Chaos Lockern sperren Urlaub erst im Sommer
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Chaos: Lockern, sperren, Urlaub erst im Sommer?

Berlin. Die Aussicht auf Lockerungen hat alle elektrisiert in Deutschland. Ein Buchungsboom zu Pfingsten aber zeichnet sich momentan noch nicht ab. Es gibt zu viele Einzel-Entscheidungen, viele Fragen von den Gästen und mal wieder unterschiedliche Meinungen aus der Politik. Schiebt sich alles nun Richtung Sommer? Es herrscht wieder mal Chaos.

Nach der angekündigten Öffnung für den Tourismus in Bayern ab 21. Mai ist ein Buchungsboom in oberbayerischen Urlaubsregionen zu Pfingsten bisher ausgeblieben. Das Interesse sei gross, es gebe aber noch Unsicherheiten, sagte der Geschäftsführer der Tourismusverbandes Oberbayern und München, Oswald Pehel, gegenüber dpa. "Wir sind dabei, Fragen zu sammeln und zu klären. Wir brauchen Antworten, vor allem was die Teststrategie betrifft."

Der Öffnungsschritt sei aber ein sehr wichtiges Signal. Hotels und Ferienwohnungen sollen ab dem 21. Mai Gäste empfangen dürfen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz stabil unter 100 liegt. "Unmittelbar nach der Pressekonferenz von Ministerpräsident Markus Söder sind die Telefone bei uns heiss gelaufen", sagte Pehel.

In Berchtesgaden hingegen verzeichnen die Touristiker Zurückhaltung. "Die Nachfrage für die Pfingstferien steigt eher langsam, da die Bedingungen für einen Urlaub in Bayern aktuell noch sehr vage sind," sagte der erste Vorsitzende des Zweckverbandes Bergerlebnis Berchtesgaden, Bartl Wimmer. "Viele Gäste und auch Gastgeber sind verunsichert, was passiert, wenn der Inzidenzwert über 100 steigt."

Fragen über Fragen, auch dazu, welche Bescheinigung Geimpfte und Genesene brauchten. Vielerorts ruhen die Hoffnungen nun auf dem Sommer.

Verzögern oder versprechen

Mut macht, dass das Land Brandenburg gestern meldete, dass seine Sieben-Tage-Inzidenz unter die 100er-Marke gefallen ist. So plant Brandenburg nun ab Pfingsten bei stabilem Trend zurückgehender Infektionszahlen voraussichtlich die Öffnung von Gaststätten, Sport, Kultur und Tourismus im Freien.

Verwirrung hingegen in Nordrhein-Westfalen. Dort korrigierte sich Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mal kurz: Er hat sich vertan, hatte irrtümlich die Gastronomie-Eröffnung ab der 100er Inzidenz in Aussicht gestellt. Dabei darf sie sich erst freuen, wenn die Inzidenz unter 50 fällt.

Die TUI, der grösste Reiseveranstalter der Welt, der ebenfalls dringend Umsatz braucht, macht unterdessen weiter gute Stimmung: Die geplanten stufenweisen Lockerungen im Deutschland-Tourismus könnten nach seiner Einschätzung noch rechtzeitig für eine stabile Sommersaison auch im Inland kommen. Wichtigste Urlaubsgegend hierzulande dürfte demnach 2021 wieder die Ostseeküste werden. In den touristischen Modellregionen Schleswig-Holsteins hätten die Buchungen schon zuletzt deutlich angezogen, man liege hier gut 70% über dem Vorjahr. Aber auch das Interesse an Ferien in Ostfriesland, auf der mecklenburgischen Seenplatte, im Schwarzwald oder in Bayern sei hoch, berichtete TUI. Zunehmend interessierten sich Kunden auch für Aufenthalte auf gut ausgestatteten Campingplätzen oder im Wohnmobil.

Mecklenburg-Vorpommern: Betriebe kämpfen ums Überleben

Die Öffnung in den ländlicheren Bundesländern, die vom Tourismus leben, muss kommen. Oder in Mecklenburg-Vorpommern, dem nördlichsten Bundesland mit viel Wasser, droht jedem zweiten Betrieb das Aus, ergab eine Umfrage des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Dessen Geschäftsführer Tobias Woitendorf erläuterte: Ohne weitere Hilfen würden 18% der Gastgeber und 17% der Freizeitanbieter bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Geschäftsaufgabe erwägen. 40% der Beherbergungsbetriebe können nach eigenen Angaben ihr Geschäft bis Ende Juni aufrechterhalten, bei den Freizeitanbietern ist es rund jeder dritte. Rund 60% der Übernachtungsanbieter und 66% der Freizeitanbieter benötigen dringend weiter staatliche Hilfen. An der Umfrage beteiligten sich mehr als 400 Beherbergungsbetriebe und 150 Freizeitanbieter.

Die Lust auf Ferien ist enorm, aber die Türen der Hotels dürfen sich nur langsam öffnen.Foto: lisa wagstaff unsplash

Reisende wollen
mehr ausgeben

Auf der Seite der Reisenden ist die Lust auf Veränderung hoch und auch das Geld sitzt locker. Vor allem höherpreisige Hotels liegen Veranstaltern zufolge im Trend. "Viele buchen längere Reisen, weil sie sehr lange auf den Urlaub warten mussten. Ausserdem liegen Hotels in höheren Kategorien sowie grössere Zimmer in besseren Lagen im Trend", sagte ein TUI-Sprecher. Auch der Geschäftsführer der FTI Group, Ralph Schiller, berichtete, dass sich Urlauber bislang vor allem für höherwertige Hotels entscheiden. Er erwartet insgesamt "eine recht stabile" Preisentwicklung. "Sollte der erwartete Buchungsboom für die Hauptferienzeit im Sommer eintreten, könnten die Kapazitäten aber schon knapp werden, so dass dann punktuell mit steigenden Preisen gerechnet werden muss."

Keine Bevorzugung von Geimpften bitte

Wie gesagt, erste Bundesländer kündigten eine vorsichtige Öffnung für den Tourismus an. Nach Bayern kündigte Niedersachsen an, den Handel, die Gastronomie und den Tourismus in Regionen mit niedrigen Infektionszahlen unter Auflagen zu öffnen. Der Tourismus werde für voraussichtlich drei Wochen zunächst nur für Einwohner Niedersachsens geöffnet, so Ministerpräsident Stephan Weil.

Demgegenüber dämpft Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat trotz leicht sinkender Corona-Infektionszahlen die Hoffnung vieler Menschen auf baldige Reisen kräftig. Ihm machen die immer wieder neu auftretenden Mutanten Kummer.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat ebenfalls wieder deutlich vor einer zu schnellen Öffnung von Gastronomie und Hotels für Geimpfte gewarnt. Zwar sei es "eine notwendige und gute Entscheidung", die Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte zurückzunehmen. "Was nicht geht, ist, dass Geschäfte oder Restaurants geöffnet werden nur für diejenigen, die geimpft sind. Das würde zu Spannungen führen, die man kaum ertragen könnte", sagte Lauterbach am Dienstag im Deutschlandfunk.

Lauterbach sagte, es bestehe eine Gefahr, wenn Geimpfte und Nicht-Geimpfte aufeinander träfen und sich dann Nicht-Geimpfte infizieren oder die Geimpften ohne vollständigen Immunschutz anstecken. Eine flächendeckende Kontrolle bei den Öffnungen sei schwierig und es gelte jetzt, den ausgewiesenen Erfolg bei der Bekämpfung der Pandemie zu sichern.

Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht dämpfte die Hoffnung von Gastronomen und Hoteliers: "Ich habe keinen Anspruch darauf, dass für mich etwas geöffnet wird", sagte sie in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. Nach Ansicht der SPD-Politikerin ist dies rechtlich vertretbar, da die geschlossenen Betriebe für ihre Umsatzausfälle aktuell Hilfen vom Staat bekommen.

Letzterem würden jetzt viele Hoteliers und Gastronomen versprechen, wie die aktuelle Blitzumfrage des Dehoga in den vergangenen Tagen gerade gezeigt hat. Nicht nur in Deutschland, auch weltweit ist der Tourismus massiv getroffen. Weltweit stand er nach Angaben des World Travel & Tourism Council vor der Pandemie für mehr als 10% des globalen Bruttoinlandsproduktes und 330 Millionen Arbeitsplätze. In der Krise gingen inzwischen bereits 58 Millionen Jobs verloren. / kn

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