Warten wirbeln hoffen Noch 8 Wochen bis Expo Mailand Nicht alles läuft rund
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Warten, wirbeln, hoffen

Noch 8 Wochen bis Expo Mailand: Nicht alles läuft rund

Italien hat den grössten Pavillon bei der Expo, die am 1. Mai in Mailand ihre Pforten öffnet.

Mailand. Die Expo in Mailand eröffnet am 1. Mai: Unter dem Thema "Feeding the Planet – Energy for Life" geht es um Ernährung, Nachhaltigkeit und Energie. Noch wird mit Hochdruck auf dem Ausstellungsgelände gearbeitet, doch einzelne Länder haben noch nicht einmal mit dem Bau ihres Pavillons begonnen. Erwartet werden mehr als 20 Millionen Besucher. Doch der Ticket-Verkauf schleppt sich immer noch. Bei den Unterkünften setzt man auch auf das Angebot im Umkreis von Mailand und die gute Erreichbarkeit von Städten wie Turin und Bologna. Aber es gibt auch einige Hotel-Neueröffnungen in der Stadt. Jetzt will man nur noch Wucherpreise verhindern. Ein Vorab-Besuch auf dem Expo-Gelände.

Die Arbeiten auf dem Gelände laufen auf Hochtouren. Seit Kurzem schuften die rund 4.800 Arbeiter in drei Schichten rund um die Uhr. 40 Kräne und 80 Bagger sind im Einsatz. Denn noch gleicht das 1,1 Millionen Quadratmeter grosse Gelände einer Riesenbaustelle. 1,3 Milliarden Euro gibt das krisengeschüttelte Italien für die Weltausstellung aus. 0,3 Milliarden steuert der private Sektor bei und rund eine Milliarde Euro investieren die Teilnehmer in ihre Pavillons und Angebote. Die Einnahmen sollen bei einer Milliarde Euro liegen, davon 500 Millionen aus dem Verkauf von 24 Millionen Tickets. Der Benefit für den Tourismussektor soll rund fünf Milliarden Euro betragen, und zudem soll die Expo mehr als 60.000 Jobs schaffen.

Doch Italien wäre nicht Italien, wenn alles glatt gelaufen wäre. So sorgten im vergangenen Jahr Skandale um Korruption und die Vergabe von Bauaufträgen an die Mafia für Wirbel, sieben Personen wurden verhaftet. Piero Galli ist dennoch zuversichtlich. "Wir werden es schaffen", so der General Manager der Event Management Division der Expo. Schliesslich waren die Italiener schon immer Meister im Improvisieren.

Ort für Diskussionen

Das Thema "Feeding the Planet – Energy for Life" ist Italien zumindest auf den Leib geschnitten. "Als wir das Thema 2006 vorgeschlagen haben, wussten wir noch nicht, wie wichtig und vielfältig es eigentlich ist", sagt Matteo Gatto, Director Visitor Experience and Exhibition Design. Zwei Milliarden Menschen auf der Welt litten an Hunger und genauso viele an Übergewicht. "Wir wollen, dass sich die Besucher die richtigen Fragen stellen", so Gatto. Es geht also nicht nur ums Essen, sondern auch Nachhaltigkeit, Nahrungssicherheit, erneuerbare Energien und Umweltschutz.

Direktor Piero Galli ist zuversichtlich, dass trotz diverser Skandale im Vorfeld die Expo ein voller Erfolg wird.Fotos: Schwertfeger 

Die Expo sei immer eine Ausstellung gewesen, auf der die Länder ihre Macht und Stärke präsentiert haben, erklärt Gatto. Diesmal soll das anders sein. "Wir mussten die Expo neu erfinden", erklärt der Direktor. "Wir wollen sie von einem Ausstellungsort zu einem Ort für Diskussionen und Treffen machen und das Thema in den Mittelpunkt stellen." Auch die 53 mit eigenen Pavillons vertretenen Länder sollen daher weniger Geld in ihre Pavillons und mehr in die Inhalte stecken. Zudem werde es die erste Expo sein, bei der die sozialen Medien eine wichtige Rolle spielen. So soll eine eigene App dem Besucher bei der Planung helfen. Das gesamte Gelände verfügt über einen kostenlosen Internet-Zugang.

Muster-Pavillon Deutschland

Das Expo-Gelände in Form eines Fisches wurde von fünf berühmten Architekten entworfen und liegt im Nordwesen der Stadt, sieben Kilometer oder 25 Minuten mit der Metro vom Domplatz entfernt und ist von einem 6,1 Kilometer langen Kanal umgeben. Die Anordnung der Pavillons folgt keinem System. Die USA sind neben Kuwait und schräg gegenüber dem Iran. Alle Pavillons grenzen an den 1,5 Kilometer langen Haupt-Boulevard Decumanos, benannt nach dem alten römischen Begriff für eine Ost-West-Achse. Er kreuzt mit dem Cardo, der Nord-Süd-Achse.

Um auch den Schwellenländern die Teilnahme zu ermöglichen, gibt es neun sogenannte Cluster zu einzelnen Themen wie Kaffe, Kakao oder Reis. 100 Millionen Euro hat die Expo dafür investiert. Im Pavillon Zero wird die Geschichte der Ernährung dargestellt und im Future Food District gibt es einen Supermarkt der Zukunft.

Nach Italien hat Deutschland mit knapp 5.000 Quadratmetern den grössten Länder-Pavillon. Unter dem Motto "Field of Ideas" werden Projekte, Initiativen und Forschung vorgestellt. "Unser Appell ist es, sorgsam mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen", sagt Marion Conrady, Pressesprecherin Deutscher Pavillon Expo Milano 2015. Dabei werde grosser Wert drauf gelegt, dass die Besucher selbst aktiv werden. So bekommt jeder Besucher ein neu entwickeltes SeedBoard, eine Projektionsfläche für Texte, Filme und Spiele, die er über mehrere Beamer und eine neue Software selbst steuern kann. Am Ende der Ausstellung landet er in der Show "Be(e) active", bei der er mit den Augen zweier Bienen einen Flug über Deutschland mit verfolgt, der wiederum durch die Reaktionen und Geräusche des Publikums gesteuert wird. Erwartet werden 16.000 Besucher am Tag. 58 Millionen Euro kostet dieser Expo Auftritt, für den es einen festen Posten im deutschen Haushalt gibt.

Matteo Gatto soll den Ausstellungs-schwerpunkt NachhaltigkeitNahrungs-sicherheit

China erhöhte Visa-Zahl

Doch längst nicht alle Länder sind so vorbildlich wie die Deutschen. So war am 19. Februar auf dem Grundstück des türkischen Pavillons noch keinerlei Bautätigkeit zu erkennen. Für die Länder-Pavillons sei die Expo nun mal nicht verantwortlich, so Expo-Manager Piero Galli. Das sei Sache der Länder und die Türkei sei dabei leider ein negatives Beispiel. Auffallend ist, dass die skandinavischen Länder fehlen. Auch Indien, mit 1,25 Milliarden Einwohnern nach China das bevölkerungsstärkste Land, ist nicht vertreten.

Grund ist wohl vor allem der diplomatische Zwist nach einem Vorfall im Jahr 2012, bei dem zwei italienische Soldaten zwei indische Fischer erschossen und die italienische Regierung Fluchthilfe leistete. Erst vor drei Monaten, als die aussenpolitischen Kanäle es wieder ermöglichten, habe man daher begonnen, in Indien für die Expo zu werben und sei auf ein riesiges Interesse gestossen, erzählt Manager Galli. "Die Leute haben uns die Bude eingerannt bei den Präsentationen."

Besser läuft es mit China. Dank Einsatz des Aussenministeriums habe China in diesem Jahr die Zahl der Visa von 280.000 pro Jahr auf eine Million pro Jahr erhöht und den Prozess beschleunigt. Allein Air China habe seine Flüge auf 14 pro Woche erhöht. 750.000 Chinesen sollen durch eine Vereinbarung von EXPO-Veranstalter Alessandro Rosso Group mit der chinesischen Boya Investment Consulting nach Mailand kommen. "Man muss die Expo als Chance für Europa sehen", betont Galli. Schliesslich kämen z.B. die Chinesen nicht allein wegen der Ausstellung nach Europa.

Drei Monate vor der Eröffnung habe man bereits acht Millionen Tickets und damit ein Drittel verkauft, wobei es dabei um den Verkauf an Vermittler oder Veranstalter und nicht um den Endkunden geht. Gerechnet wird mit über 20 Millionen Besuchern, davon 12 Millionen aus Italien. Der Expo-Manager schätzt, dass rund drei Millionen aus dem restlichen Europa und 1,4 Millionen Besucher aus Asien, inklusive China kommen.

In Lateinamerika habe man bereits 500.000 Tickets verkauft, 150.000 Tickets sind es in Bangladesch, 50.000 Tickets im Iran und 100.000 Tickets für die Golf-Region, allein 30.000 davon im Oman. In Russland wurde man dagegen erst 80.000 Tickets los. Das sei eine Geldfrage, so Expo-Manager Galli. "Die Russen fahren diesen Sommer wohl eher nach Sotchi." Der schleppende Ticket-Verkauf sorgt schon länger in Italien für Diskussionen.

Hotels sollen sich verpflichten

Dass es angesichts des erwarteten Besucher-Ansturms nur wenige neue Hotels in Mailand gibt, lässt Galli nicht gelten. Für die meisten Hotelgruppen sei Mailand der Standort Nummer 1, behauptet der Expo-Manager. So sei die Zahl der Hotelzimmer in Mailand gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent gestiegen, wobei die 4 Sterne-Häuser dominieren. Im Grossraum Mailand gebe es rund 64.000 Betten.

Deutschland hat mit knapp 5.000 Quadratmetern nach Italien den grössten Länder-Pavillon.Foto: Schmidhuber,  Milla & Partner

Aber schliesslich sei die Expo auch von anderen Städten schnell zu erreichen. Mit dem Hochgeschwindigkeitszug seien es 34 Minuten von Turin, 55 Minuten von Bologna oder 1,5 Stunden von Florenz. "Im Umkreis von einer Stunde Fahrtzeit gibt es rund 600.000 Betten", so Galli, der Mailand gut gerüstet sieht. Schon heute kämen zur Hochsaison rund 250.000 Besucher am Tag in die Stadt. Das entspreche der Einwohnerzahl von Messina, der achtgrössten Stadt Italiens.

Eine aktuelle und komplette Liste der neuen Hotels war nicht zu bekommen. Neu eröffnet haben das Luxushotel Palazzo Parigi mit 65 Zimmern, das Klima Hotel mit 115 Zimmern, das Accor-Hotel LaGare Gallery am Bahnhof sowie das Garden Inn Hilton am Flughafen Malpensa. Dazu kommen die luxuriösen Borgonuovo Uno Residence mit einigen Luxus-Appartments und das neue TownHouse Duomo mit 14 Luxussuiten. Geplant sind zudem die Eröffnungen eines Mandarin Oriental in der Via Monte di Pietà sowie die Wiedereröffnung des umfassend renovierten Excelsior Hotel Gallia, das zur Luxury Collection von Starwood Hotels & Resorts gehört.

Als Expo sei man nicht verantwortlich für die Hotels und könne ihnen auch nichts vorschreiben, sagt Expo-Manager Galli. Dennoch habe man viele Gespräche mit den Hotels geführt und sie auf eine akzeptable Preispolitik eingestimmt. "Wenn wir eine Messe haben, dann erhöhen sich die Preise bis aufs Drei- oder Vierfache", sagt Galli. Das sei schliesslich überall auf der Welt so. Aber für eine Expo sei das die falsche Politik. Denn bei einer Messe gehe es um das B2B-Geschäft und sie beschränkt sich auf ein paar Tage. Die Expo dauert dagegen sechs Monate und die Hotelgäste sind Privatkunden.

"300 Euro für ein 3 Sterne-Hotel zahlt da keiner", so der Manager. Bereits in der letzten Februar-Woche sollte daher eine von den Hotels unterschriebene Vereinbarung präsentiert werden, in dem sich die Hotels verpflichten, einige Regeln einzuhalten. Dazu gehören die Bereitstellung von Informationen über die Expo und der Einsatz Mitarbeitern mit Englisch-Kenntnissen sowie eine angemessene Preispolitik. Einzelheiten könne er noch nicht nennen, so Galli. Aber die Preiserhöhung solle weniger als das Doppelte betragen. Es bleibt spannend in Italien und in Mailand. / Bärbel Schwertfeger

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4.3.2015

Mailand. Die Nachfrage wächst, besonders in den neuen und aufstrebenden Märkten und die durchschnittliche Anzahl an Hotel-Übernachtungen nimmt zu... Aber die Expo 2015 in Mailand, Italien, bereitet allerdings auch immer mehr Menschen Kopfzerbrechen, die daran zurückdenken, was in London während der letzten Olympischen Sommerspiele geschehen ist. Die Angst vor überteuerten Zimmerpreisen hat zumindest einen Teil der traditionellen Besucher vor einem Aufenthalt in der britischen Hauptstadt zurückschrecken lassen. Italienische Tourismus-Akteure waren sich hinsichtlich der Expo Milan 2015 bei einem runden Tisch, der von der Università Bocconi und Skål International veranstaltet wurde, nicht einig. Die Vertreter der Reise- und Beherbergungs-Branche waren in Bezug auf die Weltausstellung grösstenteils optimistisch gestimmt, zeichneten jedoch ein weitaus facettenreicheres Bild auf, das nicht immer rosig war.

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