Sie haben es einfach satt Frustrierte italienische Hoteliers bei der jährlichen Federalberghi Tagung
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Sie haben es einfach satt

Frustrierte italienische Hoteliers bei der jährlichen Federalberghi-Tagung

Wohin driftet die italienische Hotellerie? Idylle am Tagungsort, dem Comer See.

Como. Italiens Hoteliers wehren sich derzeit mit Händen und Füssen – wie viele ihrer Kollegen in Europa – gegen viel zu hohe Steuern und steuerliche Ungerechtigkeiten im eigenen Land, aber auch gegen die grenzüberschreitenden OTAs und ihre Klauseln wie auch gegen die Sharing Economy. Die Jahrestagung des italienischen Hotelverbands Federalberghi spiegelte den Unmut der Hoteliers deutlich. Für sie zeichnet sich in dem wirtschaftlich und politisch gebeutelten Land immer noch kein Silberstreif am Horizont ab. Die Performance-Zahlen der Branche von Januar bis April sind mager. Vor diesem Hintergrund kann man die Reaktionen verstehen, aber hilft's? Immerhin hat auch die Selbstkritik eingesetzt.

"Wir sind erfolgreich gegen TripAdvisor und Booking vorgegangen." Federalberghi-Präsident Bernabò Bocca bezieht sich hierbei auf zwei jüngste Entscheidungen der italienischen Wettbewerbsbehörde. Die AGCM verhängte eine Strafe von 500.000 Euro gegen das Online-Bewertungsportal für die Veröffentlichung von "irreführenden Informationen hinsichtlich der Quellen der Rezensionen" und schaffte die Paritätsklausel bei den Verfügbarkeiten ab, die Booking den Hotels aufgezwungen hatte. Allerdings sind die Paritätsklauseln bei den Preisen auf Hotel-Webseiten nach wie vor in Kraft. Das reicht nicht, weshalb die dem Confcommercio angeschlossene italienische Hotelier-Vereinigung aufgrund der jüngsten Entscheidung der AGCM eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Erwägung zieht.

Positiv: die Steuer-Gutschrift

Die Neuigkeit kam auf der jährlichen Tagung von Federalberghi zur Sprache, die vor zwei Wochen am Ufer des Comer Sees im umbenannten Sheraton Lake Como stattfand. Ratenparität ist allerdings nicht das einzige Problem, das den Hoteliers derzeit Sorge bereitet. Die 65. Ausgabe der Tagung der Vereinigung hielt sich an die goldene Regel, die mit dieser Art von Veranstaltungen häufig in Verbindung steht: Sie war eine Plattform für die Wünsche und Sorgen der Branche. Das heisst, sie war der richtige Ort, um die Stimmung im Sektor aktuell heiss diskutierten Themen aufzufangen.

Präsident Bernabò Bocca Die Probleme sind immer noch grösser als die  Lösungen.

Aus diesem Grund begrüsste Präsident Bocca "die Massnahmen der Regierung im Hinblick auf die Steuer-Gutschriften, die im Kultur- und Tourismus-Dekret verankert sind" und letzten Sommer endlich vom italienischen Parlament verabschiedet wurden. Die Massnahmen sollen die Digitalisierung des italienischen Reisesektors unterstützen und die Renovierungsmassnahmen von Hotels und anderen Unterkünften fördern. Die Digitalisierungs-Steuer-Gutschrift wird von 2015 bis 2019 in der Höhe von 30 Prozent der vom Investor getragenen Gesamtkosten verfügbar sein mit einem Höchstbetrag von 12.500 Euro pro Investition und einem jährlichen Gesamtbudget von 15 Millionen Euro.

Dieselben finanziellen Zugeständnisse gelten bis 2016 auch für Hotels und andere Unterkünfte für Renovierungsarbeiten, Sanierungsmassnahmen und Umbauten hinsichtlich der Barrierefreiheit. Die Obergrenze beträgt hier 200.000 Euro pro Massnahme bei einem Jahresbudget von 20 bis 50 Millionen Euro.

Bettensteuern sorgen nicht unbedingt für bessere Qualität

Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Bocca betrachtet die Höhe der von der Regierung zugewiesenen Mittel als unzureichend, während die Vorgänge für die offizielle Beantragung der Steuergutschriften nach wie vor wage sind: "Hinsichtlich der Digitalisierungs-Fördergelder fehlen immer noch die Auswahlkriterien und bei der Renovierungs-Förderung hinkt das rechtswirksame Dekret (Anm. d. Red.: decreto attuativo in der italienischen Rechtsordnung) weit hinterher. Zumindest ist es uns gelungen, die Marina-Resorts als mögliche Nutzniesser der Fördermittel aus der letzten Textfassung des Dekrets zu streichen, sonst wäre vom Kuchen am Ende nur noch ein Törtchen geblieben."

Hierbei gilt zu bedenken, dass die italienische Rechtsordnung Marina-Resorts als Unternehmen betrachtet, die darin spezialisiert sind, Gästen, die auf ihren Booten in Touristenhäfen übernachten, Hospitality-Dienste anzubieten.

Boccas Rede umfasste natürlich auch ein weiteres klassisches Thema: "Wir schätzen, dass italienische Hotels 2014 rund 893 Millionen Euro für die Immobiliensteuern IMU und TASI entrichtet haben. Dies entspricht einer durschnittlichen Summe von 26.487 Euro pro Hotel und 817 Euro pro Zimmer. Die Steuerlast ist hier besonders hoch, da beide Gebühren auch dann fällig sind, wenn Hotels geschlossen sind oder leer stehen. Das bedeutet also, während die Steuersätze steigen, sinken die Erträge."

Ausserdem "gibt es eine weitere Steuermassnahme, die uns nicht überzeugen kann: Es gibt keinerlei Hinweise, dass die Bettensteuern die von einer Destination angebotenen Touristen-Services verbessert haben. Vielmehr haben sie lokale Verwaltungen davon abgehalten, Massnahmen zu Kosten-Einsparungen umzusetzen."

Die 65. Tagung der Federalberghi bot Raum für Emotionen.

Die Liste der Beschwerden umfasst weitere umstrittene politische Themen, wie das Gesetz, das die Verwendung von Bargeld über 1.000 Euro beschränkt, das 2011 in Übereinstimmung mit entsprechenden EU-Regelungen eingeführt wurde: "Unsere Nachbarländer sind sehr dankbar und lachen sich über unser selbstzerstörerisches Verhalten kaputt", so Bocca. Darüber hinaus plädiert er für eine weitere Vereinfachung der Visa-Verfahren.

Der Fokus des Hoteliers liegt auch auf einigen neuen Massnahmen, die die italienische Regierung im letzten Finanzgesetz eingeführt hat, um die Beschäftigungszahlen zu erhöhen: "Wir brauchen dringend weitere Massnahmen, um die Steuersenkungen auch auf die in unserer Branche so typischen Saisonverträge auszuweiten." Aktuell stehen Steueranreize nur Unternehmen zur Verfügung, die zeitlich unbefristete Verträge mit neuen Mitarbeitern abschliessen. "Aber wir bitten auch darum, die neue Sozialleistungs-Regelung namens NASPI zu überarbeiten, da sie aktuell Arbeitnehmer stark benachteiligt, die nur für begrenzte Zeit arbeiten."

Von den nächsten Mega-Events wird die Sharing Economy profitieren

Die Branche ist nicht nur wegen der Ratenparität und der Steuern, sondern auch wegen der Sharing Economy in Alarmbereitschaft. Die Federalberghi ruft nicht nur die "lokalen Verwaltungen auf, uns in unserem Kampf gegen illegale Hospitality-Aktivitäten zu unterstützen", sondern greift das ganze Peer-to-Peer-Geschäfts-Modell an: "Wir brauchen keine Kristallkugel, um zu erkennen, dass die Expo Milan und das nächste Jubiläumsjahr eine wunderbare Gelegenheit für illegale Übernachtungs-Aktivitäten sind," so Bocca. Doch der Federalberghi-Präsident ging noch weiter und verurteilte sowohl "das Entstehen eines parallelen Beherbergungs-Marktes fern jeglicher administrativer Kontrolle" als auch "das Risiko krimineller Unterwanderung in einem nicht kontrollierten Umfeld, wie im vierten Bericht des Mailänder Anti-Mafia-Komitees betont wird". Ausserdem fehle "ein umfassendes Schutzsystem. Touristen sind den Unterkünften, denen häufig die grundlegendsten Voraussetzungen einer Unterkunft fehlen, schutzlos ausgeliefert."

Als er am Ende der Tagung zur möglichen Fusion der beiden nationalen Hotel-Unternehmen Atahotels und UNA Hotels gefragt wurde, liess sich Bocca die Gelegenheit zu einem letzten Paukenschlag nicht entgehen: "Das sind gute Nachrichten. Dadurch entsteht endliche eine italienische Gruppe mit zwei wichtigen Marken. Und alles ohne das Eingreifen ausländischer Unternehmen und vielleicht sogar mit der finanziellen Unterstützung unserer nationalen Institutionen."

Letzten Herbst hatte der italienische Staatsfonds Fondo Strategico Italiano Spa einen Anteil von 23 Prozent an Rocco Forte Hotels erworben .... Ist das vielleicht ein Zufall? / Massimiliano Sarti

FRÜHLINGS-ZAHLEN: Keine Erholung in Sicht

Das erste Quartal 2015 schloss mit einem leichten Anstieg bei den Übernachtungen in italienischen Hotels um 0,8 Prozent verglichen mit demselben Zeitraum 2014. In den ersten beiden Monaten gaben einige Negativ-Trends in der Branche Grund zur Sorge hinsichtlich der Sommer-Monate und dämpften die optimistische Stimmung unter den Hoteliers. Die von der Federalberghi erhobenen Zahlen zeigen im März und April einen starken Rückgang bei den inländischen Übernachtungen. Dieser Rückgang lässt sich auch nicht durch den zeitweiligen Anstieg bei den internationalen Übernachtungen um 0,4 Prozent kompensieren.

 

ITALIEN: HOTEL-PERFORMANCE Januar-April 2015,
Vergleich 2015-2014 

Übernachtungen
insgesamt
Inländische
Übernachtungen
Internationale
Übernachtungen
Januar  +0,7%  +2,4%  -1,8%
Februar  +7,0%  +3,8%+11,2%
März  -0,9%  -4,5%  +3,3%
April  -2,1%  -2,4%  -1,7%
Januar - April  +0,8%  -0,4%  +2,2%

Quelle: Federalberghi

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