr 2016
6. Steigenberger Yubei, 300 Zimmer, Eröffnung 2016
7. Steigenberger Taizhou, 200 Zimmer, Eröffnung 4. Quartal 2017.


Ein Steigenberger-Büro in Beijing gibt es schon seit 2010, unter der Gesamtleitung von Claus-Dieter Jandel und vor Ort unter der Leitung von Benjamin Kreuz, der aus dem Frankfurter Hof kommt.

Steigenberger Hotel Taizhou, China: Teil der neuenWolkenkratzer-Kultur.Fotos: Steigenberger

"Aktuell haben wir noch keinen Benefit von den Projekten in China; das ist eine Investition in die Zukunft," betont Puneet Chhatwal. Als Ex-Developer weiss er um die Zugkraft von Flaggschiffen in Schlüssel-Metropolen: "Uns fehlt ein Haus in Shanghai!" Ab Mai schickt Steigenberger deshalb einen eigenen Location Scout auf Projekt-Suche durch die Metropole.

Den Hauptmarken-Namen im Riesenreich zu verankern, hält der Steigenberger-CEO für absolut notwendig. Und genauso, Chinesen in den deutschen Häusern der Gruppe zu beherbergen. Das Steigenberger Airport Hotel Frankfurt bereitet jetzt auch den Crews der grössten chinesischen Fluggesellschaft China Southern das Bett. Im Juni 2014 hat die Airline den Flugbetrieb zwischen Guangzhou und dem Flughafen Frankfurt aufgenommen.

Warum aber ausgerechnet das allererste Steigenberger Hotel in China den – für chinesische Zungen – unaussprechlichen Namen Hotel Maximilian tragen muss, kann auch Chhatwal nicht erklären. Offen ist zudem noch, ob der Name Steigenberger angehängt werden wird. Dann würde eine Gebühr fällig werden.

Seit Chhatwals Amtsantritt war dieser bemüht, das Risiko und die Kosten für die Kette in China klein zu halten. Deshalb plädierte er von Anfang an für ein Joint Venture mit einem lokalen Partner und für risiko-arme Verträge: "In China schliessen wir – über eine eigene Gesellschaft – nur Management-Verträge – alles ohne Garantien."

Im April will Steigenberger Hotels Group seine Geschäftsergebnisse für 2014 vorstellen. / map

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