Setzt Mindestlohn Ost Deutschland unter Druck Der Branchenverband Dehoga unterliegt bei den Tarif Verhandlungen
HI+

Setzt Mindestlohn Ost-Deutschland unter Druck?

Der Branchenverband Dehoga unterliegt bei den Tarif-Verhandlungen

Mindestlohn für alle: Er soll die Branche attraktiver machen.Foto: Esther Hildebrandt Fotolia

Berlin. Die Verhandlungen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten sind gescheitert: Stufenweise sollten die Tariflöhne in Ostdeutschland an den neuen, gesetzlichen Mindestlohn angepasst werden. Die NGG wollte diesen bereits im kommenden Jahr einführen. Jetzt jammert der Hotel-Verband. Deutsche Ketten-Hotels halten sich mit Äusserungen zurück.

Seit März hatte der Dehoga intensiv mit der NGG Gespräche geführt, um für den Osten Deutschlands eine arbeitsmarkt-verträgliche Übergangslösung zu erreichen. In der dritten Verhandlungsrunde hatte der Verband angeboten, die Tariflöhne im Osten stufenweise bis 1. September 2016 auf 8,50 Euro anzuheben sowie ab 1. April 2017 einen Mindestlohn von 8,60 Euro zu vereinbaren.

Die Gewerkschaft NGG dagegen hatte Lohn-Erhöhungen von mehr als 20 Prozent gefordert, gestaffelt von Juni 2015 bis Juli 2017 von 8,50 Euro auf 10 Euro. Diese Forderungen liegen weit über dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, der ab 2015 gilt.

"Ziel dieser Tarif-Verhandlungen war eine vertretbare Stufenregelung hin zum Mindestlohn gewesen", so Guido Zöllick, Dehoga-Verhandlungsführer und Präsident des Dehoga Mecklenburg-Vorpommern. Die aktuellen Tarif-Entgelte in den untersten Lohngruppen Ostdeutschlands liegen zurzeit zwischen 7,21 Euro und 7,87 Euro. "Die Forderungen der NGG waren deshalb verantwortungslos und inakzeptabel. Ein solches Ergebnis hätten wir unseren Mitgliedsbetrieben nicht vermitteln können."

Dehoga-Präsident Ernst Fischer: Befürworter einer Stufenregelung.

"Eine Stufenregelung wäre für viele Betriebe wichtig gewesen", sagt auch Dehoga-Präsident Ernst Fischer. "Die Gewerkschaft NGG nimmt ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation im Osten Deutschlands Arbeitsplatz-Verluste in Kauf."Das Scheitern der Gespräche zeige auch, dass das Mindestlohn-Gesetz einen massiven Eingriff in die Tarifautonomie darstelle. Das Nachsehen hätten föderal strukturierte Organisationen mit bewährten regionalen Tarifstrukturen. Fischer: "Die Politik setzt die repräsentativen Tarifverträge, die im Osten Stundenlöhne unter 8,50 Euro vorsehen, ausser Kraft. Wir halten das verfassungsrechtlich für bedenklich."

Keine konkreten Zahlen, aber konkrete Befürchtungen

Wie viele Betriebe und welche Betriebsarten in den Dehoga-Landesverbänden konkret betroffen sind, ist aus der Berliner Verbandszentrale nicht zu erfahren. Pressesprecher Christopher Lueck: "Uns liegen derlei konkrete Zahlen nicht vor." Da fragt man sich als Aussenstehender natürlich, auf welcher Zahlen-Basis der Dehoga überhaupt verhandelt hat? Welche Macht hat ein Verband, der den Schaden für seine Mitglieder nicht konkret eruieren kann?

Lueck weist weiter darauf hin, dass der Mindestlohn sich nicht nur direkt, sondern auch indirekt auf das ostdeutsche Gastgewerbe auswirken werde: "Womöglich werden ja auch Zulieferer aufgrund des Mindestlohns teuer."

Eine Zahl von potenziellen Arbeitsplatz-Verlusten durch Lohn-Erhöhungen innerhalb der betroffenen Betriebe könne der Verband nicht beziffern, dies sei schlichtweg nicht seriös. "Der Mindestlohn ist ein arbeitsmarkt-politisches Experiment. Wir befürchten, dass Arbeitsplatz-Verluste oder Betriebsschliessungen nicht ausgeschlossen sind. Die grösste Gefahr an erster Stelle besteht dabei für kleine und mittlere Betriebsgrössen in den strukturschwachen Regionen", heisst es schwammig aus Berlin.

Weitere potenzielle Auswirkungen seien eingeschränkte Öffnungszeiten, der Verzicht auf Aushilfskräfte oder mehr Selbstbedienungsrestaurants. Lueck weiter: "Wir bekommen oft die Frage nach Preissteigerungen gestellt. Diese Entscheidung muss jeder Unternehmer für sich fällen. Die Frage ist natürlich, wie die sehr preissensiblen Deutschen gerade in strukturschwachen Regionen auf eine Preissteigerung reagieren würden?"

Kleine Betriebe in strukturschwachen Gebieten sind eventuell durch den Mindestlohn gefährdet.Foto: MNStudio Fotolia.com

Mehrwertsteuer als Begleitthema

Helfen könnte der gebeutelten Gastronomie im Osten natürlich die Senkung des Mehrwertsteuersatzes. "Im Lichte der Mindestlohn-Debatte werden wir natürlich auch wieder und weiterhin auf das Thema der steuerlichen Gleichbehandlung von Speisen pochen: Schliesslich wird die Gastronomie noch immer gegenüber Bäckern, Metzgern und Supermärkten und deren verzehrfertigen Speisen benachteiligt. Sieben Prozent Mehrwertsteuer auf alle Speisen, unabhängig vom Ort des Verzehrs und von der Art der Zubereitung – das ist und bleibt eine der politischen Kernforderungen von uns", so Lueck.

Hotel-Ketten in Deutschland halten sich mit Äusserungen zur Mindestlohn-Debatte derzeit vornehm zurück. "Das Ziel der Steigenberger Hotel Group ist die leistungs- und arbeitsmarktgerechte Bezahlung. Bereits heute zahlen wir in vielen Bereichen übertarifliche Gehälter. Dabei ist in West-Deutschland der Mindesttarif weniger ein Problem als in Ost-Deutschland. Genauso wie andere Hotel- und Gastronomie-Unternehmen stellen wir uns aber dieser Herausforderung und sind entsprechend vorbereitet", heisst es aus Frankfurt. Und eine andere deutsche Hotelgruppe, die nicht genannt werden möchte, deutet an, dass ein Gemecker an dieser Stelle für das ohnehin schon angeschlagene Image der Branche gewiss nicht förderlich sei. / Susanne Stauss

Verwandte Artikel

Deutsche Hotellerie: Mehr Umsatz, aber mehr Kosten

15.5.2014

Berlin. Im Winter 2013/14 haben die deutschen Hoteliers ihre Umsätze weiter ausgebaut. Kostensteigerungen im Energie- und Personalbereich werfen Schatten auf die zukünftigen Ergebnisse, dennoch überwiegt im Allgemeinen der Optimismus.

Mindestlohn: Kein Kostenschub für Schweizer Hotels

22.5.2014

Bern. Die Schweizer Bürger haben letzten Sonntag die Mindestlohn-Initiative offiziell abgelehnt. Damit atmet auch die Hotellerie auf: Der Bürger-Entscheid hat einen massiven Kostenschub verhindert. In Deutschland hingegen drohen nach dem Mindestlohn-Beschluss jetzt Preiserhöhungen.

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"claudebot","accept":"*/*","referer":"http://www.hospitalityinside.com/articles/setzt-mindestlohn-ost-deutschland-unter-druck-der-branchenverband-dehoga-unterliegt-bei-den-tarif-verhandlungen,32638,280.html","x-forwarded-for":"18.212.87.137","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"18.212.87.137","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1