Tunesien nach dem jüngsten Anschlag Regierung unterstützt Tourismussektor
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Tunesien nach dem jüngsten Anschlag: Regierung unterstützt Tourismussektor

Tunis. Nur drei Monate nach dem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis, bei dem 21 Menschen erschossen wurden, fällt Tunesien erneut einem Terroranschlag zum Opfer. Wird der tunesische Tourismus diesen zweiten grauenvollen Terroranschlag überleben? Die Sicherheit wurde erhöht und die Regierung unterstützt die Branche bereits mit speziellen Massnahmen.

Diesmal hatte es der Angreifer, ein 21jähriger Student aus Kairouan, der in Libyen ausgebildet worden war, auf Touristen am Strand und am Pool des RIU Imperial Marhaba in Sousse abgesehen. Letzten Freitag erschoss er 38 Menschen, unter den Opfern befanden sich 30 Briten sowie Deutsche, Belgier und Schweizer. Weitere 39 Menschen wurden während dieser Tragödie verletzt. Sousse, 150 km südlich von Tunis gelegen, gehört zu den beliebtesten Strandresorts Tunesiens.

Am Tag des Angriffs kehrt ein Flug von JetAir, Teil der TUI-Gruppe, "aufgrund des aktuellen Terroranschlags in Tunesien" nach Brüssel zurück. Mehrere Airlines folgten dem Beispiel, bevor Reiseanbieter in ganz Europa Reisen nach Tunesien bis auf Weiteres aussetzen. Grosse Reiseanbieter in Grossbritannien wie beispielsweise Thomson und First Choice organisierten die Evakuierung von über 4.000 britischen Urlaubern. Nach dem Anschlag haben viele Touristen Tunesien fluchtartig verlassen. Die Angst vor einem weiteren Anschlag ist einer der Gründe, weshalb über 8.000 britische Touristen seit letztem Freitag dem Land den Rücken gekehrt haben. Laut der Association of British Travel Agents machten 20.000 britische Besucher vor dem Anschlag Urlaub in Tunesien.

1.000 zusätzliche Polizisten für die Sicherheit

Einige Besucher haben sich jedoch entschlossen, ihren Urlaub wie geplant fortzusetzen und somit dem Angriff zu trotzen. Auf ihrer Website haben die spanischen RIU Hotels & Resorts bestätigt, dass "rund 50 Gäste geblieben sind, um ihren Urlaub wie geplant in Tunesien fortzusetzen, obwohl die meisten Gäste bereits in ihre Heimat zurückgekehrt sind". RIU betreibt aktuell zehn Häuser in Tunesien. Alle befinden sich an Schlüssel-Standorten wie Hammamet, Djerba, Mahdia und Port el Kantaoui, wo der Terroranschlag auf das RIU Imperial Marhaba, ein All-inclusive-Hotel mit 5 Sternen, verübt worden war.

Diese Woche sind bereits neue Touristen beim Check-in den Hotels in Sousse beobachtet worden. Ein vom "The Guardian" veröffentlichtes Video zeigte eine Busladung Touristen aus Tschechien, die an einem Resort ankamen, das nur wenige Meter vom RIU Marhaba entfernt liegt. "Sie wollten ihren Urlaub nicht stornieren", so die Sprecherin eines tschechischen Reiseanbieters. "Die Sicherheit wurde erhöht und sie wurden angewiesen, am Pool zu bleiben und die belebten Strassen der Medina zu meiden. Abgesehen davon ist es ein ganz normaler Urlaub", fügt die Sprecherin hinzu. Die Sicherheits-Vorkehrungen entlang der Küste sind tatsächlich intensiviert worden. Seit dem 1. Juli halten sich 1.000 zusätzliche bewaffnete Polizisten an Stränden, in der Nähe von Hotels und an Touristen-Attraktionen auf, um die Touristenpolizei zu unterstützen. Reicht das aus, um die Saison zu retten? Wahrscheinlich nicht.

Massenweise Stornierungen

Bei den europäischen Reiseanbietern türmen sich die Stornierungen, da die Reisenden um ihre Sicherheit besorgt sind. In Frankreich, einem der wichtigsten Quellmärkte Tunesiens, hat René Marc Chikli, Präsident des französischen Reiseveranstalter-Verbands, darauf hingewiesen, dass 80 Prozent der Buchungen nach Tunesien storniert worden sind. "Die Leute haben ihren Urlaub einfach storniert oder umgebucht."

Der MICE-Sektor ist ebenfalls betroffen. Direkt nach dem Anschlag hat die Pan-African Society of Cardiology ihren Kongress abgesagt, der ursprünglich für Oktober in Yasmine Hammamet geplant war. Ohne Zweifel werden viele andere diesem Beispiel folgen. Diese schlechten Nachrichten tragen nicht wirklich zur Beruhigung der Hoteliers vor Ort bei, die auf einen guten Sommer gehofft hatten, um finanziell genügend Luft zu haben.

Der Anschlag im März in Tunis hatte bereits folgenschwere Auswirkungen auf die Belegungszahlen im ganzen Land. Im April gingen die Zahlen um 8 Prozent zurück und im Mai um 7,6 Prozent. Auch der RevPAR fiel laut MKG Hospitality in Paris im April um 15,8 Prozent und im Mai um 12,9 Prozent. Senior-Analysten bei Euromonitor International sagten, "zunehmende Zahlen beim Tourismus hängen stark von der Sicherheit und Stabilität Tunesiens ab und Reisende werden das Land wahrscheinlich kurz- und mittelfristig meiden". 2014 kamen lediglich etwas über sechs Millionen Touristen nach Tunesien, was 3 Prozent weniger war als im Vorjahr und 12 Prozent weniger als die nahezu sieben Millionen Besucher, die 2010 kamen.

Aussergewöhnliche finanzielle Massnahmen

Der Tourismussektor, eine Säule der Wirtschaft vor Ort, macht 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus und bietet eine Million Arbeitsplätze. Deshalb wurden aussergewöhnliche Massnahmen ergriffen, um zu retten, was noch zu retten ist. Letzten Montag hat die tunesische Tourismus-Ministerin Selma Elloumi-Rekik die Umsetzung aussergewöhnlicher wirtschaftlicher Massnahmen angekündigt, um dem Tourismussektor zu helfen.

Alle von den beiden Terrorismus-Anschlägen betroffenen Unternehmen können von diesen Massnahmen profitieren. Hoteliers können die Rückzahlung ihrer Kredite beispielsweise verschieben und erhalten neue Kredite zu sehr niedrigen Zinsen. Die Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen im Tourismusbereich wird ebenfalls von 12 auf 8 Prozent gesenkt. Die Ministerin möchte Hoteliers finanziell unter die Arme greifen, die ihre Mitarbeiter nicht entlassen.

Auf der anderen Seite bietet die Regierung auf Flüge und Schiffsreisen einen Rabatt von 30 Prozent, um die tunesische Diaspora zu überzeugen, ihre Pläne für den Sommerurlaub beizubehalten. 50 Prozent dieses Rabattes trägt der Staat, der Rest wird von Tunisair und La Compagnie Tunisienne de Navigation übernommen.

Visa bei Ankunft

Tunesien verlässt sich darauf, dass die eigenen Leute zu Besuch ins Land kommen, sowie auch weitere Nationalitäten. Chinesen, Japaner und Jordanier erhalten ihr Visum beispielsweise bei Ankunft. Besucher aus Ländern wie Angola, Botswana, Burkina Faso, Zypern und Kasachstan müssen kein Visum beantragen. Russland ist davon ebenfalls befreit. Schon bald fliegt eine tunesische Delegation nach Moskau, um den dortigen Behörden den Vorschlag zu unterbreiten, dass russische Urlauber in Tunesien mit Rubel bezahlen können. Verzweifelte Massnahmen in einer verzweifelten Situation.

Als wichtige Destination für die europäischen Märkte stellte Tunesien für viele Hotelgruppen schon immer ein Land der Möglichkeiten dar, wie beispielsweise für Moevenpick, Accor, Club Med, Sheraton, Golden Tulip, Rezidor, etc. / SD

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