Stoppt die Schattenhotellerie HOTREC CEO Christian de Barrin über die Folgen von P2P Plattformen
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Stoppt die Schatten-Hotellerie

HOTREC-CEO Christian de Barrin über die Folgen von P2P-Plattformen

Wohnen in einem privaten Apartment in Rom, 500 m vom Vatikan entfernt, angeboten von Housetrip.Foto: map

Brüssel. Im vergangenen Monat hielt die HOTREC ihre Jahresversammlung in Riga ab. Auf dem Programm stand ein wichtiges Thema, das die gesamte Hotelbranche betrifft: die sogenannte "Schattenhotellerie" – der neue Name für die Peer-to-Peer-Plattformen der Share Economy. Wir baten HOTREC-CEO Christian de Barrin, uns seine Sorgen über das neue, aber schnell wachsende Phänomen mitzuteilen.

Die HOTREC sagte einmal, dass OTAs die erste Falle für Hoteliers waren. Ist P2P die zweite?

De Barrin: Eine der ersten Entscheidungen der HOTREC-Task Force hierzu ist die Benennung dieses neuen Phänomens als "Schattenhotellerie", da die Bezeichnung P2P in vielen Ländern zu Verwirrung führen dürfte und daher keinen adäquaten Namen darstellt. Die Schattenhotellerie ist ein neuer innovativer Trend, der Touristen neue Unterkunftsmöglichkeiten eröffnet. Zur gleichen Zeit bringt er aber auch viele neue Probleme für Verbraucher wie Anwohner mit sich.
Das rasante Wachstum dieses Marktes kann sich ausserdem negativ auf die Zahl Arbeitsplätze auswirken, die jedes Jahr durch das Hotelgewerbe entstehen. Die Nichteinhaltung nationaler, regionaler und/oder lokaler Bestimmungen, die im Gastgewerbe gelten, führt dazu, dass die Verbraucher ungeschützt sind, was in manchen Städten bereits zu einigen Problemen geführt hat. In Barcelona beispielsweise stellten Einheimische jüngst eine Demonstration auf die Beine, um auf Probleme hinzuweisen, die mit Touristen auftreten, welche Einrichtungen der Schattenhotellerie besuchen.

Was ist schlimmer: Online-Reisebüros oder Schattenhotellerie-Plattformen?

De Barrin: Es gibt immer mehr Online-Plattformen, die Einrichtungen der Schattenhotellerie anbieten, und sie decken täglich einen immer grösseren Marktbereich ab. Andere Plattformen sind lokaler ausgerichtet und funktionieren ausschliesslich auf Landes- oder regionaler Basis. Wir sind der Ansicht, dass Internet-Plattformen, die Einrichtungen der Schattenhotellerie anbieten, genauso wie andere OTAs behandelt werden sollten, weshalb sie sich auch an die relevanten europäischen und nationalen bzw. lokalen Gesetze halten müssen. Diese Zwischenmodelle sollten alle rechtlichen Voraussetzungen und Pflichten bezüglich Transparenz, Finanzen, Haftung und Verbraucherschutz erfüllen, falls aufseiten der Gäste Probleme auftreten.

Sie geben an, dass Airbnb doppelt so viele Zimmer anbietet wie die gesamte Hotelbranche. Ist das richtig?

De Barrin: Wir sagen nicht, dass sie doppelt so viele anbieten. Wir sagen, dass diese Anbieter zumindest in Europa bereits etwa dreimal mehr Immobilien führen wie es Hotels gibt.

Sie sprachen davon, in naher Zukunft eine Task Force gegen P2P einzusetzen. Ist dies bereits geschehen? Und falls ja, wer sind ihre Mitglieder und was wird sie als Erstes unternehmen?

Christian de Barrin.

De Barrin: Ja, die Task Force zur Schattenhotellerie steht bereits und hat seit Anfang Sommer ihre Arbeit aufgenommen. Alle nationalen Vereinigungen der HOTREC haben grosses Interesse an dieser Arbeitsgruppe und haben bereits zu ihrer Arbeit beigetragen. Wie bereits erwähnt, war einer der ersten Beschlüsse der Task Force, das neue Phänomen "Schattenhotellerie" zu nennen.
Die Arbeitsgruppe, die auf die Mitarbeit von Repräsentanten aus beinahe allen Ländern Europas zählt, analysierte zunächst die Lage in Europa, um sich ein detailliertes Bild der aktuellen Situation in den verschiedenen Ländern zu verschaffen, und alle Entscheidungen werden von den örtlichen Behörden umgesetzt.
HOTREC und seine Mitglieder überlegen weitere Schritte in dieser Angelegenheit. So wurde zum Beispiel aufbauend auf den Empfehlungen der Task Force ein Positionspapier über die Schattenhotellerie bei unserer Jahresversammlung in Riga vorgestellt.

Wie geht die HOTREC konkret mit diesem Phänomen um?

De Barrin: Die HOTREC sieht dieses Phänomen als einen innovativen Trend, der einerseits Touristen neue Unterkunftsmöglichkeiten eröffnet, aber andererseits auch viele neue Probleme aufwirft. Wir wollen im europäischen Tourismus einen einheitlichen Wettbewerb erreichen, da die Nichteinhaltung der Regelungen seitens der Schattenhotellerie zu einem Anstieg der Schattenwirtschaft führen und einen ungleichen Wettbewerb im Gastgewerbe bewirken könnte.
Der Ansatz unterscheidet sich von dem der Online-Reisebüros, die hauptsächlich Übernachtungen in Hotels und ähnlichen Einrichtungen anbieten, obgleich sie sich auch zunehmend den Einrichtungen der Schattenhotellerie zuwenden. Eine Angleichung der verschiedenen Modelle wäre wünschenswert.

Ist Ihnen bekannt, wie viele Einheiten bei Airbnb Privatanbietern gehören und wie viele zu gewerblichen Unternehmen?

De Barrin: Da es sich um ein sehr neues Phänomen handelt, verfügen wir leider noch nicht über derlei Informationen. In einigen Touristen-Destinationen Europas müssen Beherbergungsangebote registriert werden. Allerdings ist die Mehrheit der "Betten" auf diesen Vertriebsplattformen nicht aufgeführt. Es wurden Kontrollen eingeführt, um nachzuprüfen, ob diese Registrierungen erfolgt sind, aber die reichen nicht aus, um zu erfahren, um was für Einheiten es sich dabei handelt.

Gab es schon Beschwerden von anderen Hoteliers über dieses Phänomen und welche Destination empfindet sich am meisten "angegriffen"?

De Barrin: Die Schattenhotellerie wird oftmals nicht reguliert, wodurch sie gegenüber gewöhnlichen Hotelbetrieben, die in Übereinstimmung mit europäischen, nationalen oder lokalen Regelungen arbeiten, einen unfairen Wettbewerbsvorteil geniessen. Einrichtungen der Schattenhotellerie, die sich nicht an Regelungen halten, können darüber hinaus für Verbraucher, Anwohner und alle anderen Parteien im Tourismussektor ein Risiko darstellen, da sie ihre Rechte in einem solch unregulierten Markt eventuell nicht ausüben können.
Aus diesem Grund fordern Beherbergungsbetriebe einen ausgeglichen Wettbewerb in Europa, um Gästen wenigstens ein Mindestmass an Schutz zu gewährleisten und den Markt-Teilnehmern einen fairen Wettbewerb im Tourismus zu garantieren.
Die rasante Entwicklung dieses Markts "fördert" die Ausweitung der Schattenwirtschaft in ganz Europa, da sowohl die Anbieter der Schattenhotellerie als auch die Vertreiber solcher Angebote nicht an finanzielle Bedingungen gebunden sind. Diese Situation sollte von den öffentlichen Behörden geändert werden. Airbnb ist ein wachsender Markt in ganz Europa, insbesondere in den grossen Tourismusdestinationen wie Griechenland, Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland usw.

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Airbnb sagt, man fülle lediglich die in vielen Destinationen fehlenden Zimmer auf. Stimmen sie darin überein?

De Barrin: Das Wachstum der Online-Plattformen, auf denen Einrichtungen der Schattenhotellerie angeboten werden, unterscheidet sich stark zwischen Grossstadt, Küste, Land und grosser Tourismusdestination. Es kann sein, dass diese Art von Online-Plattformen in manchen Fällen tatsächlich dazu beitragen, fehlende Zimmer zu ergänzen. In der Mehrheit der Fälle bietet die Hotelbranche jedoch eine für den Tourismus ausreichende Anzahl von Zimmern.

In Amsterdam führt Airbnb 6.000 Zimmer, von denen die meisten im Stadtzentrum liegen. Stehen diese Zimmer im Wettbewerb mit klassischen Hotels oder ziehen sie stattdessen neue Touristen an?

De Barrin: Wir sind der Überzeugung, dass zu einem geringen Anteil neue Touristen, die speziell nach solchen Unterkünften suchen, angezogen werden, wohingegen der Hauptteil im Wettbewerb mit Hotels steht. Unterkunftsangebote jenseits klassischer Hotels hat es schon immer gegeben, beispielsweise in der Form von Pensionen, weshalb Touristen, die nicht nach Hotels suchen, bereits andere Unterkünfte gefunden haben könnten.

P2P-Unternehmen wie Airbnb haben ihre Zentrale in den USA und Tochtergesellschaften in der Schweiz oder in Irland, wo sie auf ihre Umsätze keine Steuern zahlen müssen. Kann die HOTREC ihre Stimme erheben und dafür sorgen, dass sich auf europäischer Ebene etwas ändert?

De Barrin: Innerhalb der HOTREC herrscht die einhellige Meinung, dass es das Leben der Hoteliers definitiv nicht erleichtert, wenn im Wettbewerb stehende Märkte von unfairen Steuervorteilen profitieren und damit dank der Mehreinnahmen ihre Dienste zu attraktiveren Preisen anbieten können. Unfairness hinsichtlich der steuerlichen Pflichten solcher Plattformen und ihrer Kunden gehören sicherlich zu den grössten Problemen.
Steuervermeidung fördert die Schattenwirtschaft, die nicht nur den legal operierenden Beherbergungsbetrieben schadet, sondern der ganzen Gesellschaft. Dies kann nicht im öffentlichen Interesse sein und deshalb müssen Lösungen gefunden werden, damit jede wirtschaftliche Tätigkeit in angemessener Weise ihren öffentlichen und finanziellen Pflichten nachkommt.

Ihre Zentrale ist in Brüssel. Wie können sie dort Politik und Lobbyisten für sich nutzen?

De Barrin: Indirekt gibt es einige europäische Gesetze, deren strikte Anwendung dazu beitragen könnte, ein paar der Probleme zu lösen. Die meisten Probleme treten jedoch auf lokaler bzw. nationaler Ebene auf. Die wachsende Schattenhotellerie bringt eine Vielzahl lokaler Probleme mit sich, beispielsweise hinsichtlich Wohnungsbau, Nachbarschaften, örtlicher Steuern usw., die nicht in Brüssel gelöst werden. Aus diesem Grund sind wir der Ansicht, dass in erster Linie auf lokaler Ebene Taten gefragt sind, um die ausser Kontrolle geratenen Umstände wieder geradezurücken.
In Brüssel liegt das Hauptziel der HOTREC darin, die Politiker auf die Probleme aufmerksam zu machen und einen gerechten Wettbewerb für den Beherbergungssektor zu fordern, soweit dies auf europäischer Bühne möglich ist.

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Einige Hoteliers sehen Airbnb nicht als Wettbewerber, sondern als Anreiz, noch besser zu werden. Was entgegnen Sie ihnen?

De Barrin: Hoteliers fühlen sich sicherlich in gewisser Weise gefordert, Markttrends besser im Blick zu haben und ihr Angebot nötigenfalls an die veränderte Nachfrage anzupassen, um weiterhin steigende Gästezahlen aufzuweisen. Es kommt darauf an, dass sich die Angebote der verschiedenen Arten von Beherbergungsanbietern unterscheiden, weshalb jedes Segment seine Berechtigung hat. Aber mit der Erweiterung des Beherbergungsangebots wird hochwertiger Service zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil. Alles in allem führt das Streben nach immer besserem Service, dem sich unsere Branche verschrieben hat, zu verbesserter Wettbewerbsfähigkeit.

Stehen Sie in Kontakt mit P2P-Anbietern wie Airbnb? Oder haben Sie es versucht?

De Barrin: Wir pflegen keinen offiziellen Kontakt zu diesen Anbietern.

Bedeutet die Sharing Economy im Hotelgewerbe das Ende der klassischen Hotellerie?

De Barrin: Das ist definitiv nicht der Fall. Es ist ausserdem problematisch, dieses Phänomen als Sharing Economy zu bezeichnen, da es sich faktisch zu einer rein geschäftlich orientierten Aktivität entwickelt hat, insbesondere seitens der Vermittler, aber auch aufseiten der Immobilien-Eigentümer. In vielen Fällen geht es nicht ums Teilen des Teilens wegen, sondern ums Geldverdienen.
Man könnte fragen, ob das noch das Gleiche ist, was die Leute unter Sharing Economy verstehen. Aber unabhängig davon, wie dieser Trend auch genannt wird, das Ende der klassischen Hotels läutet er nicht ein, da die Nachfrage nach klassischen Hotels und deren Service nach wie vor ungebrochen ist. Manche Hotels jedoch werden unter Umständen ihr Geschäftskonzept überdenken, um an die Schattenhotellerie verloren gegangene Gäste wieder zurückzugewinnen.

Gäste von Airbnb bezahlen keine Tourismusgebühren, die Hoteliers hingegen im Auftrag der jeweiligen Stadt einsammeln. Das bedeutet für Amsterdam zwei Millionen Euro weniger Einnahmen in diesem Jahr – um nur ein Beispiel zu nennen. Bauen Sie auf die Hilfe durch die Städte, wenn es darum geht, der Schattenhotellerie Einhalt zu gebieten?

De Barrin: Wir fordern lediglich die gleiche Behandlung aller Arten von Touristen-Unterbringung, besonders wenn es um finanzielle Pflichten geht. Tourismus-Steuern gehören dazu. Sie wird nur in manchen Ländern erhoben, aber auch die Vermeidung von anderen allgemeinen finanziellen Verpflichtungen fördert die Schattenwirtschaft, hält den öffentlichen Kassen gesetzliche Einnahmen vor und schadet daher der Gesellschaft als Ganzes. Ganz zu schweigen von dem unrechtmässig gewonnenen Wettbewerbsvorteil bei der Touristen-Unterbringung. Als Folge müssen wir die Aufmerksamkeit der Behörden auf den Kampf gegen den schwarzen Teil dieser Wirtschaft lenken.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Das Interview führte Sarah Douag.

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