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Kreuzfahrten & Umwelt: Scrubber sind keine Lösung

Hamburg. Selbst moderne Kreuzfahrtschiffe stossen noch Unmengen von Schadstoffen ungefiltert aus. Umweltschützer fordern, endlich vom Schweröl auf höherwertigen Schiffsdiesel oder Flüssiggas umzusteigen. Viele Reedereien, setzen inzwischen auf technische Systeme zur Abgas-Nachbehandlung. Eine aktuelle Studie zeigt, dass dies der falsche Weg ist.

Nach Angaben des Naturschutzbunds Deutschland fahren derzeit weltweit etwa 80 von 55.000 Handelsschiffen mit sogenannten "Scrubbern", rund 300 weitere Systeme sind in Auftrag gegeben. Diese technischen Systeme zur Abgas-Nachbehandlung sollen vor allem den hohen Anteil von Schwefeloxiden aus den Abgasen "herauswaschen".

Auch grosse Kreuzfahrt-Reedereien wie TUI Cruises, Cunard Line oder Norwegian Cruise Line wollen in Zukunft auf diese Technologie setzen und damit die Schwefeldioxid-Belastung senken. Selbst AIDA Cruises ist sich nicht sicher, ob künftig komplett auf die Nutzung von Schweröl verzichtet wird.

Der falsche Weg, wie NABU-Experte Axel Friedrich seit langem betont. Denn erstens seien die Scrubber überhaupt nicht ausreichend getestet, und zweitens seien die Auswirkungen auf die Umwelt durch nach wie vor existierende Reststoffe und die verlängerte Nutzung von Schweröl inakzeptabel.

Der NABU hat von dem renommierten niederländischen Forschungsinstituts "CE Delft" die ökonomischen und ökologischen Auswirkungen durch den Betrieb von Scrubbern untersuchen lassen. Die gerade veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Scrubber nur bedingt eine Lösung zur Reduzierung von Luftschadstoffen im Schiffsverkehr sind. Die Technologie sei ein Fehlgriff, da die ökologischen Risiken ignoriert und die ökonomischen Erwartungen überschätzt würden.

Schiffsdiesel bleibt der Umwelt-Favorit

Derzeit werden überwiegend "offene" Scrubber verwendet, die mit Meerwasser über 90 Prozent des Schwefels aus den Abgasen waschen, das im Anschluss wieder ins Meer eingeleitet wird. Die im Waschwasser enthaltenen und ins Meer eingeleiteten Schadstoffe wie Schwermetalle, Nitrate, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Schwefel sowie der veränderte pH-Wert sind in der Summe und insbesondere auf viel befahrenen Schifffahrts-Routen ökologisch bedenklich.

NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: "Es muss doch jedem klar sein, dass es kaum eine Verbesserung darstellt, wenn Schadstoffe, die bisher in die Luft geblasen wurden, nun ins Meer eingeleitet werden. Es ist davon auszugehen, dass sich die schwer abbaubaren Stoffe in der Meeresumwelt anreichern und damit auch kritische Grenzwerte überschreiten können."

Der Umweltverband plädiert daher dafür, als Alternative den schwefelarmen Schiffsdiesel zu nutzen. Zumal die ökonomische Modell-Rechnung der Studie zeigt, dass je nach Art des Scrubbers der Betrieb mit schwefelarmen Kraftstoff sogar deutlich billiger sein kann als jener mit Scrubber und Schweröl. Die Kosten für die Installierung eines Scrubbers liegen heute zwischen 200 und 400 Euro pro KW, die ermittelten zusätzlichen Kosten eines Tankers beliefen sich so auf mehrere Millionen Euro pro Jahr. Nur unter optimistischsten Annahmen kann derzeit so ein finanzieller Vorteil erzielt werden.

Die überwiegende Mehrheit der rund 14.000 Schiffe, die jedes Jahr die europäische SECA-Regionen befahren, haben bereits auf niedrigschwefelige Kraftstoffe umgestellt statt Scrubber zu installieren (Anm.d.Red: Mit Sulphur Emission Control Area wurden Regionen bezeichnet, in denen der Ausstoss von Schwefel und Schwefeloxiden durch Seeschiffe eingeschränkt werden soll. Heute werden diese Regionen als Emission Controlled Area bezeichnet.) Das grosse Problem sind jedoch ältere Schiffe. Sie verbrauchen mehr Treibstoff als neuere Modelle und ihre Maschinen können nicht oder nur mit grossem Aufwand auf den schadstoffärmeren Marinediesel umgestellt werden.

Den meisten Reedern bleibt daher kaum eine Wahl: Um die immer weiter verschärften Umwelt-Normen zu erfüllen, müssen sie ihre älteren Schiffe mit Scrubbern nachrüsten. / Michael Stranner

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