Harter Preiskampf im Anmarsch Booking com wird neues Gesetz in Frankreich nicht akzeptieren
HI+

Harter Preiskampf im Anmarsch?

Booking.com wird neues Gesetz in Frankreich nicht akzeptieren

Die französische Regierung will in wenigen Wochen alle Verträge zwischen OTAs und Hoteliers für nichtig erklären.

Paris. Letzte Woche haben die Vertreter der französischen Nationalversammlung mit ihrer Abstimmung für eine Gesetzesänderung alle überrascht, die jegliche Art von Ratenparitäts-Klausel zwischen inländischen Hoteliers und OTAs verbietet. Ein Novum in Europa. Benannt nach dem Wirtschaftsminister, der für "nationales Wachstum und Beschäftigung" kämpft, soll das Macron-Gesetz offiziell noch vor dem 14. Juli verabschiedet werden. Laut der französischen Zeitung "Les Echos" werden erste Massnahmen bereits Ende August in Kraft treten, was bedeutet, dass die aktuellen Verträge zwischen Hoteliers und Online-Anbietern sofort ungültig sind. Booking.com sagt einen grossen Preisdruck im Markt voraus. In Australien hat die Wettbewerbs- und Verbraucherkommission den OTAs den Weg für noch mehr Macht geebnet – und wird dafür kritisiert.

Begeistert von der Idee, eine gewisse Freiheit und Kontrolle über die eigenen Preise zurückzuerhalten, lassen die französischen Hoteliers die Korken knallen und sprechen voller Freude von einer "Geschäftsrevolution". Ihre Begeisterung ist verständlich, besonders nach der Vereinbarung der französischen Wettbewerbshüter mit Booking.com im April. Obwohl das Unternehmen zwar zugestimmt hatte, die Regeln "abzumildern", hatte der OTA den Hotels das Recht verweigert, auf den eigenen Webseiten niedrigere Preise anzubieten. Dieses neue Gesetz wird dem grossen Anbieter nicht gefallen, da dadurch die vorherige Vereinbarung umgangen wird.

AccorHotels ist sehr froh über die Unterstützung, die die Hoteliers von der französischen Regierung erhalten. Eike Kraft, VP Corporate Communication AccorHotels Zentraleuropa, erläuterte hospitalityInside.com, weshalb dieses Gesetz für seine Gruppe wie auch für alle französischen Hoteliers so bedeutsam ist. "Die Anerkennung einer Vereinbarung zwischen Hoteliers und Online-Plattformen würde die Situation verbessern und die jeweiligen Rollen und Verpflichtungen verdeutlichen. Besonders, wenn das Gesetz endgültig verabschiedet ist, wären die Hoteliers in der Lage, auf ihren eigenen Offline- und Online-Kanälen niedrigere Preise anzubieten als die Preise, die sie den Online-Plattformen vorgeben, was das Ende der Ratenparitäts-Klausel bedeuten würde. Und die Online-Plattform wäre verpflichtet, auf ihrer Seite den Preis anzugeben, den der Hotelier für den Verkauf des Zimmers genannt hat. Dies bedeutet, dass der OTA keine niedrigeren Preise angeben darf als die, die der Hotelier genannt hat. Dies sorgt für Transparenz und Verlässlichkeit bei den Bedingungen für die Verbraucher und die Verkaufspreise der Hotels im Internet wären gesichert."

Folgen für Frankreichs Tourismus?

Peter Verhoeven von Booking.com sagt der Branche einen Preiskampf voraus. Und lässt bereits die Raten-Parität fallen.

Auch wenn sie hinsichtlich Transparenz und der besten Preise für die Kunden die gleichen Interessen vertreten, haben AccorHotels und Booking.com nicht zwangsweise dieselbe Vision, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Wenige Tage, bevor die neuen Bedingungen von Booking.com in Kraft treten, haben wir Peter Verhoeven, Managing Director EMEA, gebeten, sich zu Entscheidung der französischen Nationalversammlung zu äussern.

"Wie Sie wissen, haben die französischen Wettbewerbshüter vor kurzem die angepassten Ratenparitäts-Vereinbarungen akzeptiert. Diese Entscheidung unterstützen wir. Dieser nachfolgende Schritt, ein neues Gesetz in einem Gesetzgebungspaket zu verankern, widerspricht allen Bemühungen, ein gutes Klima zu schaffen, wo Hoteliers ihre Unternehmen und Marken expandieren können und Verbraucher in einem Markt mit gesundem Wettbewerb niedrige Preise vorfinden. In einer Welt ohne Parität werden viele unabhängige Hotels nicht mit grösseren Ketten oder riesigen Suchmaschinen konkurrieren können, was Auswirkung auf die Geschäftsperspektiven und somit auch auf den Tourismus in Frankreich hat."

Sein Kollege in Frankreich, Carlo Olejniczak, ging sogar noch einen Schritt weiter und sagte der französischen Presseagentur "AFP", dass "ein harter Preiskampf unumgänglich ist, wenn das Gesetz verabschiedet wird." In einer gestrigen Pressemitteilung der Gruppe kündigte Gillian Tans, President Booking.com, an, dass Booking.com alle niedrigeren Preise anbieten wird, die auf anderen Buchungsseiten zu finden sind.

Der Kampf hat bereits begonnen. Ab 1. Juli wird Pricelines erfolgreiches Tochter-Unternehmen die Ratenparität, Verfügbarkeits-Parität und Parität bei den Reservierungs-Bedingungen gegenüber anderen OTAs in Europa fallen lassen. Allerdings wird das Unternehmen die Parität bei Preisen und Buchungsbedingungen den Hoteliers gegenüber beibehalten, die dazu "eingeladen" sind, dieselben Preise auf Booking.com anzubieten, wie auf ihrer eigenen Webseite.

"Wir wollen einen fairen Wettbewerb, deshalb hoffen wir, dass andere OTAs dem Beispiel von Booking.com folgen werden und die gleichen Massnahmen ergreifen, um den Verbrauchern die besten Preise bieten zu können", so Gillian Tans hoffnungsvoll.

Auf Anfrage von hospitalityinside.com wollte HRS die "Sache aufgrund der laufenden Ermittlungen, auch in anderen Ländern, nicht kommentieren". Expedia zeigt sich bei diesem Thema ebenfalls sehr zurückhaltend und sagt lediglich, dass sich das Unternehmen "der Situation bewusst ist und aktuell die möglichen Auswirkungen des Gesetzes auf die Beziehungen zu den französischen Hoteliers analysiert".

Tobias Ragge von HRS wartet noch ab.

OTAs wollen das neue Gesetz
nicht akzeptieren

Aus gut informierten Kreisen haben wir erfahren, dass die OTAs nicht tatenlos zusehen werden, wie die Paritäts-Klausel in Frankreich und vielleicht auch in der ganzen EU abgeschafft wird, falls andere Regierungen dem Beispiel Frankreichs folgen. Die Lobbyisten haben in Paris und Brüssel sicherlich viel zu tun. "Wenn das Gesetz verabschiedet wird, werden die Suchmaschinen tun, was sie wollen, da es immer einen Weg geben wird, differenzierte Preise, Rabatte oder Ähnliches anzubieten ... Der Preisdruck wird enorm sein", so Booking.com Frankreich zu AFP. Die Gruppe schliesst auch einen Einspruch gegen das Gesetz, sobald es offiziell verabschiedet wurde, nicht aus.

In Amsterdam ist der Ton etwas gemässigter, doch die Message ist klar und deutlich: Booking.com wird den Vorteil des "besten Preises" so oder auf einem anderen Weg beibehalten. "Unsere Mitarbeiter-Teams in aller Welt sorgen dafür, dass alle grossartigen Hotels eine faire Chance auf Wettbewerb, Erfolg und weltweite Kunden haben. Das ist unsere globale Vision und wir werden weiterhin ein Produkt anbieten, das über wettbewerbsfähige Preise verfügt und wir werden unsere Bestpreis-Garantie beibehalten", so Peter Verhoeven.

Er bestätigt ausserdem, dass das Unternehmen die Europäische Kommission bei der Schaffung eines digitalen Binnenmarkts in Europa unterstützen werde. "Hierbei handelt es sich um den ersten europaweiten Schritt, das Wachstum der europäischen digitalen Wirtschaft zu sichern, wovon die Verbraucher und Unternehmen in Europa profitieren werden. Wir sind der Meinung, dass dies für Europa sehr wichtig ist, um in der digitalen Innovation eine führende Rolle zu spielen.

Angesichts der öffentlichen Akzeptanz der angepassten Ratenparitäts-Klauseln in Frankreich durch die französischen Wettbewerbshüter sind wir der Meinung, dass dieser neue Schritt Frankreichs gegen so grosse Vorhaben wie den digitalen Binnenmarkt verstösst." Abschliessend fügt er hinzu, dass "die Vereinbarung mit der französischen Wettbewerbsbehörde ab dem 1. Juli in Kraft treten wird und wir die Rechtslandschaft in Frankreich im Blick behalten." / SD

 

Australien: Wettbewerbshüter unter Einfluss der OTAs?

Wenn Australiens Wettbewerbs- und Verbraucher-Kommission den europäischen Online-Beherbergungs- und Vertriebsmarkt beobachtet hätte, wäre ihr unweigerlich aufgefallen, dass die OTAs, sobald sie die Kontrolle übernommen haben, die Regeln in ihrer Geschäftsbeziehung mit den Hoteliers aufstellen. Auch als die Kommission besorgten Hoteliers vor Ort versprach, dass eine Markt-Konzentration nicht unweigerlich zu höheren Provisionen führen würde, hatte sie die Situation noch immer nicht wirklich erkannt.

Die australische Website Traveltrends.biz hatte erst vor Kurzem erklärt, wie "ignorant" und "dumm" die ACCC sei, nachdem sie Expedia den Kauf von Wotif, einem grossen lokalen Akteur und Konkurrenten, genehmigt hatten, ohne zu sehen, dass die grosse amerikanische Gruppe dadurch weiter an Macht gewinnen würde. Die gesamte Branche war mit der Entscheidung der Kommission nicht einverstanden und äusserte Bedenken, ob "das Verschwinden von Wotif aus dem australischen Markt dazu führen könnte, dass sie den OTAs höhere Provisionsraten zahlen müssen".

Die australischen Wettbewerbshüter hörten sich deren Bedenken zwar an, aber waren der Ansicht, dass "im Online-Vertriebs-Markt für Übernachtungen in den letzten Jahren bereits grosse Veränderungen stattgefunden haben aufgrund des Erscheinens von neuen Konkurrenten und Geschäftsmodellen wie Booking.com", und für einen gesunden und ausgeglichenen Markt ausreichen würde.

Ganz offensichtlich hat sich hier die Kommission geirrt. Nur wenigen Monaten nach der Übernahme legte Expedia den Partnern von Wotif neue Verträge vor und verlangte 15 Prozent Provision statt der bisherigen 12 Prozent. Daher war es nicht weiter überraschend, dass Booking.com, das schnell zum grössten OTA Australiens avancierte, dasselbe von seinen Partnern in Schlüsselmärkten wie Sydney, Melbourne und d er Gold Coast verlangt. Das Schwesterunternehmen Agoda folgte dem Beispiel, wie auch Hooroo, die Übernachtungs-Website der Qantas Group, deren Grundprovision ab dem 1. Juli von 10 auf 13,2 Prozent steigt.

Was die ACCC anscheinend nicht vorausgesehen hat, bringt die australischen Hoteliers jetzt mächtig unter Druck. Eine Situation, mit der die Experten in Europa nicht einverstanden sind, vor allem, nachdem die Wettbewerbshüter in Frankreich, Italien und Schweden den neuen Bedingungen von Booking.com zugestimmt haben. In beiden Fällen entsteht jedoch unweigerlich die Frage, ob die sogenannten Wettbewerbshüter nicht doch unter dem Einfluss der OTAs stehen. Oder sie sind einfach unglaublich ... naiv. / SD

 

Verwandte Artikel

Frankreich will Paritätsklausel per Gesetz verbieten

18.6.2015

Paris. Diese Woche folgten die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung der vorausgegangenen Entscheidung des Senats und stimmten für ein neues Gesetz, das die Verträge zwischen Hoteliers und OTAs neu definiert und jegliche Art von Ratenparität zwischen den beiden Parteien verbietet.

"Unsere Vereinbarung ist fair"

"Unsere Vereinbarung ist fair"

11.6.2015

Amsterdam. Das sind doch mal gute Neuigkeiten! Booking.com, einerseits gross, erfolgreich, einflussreich, andererseits kontrovers und geheimnistuerisch, ist dabei, sich allmählich zu öffnen. Wie es sich gehört, zunächst gegenüber seinen Partnern. Aber auch den Medien gegenüber. hospitalityInside.com konnte den ehemaligen AccorHotels-Manager Peter Verhoeven, aktuell Managing Director EMEA von Booking.com, für ein Interview gewinnen. Wir trafen ihn in der beeindruckenden Firmenzentrale in Amsterdam in einem farbenfrohen Zimmer, direkt neben einem Freizeitbereich, in dem gerade sich sehr ähnelnde IT-Freaks Tischtennis spielten. Eine gute Gelegenheit für uns, Klartext zu reden und wichtige Themen anzusprechen wie die Hassliebe zwischen Booking und den Hoteliers, Untersuchungen der EU, Paritätsklauseln, Datenkontrolle, technologische Herausforderungen und Innovationen, Firmenreisen, Partnerschaften mit Reiseagenturen, Share Economy, AccorHotels' neue Buchungsplattform und vieles mehr.

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"claudebot","accept":"*/*","referer":"http://www.hospitalityinside.com/articles/harter-preiskampf-im-anmarsch-booking-com-wird-neues-gesetz-in-frankreich-nicht-akzeptieren,33401,279.html","x-forwarded-for":"54.208.238.160","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"54.208.238.160","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1