Spekulative Falle Zweischneidige Franken Effekte für Österreichs Hoteliers
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Spekulative Falle

Zweischneidige Franken-Effekte für Österreichs Hoteliers

Naturhotel Chesa Valisa in Hirschegg im schweiz-nahen Kleinwalsertal: Noch mehr Schweizer erwartet man nicht.

Wien. Der Euro-Mindestkurs des Schweizer Franken ist vor nun zwei Wochen, am 15. Januar, gefallen. Die ersten Auswirkungen zeigen sich auch in Österreich. Natürlich hofft man auf ansteigende Gästestrome aus der Schweiz, befürchtet gleichzeitig aber auch schon einen Anstieg der Preise in Hotellerie und Gastronomie. Viel stärker aber bewegt die Finanzexperten und Hotelies derzeit die Frage nach den höheren Kosten bei der Rückzahlung aufgenommener Franken-Kredite. Hier rächen sich Fehler aus der Vergangenheit.

Insgesamt hängen laut Nationalbank in Österreich 29,5 Milliarden Euro Kredite am Schweizer Franken, wobei Unternehmen daran nur einen Anteil von 4,6 Milliarden Euro haben. Wie hoch die Haftungssumme der Kredite für touristische Betriebe ist, bleibt weiterhin unklar. Anlässlich der letzten grossen "Franken-Panik" Anfang 2011 war von 1,5 Milliarden Euro die Rede gewesen.

Heute schreibt Franz Hartl, der Vorstand der Österreichischen Tourismusbank, den Hoteliers ins Stammbuch: "Jeder sollte sich auf das Geschäft beschränken, das er versteht. Für Nervenkitzel reicht es, mit einem überschaubaren Betrag ins Casino zu gehen." Seinen Hotelbetrieb auf spekulative Kredite aufzubauen, sei ein Fehler. "Fremdwährungs-Positionen in einer Währung sind jedenfalls soweit abzubauen, dass sie auch bei einer erheblichen Kursschwankung verdaut werden können," sagt Hartl.

Natürlich können Hartl eigene Interessen unterstellt werden, schliesslich ist die ÖHT selbst ausschliesslich für die Vergabe geförderter Kredite zuständig. Demgegenüber waren die Geschäftsbanken genötigt, ihren Kunden kreative Ansätze zu liefern. Eines ist aber auch klar: Hartl empfahl zuletzt 2012 den Hoteliers, ihre Fremdwährungskredite rasch zu konvertieren.

Franz Hartl, ÖHT: Spekulative Geschäfte sind ein Fehler.

Klaus Kessler, Eigentümer des Naturhotel Chesa Valisa in Hirschegg im schweiz-nahen Kleinwalsertal, grinst bei der Frage nach Franken-Krediten. Als Zahlenmensch und langjähriger Aufsichtsratschef der regionalen Raiffeisenbanken hatte der Hotelier 2013 seine Verschuldung in Schweizer Franken beendet. Damaliger Euro-Kurs: 1,30 Franken! Als doppelter Profiteur durch einen Gäste-Ansturm aus dem Nachbarland sieht er sich aber nicht: "Unser Gäste-Aufkommen aus der Schweiz liegt bei 15 Prozent – und das wird sich auch nicht gross ändern."

Schweizer ist nicht gleich Schweizer

Österreichs Westen verzeichnet schon seit Jahren kontinuierliche Zuwächse aus der nahen Schweiz. Vorarlbergs Tourismuschef Christian Schützinger sieht dabei die Situation ähnlich wie Kessler: "Das Reisepotenzial haben wir zu einem guten Teil bereits abgeschöpft, eine aussergewöhnliche Reisewelle ist nicht zu erwarten." Man versuche sich weiterhin als hochwertiges Urlaubsland am Schweizer Markt zu positionieren, Schnäppchenjäger seien da nicht im Visier. Denn Schweizer ist nicht gleich Schweizer. Aktuell werden vor allem Super- und Baumärkte an der Grenze von Schweizern gestürmt - wobei es im Raum Konstanz auf deutschem Boden noch dramatischer zugehen soll als im etwas teureren Österreich.

Unterschwellig ist bei Touristikern eine weitere Befürchtung herauszuhören: Sind in der Schweiz Ferien, klettert deren Gäste-Anteil regional schon auf 50 Prozent. Wie immer kann die Dominanz einer Nationalität auf die Stimmung anderer Gäste drücken, auch wird die Abhängigkeit von einem Markt als Gefahr gesehen. Ein weiterer Aspekt sind im Markt begründete Preis-Angleichungen: Viele Produkte sind in Vorarlberg schon heute teurer als im Rest Österreichs. Das könnte bei einem überbordendem Interesse aus der Schweiz auch auf Hotellerie und Gastronomie durchschlagen.

"Durch Währungs-Schwankungen ausgelöstes Reise-Interesse orientiert sich nicht an den Stärken, der Preisvorteil erhält ein überproportionales Gewicht", begründet Schützinger seine gedämpfte Begeisterung für den gestärkten Franken. Zusätzliche Werbe-Aktivitäten wird er im Winter keinesfalls starten, für den Sommertourismus will Schützinger das aber nicht ausschliessen.

Wie werden sich Euro und Franken wieder einpendeln? Der neue Kurs wird die Geschäfte massiv bestimmen.Foto: map

Mehr Nachfrage nach Österreichs Alpen-Immobilien?

Keinesfalls sollten die mittelbaren Wirkungen unterschätzt werden. Ob weitere Gäste aus dem Euro-Raum die Schweiz links liegen lassen, ist offen. Schon bisher musste man sich die Schweiz leisten wollen. Grössere Erwartungen hegt speziell Vorarlberg bei Geschäftsreisenden. Kostenbewusstsein lässt vermehrt Firmen aus Altenrhein oder Vaduz Übernachtungen über der Grenze folgen. Vor allem bei Kongressen und Tagungen werden die österreichische – und deutsche – Bodensee-Region künftig noch stärker profitieren.

Weitere Aspekte der sich abzeichnenden Franken-Euro-Parität: Alpine Zweitwohnungen in der Schweiz stehen bereits verstärkt zum Verkauf. Die GFB Unternehmensberatung in Zell am See erwartet einen verstärkten Druck durch Anleger auf alpine Immobilien im Euroraum, speziell in Österreich.

Für die Zukunft lohnt es sicher, manche Ratschläge an die Hotellerie rückblickend Revue passieren zu lassen. Denn während die Österreichische Nationalbank und die Finanzmarkt-Aufsicht seit vielen Jahren nachdrücklich den Ausstieg aus Fremdwährungs-Krediten forderten, sahen Experten und Branchenvertreter dies als System zur Gewinn-Maximierung der heimischen Banken. So erklärte am ÖHV-Kongress 2011 Leo W. Chini von der Wirtschaftsuniversität Wien den Hoteliers, keiner könne zur Kredit-Konvertierung gezwungen werden. Chini empfahl Tilgungs-Freistellungen, Währungssicherungen, die Änderung der Vertragsbedingungen, Nachbesicherungen und Stopp-Loss-Vereinbarungen.

Stopp-Loss-Falle

Vorarlbergs Tourismuschef Christian Schützinger: Die Preise könnten steigen.Fotos: Unternehmen

Gerade letztere Massnahme erwies sich statt einer Absicherung als Katastrophe. ÖHT-Vorstand Hartl dazu: "Wer etwa eine solche Vereinbarung für den Fall eines Kursverfalles bei einem Wechselkurs von 1,19 Franken geschlossen hatte, musste erleben, dass sein Obligo keineswegs bei diesem Kurs konvertiert wurde." Denn diesen Kurs gab es nie, denn nach der Ankündigung der SNB fiel der Kurs ohne Zwischenstopp auf 0,98. "Zu diesem Kurs wurde dann die Stopp-Loss-Automatik wirksam. Dazwischen liegt allerdings ein Verlust von fast 20 Prozent, was bei einem Frankenkredit von einer Million Euro einen Tagesverlust von 200.000 Euro bedeutete, der aufgrund automatischer Intervention auch realisiert wurde."

Die aktuellen Ratschläge der GFB-Unternehmensberater sind weniger spektakulär. GFB-Geschäftsführer Roland Haslauer rät den Betrieben zu einer Strategie der ruhigen Hand und dazu, Panik-Reaktionen zu vermeiden. Eine schrittweise Reduktion und ein Umstieg auf eine tilgende Variante seien zu prüfen, um eine mögliche Tilgungslücke am Ende der Laufzeit zu verkleinern. Auch die Zinsvorteile zwischen dem Franken-Zinssatz Libor und dem Euro-Referenz-Zinssatz Euribor spielen für die zukünftige Strategie eine Rolle. Laufzeit-Verlängerungen und höhere Kompensationen in einer Wertpapier-Rücklage sollten angestrebt werden. / Fred Fettner

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