Bei Messe Absage zahlt das Hotel halb mit Deutschland Wegweisendes Urteil zu Stornierungen in der Pandemie
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Bei Messe-Absage zahlt das Hotel halb mit

Deutschland: Wegweisendes Urteil zu Stornierungen in der Pandemie

Geld weg nach der Messe-Absage? Das Gericht sagt Nein: Das Hotel muss die Hälfte der Kosten tragen.Foto:  unsplash mika baumeister 

München. Wer trägt bei Pandemie-bedingten Stornierungen von Hotelbuchungen das Risiko? Das OLG Köln hat sich als erstes Oberlandesgericht überhaupt mit dieser Frage beschäftigt und entschied: Der Kläger erhält nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage die Hälfte der Buchungskosten zurück.

In dem Streitfall hatte ein deutsches Unternehmen für einen im April 2020 geplanten Messebesuch mehrere Zimmer im Hotel der Beklagten gebucht und bereits im Voraus den vollständigen Preis bezahlt. Vertraglich konnte der Gast bis 2. Januar 2020 die Buchung kostenfrei stornieren; für spätere Stornierungen war eine Gebühr in Höhe von 90% des Buchungspreises fällig.

Dr. Christian Zerr.Foto: GvW

Dann kam das Virus. Ende Februar 2020 wurde die Messe wegen der sich weltweit ausbreitenden Corona-Pandemie abgesagt. Der Gast stornierte da-raufhin seine Buchung, noch bevor die gastgebende Stadt ihr Beherber-gungsverbot erliess – und verlangte die vollständigen Übernachtungskosten zurück. Das Hotel berief sich auf die vereinbarten Stornierungsbedingungen und erstattete ihm nur einen Teilbetrag in Höhe von 10%. Dagegen klagte der Hotelgast.

Hälftige Teilung des Risikos

Nachdem seine Klage in erster Instanz abgewiesen worden war, war die Berufung vor dem OLG Köln nun am 14.5.2021 teilweise erfolgreich und er erhielt nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage 50% der Buchungskosten zurück.

Nach Ansicht des OLG Köln ist dem Gast mit der Pandemie-bedingten Ab-sage der Messe ein unverändertes Festhalten am Vertrag aufgrund der be-sonderen Umstände des Streitfalls unzumutbar geworden. Das Gericht stützte seine Entscheidung dabei im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

> Das pandemiebedingt verwirklichte Risiko der Absage der Messe gehe über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Gastes deutlich hinaus und stehe ausserhalb des Risiko-Bereichs der Beteiligten.

> Es sei dem Gast zudem nicht zuzumuten, dieses Risiko alleine zu tragen. Denn die Massnahmen zur Verlangsamung des Pandemie-Geschehens durch Kontakt-Reduzierung dienten dem Gemeinwohl, das weder speziell durch das Verhalten des Gastes noch des Hotels gefährdet worden sei.

> Schliesslich wäre das Hotel wegen des späteren Beherbergungsverbotes ohnehin nicht in der Lage gewesen, die geschuldete Leistung – nämlich die Beherbergung des Gastes – zu erbringen. Hätte der Gast daher nicht vorher storniert, hätte das Hotel dann grundsätzlich überhaupt keinen Anspruch auf Zahlung der Hotelbuchung gehabt. Nur rein zufällig habe die Klägerin bereits vor dem Beherbergungsverbot die Buchung storniert.

> Das Gericht hielt eine hälftige Teilung des Risikos und damit der Buchungskosten für sachgerecht.

Claudia Ballabeni. Foto: thomasstraub de 

Fazit und Ausblick

Die Besonderheit in diesem Streitfall ist, dass der Gast bereits vor Erlass ei-nes Beherbergungsverbots die Buchung stornierte, so dass im Zeitpunkt der Stornierung die Erbringung der Beherbergungsleistung noch möglich war. Der Gast konnte seinen Rückzahlungsanspruch daher nicht auf dieses Argument stützen. Dies dürfte sich in vielen Fällen allerdings anders darstellen und folglich zu weiteren Fragen, abhängig von dem genauen Wortlaut und der Reichweite des jeweiligen Beherbergungsverbots, führen.

Dennoch wird die OLG-Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Er-wägungen zur Risikoteilung für künftige Entscheidungen von Bedeutung sein. Insbesondere hat das OLG Köln der Entscheidung des erstinstanzli-chen Gerichts eine klare Absage erteilt, dass die Absage der Messe allein in den Risiko-Bereich des Gastes falle und daher nicht Gegenstand der Ge-schäftsgrundlage sein könne.

Ein Blick in andere Urteile zum Wegfall der Geschäftsgrundlage zeigt: Sind Gerichte der Ansicht, dass keine Partei das Risiko alleine zu tragen hat, ten-dieren sie in den allermeisten Fällen zu einer hälftigen Teilung der Kosten. Das gilt es im Blick zu behalten, insbesondere auch im Hinblick auf eine gütliche Einigung im Vorfeld einer streitigen Auseinandersetzung.

Autoren dieses Gastbeitrags sind Dr. Christian Zerr und Claudia Ballabeni, Rechtsanwälte der Kanzlei GvW Graf von Westphalen, München.

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