Alles dreht sich um Korrelation Ein Interview mit Clinton Anderson President Sabre Hospitality Solutions
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Alles dreht sich um Korrelation

Ein Interview mit Clinton Anderson, President Sabre Hospitality Solutions

Big Data, Digitalisierung, Cloud, KI … Sabre will mit seiner Technologie das Reisen personalisieren.

Dallas/Berlin. "Wenn ich ein Angebot erhalte, das ich nicht brauche oder das mir nicht gefällt, ist es Spam und es stört mich. Aber wenn ich ein Angebot bekomme, das mir gefällt und das ich zu schätzen weiss, dann erleichtert es mir das Leben und ich habe ein schöneres Gäste-Erlebnis". Bei der ITB Berlin erklärte Clinton Anderson, President Sabre Hospitality Solutions, die Gedanken und Aktivitäten des Unternehmens bezüglich Cloud, KI und dem Einfluss, den es auf das Geschäft der Hoteliers hat. Beispielsweise der Vergleich des Shopping-Verhaltens eines Gastes in der Vergangenheit mit dem in der Gegenwart führt zu einer "privaten" Geschichte dieser Person und zu einem stärkeren Umsatz. Clinton Anderson ist überzeugt, dass nur das obere Drittel der Hoteliers bereit ist, den nächsten Schritt in der Digitalisierung und Personalisierung zu gehen. Der in Dallas ansässige Gigant Sabre ist ein 3,5-Milliarden-Dollar-Unternehmen, zu dem Sabre Hospitality 300 Millionen US-Dollar beiträgt.

Clinton Anderson kam vor drei Jahren zu Sabre und berichtete bei der Umsetzung der Strategie dem CEO des Unternehmens. Dieses Jahr übernahm er die Geschäfte von Sabre Hospitality Solutions und leitet die Teams weltweit. Davor arbeitete Anderson grösstenteils als Strategie-Berater. Sarah Douag traf sich für hospitalityInside.com mit dem Newcomer, halb Kanadier, halb Amerikaner, an der ITB in Berlin.

Was ist Ihr Haupt-Augenmerk als President von Sabre Hospitality?

Es gibt zwei wichtige Bereiche, auf die man sich an der Spitze von Sabre konzentrieren muss. Erstens gilt es dafür zu sorgen, dass wir die besten Produkte anbieten und damit meine ich Produkte, die stabil und sicher sind und die Funktionen haben, die ein Hotel heute braucht. Zweitens geht es um Innovation und Gedanken, wie die Leistungs-Fähigkeit gesteigert werden kann, die die Hotels in Zukunft benötigen.

Meiner Meinung nach dreht sich alles hauptsächlich um Personalisierung und was ich "den Einkauf der nächsten Generation" nenne. Durch unsere Systeme fliessen so viele Informationen, die uns einen Blickwinkel auf den Gast bieten und unser Ziel ist es, diese Informationen zu nutzen und mit unseren Kunden zu teilen, um bessere Angebote erstellen zu können, welche die Bedürfnisse der Reisenden erfüllen.

Clinton Anderson begrüsst die Gäste beim Empfang von Sabre in der US-Botschaft Berlin vor drei Wochen.

Wie würden Sie diese
Daten nutzen?

Wir denken, dass wir Informationen über die Gäste nutzen können, die entweder auf Inhalten aus ihrem Profil oder auf ihrem Shopping-Verhalten basieren oder sogar auf einigen persönlichen Daten. Das bedeutet, sich andere Personen anzusehen, die sich beim Einkaufen ähnlich verhalten und anhand deren Einkäufe darauf zu schliessen, was eine bestimmte Person kaufen würde. Das Sammeln dieser Daten ermöglicht uns, die Conversion für die Hotels zu steigern und ihren RevPAR zu erhöhen, aber ebenso ein besseres Gäste-Erlebnis zu schaffen. Am Ende des Tages sind wir im Hospitality Business unerwegs und alles dreht sich um den Gast.

Ist Daten-Analyse für Ihr Unternehmen heute ein zentraler Punkt?

Sie ist sehr wichtig. Wir haben letztes Jahr ein neues Produkt entwickelt, die "SynXis Analytics Cloud". Dieses Cloud-basierte Daten- und Analyse-Produkt betrachtet mithilfe Künstlicher Intelligenz Preise, optimiert diese, erfasst Daten zur Reise usw… Es wird eine wichtige Rolle spielen, wenn wir das zukünftige Produkt mit dem matchen, was wir heute haben.

Was bedeutet das genau?

Stellen Sie sich eine Buchungsmaschine oder einen Sprach-Assistenten vor, der einige der Analysen verbindet und eine Art Basis-KI schafft, die sehr schnell zu gewissen Annahmen kommt, die Analyse abschliesst und Empfehlungen unterbreitet. Das Produkt eignet sich gut für grosse Hotel-Ketten, aber auch kleine Hotel-Ketten können davon profitieren, da sie nun ebenfalls komplexe Analysen durchführen können, die sie früher viel Geld gekostet hätten.

Sie haben persönliche Daten erwähnt, wie bereiten Sie sich auf die Datenschutz-Grundverordnung vor?

Die DSGVO war unserem Unternehmen schon immer sehr wichtig. Wir stellen immer sicher, dass die Privatsphäre aller Reisenden geschützt ist. Wir sind der Meinung, dass wir aufgrund von anonymisiertem Basis-Wissen das Verhalten sehen, die zugrunde liegenden Muster erkennen und aufgrund dessen Empfehlungen aussprechen können. In einigen Fällen sind die Personen damit einverstanden, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, um ein besseres Angebot zu erhalten, und oftmals ist dies mit einem Loyalty Programm verbunden.

Wie gewinnen Sie Daten?

Zunächst einmal geht es darum, die grundlegenden Shopping-Muster in den Buchungsmaschinen zu verstehen in Kombination mit Erkenntnissen von OTA-Kanälen und den globalen Distributions-Systemen. Phase drei wäre Daten aus den sozialen Medien zu gewinnen, aber damit haben wir noch nicht begonnen. Wir haben gerade erst eine Partnerschaft mit Cendyn bekannt gegeben, um auf deren Fähigkeiten im Customer Relationship-Management zurückzugreifen. Dadurch können wir mit Hotels arbeiten und das Loyalty- und Customer Relationship-Management mit einbeziehen, um diese Informationen ebenfalls in unsere Angebote mit einfliessen zu lassen.

Aus dem Kaufverhalten der Hotelgäste lassen sich massgeschneiderte Angebote ableiten.Fotos: Sabre

Was ist mit Kreditkarten-Anbietern?

Wir haben in der Vergangenheit bereits mit Visa, Mastercard und American Express über deren Daten gesprochen. Sie haben häufig Informationen über weiter zurückliegende Einkäufe und somit sehr interessante Einblicke über eine bestimmte Person. Sie sagen, sie können häufig voraussagen, wenn jemand heiraten will, ohne dass der Heiratsantrag gemacht wurde. Das ist erschreckend.

Mein traditioneller Ansatz der Daten-Analyse ist es, eine Hypothese zu haben und dann die Daten zu analysieren und zu fragen, warum jemand etwas tut. Wenn man über Big Data und Analytik verfügt, spielt das Warum keine Rolle mehr. Man blickt nur noch auf die Zusammenhänge und sagt, wenn A, dann B. Man muss aber nicht wissen, warum B.

Wenn ich als Hotelier weiss, dass dieser Gäste-Typ diese Art von Zimmer oder Service im Zimmer bevorzugt, dann kann ich ihm ein Angebot unterbreiten und davon ausgehen, dass er es schätzen wird. Das hat zwei Vorteile. In der Vergangenheit hat sich der Gedanke des Verkaufens der, per Definition dem Kunden das richtige Produkt und den richtigen Service anzubieten. Das war etwas Separates, etwas entfernt vom Gast-Erlebnis. Aber wenn wir die Dinge richtig anpacken, können wir sicher auch das andere stärken.

Wie denn?

Wenn ich ein Angebot erhalte, das ich nicht brauche oder das mir nicht gefällt, ist es Spam und es stört mich. Aber wenn ich ein Angebot bekomme, das mir gefällt und das ich zu schätzen weiss, dann erleichtert es mir das Leben und ich habe ein schöneres Gast-Erlebnis. Wenn beispielsweise eine sechsköpfige Familie zwei Condominiums in Mexiko bucht und alle denselben Namen haben, kann man davon ausgehen, dass es ich um eine Leisure-Reise handelt und dass diese Familie zusätzlichen Service brauchen könnte, z.B. beim Transport.

Wenn Hoteliers in den Buchungskanälen Zugriff auf all diese Informationen haben, können sie den Gästen das Leben proaktiv erleichtern. Ich denke, dass diese Verbindung zwischen den Angeboten ein echter Vorteil für die Hoteliers sein wird. Erstens verbessert dies die Qualität des Erlebnisses. Und zweitens haben Hoteliers mehr Verkaufsmöglichkeiten und können Geld mit neuen Dingen verdienen.

Wie können Hoteliers Personalisierung für ein besseres Gast-Erlebnis nutzen?

Diese Frage höre ich von CEOs weltweit, die wissen wollen, wie man diese nächste Generation entwickeln kann, die die Fähigkeiten des Einzelhandels mit ihren heutigen Systemen funktionieren lässt. Das ist wohl eine der grössten Herausforderungen, vor der wir stehen: Wie lässt sich die Realität von heute mit den Möglichkeiten von morgen verbinden? Das ist eine Gleichung, die wir noch lösen müssen.

Wie lange dauert es noch, bis Personalisierung beherrscht wird?

Wir konnten beobachten, wie die Digitalisierung in den letzten 10 bis 15 Jahren unser Leben verändert hat und wie wir Daten nutzen können, um das Leben zu verbessern. Ich denke, in den nächsten 10 bis 15 Jahren werden wir diese Art von Revolution erleben, aber ich persönlich konzentriere mich lieber auf die nächsten drei bis fünf Jahre.

Was können wir jetzt tun? Meiner Meinung nach geht es darum, das Konzept einer Reise und die grundlegen Vorlieben der Gäste zu verstehen, denn aktuell haben die meisten Hotels Probleme damit. Wenn ich mit meinem CEO nach Paris reise, bin ich nicht an einem Paar-Angebot im Spa interessiert, oder?

Candlelight-Dinner oder Geschäftsessen? Die Herausforderung ist, den Unterschied zu kennen.Foto: IHK Kilian

Wie lassen sich diese Fehler vermeiden?

Es geht darum, alle Gelegenheiten zu ergreifen, den zukünftigen Gast am Anfang des Buchungs-Prozesses besser kennenzulernen. Wenn ein Hotelier den Kontext kennt, dann kann er seinem Angebot kleine Dinge hinzufügen, eine persönliche Verbindung herstellen und für ein persönliches Erlebnis sorgen, was letztendlich die Umsatz-Chancen erhöht.

Damit lässt sie die Anzahl der Direkt-Buchungen sicherlich auch erhöhen, oder?

Absolut. Wenn ein Hotel auf seiner Marken-Website einzigartige Angebote für mich erstellt, finde ich das toll. Dieses Jahr werden wir ein neues Produkt namens "Guest Experience" einführen, was im Grunde genommen Informationen über Gäste bereitstellt. Wenn Sie sich im Rahmen der DSGVO beispielsweise bereit erklärt haben, Daten zu teilen, und Sie auch ein Loyalty-Mitglied sind, kann ich Ihr Hotel-Profil dort sehen. Wenn Sie nicht zugestimmt haben, können wir trotzdem einige grundlegenden Shopping-Informationen teilen, bei denen es sich nicht um persönliche Informationen handelt, sondern eher um Ihr Verhalten im Laufe des Shopping-Prozesses. So können wir auf Echtzeit-Basis einzigartige Pakte erstellen, die wir auf einer Website anbieten.

Womit beschäftigen Sie sich noch?

Wir können anfangen, mit den CRM-Daten zu arbeiten, die es heute gibt. Wir führen hier mit Cendyn und drei anderen Partnern bereits umfangreiche Integrationen durch. Dank dieser Daten gewinnen wir Einblicke in das Internet-Kaufverhalten von Kunden. Zusätzlich haben wir langfristig gesehen die Möglichkeit, auch soziale Medien zu integrieren. "Guest Experience" wurde entwickelt, um alle Informationen über einen Gast an einem Ort zu bündeln. Für Hoteliers ist es heute sehr frustrierend, an mehreren Orten nach Daten über einen Gast zu suchen.

Denken Sie, dass die Hoteliers bereit dafür sind?

Nicht alle. Die Umstellung wird wie immer erfolgen, wobei diejenigen, die sich früh umstellen, uns zwei Jahre lang nicht nur darum bitten, sondern vielmehr in den Ohren liegen werden. Ich denke, das obere Drittel ist jetzt schon bereit, das zweite Drittel im Markt dann in zwei bis drei Jahren und der Rest erkennt nicht, wie wichtig unsere Technologie für ihr für ihr Unternehmen sein kann.

Wie wichtig ist das Erlebnis vor und nach der Buchung geworden?

Heute müssen wir die gesamte Reise im Blick behalten und hier kann unsere Technologie helfen. In der Vergangenheit wussten Hotels vor der Ankunft des Gastes kaum etwas über ihn und nach der Abreise gab es kaum weitere Interaktion. Dank der Technologie sind wir heute in der Lage, einen schnellen Zugang über Mobil-Geräte zu erhalten und sogar dann eine digitale Verbindung herzustellen, wen jemand zurück ist und sich seinen nächsten Trip vorstellt.

Hier fängt alles an. Bei Sabre, einem Airline-, GDS-Vertriebs- und Hotel-Unternehmen, tragen wir Daten aus allen Quellen zusammen und versuchen, Schnittstellen in der gesamten Customer Journey herzustellen. In 60 Prozent der Fälle buchen Kunden ihr Flugticket, bevor sie ein Hotel buchen. Als Hotel-Kette oder Boutique-Hotel wäre ich daran interessiert, diese Daten zu erhalten, um mein Haus an der Destination dann vermarkten zu können.

Alle Gäste-Informationen werden in einer einzigen Anwendung zusammengeführt.Foto: violetkaipa - Fotolia

Gibt es neue Produkte, die den Prozess erleichtern?

Ja, wir haben dieses Jahr zwei neue Produkte herausgebracht: Eine Buchungsmaschine der nächsten Generation, die unsere letzte um 10 Prozent übertrifft, und eine Sprach-Erkennung, die in die Cloud integriert ist und auf Mikro-Services basiert. Sie ist skalierbar und kann in viele unserer bereits bestehenden Produkte integriert werden.

Die Cloud ist heute sehr wichtig und wir investieren sehr viel in sie. Durchschnittlich investieren wir 40 bis 60 Millionen US-Dollar in Innovationen und mindestens ebenso viel in Wartungs- und Technologie-Kosten. Letztes Jahr hat Sabre alleine 100 Millionen Dollar für Cyber-Sicherheit ausgegeben.

Diese ganzen Investitionen haben uns ermöglicht, in den letzten fünf Jahren unsere Preise jährlich zu senken. Da wir mehr Kunden haben können wir die Kosten breiter streuen. Und wir haben noch einen weiteren Vorteil: Sabre ist ein 3,5 Milliarden Dollar-Unternehmen und Sabre Hospitality ein 300 Millionen Dollar-Unternehmen. Als Teil des Mutterkonzerns Sabre nutzen wir viele Dinge, die wir uns normalerweise nicht leisten könnten.

Welche Vision hat Sabre Hospitality für die Zukunft?

Eine Conversion aus dem direkten Kanal verhilft unseren Kunden zu einer gewissen Vertriebs-Reichweite. Es ist die Analytik und letztlich natürlich die gleiche Fähigkeit, es nach unten in die PMS hineinzugeben, damit die Person am Front Desk das Versprechen, das ihm bei der Buchung gegeben wurde, auch liefern und einhalten kann. Für uns kommen alle vier Aspekte an einer Schnittstelle zusammen und wir wollen Zugriff auf die Daten haben, die wir in allen Häusern gewinnen. So stellen wir uns die Zukunft vor.

Wir haben bereits rund zwei Drittel dieses Weges zurückgelegt und fühlen uns deshalb inzwischen in der Lage, auch Hotels zu helfen. Uns ist bewusst, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren viele weitere Innovationen auf den Markt kommen werden. Deshalb sorgen wir dafür, unseren Kunden die richtige Technologie zu bieten, mit deren Hilfe sie ihre Profitabilität in allen Vertriebs-Kanälen und allen Schnittstellen mit den Kunden maximieren können.

Zahlen sich diese Anstrengungen bereits aus?

Ja. Unser Unternehmen wächst jährlich rund 15 Prozent und wir sind zweieinhalb Mal so gross wie unser zweiter Konkurrent hinsichtlich Vertrieb und Verkauf. Wir sind grösser als unsere Konkurrenz in allen Märkten weltweit. Was wir tun, funktioniert, aber wir wissen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt.

Vielen Dank für Ihre Zeit, Clinton!

Das Interview führte Sarah Douag.

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