Nizza nach dem Terror Angriff Zahlen im freien Fall
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Nizza nach dem Terror-Angriff: Zahlen im freien Fall

Nizza. Nach dem Terror-Angriff auf der berühmten Promenade des Anglais in Nizza sehen sich die örtlichen Hoteliers mit einer Vielzahl von Stornierungen konfrontiert. Ausländische Besucher sorgen sich offensichtlich um ihre Sicherheit. Viele Experten sind der Meinung, dass Touristen nun anfangen, Frankreich als Risikoland einzustufen.

Diesmal war die beliebte Ferien-Destination Nizza an der Französischen Riviera das Ziel: 84 Menschen starben durch einen Terror-Anschlag, bei dem ein Lastwagen mitten in eine grosse Menschenmenge raste, als gerade 30.000 Besucher den französischen Nationalfeiertag begingen. Der tragische Vorfall ereignete sich zum Höhepunkt der Sommer-Saison, die für die gesamte Tourismus-Branche in diesem Teil Frankreichs von enormer wirtschaftlicher Bedeutung ist.

Vergangene Woche, am 14. Juli, wollten sich Familien, ältere Leute und Kinder das Feuerwerk in Nizza ansehen, als auf einmal ein Lastwagen hunderte von ihnen brutal überrollte. In Frankreichs zweitbeliebtester Destination nach Paris ist die Saison derzeit in vollem Gange. Alle Hotels sind ausgebucht und die Restaurants platzen aus allen Nähten. Offiziell generiert der Tourismus in Nizza 1,5 Milliarden Euro und macht damit einen Anteil von 40 Prozent am lokalen BIP aus. 40 Prozent der Arbeitsplätze vor Ort sind vom Tourismus abhängig. Im Juli und August generieren sie mehr als die Hälfte der Tourismus-Einnahmen der gesamten Region. Doch das gilt alles für die Zeit vor dem 14. Juli 2016.

Denn seit diesem Tag sind die Zahlen im freien Fall. Die Hotels waren gerade dabei, sich von den Terror-Attacken in Paris zu erholen, die das ganze Land erschüttert hatten. Nun wurden sie ein weiteres Mal schwer getroffen. In der Folge des tragischen Vorfalls sehen sich die Hoteliers einer Flut von Last Minute-Stornierungen ausgesetzt. Viele Gäste sind früher abgereist als ursprünglich geplant und viele weitere haben ihre Reise kurzerhand storniert, da sie um ihre Sicherheit fürchten. Die Hotels versuchen, jeden Einzelnen zum Bleiben zu überreden, doch das erweist sich als kompliziert.

Hoteliers psychologisch und ökonomisch unter Druck

"Die Menschen haben Angst und dagegen kann man nicht viel machen", bedauern die meisten Hoteliers. Viele von ihnen, wie etwa auch Taxifahrer und Privatstrand-Besitzer, sind überzeugt, dass die Saison damit gelaufen ist. "Die Lage wird sich irgendwann wieder normalisieren, aber das braucht Wochen", ist sich ein Restaurant-Besitzer sicher. Laut MKG France gab es bereits in den drei Nächten nach dem Anschlag erste negative Auswirkungen verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. In der Region Nizza brach die Belegung am Freitag um 5,4 Prozent, am Samstag um 7,7 Prozent und am Sonntag um 18,4 Prozent ein. Der RevPAR fiel am Freitag um 1,20 Prozent und lag zwei Tage später 23,5 Prozent unter dem Ursprungswert. Der Rückgang zieht sich durch alle Hotelkategorien – vom bescheidenen Kyriad bis hin zum einzigartigen Palace Negresco.

Leider gehen die Experten auch davon aus, dass die Zahlen in den nächsten Tagen und vielleicht sogar Wochen noch weiter zurückgehen, da viele ausländische Touristen ihre Pläne für den Sommer-Urlaub noch einmal umgeschmissen haben. Das berühmte Nice Jazz Festival, das jeden Juli tausende von Musikfans anzieht, wurde kurzerhand abgesagt, und damit auch hunderte von Hotel-Buchungen. Auch andere Kultur-Veranstaltungen in der Region wurden abgesagt oder verschoben, da die örtlichen Behörden grosse Menschen-Ansammlungen aus Sicherheitsgründen vorerst vermeiden möchten. Der Ausnahmezustand in Frankreich wurde bis Ende Oktober verlängert.

Die grossen Hotel-Vereinigungen des Landes haben den Familien der Opfer ihr tiefstes Beileid ausgesprochen und gleichzeitig die Solidarität der Hoteliers sowie der Café- und Restaurant-Besitzer gelobt, die in der Nacht des Anschlags grosse Hilfsbereitschaft an den Tag gelegt hatten. In einer Pressemitteilung berichtete die Vereinigung GNI darüber, dass Hoteliers aus Nizza und deren Kollegen aus benachbarten Städten sowohl psychologisch als auch ökonomisch unter grossem Druck stehen würden. "In Anbetracht der Situation können wir nachvollziehen und erwarten, dass zahlreiche Gäste ihre Reservierung in den kommenden Tagen stornieren werden. Booking.com hat uns bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass für entsprechende Stornierungen keine Gebühren berechnet werden."

Hilferuf an die Regierung

Am Mittwoch kam der Ausschuss für wirtschaftliche Notfälle im Tourismus zusammen, um über die Folgen und mögliche Hilfen für die Branche zu diskutieren. "Es ist noch zu früh, um zu sagen, wie schwerwiegend die Auswirkungen sein werden. Wir werden uns den Schaden Ende Juli genauer ansehen. Heute liegt unsere Priorität darauf, das Aufkommen einer Katastrophen-Stimmung zu vermeiden", so die Vereinigung UMIH in einer Stellungnahme. "Vordringlich geht es darum, ausländische Touristen zu beruhigen. Wir bitten die Regierung, mehr für die Sicherheit zu tun und geben unser Bestes, Frankreich als sicheres und kulturell vielfältiges Reiseziel zu bewerben."

Keine leichte Aufgabe für alle Verantwortlichen, da andere Länder ihre Bürger warnen, dass Frankreich ein hochrangiges Ziel für Terror-Anschläge darstellt. "Aufgrund andauernder Drohungen gegenüber Frankreich durch islamistische Terrorgruppen und der kürzlichen Militär-Intervention gegen den IS hat die französische Regierung die Öffentlichkeit gebeten, besonders wachsam zu sein, und die Sicherheitsmassnahmen noch einmal verstärkt." Etwa 17 Millionen Briten kommen jedes Jahr nach Frankreich zu Besuch.

Die US-Webseite geht sogar noch weiter und warnt die US-Bürger "vor dem Risiko möglicher Terror-Angriffe in ganz Europa, die Gross-Veranstaltungen, Touristenziele, Restaurants, Handelszentren und Verkehrswege ins Ziel nehmen können." Diese Reise-Warnung läuft am 31. August 2016 ab. Die kanadischen Behörden weisen darauf hin, dass es "keinen landesweiten Aufruf mit Blick auf Frankreich gebe. Allerdings sollte man aufgrund der erhöhten Terror-Gefahr stets aufmerksam bleiben."

In den vergangenen 18 Monaten war Frankreich dreimal das Ziel von Terror, weshalb sich Touristen grosse Sorgen um ihre Sicherheit machen. Das alles wird sicherlich nicht dazu beitragen, dass das Land bis 2020 die angestrebte Marke von 100 Millionen Touristen erreicht. / SD

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