Luxus im Spar Paket Der Shopping Club Secret Escapes und seine Philosophie
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Luxus im Spar-Paket

Der Shopping-Club Secret Escapes und seine Philosophie

Luxus last minute kann günstig sein - zumindest über die 'Flash Sales'im Shopping Club.

London/Berlin. In vier Jahren will das Londoner Unternehmen Secret Escapes eine Milliarde Euro umsetzen und weltweit auf allen relevanten Märkten tätig sein. Ein ehrgeiziges Ziel, denn seit der Gründung sind erst vier Jahre vergangen. Insgesamt hat das Hotel-Vermittlungsportal bis dato 1,5 Millionen Übernachtungen vermittelt - davon ca. 300.000 auf den deutschen Markt, wo der Anbieter seit April 2013 agiert. Das Geschäftsmodell: Secret Escapes bietet so genannte "Flash Sales" im Segment Luxushotels und Reisen an: also Kurzfrist-Angebote, die für einen begrenzten Zeitraum mit signifikanten Preis-Nachlässen über einen Shopping Club abgegeben werden. Ein Treiber des Wachstums: JustBook. Secret Escapes hat den Lastminute-App-Anbieter letztes Jahr geschluckt.

Startup-Unternehmen haben es an sich, dass sie nicht nach grossem Geld und Männern im Nadelstreif aussehen. Meist haben sie ihre Büros in Backstein-Bauten, wo der CEO neben dem Techniker in einem Grossraum-Büro sitzt und sich am Mittagstisch in der Kantine alle duzen. Bei Secret Escapes ist es nicht anders. Geschäftsführer Ognjen Zeric begrüsst hemdsärmelig, beim zweiten Satz sind wir per Du, zum Gespräch geht's dann ins "Adlon" – in ein Besprechungszimmer dieses Namens. Das Luxushotel zählt allerdings auch zu den 7.000 Partnern des Flash-Dealers für Luxusreisen.

Geschäftsführer Ognjen Zeric:JustBook half beim Wachstum.

Die Anzahl der Mitglieder dieses Shopping Clubs klingt ebenfalls beachtlich: Zehn Millionen registrierte User gibt es aktuell weltweit, davon 1,2 Millionen in Deutschland. Hier konnte Secret Escapes die Zahl seiner Mitglieder im vergangenen Jahr knapp verzehnfachen - dank der Übernahme von Lastminute-App-Anbieter JustBook Anfang 2014.

Dass die beiden Startups zusammen gefunden haben, ist Index Ventures zu verdanken. Der Investor beweist immer wieder eine Nase für erfolgreiche Beteiligungen. Entsprechend happy waren die vier JustBook-Gründer Stefan Menden, Sebastian Fallert, Florian Waldmann und Ognjen Zeric, als "ihr" Deal über die Bühne ging. Das britische Unternehmen hatte zwar mit vier Millionen Nutzern eine bemerkenswerte Reichweite aufgebaut, bislang allerdings nur über die Webseite. Das Mobil-Standbein hatte Index Ventures vermisst.

JustBook als Deutschland-Beschleuniger

"JustBook war die Keimzelle von Secret Escapes in Deutschland. Sie wollten auf den Markt, hatten kein Team vor Ort und auch keine Mobile Apps, wo wir wiederum sehr stark waren", erklärt Zeric die Übernahme; ein Teil wurde bar ausbezahlt, der Rest in Secret Escapes-Anteilen. Seit dem Verkauf sind nur noch Stefan Menden und Ognjen Zeric vom ursprünglichen JustBook-Team übrig geblieben – und rund 50 Mitarbeiter; deren Zahl steigt durch das massive Wachstum aber fast täglich.

Menden und Zeric haben nun Geschäftsführer-Funktion und entscheiden ziemlich autark, wie Zeric betont: "Bei JustBook waren wir vier Gründer und die Entscheidungsfindung war schwieriger als heute. Stephan Menden und ich sitzen hier in Deutschland und tragen die Verantwortung für die DACH-Region und Benelux." Mit Alex Saint, dem Gründer von Secret Escapes, treffen die beiden sich selten. Allerdings sind fast wöchentlich Teams von London vor Ort in Berlin und umgekehrt. In der DACH-Region und den Benelux-Ländern wurden Einkäufer stationiert.

Flash Sales mit Spezialisierung

Flash Sales sind nichts Neues, schon gar nicht in der Reisebranche. "Aber wir sind spezieller", behauptet Zeric. "Früher gab es Flash Sales wie z.B. Groupon, wo alles für alle angeboten wurde und keine Segmentierung stattgefunden hat. Das war der Anfang. Wir sind in die Spezialisierung reingegangen: erstens mit dem Thema Reisen und zweitens mit dem Fokus auf 4- und 5 Sterne-Häuser. Wenn man sich die Landschaft so ansieht, ist da noch sehr viel Platz für uns. Immer noch." Ausserdem sei die Hotellerie selbst sehr dankbar für die neue Plattform. "Wir haben eine Reihe von prominenten und gut ausgebildeten Gästen als Kunden von Secret Escapes. Die Reaktion von Hoteliers ist daher auch sehr positiv."

Spar-Angebote, aber keine Schnäppchen-Jagd.

Um der Schnäppchenjäger-Klientel zu entgehen, aber trotzdem einen Kanal für kurzfristiges Yield-Management zu nutzen, seien die Hoteliers gerne bereit, Angebote günstiger an Secret Escapes abzugeben. Durch den Club-Charakter mit seiner Community dahinter würde es den Hoteliers zusätzlich erleichtert werden, ein Angebot rauszugeben. "Wir tauchen auch nicht auf Trivago oder sonstigen Meta-Search-Seiten auf."

Das zweite Argument sieht Zeric im Marketing. "Unsere Mitglieder bekommen ständig eMails mit Angeboten von uns. Damit sind wir sehr effizient und kostengünstig. Dieser Traffic kommt quasi gratis auf unsere Seite. Wir müssen ihn nicht erst mit teuren Keywords über Google einkaufen." Natürlich macht Secret Escapes auch klassische Werbung und ist sehr stark im Fernsehen vertreten, um Aufmerksamkeit zu generieren. Am Ende gehe es aber immer um die eMail-Adresse - woran viele in der Reiseindustrie scheitern, weil die Marketing-Massnahmen dafür extrem viel Geld kosten. "Da machen die meisten Fehler", kritisiert der Online-Reiseprofi.

Ein weiteres Argument zugunsten der Hotellerie sind die Zusatz-Ausgaben, die z.B. noch im F&B oder Spa generiert werden können. Zeric beziffert solche Umsätze auf bis zu 30 Prozent vom Reisepreis. In Euro sind das weltweit Zusatz-Umsätze für die Hotellerie von 200 Millionen Euro.

"Wir sind die Trüffelschweine"

"Destinationen und Zimmer-Kapazitäten ausserhalb der Reisesaison füllen und Rand-Destinationen pushen" - so erklären die Macher von Secret Escapes ihr Leistungsversprechen an Hotellerie und Reiseveranstalter. "Natürlich sind unsere Angebote exklusiv und auf keiner anderen Plattform zu haben. Wir sind aber auch nicht der passende Ansprechpartner für Familien oder jene, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an einen gewissen Ort wollen."

Das Angebot ist ein Mix zwischen den typischen Strand- und Städte-Destinationen sowie exotischeren Destinationen wie Island oder Myanmar. Beides werde von Secret Escapes-Kunden sehr gut angenommen. Dazu gehören auch Expeditionsreisen und Kreuzfahrten. "Wir sind die Trüffelschweine der Branche und suchen für unsere Kunden immer das Besondere", so Zeric selbstbewusst.

In den meisten Fällen erkennt das Hotel sehr schnell, ob eine Zusammenarbeit mit Secret Escapes für das jeweilige Haus Sinn macht oder nicht. Allzu oft dürfen Hotels auf die Leistung des Startups allerdings auch nicht zurückgreifen. Ihre Teilnahme ist auf viermal pro Jahr begrenzt. Damit soll verhindert werden, dass immer die gleichen Angebote auf der Plattform auftauchen. Davon profitieren natürlich die Kunden.

Im Gegenzug gibt es dann für Secret Escapes auch schon mal ein paar Zimmer in der Hochsaison. "Es ist ein Geben und Nehmen", erläutert Zeric. Fragt man in der Branche nach Image und Seriosität des Anbieters, wird man nicht enttäuscht. "Rennt wie Sau", heisst es da von einem expansiven Junghotelier salopp.

Konkretes Hotel-Beispiel von der Website.

Alpen-Hotels füllen Leerstände

Laut Zeric kommt es schon mal vor, dass Hotels mit zu grossen Erwartungen kommen. Oft hängt es von der Struktur des Hotels ab. Sind sie Teil einer grossen Kette, die über ihren Revenue Manager sehr aktiv ist und ständig mit neuen Preisen in den Markt geht, "dann müssen wir nachsteuern", so Zeric. "Wir wollen ja nicht, dass der gleiche Deal zur selben Zeit auf einer anderen Plattform angeboten wird. Da kann es schon mal zu Missverständnissen kommen. Dafür versprechen wir aber auch, dass wir zur selben Zeit kein konkurrierendes Angebot online stellen." Durch die Verlinkung mit Booking.com würde es auch sofort auffallen, wenn ein Angebot im selben Hotel zum günstigeren Preis vorhanden wäre.

Eine willkommene Hilfe ist Secret Escapes offenbar für viele Hotels in den Alpen, die in der Vor- und Nachsaison teils sehr hohe Leerstände haben. Auf den Markt kommen die Angebote antizyklisch: Mallorca im Herbst, Wien im August, Südafrika im Juli. Bevor ein Produkt online gestellt wird, durchläuft es mehrere Kommunikations- und Produkt-Ebenen. "Da gibt es jemanden, der mit dem Hotel spricht, dann kommt das Merchandising-Team ins Spiel. Da wird beurteilt und Feedback gegeben. Dann läuft es wieder retour. Danach zu Pricing. Die manuellen Arbeiten werden von unseren Teams in Rumänien und Bulgarien gemacht. Am Ende kommt das Editorial-Team ins Spiel, die sich wiederum mit dem Hotel auseinander setzen, Texte schreiben, Bilder auswählen. Eine letzte Instanz gibt das Okay und das fertige Produkt geht dann nochmals zum Hotel zur endgültigen Freigabe." Secret Escapes kann einen Deal innerhalb von zwei Tagen online stellen; im Durchschnitt dauert das Prozedere eine Woche.

Secret Escapes-Gründer Alex Saint hat ehrgeizige Ziele.

Apps sind keine Buchungsplattformen

Eine völlig andere Einstellung als der Markt hat Zeric gegenüber der Entwicklung von Apps. "Eine App ist keine Buchungsplattform! Für uns ist es deutlich weniger relevant, die Buchungen über Apps zu pushen. Die Inspiration für eine Pauschalreise wird man über die App holen, buchen wird man online."

Eine ähnliche Diskussion gab es schon bei der Pauschalreise vor Jahren, als der Sprung vom stationären Reisebüro zu Online stattfand. Heute ist man zwar im Online-Geschäft angekommen, dafür spielen die Endgeräte plötzlich eine Rolle.

Eine Buchung auf mobilen Endgeräten wird wohl erst für die Digital-Natives relevant werden. Auch bei den einfacheren Hotel-Buchungen sieht Zeric nicht das Gewicht auf Apps und Handys. Die Macher von Secret Escapes möchten vermeiden, zu viel Technologie zu produzieren, die danach niemand nutzt. Als Startup werde man von aussen oft in die Technologie-Ecke, so Zeric. "Dabei sind wir vor allem ein Unternehmen, das von Sales und Marketing lebt und wir der Zeit voraus sein wollen." Ein Beispiel: Die Kundenbetreuer sammeln gerade viele Erfahrungen mit Online-Erstbuchern im Ruhestands-Alter. In diesem Segment vollziehe sich laut Zeric gerade erst der Wandel: "Das Luxus-Segement und Kunden ab einem gewissem Alter bewegen sich gerade erst auf das Thema Online zu."

Secret Escapes-Gründer Alex Saint will bis 2019 die Umsatz-Grenze von einer Milliarde Pfund Sterling überschritten haben. Im Moment macht das Unternehmen 60 Prozent des Umsatzes mit Hotels, 40 Prozent mit Reiseveranstaltern. / Romana Kanzian

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