Versteckte Hinweise zählen nicht BAG Urteil Schwerbehinderte Bewerber müssen korrekt vorgehen
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Versteckte Hinweise zählen nicht

BAG-Urteil: Schwerbehinderte Bewerber müssen korrekt vorgehen

Offenbach. Ein schwerbehinderter Mensch bewirbt sich bei einem Unternehmen zweimal: Beim ersten Mal weist aber explizit auf diese Schwerbehinderung hin, beim zweiten Mal versteckt in den Unterlagen. In beiden Fällen erhält der Bewerber die angestrebte Position nicht. Kann er nun wegen Diskriminierung klagen? Damit hatte sich der 8. Senat des deutschen Bundesarbeitsgerichts auseinanderzusetzen.

Der Kläger in diesem Verfahren ist ein schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50. Er hatte sich bei einem Unternehmen erstmalig beworben, hatte dabei auf seine Schwerbehinderung hingewiesen und damit auch die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen eingehalten. Die Bewerbung verlief erfolglos, eingestellt wurde letztlich ein anderer Bewerber für diese Position.

Einige Zeit später bewarb sich der Kläger erneut bei dem gleichen Unternehmen, wies aber weder in seinem Bewerbungsschreiben noch in seinem Lebenslauf auf die Schwerbehinderung hin. Lediglich in einem 29seitigen Anlagen-Konvolut war als Blatt 24 eine Fotokopie des Schwerbehinderten-Ausweises beigefügt. Auch diese Bewerbung scheiterte, ohne dass das Unternehmen den Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte oder die Schwerbehinderten-Vertretung beteiligt wurde. Dies sahen sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht in den Vorinstanzen als eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung an.

Bewerber muss sich für einen Weg entscheiden

Dies sah der 8. Senat des BAG jedoch anders. Das Gericht argumentierte, dass ein schwerbehinderter Mensch bei seiner Bewerbung den besonderen Schutz und die Förderung nach dem SGB IX in Anspruch nehmen will – und damit also die Eigenschaft, schwerbehindert zu sein, grundsätzlich im Bewerbungsschreiben mitteilen muss. Eine solche Mitteilung habe dabei grundsätzlich bei jeder Bewerbung zu erfolgen. Auf Erklärungen bei früheren Bewerbungen könne nicht abgestellt werden.

Neben der Angabe der Schwerbehinderung im Bewerbungsschreiben sieht der Senat auch eine Angabe im Lebenslauf als ausreichend an, verlangt dafür jedoch eine deutliche Hervorhebung dieser Angabe. Unauffällige Informationen oder eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehinderten-Ausweises sieht das BAG dagegen nicht als ausreichend an.

Den Hinweis auf die Schwerbehinderung im ersten Bewerbungsverfahren verwarf das Gericht: Es zähle einzig die Tatsache der Schwerbehinderten-Eigenschaft im Zeitpunkt der Bewerbung und nicht zu einem früheren Zeitpunkt. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber aus datenschutzrechtlichen Gründen Bewerberdaten nicht unbegrenzt speichern dürfte, so dass ein Bewerber nicht davon ausgehen könne, dass frühere Bewerberdaten noch gespeichert sind. Auch liege es einzig und alleine in der Entscheidungsgewalt des schwerbehinderten Menschen, ob dieser im konkreten Fall sich auf eine Schwerbehinderung berufen möchte und diese im Bewerbungsprozedere berücksichtigt haben will oder nicht.

Dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist in vollem Umfang zu folgen. Insbesondere das letztgenannte Argument ist in besonderem Masse plausibel, denn niemandem kann ein Diskriminierungsschutz gegen seinen Willen aufgezwungen werden. / Joachim Jungbluth

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