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Countdown für den Boom

Hotels in Singapur: Die Krise streift die Integrated Resorts

Singapur. Das magische Jahr für Singapur heisst 2010. Bis dahin sollen die neuen "Integrated Resorts" fertig gestellt werden und den Tourismus erneut anheizen. Aktuell gehen die Touristenzahlen zurück, und das Mega-Projekt Marina Bay Sands befindet sich im Strudel der Finanzkrise - soll aber nach Investorenwillen pünktlich fertiggestellt sein. Im März eröffnet das mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte Capella Hotel.

Ende 2007 verzeichnete Singapur noch sieben Prozent mehr touristische Ankünfte, und die positive Entwicklung setzte sich auch noch bis Juni dieses Jahres fort. Seitdem gehen die Zahlen zurück, im Schnitt zwischen -3 und -6% pro Monat. Doch das beschrieb Lim Neo Chian, CEO des Tourism Singapore Board, während der Pressekonferenz zur Eröffnung der ITB Asia Ende Oktober als "natürliche Entwicklung", die auch andere Regionen in Asien treffe. Der Tourismuschef gab sich vor drei Wochen noch sehr optimistisch: Er hofft auch 2008 noch auf zehn Millionen Besucher und ab 2010, nach Fertigstellung der Grossprojekte in der Stadt, auf den finalen Boom.

Die "Integrierten Resorts" Marina Bay Sands und die Resorts World at Sentosa auf Singapurs vorgelagerter Leisure-Insel sollen die touristische Nachfrage im Stadtstaat zum Explodieren bringen, so dass man bis zum Jahr 2015 mit 17 Millionen Besuchern und einem touristischen Umsatz von 30 Milliarden Singapore-Dollar rechnet.

Die Euphorie erhielt in den letzten Tagen einen Dämpfer: Hinter Marina Bay Sands steht der Amerikaner Sheldon Adelson, Gründer und Hauptaktionär der Las Vegas Sands Corporation - Betreiber des Venetian und Palazzo on the Strip in Las Vegas.

Sands baut zudem derzeit ein 675 Millionen Dollar teures Casino-Hotel in Pennsylvania sowie einen 600 Millionen Dollar teuren Condominium-Turm am Strip in Macau. In dem chinesischen Spielerparadies plante Las Vegas Sands bisher insgesamt 12 Milliarden USD zu investieren. Die Kosten für die "integrierten Resorts" von Singapur werden auf rund fünf Milliarden USD geschätzt. Am 7. November nun bekannte Sheldon Adelson, dass die Corporation vermutlich Insolvenz anmelden müsse, da sie 8,8 Milliarden Dollar langfristiger Verschuldung nicht bedienen könne. Sollte die Gesellschaft das erforderliche Kapital nicht auftreiben können, kündigte Las Vegas Sands in US-Medien schon letzte Woche an, so werde man Projekte aussetzen müssen.

Ein Modell von Singapore Marina Bay Sands.                                                         photos: map

Genau das soll jetzt geschehen - zugunsten von Singapur, wie Sands-Präsident und COO William P. Weidner am Dienstag dieser Woche bestätigte. In seinen Anmerkungen zu den Ergebnissen des 3. Quartals 2008 kündigte er die "deutliche Verlangsamung" und teilweise sogar eine Aussetzung der Projekte in Macau an.

Das eingesparte Kapital und die Development-Power wolle man für die "pünktliche Fertigstellung von Marina Bay Sands in Singapur und für Sands Bethlehem in Pennsylvania" verwenden. Im Falle finanzieller Schwierigkeiten erwarten Analysten ohnehin, dass die Singapurer Regierung über ihre eigene Holdinggesellschaft Temasek einspringt.

Die "Integrated Resorts" am Hafen von Singapur wachsen momentan also noch weiter. Das Adelson-Projekt wird das Stadtbild verändern: Nach seiner Fertigstellung wird das jetzt noch offene Hafenbecken geschlossen werden und sein Brackwasser durch Frischwasser ersetzt werden. Das dient der Steigerung der Lebensqualität, denn das Resort ist eine eigene, kleine Stadt. In drei Hoteltürmen entstehen über 2.600 Zimmer der Luxuskategorie. Sie sind im Schnitt 55 qm gross und werden nach derzeitigen Vorstellungen etwa 400 Singapur Dollar pro Nacht kosten.

Doch die Preise seien "konkurrenzfähig", relativiert Eric Liew, Senior Sales Manager bei Marina Bay Sands. Verbunden werden die Türme nicht nur ebenerdig, sondern auch in atemberaubender Höhe - durch einen sogenannten "Sky Park". In luftigen 250 Metern Höhe entfaltet sich dort auf einem Hektar Fläche eine tropische Oase mit gigantischen Infinity-Pools, mit Gärten, Restaurants und einem 360 Grad-Blick über ganz Singapur.

Alles, was in diesem neuen Hafenteil aus aufgeschüttetem Land entsteht, ist ein Superlativ: Die Shopping-Malls, die bis 23 Uhr und damit noch länger geöffnet haben werden als die Geschäfte jenseits der Bay; die vielen Restaurants, von denen einige als "floating crystal pavilions" im Wasser schwimmen werden; das 120.000 qm grosse Expo & Convention Centre, das in seinen Meeting-Räumen bis zu 45.000 Teilnehmer fassen kann; das mehrgeschossige Casino mit privaten Spielzimmern; das Artscience Museum, das die Form einer geöffneten Hand hat und sich nachts in ein Amphitheater mit Lightshow verwandelt; und schliesslich die beiden Theater mit über 4.000 Plätzen. "Es soll eine vibrierende Stadt werden", sagt Eric Liew, "eine Stadt für sich, die man gar nicht mehr verlassen will."

Die Baustelle am Fusse des Merlion: Hierentstehen die Sentosa Resorts.   

Der nächste Schwarm an Baukränen steht nicht weit weg, und der Sentosa-Besucher schwebt per Monorail momentan über die gewaltigen Erdbewegungen hinweg: Auf Sentosa Island, der Freizeitinsel der Singaporeaner, entstehen neue Wohn- und Freizeitwelten: Es beginnt mit "Sentosa Cove", einem exklusiven, 2 Millionen Euro teueren Areal für exklusive Residenzen direkt am Wasser - die Preise fallen seit Beginn der Finanzkrise bereits heftig - und setzt sich fort mit einer Marina und einem Luxushotel, das ab 2009 von Starwood betrieben werden soll.

Doch die regierungsnahe Sentosa Leisure Group, die den 6 Milliarden Euro umfassenden Masterplan für die Insel verantwortet, wird auch der breiten Masse noch neue Superlative bieten. Jetzt schon zähle man durchschnittlich 25.000 Besucher an einem durchschnittlichen Wochenende. Und sie können kaum etwas anderes tun als sich am Strand zu sonnen oder zu essen. Die Qualität des Wassers, so sagen Einheimische, lasse durch den benachbarten Frachthafen Baden kaum zu.

Alternativ ergötzt man sich an Indoor-Attraktionen - und davon kommen noch mehr, z.B. ein Surfer-Paradies mit drei Meter hohen Wellen, ein Hochseilgarten und ein Sky-Diving-Areal. Das Highlight schlechthin wird aber Asiens erster, etwa 2,8 Millionen Euro teurer Universal Studios Themenpark sein, der mitten in der "Resorts World at Sentosa" angesiedelt ist; ausserdem kommen das weltgrösste Ozeanarium und das erste "integrierte Destination Spa" unter dem Management der britischen Firma Espa dazu. 

Hinter dieser Resort-Welt verbirgt sich ein 3 Millionen Euro-Investment, dass als weltweit begehrenswertes Ziel für Familienurlaub vermarktet werden soll. Sechs Themenhotels, darunter ein Hard Rock Hotel, werden insgesamt 1.800 Zimmer bereit halten und sich mit den Attraktionen über 49 Hektar Land verteilen. Ein überdimensional grosses Modell auf der 1. ITB Asia zeigt die gewaltigen Ausmasse allein dieser Welt. Insgesamt wird auf Sentosa Island die Zahl der "Zimmer-Schlüssel" von derzeit 1.082 auf 4.000 im Jahre 2010 ansteigen - das ist fast eine Verdreifachung des Angebots. Insider haben Zweifel, ob alles termingerecht fertiggestellt werden kann. Die in die Höhe schnellenden Baukosten haben die Bauzeit bereits um mindestens sechs Monate verzögert, ist zu hören. Inwiefern einzelne Investoren von der derzeitigen Finanzkrise betroffen sind, war nicht ausfindig zu machen.

Das neue Capella Singapore.

In Gesprächen über die Wandlung der Hotellerie in Singapur fällt momentan aber immer nur ein Name: Capella Singapore. Im März 2009 soll das "6 Sterne"-Hotel, wie es superlativ angekündigt wird, eröffnet. Das Management hat gerade der Deutsche Michael Luibl übernommen. Capella-CEO Horst Schulze hat die Erwartungen der Insider im Kleinstaat bereits hoch getrieben.

Das 111 Villen und Suiten grosse Resort, eingebettet in einen 12 Hektar-Park, liegt auf einer Anhöhe und schaut auf die Stadt und das Meer; es verschmilzt zwei koloniale Gebäude, bietet zwei Restaurants und das Capella-eigenen "Auriga"-Spa. Privatsphäre kann man zudem mieten: 60 Suiten und Bungalows stehen dafür nach dem "Residence"-Modell über einen Zeitraum von 20 Jahren zur Verfügung.

Für Hotelinsider in der Stadt liegt das Capella unterdessen "zu weit draussen" - auf der Insel -, um als ernsthafte Konkurrenz gefürchtet zu werden. Trotzdem: Erfüllt das Capella den Boutique-Charakter auf Edel-Niveau, den es verspricht, dann hat es gute Chancen, auch von den Singaporeanern als Hideaway vor der Haustür genutzt zu werden. Die meisten der bestehenden, namhaften Luxushotels in der Stadt entsprechen nicht mehr internationalen Top-Standards; einige bedürften einer dringenden Renovierung.

An die "guten alten Zeiten" Singapurs erinnert neben dem Raffles Hotel in seiner kolonialen Bauweise das Fullerton Hotel, platziert im mächtigen, alten Postgebäude der Stadt, das wie ein Denkmal vor den nüchternen Hochhausfassaden der Banken am Hafen steht. In seinem Inneren schaffte man nach einer 200  Millionen Euro teuren Renovierung im Jahre 2001 eine gelungene Verbindung von asiatischer Tradition und asiatischer Moderne. Das 400 Zimmer-Haus erhält Ende 2009 aber eine kleine "Boutique"-Schwester: ein 100 Zimmer-Design-Hotel, das in der Bucht vor dem Fullerton im See verankert werden wird.

Singapur kennt keine Grenzen, weder zu Land noch zu Wasser. Der Stadt und ihren Investoren kann allenfalls das Geld ausgehen. / Maria Pütz-Willems

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