Power Napping in der Kapuze Trend Hotels können vom steigenden Schlaf Bedarf ihrer Gäste profitieren
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Power Napping in der Kapuze

Trend: Hotels können vom steigenden Schlaf-Bedarf ihrer Gäste profitieren

In der 'Always-on'-Gesellschaft ist Büroschlaf erlaubt!Foto: Light Impression Fotolia

Rüschlikon/Zürich. Die veränderten Schlafgewohnheiten und Anforderungen an das Schlafumfeld der "Always-on"-Gesellschaft stellen die Hotellerie vor neue Herausforderungen. Anstatt das Feld einer neuen Konkurrenz zu überlassen, sollte sie möglichst schnell selbst handeln. Die Industrie schläft nicht und könnte sich in diesem Fall sogar zum begehrten Partner entwickeln. Hotels sind nämlich ideale Experimentier-Zonen, weltweit! Erkenntnisse und Ideen aus einer Studie über die Zukunft des Schlafens.

Das Bedürfnis nach einem erholsamen Schlaf steigt, die "Always-on"-Gesellschaft verbraucht mit ihrer steten Einsatzbereitschaft so viel Energie, dass die Tiefe ihrer Erholungsphasen an Bedeutung zunimmt. Dies ist eine Erkenntnis einer aktuellen Studie namens "Die Zukunft des Schlafens. Neue Märkte in der Always-on-Gesellschaft", die das GDI Gottlieb Duttweiler Institute in Rüschlikorn herausgegeben hat.

Unterstützt wird dieser Trend, so die Autorinnen Daniela Tenger und Karin Frick, durch das steigende Gesundheitsbewusstsein. Laut Studie ist für beinahe die Hälfte der Schweizer Bevölkerung der Schlaf heute wichtiger als vor zehn Jahren. Interessanterweise trifft dieser Bedeutungszuwachs signifikant häufiger auf die unter 54jährigen Erwerbstätigen zu, die in der Arbeitswelt den Folgen von permanenter Erreichbarkeit 24 Stunden am Tag vermutlich stärker ausgesetzt ist als die pensionierten Senioren.

Apps helfen das Schlaf-Verhalten zu kontrollieren.

Dass Schlafen vermehrt in den Fokus rückt, zeigt sich auch im steigenden Bedürfnis, das eigene Schlafverhalten zu messen und zu vergleichen. Diese Dienstleistung bietet beispielsweise die Website sleepingtime.org: Sie berechnet die Ruhephasen der Twitterer. Auch die Hersteller des Fitness-Armbands Jawbone haben die Aktivitäten ihrer User weltweit analysiert und dabei Erstaunliches herausgefunden: New York – die Stadt, die niemals schläft – geht als erste zu Bett; in Dubai sind mindestens zehn Prozent der Jawbone-User immer aktiv; in China und Madrid wird auch tagsüber geschlafen. Für diese Untersuchung wurden mehr als 5.000 Nutzer pro Stadt berücksichtigt.

Die Schlafindustrie boomt: Software-Entwickler bieten Apps zur Schlaf-Überwachung und Optimierung an, in Fitnesszentren gibt es Mindfulness-Trainings zur Entspannung, Hotels werben mit Erlebnissen für gesunden Schlaf. Auch rund ums Träumen entsteht ein neuer Markt: So hat ein kleines Startup in Brooklyn vor kurzem eine Traummaske entwickelt, die ein "aktives Träumen bei klarem Verstand" verspricht. Natürliches boomt ebenso - vom Baldriantee über die Schlaftablette bis zum biologischen Wecker, von der Daunen- bis zur Hightech-Bettdecke.

Hotels als die idealen Experimentier-Zonen

Schon heute nutzt die Hotellerie diesen Trend: Luxushotels werben mit exklusiven Schlaferlebnissen und heben sich von Durchschnittshäusern ab, indem sie ihre Zimmer mit massgeschneiderten Bettensystemen ausstatten. So erstaunt es wenig, dass das Luxushotel für beinahe ein Drittel der Schweizer als erste Wunschdestination für eine auswärtige Übernachtung gilt; ein weiteres Drittel wünscht sich primär ein ruhiges, abgeschiedenes Dorf. Neben dem Bett als Kernelement werden aber auch Faktoren wie der Geräuschpegel, die Möglichkeit, die Temperatur zu regeln, die Verfügbarkeit von Frischluft oder die Option, das Zimmer zu jeder Zeit komplett abzudunkeln, als wichtig für den Schlaf genannt. Je nach Nationalität, Geschlecht und Alter spielen diese Punkte eine unterschiedlich starke Rolle.

Die Hotellerie, so die Studie, kann viel zum Rebranding des Schlafs beitragen. Zum Beispiel, indem die Hotels nicht nur soziale Zonen wie Bars und Lounges pflegen, sondern auch Erholungsräume einrichten und diesen den entsprechenden Wert beimessen.

Japan: Mit dem Turtle Taxi kommt manextra langsam ans Ziel.

Im Park Hyatt Hotel in Tokio können Gäste heute schon vom "Good Night Sleep Stretch"-Angebot Gebrauch machen: Mit Entspannungsübungen werden Körper und Geist auf die anstehende Nachtruhe eingestimmt. Neben "Kissen-Menüs" offerieren Hotels heute auch schon Matratzen, Bettsysteme, Lichtquellen, Schlafmasken oder Schlafvermessungsgeräte. Hotels sind für Schlafneugierige die idealen Experimentier-Zonen zum Ausprobieren verschiedener Schlafprodukte, welche die Händler zur Verfügung stellen.

Das neue Schlafbewusstsein entspringt dem wachsenden Bedürfnis nach Entschleunigung, dem im Tourismus- und Gastronomiebereich in Form des "Slow Tourism" bereits Rechnung getragen wird. In Japan fahren "Turtle Taxis" ihre Kunden extra langsam ans Ziel, und die Slow Food-Bewegung zelebriert weltweit lokales, nachhaltiges und bewusstes Essen.

Business-Chance: Schlafen im Café

Bereits 1998 belegte der amerikanische Schlafforscher Dr. James Maas den Zusammenhang zwischen Nickerchen und Leistungsfähigkeit. Dennoch sind Power Naps in dieser effizienz-orientierten Gesellschaft nicht weit verbreitet. "Die Konsumenten in Europa nehmen Power Napping nur zögerlich an, da ein – wenn auch nur kurzes und effizientes – Schlafen in der Öffentlichkeit oder im Büro gesellschaftlich nicht etabliert ist", sagte Frieder Kuhn, Gründer und Managing Director Third of Life GmbH. Und Dr. med Stephan Rüller, Geschäftsführer von sleepingpower bedauert: "Müdigkeit ist ein Manko, das man nicht in die Öffentlichkeit trägt." Interessanterweise finden heute 33 Prozent der Nichttagschläfer, dass sie durchaus gerne ein Nickerchen machen würden, hätten sie denn Gelegenheit dazu. Und bei dieser Gruppe sind die 15- bis 54jährigen Erwerbstätigen mit hoher Bildung besonders stark vertreten.

Abu Dhabi Airport: Schalen  zum Abschalten in der Hektik.

In Japan gibt es bereits Schlafcafés, deren Gäste ähnlich wie in traditionellen Cafés gegen einen kleinen Betrag eine Pause einlegen können – nicht am Tisch, sondern im Bett. Auch China ist berühmt für seine Nickerchen-Kultur. Das Phänomen macht auch vor dem chinesischen IKEA nicht halt: Erschöpfte Kunden legen sich in den Ausstellungsräumen regelmässig in aller Öffentlichkeit für ein Schläfchen hin – völlig ohne Hemmungen. In Europa sorgt das Mobilitätsverhalten inzwischen dafür, dass immer häufiger unterwegs geschlafen wird. In amerikanischen und europäischen Flughäfen sind bereits die aus Japan stammenden Schlafkapseln auf dem Vormarsch.

Vom Bürostuhl zum Schlafstuhl

Analog zum erfolgreichen "Food Truck"-Konzept wären laut Studie künftig "Sleep Trucks" denkbar, die an wechselnden Lokalitäten auftauchen und verschiedene Schlaf-Umgebungen zum Ausprobieren anbieten. Im kanadischen Toronto wurden mitten in der Stadt Schlafröhren aufgebaut, die den Passanten für ein 20minütiges Schläfchen zur Verfügung standen. In Zügen, Wartesälen oder im Freien sollten künftig neben Sitzplätzen auch standardmässig Liegemöglichkeiten installiert werden. Der grosse Erfolg von Cafés mit Lounges zeigt, dass der Sitzmodus als Standard heute schon passé ist. Auch der moderne Büromensch arbeitet heute nicht mehr länger sitzend. Die neuen Arbeitstools wie Smartphone oder Tablet haben zu einer Ausdifferenzierung von Körperhaltungen im Büro gesorgt.

Die Industrie schläft nicht und entwickelt stets neue Produkte rund um das flexible Sitzen und Liegen im öffentlichen Raum. So soll etwa der Stuhlüberzug "Hoodini", ein Produkt der niederländischen Designfirma Bernotat & Co., für die nötige Privatsphäre beim Entspannen sorgen: Er verfügt über eine angehängte Kapuze, die nach Bedarf übergezogen werden kann und so den Stuhl zum Schlafstuhl umfunktioniert – inklusive Abdunkelung und Sichtschutz.

Um Schlafstühle macht sich eine niederländische Firma Gedanken.Foto: Bernotat

Hilfreich für das Power Napping, so die Autorinnen, könnte eine Toolbox als Grundausstattung für den Vielreisenden sein, ausgerüstet mit Schlafmasken, beruhigenden Klängen und einer App, die geeignete Nap-Locations in der Nähe aufzeigt. Auf Googlenaps.info findet der Übermüdete heute schon Hinweise auf gute Schlafplätzchen. Für die Sicherheit während des öffentlichen Schlafs sorgt beispielsweise der Schal "Napper": Er verfügt über integrierte Kopfhörer, die per Bluetooth mit dem Gepäck vernetzt sind, und schlägt Alarm, wenn jemand das Gepäck bewegt.

Die "Schlafstudie" wurde im Auftrag von Möbel Pfister AG und Jensen erstellt und basiert u.a. auf einer Befragung in der Schweizer Bevölkerung im Frühjahr 2014. Die neue GDI-Studie "Die Zukunft des Schlafens – Neue Märkte in der Always-on-Gesellschaft" kann kostenlos bezogen werden unter www.gdi.ch/schlafstudie. /sst

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