Masterplan für Chinas Tropen Sanya auf Hainan 48 000 Luxus Zimmer eine Mega Mall und wenig Touristen
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Masterplan für Chinas Tropen

Sanya auf Hainan: 48.000 Luxus-Zimmer, eine Mega-Mall und wenig Touristen

Ein Bade- und Erholungsparadies für erschöpfte Städter: Sanya inSüdchina.

Sanya. Die Stadt Sanya auf der südchinesischen Insel Hainan ist nicht nur das Badeparadies des Milliardenstaats, sondern ist zugleich Anziehungspunkt für deutschsprachige Hotelprofis. Sie alle versuchen, sich auf menschlich schwierigem Terrain durchzusetzen. Hotels sind inzwischen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Das tropische Klima und die weite Sandstränden haben Sanya seit dem Jahr 2000 zu einem attraktiven Touristen-Ziel gemacht. Society-Freaks kennen die Stadt durch sechs "Miss World"-Wahlen, andere nehmen Sanya als eine wichtige Marinebasis Chinas wahr. Fred Fettner traf österreichische Hotel-Manager in Sanya und traf auf eine Welt mit diversen Widersprüchen.

Am 18 Kilometer langen, menschenarmen Sandstrand von Haitang Bay führt Ernst Mayer als General Manager das jüngst eröffnete InterContinental. Mit 300 Zimmern und 33 grossen Villen ist es bei weitem nicht das grösste Hotel der Entwicklungszone, die an die Entstehung von Nusa Dua auf Bali erinnert. Eine durchgeplante Tourismuszone, die in diesem Fall ausschliesslich mit 5 Sterne-Hotels bestückt werden soll. Die bald 30 Grundstücke, überwiegend von internationalen Marken bespielt, umfassen meist zehn bis – wie im Falle des InterContinental – 15 Hektar. Jüngst erfolgte der Spatenstich für das One & Only Sanya, ein Gemeinschaftsprojekt von Kerzner International Holdings Limited und China Gezhouba Group Real Estate. Auf einem Areal an einem 380 Meter langen, privaten Küstenabschnitt entstehen 192 Gästezimmer, Suiten und Villen. Nur das Atlantis, ebenfalls eine Kerzner-Marke, entsteht zur Zeit auf sechsfacher Fläche, wird aber wie in Dubai ein riesiges Resort mit Wasserpark.

Insgesamt brachte der Masterplan 2008 bis 2015 der Region Sanya die Versechsfachung der Zimmerzahl auf 48.000 im 5 Sterne-Segment. Innerhalb des Milliarden-Menschen-Staates ist das kein Grössenwahn. Haitang Bay ist dreimal so lang wie Yalong, die traditionsreiche Badebucht, die noch etwas näher an der Millionenstadt Sanya liegt. Auch dort entstehen weiterhin Anlagen, überwiegend jedoch Villen-Resorts an ausgezeichneten Golfplätzen.
Arno Nicolussi-Moretto, Wiener mit Kärntner und italienischen Wurzeln, regiert über das Accor Pullman Villas Resort. 80 Zimmer, vor allem aber die 115 Villen im thailändischen Stil, jeweils mit grossen, nicht einsehbaren Privatpools, haben die Anlage bekannt gemacht - bis in die höchste Funktionärsebene hinein, wie Ende Februar ein notorisch parkender, schwarz verglaster Kleinbus vor der "Majestic Villa" belegte.

Die Stadt Sanya wächst weiter. Den Tourismus kurbeln Master-pläne an.

Gäste-Kontrolle ist in China ein offenes Geheimnis, und das unterscheidet hier nichts von anderen Ferienregionen des Landes. "Wir haben insgesamt 384 Videokameras in den öffentlichen Bereichen, bis hinunter zum Strand installiert", berichtet Ernst Mayer für das InterContinental Haitang und relativiert: Das sei vom Staat gewünscht und nicht nur hilfreich für die Sicherheit, sondern auch für den Gästeservice: "In Österreich sind Kameras in Arbeitsbereichen, etwa der Rezeption, verboten, hier ist es Pflicht". Ein Zechpreller im spektakulären, teils unter dem grossen Openair-Aquarium gelegenen Restaurant "Aqua" wurde so identifiziert: Anhand der Videos konnte sein Weg zum Parkplatz verfolgt und dort die Autonummer identifiziert werden.

Aussicht auf hohe Gewinne lockt die Betreiber

Beide österreichischen Hotel-Manager verfügen über China-Erfahrung. Mayer eröffnete und führte vor exakt 30 Jahren das damals grösste Hotel Chinas, das Holiday Inn Beijing. Nicolussi war 2008 in Qingdao als IHG-Manager auch für das Catering des Olympischen Dorfes verantwortlich. "Viereinhalb Meter durfte ich die Olympische Fackel tragen", erinnert sich der Ex-Handballer an diesen grossen Moment in seinen neun Jahren an der Spitze chinesischer Hotels.

Zwei österreichische Hoteliers im gleichen Destinationsboot: Arno Nicolussi-Moretto von Pullman und Ernst Mayer vom InterContinental Hotel.

Vieles hat sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verändert. Die Rolle von Gewerkschaft und Partei-Organisationen sei für den Hotel-Manager kaum mehr spürbar, sagt Mayer. "Früher hat man uns zwar nicht geliebt, aber gebraucht und unsere Arbeit geschätzt. Heute braucht man uns nur noch mehr", verweist er auf den nicht immer einfachen Umgang mit den Mitarbeitern. Sie seien lernfreudig, engagiert und überzeugt, es später auch zu schaffen. Dieses Selbstvertrauen mache die Zusammenarbeit wiederum positiv.

Mayer, Absolvent des ersten Jahrgangs an der Modul-Hotelfachschule in Wien, leitete zehn Jahre das Hotel Pitter in Salzburg, scheiterte aber anschliessend als Privathotelier mit dem Point-Hotel Anif – "an der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Volksbank", wie er nicht vergisst anzumerken. Nach einem Intermezzo für Jumeirah auf den Malediven ist er nun wieder für seinen langjährigen Arbeitgeber IHG aktiv.

Er ist nicht nur wegen der aktuell 600 Mitarbeiter lieber in China als auf den Trauminseln. Denn wirtschaftlich ist China für die globalen Hotelketten äusserst profitabel, und das nicht nur rund ums chinesische Neujahr, wenn ganz Sanya trotz astronomischer Preise zum Bersten voll ist. "Es gibt bei IHG in China weiterhin Häuser, die einen Betriebsgewinn von 60 Prozent einfahren. Auch hier in Sanya streben wir das an. Wobei die Top-Werte in Hongkong erzielt werden", berichtet er.

Gehälter steigen deutlich – Urlaub als Motivator

Der Manager erinnert sich an ein denkwürdiges Jahr in Beijing: Damals war die Service-Charge im Hotel höher als die Summe der Mitarbeiter-Gehälter, was zu einem Negativ-Wert bei den Lohnkosten führte.

Heute hat sich die Situation gewandelt: Immer besser ausgebildetes, mittleres Management will in einer boomenden Wirtschaft auch verdienen. "Mein top-ausgebildeter chinesischer Assistent verdient heute 5.000 Dollar im Monat", berichtet Mayers Kollege Nicolussi-Moretto, wenngleich das ein Ausnahmefall unter seinen 420 Kräften bleibt, welche für die 195 Einheiten plus Restaurants zur Verfügung stehen. Auch wenn das Lohnniveau selbstverständlich noch weit unter dem europäischen liegt, "gibt es hier eine hohe Nachfrage nach Arbeitskräften; dadurch haben sich die Gehälter deutlich nach oben entwickelt," sagt der Accor-Manager.

Mitarbeiter-Trainings stellen eine grosse Herausforderung im Alltag dar. Dolmetscher sind immer mit dabei.

Ausserdem erhalten die Angestellten auf Sanya 20 Tage Urlaub - fast doppelt so viel wie auf dem Festland. Ob Accor oder IHG, so gut wie jeder der chinesischen Beschäftigten muss ein unternehmensinternes Ausbildungsprogramm durchlaufen, um auf das von den internationalen Brands benötigte Niveau zu kommen. Kein leichtes Unterfangen, denn während die internationalen Ausbilder auf Englisch vortragen und erklären, versteht dies nur ein kleiner Teil der Mitarbeiter. So ist beim Training stets ein Dolmetscher vonnöten.

Generell erwarten Wirtschaftsforscher in China als Folge-Erscheinung der langjährigen Ein-Kind-Politik sogar einen Arbeitskräftemangel. Jüngst hat z.B. eine chinesische Provinz den generellen Mindestlohn auf rund 300 Euro im Monat festgelegt.

Vor diesem Hintergrund geht die Lust, internationale Markenhotels in – chinesischen – Kleinstädten zu führen, zurück. Und das auf beiden Seiten. Das Preisniveau in Sanya schlägt aus: Sowohl Wohnungsmieten als auch Einkäufe sind um ein Drittel teurer als in der 200 km entfernten Provinz-Hauptstadt.

Penetranter Einfluss der Eigentümer

"Ich habe noch nirgendwo als General Manager einen so penetranten Einfluss der Eigentümer gespürt", führt Herbert Laubichler-Pichler ein Hauptproblem in China an. Der langjährige Schloss Fuschl-Hotelier hat nach einem Crash mit dem Investor in diesem Februar seinen Job als Raffles-Generaldirektor in Haintang verlassen.

Die Strand-Hotels – immer ein Platz mit Herz für Honeymooners.

Das Hineinregieren der Eigentümer bestätigen all seine Kollegen. Im Falle von InterContinental Haitang investierte der staatliche chinesische Stahlkonzern rund 350 Millionen Euro. Als Betreiber gelang IHG sogar, zusätzlich die laufenden Kosten für das enorme Aquarium beim Eigentümer zu belassen. "Wir hätten sonst den Vertrag für die Hotelanlage nicht unterschrieben", sagt Mayer. Rochen, Haie und Riesenschildkröten schwimmen im Aquarium - ein absoluter USP. Das Restaurant "Aqua" mit Glasfenster ins Aquarium ist allabendlich voll; wer im Tunnel direkt unter dem Aquarium speist, muss mindestens etwa 150 Euro pro Person konsumieren.

Das Geld sitzt bei den Kunden inzwischen nicht mehr ganz so locker. Gerade die aktuelle Anti-Korruptionskampagne Chinas hat die Manager des Staatskonzerns, dem die IHG-Hotelimmobilie gehört, zu einigen Korrekturen veranlasst. Rolls Royce und Bentley schmücken zwar die Vorfahrt, sie für Transfers zu nutzen, bleibt nun aber ehemaligen Korrumpierten vorbehalten, die rechtzeitig den Wechsel zum privaten Unternehmerstatus geschafft haben. Auch die Edelsuiten unterm Dach, anfangs für die Bosse der Eigentümer-Gesellschaft gedacht, müssen anderweitig genutzt werden. Dass nun im Rahmen des Kampfes gegen Korruption selbst die ausländischen Hotelmanager internationaler Ketten nicht mehr zu Verkaufsreisen aufbrechen sollen – nach dem Motto "Wir sind eine Familie" – ist sicherlich als momentane Ironie des Schicksals zu sehen. Auch im Falle Laubichler-Pichlers war die Diskussion über internationale Verkaufsreisen eine Ursache des Konflikts mit den Eigentümern.

Duty Free-Mega-Mall soll internationale Touristen bringen

Unter den Gästen dominieren die Chinesen. Unter den "Langnasen" gibt es einige Amerikaner und noch weniger Europäer. Oft sind es in Chinas Städten beruflich verpflichtete Experten oder Geschäftsreisende. Internationale Touristen hängen an Kulturreisen einige Tage auf den Golfplätzen und am Strand an. Die Zahl an russischen Touristen ging 2013 weiter zurück, gegenüber 2011 kamen nur noch halb so viele auf die Insel Hainan. Einst dominierten sie einige Ecken der Stadt Sanya, in der reiche Russen früh Apartments am Strand kauften: Reiseveranstalter nutzten diese in den letzten zehn Jahren, um den russischen Mittelstand zu moderaten Preisen einzufliegen. Russen sind auch noch in den Hotels des 20 Kilometer entfernten Badeorts Yalong häufig anzutreffen. Dort gibt es auch abseits der Hotels mehr Leben durch Restaurants mit Unterhaltungsprogrammen.

Das Leben chinesischer Familien besitzt nicht das Flair der grossen weiten Welt. Die Arbeitslöhne steigen zwar, aber die Lebenshaltungskosten auch.Fotos: Fettner

Für Haitang Bay setzt Mayer auf das weltweit grösste Duty Free-Einkaufszentrum. Dieses spektakuläre Gebäude bildet eine Art Eingang in die Zone von Luxushotels und wird mit dem InterContinental baulich verbunden werden. Ein weiterer Profiteur wird das Hotel sein, das mehrseitig an das Duty Free-Kaufhaus angrenzt; Gerüchte sagen, dort soll ein Bulgari Hotel entstehen. Als Spezialfall darf gelten, dass auf der Insel Hainan bis zu einer Grenze von zirka 800 Euro auch Chinesen zollfrei einkaufen dürfen. Als ein Hauptproblem für das aktuelle Minus an internationalen Gästen gilt, dass nur acht Prozent aller Flüge auf die Insel aus dem Ausland kommen.

Die meisten Europäer in Sanya haben mit dem Hotel-Business zu tun. So hat Mayer mit Executive Club- und Villas-Managerin Doris Berchtold sowie F&B-Manager Martin Grabner noch zwei weitere Österreicher im Top-Management mit an Bord. Bei Nicolussi-Moretto stehen noch die Deutsch-Französin Laurence Neumann und der Schweizer Chefkoch Rolf Wieser für mitteleuropäische Tourismus-Power. Gerne trifft sich "Aodili", wie Österreich auf Chinesisch heisst, zu einem Gläschen Wein - etwa bei einem kleinen Yacht-Ausflug zwischen der Stadt und den vorgelagerten 200 Inseln. / Fred Fettner

 

CHINA: IM ZEICHEN DES WANDELS

Über zwölf Jahre war Josef Stockinger als Aussenstellen-Leiter der Österreich Werbung in Beijing aktiv. An einem seiner letzten Arbeitstage Anfang März zeichnete er im Gespräch mit hospitalityInside.com ein Bild des chinesischen Alltags. Seine Nachfolge bei der Österreich Werbung trat am 1. April Dieter Scharf an.

Ist das ein Abschied aus dem Smog?

Stockinger: Auch. Den Smog gibt’s schon länger, aber jetzt wird er auch hier in den Medien zum Thema. Das Problem wurde im wahrsten Sinne des Wortes ruchbar. Das zynische Bonmot vom 'Duft des Wachstums' gab es schon länger.

Weitere omni-präsente Themen in Chinas Medien sind die Korruption und das reduzierte Wirtschaftswachstum…

Stockinger: Dazu muss man den chinesischen Menschen beleuchten. Clan-Interessen wurden hier brutaler durchgesetzt als anderswo. Mit vornehmer Zurückhaltung kam man hier nie weit. Anderseits gesteht man in China keine Fehler ein. Schuld müssen andere sein. Nun versucht die Regierung den Riesentanker in eine andere Richtung zu steuern und dabei die Mittelschicht als Garant des steigenden Wohlstands bei Laune zu halten. Überdies wollen Menschen nicht nur gesicherte Einkommen, sondern auch Respekt. Da helfen der Vorwurf der Korruption und folgende Schauprozesse. Gemäss der Gedichtzeile 'Überquere die Flüsse, indem du den Stein fühlst', werden in China immer Probezonen geschaffen. Selbst für Demokratie.

Was erwartet Ihren Nachfolger in China?

Stockinger: Ein sich vorsichtig öffnendes Land, mit einer vergreisenden Bevölkerung aufgrund der langjährigen Ein-Kind-Politik. Weiterhin chinesische Unternehmer, die im Ausland investieren, Marken kaufen und in China Qualitätsprodukte produzieren. Sowie Kinder, die bis zur Selbstaufgabe von den Eltern gefördert werden, was vielen Auslandsstudien oder zumindest Auslandsreisen ermöglicht.

Und der eigene Weg führt wieder heim nach Oberösterreich?

Stockinger: Ich bin 32 Jahre von Österreich weg. Ich spreche zwar noch die gleiche Sprache wie daheim, aber ich denke anders. Zum Abschied aus China fahre ich mit zwei Bekannten per Rad nach Kambodscha, wo ich gerade am Mekong ein Haus baue. Ich werde dort bei einer lokalen NGO  halbtags eine Art Vize-Schuldirektor. Inklusive Kambodschanisch beherrsche ich inzwischen schon zehn Sprachen so halbwegs -  und Studien rund um Fremdsprachen werden mein Lebenselexier bleiben. / FF 

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Peking. Die westliche Welt diskutiert das Thema Luxus heute als immateriellen Wert, in China dient Luxus offenbar als willkommenes Feind-Thema und dazu, Mitbürger zu denunzieren und Unternehmen zu schädigen. Der neue chinesische Präsident Xi Jinping – der zugleich Partei- und Militärchef ist – jedenfalls hat eigene Vorstellungen, was Luxus ist und wie man die Luxusvöllerei der Partei- und Staatsdiener rigoros bekämpfen und eindämmen kann. Das trifft auch die Hotels in China und die Zulieferer. Ein Hoteldirektor aus China berichtet Beobachtungen aus seinem Alltag.

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