Innsbruck. Eine Frau, Karin Seiler-Lall, soll in Österreich der Mega-Tourismus-Destination Innsbruck neues Leben einhauchen. Innsbruck ist das drittwichtigste Städte-Ziel im Land.
Durch seine Einbettung in die hochalpine Natur ist Innsbruck aber kein typisches Städte-Reiseziel. Die 100.000-Einwohner-Stadt mit vielen Berg-Gipfeln im Panorama entfernt sich schon seit einigen Jahren vom Nimbus eines reinen Städte-Ziels – durch die Fusionen mit Verbänden umliegender Gemeinden.
Die Eckdaten: 40 Gemeinden sind bereits im Tourismusverband Innsbruck vereint, 25 Feriendörfer und sogar die Stadt Telfs. Seit Beginn des Jahres steht der Moloch, der über ein grösseres Budget als die Tirol Werbung verfügt, unter dem Management von Karin Seiler-Lall. Der Ehrgeiz der ehemaligen Tirol-Werberin ist bekannt: "Unser Budget kommt aus der Tourismuswirtschaft. Also gilt mein Blick immer der Frage: Was zahlt das jeweilige Vorhaben konkret auf den Tourismus ein?", sagt die Geschäftsführerin, die eine Schärfung bei Subventionen und beim Sponsoring für notwendig erachtet.
Denn allzu häufig gelang es politischen Institutionen wohl, bei Ebbe in den Gemeinde-Budgets die Finanzierung von Infrastrukturen und Veranstaltungen über den Tourismusverband abzuwickeln. Bei der Rettung maroder Bergbahnen, Museen oder bei Grossevents – überall wurde der Tourismusverband zur Ader gelassen. Aufgrund dieser Verpflichtungen liegt das reine Marketing-Budget von Innsbruck und seinen Feriendörfern markant unter jenem der Tirol Werbung. "Viele dieser finanziellen Verpflichtungen sind Teil der Fusionsvereinbarungen", verweist Tourismus-Obmann Karl Gostner auf Altlasten.
Das Sport-Image aufladen
Die neue Geschäftsführerin will den Hebel auf mehreren Ebenen ansetzen. "Alle Mitarbeiter müssen sich mit der Gesamt-Unternehmung Innsbruck und seinen Feriendörfern identifizieren", fordert sie von den Umland-Gemeinden. Diese tragen rund ein Drittel zu den drei Millionen Übernachtungen pro Jahr bei. Auch die ausgegliederte Gesellschaft "Innsbruck Information und Reservierung" soll wieder in den Verband integriert werden. Wenn wie im laufenden Winter Urlauber mangels Schnee in die Stadt drängen, sollen künftig auch die Mitarbeiter aus den Feriendörfern die städtische Information unterstützen.
"Wenn Innsbruck eine Mountainbike-Destination werden will, braucht es einen Produkt-Entwickler, der darauf achtet, dass alles stimmig ist", benennt Seiler-Lall ein Beispiel. Prinzipiell soll das Destination-Management durchgängige Ansprechstelle der "Customer Journey" werden. Digitales Marketing stehe dabei im Fokus. Ein besonderes Anliegen sei die Angebotsentwicklung für den asiatischen Markt. China eroberte 2015 mit knapp 200.000 Übernachtungen Rang drei in der Nationen-Statistik. Im Sommer soll Marketing-Strategie 2020 bereits vorliegen.
Ähnlich optimistisch ist Seiler-Lall auch, wenn es um die Reduktion der subventionsähnlichen Posten geht. Dabei werden ihr aber auch politische Interventionen nicht erspart bleiben. Gleich zu Beginn greift der Tourismusverband für ein Sportereignis tief in die Tasche: Eine Million Euro kostet die Strassenrad-Weltmeisterschaft 2018. 1.000 Athleten, ebenso viele Journalisten und 350.000 Zuschauer sollen für unmittelbare touristische Wertschöpfung sorgen. Konkret werden 100.000 Übernachtungen erwartet. Über die medialen Folgewirkungen darf wie so oft trefflich gestritten werden.
"Uns ist bewusst, dass Rennrad-Fahren für die Stadt Innsbruck kein A-Thema sein kann", weiss Seiler-Lall. Doch es gehe darum, das Sport-Image Innsbrucks aufzuladen. Die Verträge zur Live-Übertragung des Hauptrennens nach Deutschland und Benelux seien gesichert. Ein jährliches Mountainbike-Event soll folgen. / Fred Fettner