Das Gebühren-Spiel läuft Storno Richtlinien der Hotelgruppen verschieden Machtvolle Firmenreisende
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Das Gebühren-Spiel läuft

Storno-Richtlinien der Hotelgruppen verschieden: Machtvolle Firmenreisende

Bei kurzfristigen Stornierungen bleiben Hotelzimmer oft leer. Viele US-Ketten reagieren mit höheren Gebühren.Foto: DragonImages Fotolia

Amsterdam. Hoteliers versuchen, neue Umsatzströme zu erschliessen, indem sie Stornierungs-Zeiträume verkürzen und Gebühren verlangen. Zahlt sich das aus oder vertreibt es die Geschäftsreisenden? Während Hotel-Ketten keine einheitliche Strategie verfolgen, plädieren HRS und Booking.com für Flexibilität, ein entscheidendes Element für Geschäftsreisende bei der Auswahl der Hotels. Beachtenswert ist zudem, dass sich europäische Ketten anders verhalten als amerikanische Gruppen.

Wenn es darum geht, mehr Profit durch zusätzliche Kosten wie Zuschläge und Gebühren zu generieren, spielen Airlines dieses Spiel zweifelsohne viel lukrativer als Hotels und die Zahlen sprechen für sich. Allein in den USA verzeichneten die Airlines 2016 Rekord-Einnahmen von 7 Milliarden Dollar an Gebühren für Gepäck und Umbuchungen von Flügen. Und dieses Jahr haben Gepäck- und Umbuchungs-Gebühren für Einnahmen in Höhe von 2,2 bzw. 1,5 Milliarden Dollar gesorgt. Im Vergleich dazu haben Hotels in den USA letztes Jahr 2,6 Milliarden Euro an Gebühren und Aufschlägen eingenommen.

Ein Rekord, der 2017 auf 2,7 Milliarden Dollar ansteigen soll, laut Bjorn Hanson, klinischer Professor an der NYU School of Professional Studies J M Tisch Center for Hospitality and Tourism. In einer jüngsten Trend-Analyse wies Bjorn Hanson darauf hin, dass die Praktiken dieser zusätzlichen Gebühren in der Hotellerie um 1997 herum eingeführt wurden und zunahmen, als ab 2000 in vielen Hotels Aufschläge für Energie-Kosten verlangt wurden.
"In den letzten 17 Jahren wurden zahlreiche Kategorien für Gebühren und Zusatz-Kosten eingeführt", so Hanson, "wie beispielsweise für Resorts und Annehmlichkeiten, frühen Check-in und frühe Abreise, Reservierung/Stornierung, Internet-Zugang, Telefonate, Business Center, Lieferungen per Zimmerservice, Auffüllen der Minibar, Safe im Zimmer, Gepäck-Aufbewahrung, spezielles Zimmer und selbst für unbewachtes Parken".

Kreativ sein ist eine Sache, profit-getrieben eine andere und Arlines scheinen ganz vorne dabei zu sein, wenn es darum geht, an Gebühren ernsthaft zu verdienen. Airline-Gebühren stiegen 2008 sprunghaft an, als die Anbieter versuchten, zusätzliche Einnahmen nach ihren Verlusten nach den Angriffen am 11. September 2001 zu generieren, und zwar stückweise neben den Standardpreisen. Obwohl sie erst elf Jahre nach den Hotel-Unternehmen Gebühren und Zuschläge einführten, verdienen die Airlines das Dreifache daran im Vergleich zu Hoteliers.

Dirk Schmidt, HRS, warnt: Flexibilität ist für Firmenreisende am wichtigsten.

Niedrige Internet-Kosten,
hohe Storno-Gebühren

Selbst die amerikanische Hotellerie liegt weit hinter der Luftfahrt zurück, was die Gebühren-Praktiken anbelangt, aber sie ist sehr viel besser als die Hoteliers in Europa und sie macht Fortschritte. Laut Hansons Untersuchungen sind die Gebühren und Aufschläge in der US-Beherbergungs-Branche tatsächlich jedes Jahr gestiegen, abgesehen von kurzen Abschnitten nach 2001 und 2008, als die Nachfrage nach Unterkünften zurückging. Hoteliers scheinen verstanden zu haben, dass es klüger ist, niedrigere Gebühren für schnelles Internet zu verlangen, dafür aber mehr für Stornierungen.

"Obwohl in der ersten Hälfe 2017 die Anzahl der Übernachtungen niedriger ausfiel als erwartet, waren die Gebühren und Aufschläge höher, wobei die Storno-Gebühren hier am stärksten zulegen konnten", bestätigt der Professor und unterstreicht, dass die Branche hier strenger geworden ist und Storno-Gebühren normalerweise ab zwei Tage vor Anreise anfallen, inzwischen auch bei immer mehr Hotels ab drei Tagen zuvor.

Von den Mega-Ketten änderten sowohl Hilton als auch Marriott im Juni ihre Stornierungs-Richtlinien von 24 auf 48 Stunden. Inzwischen hat IHG ebenfalls angekündigt, seine Stornierungs-Richtlinien von 18 Uhr am Tag des Check-in auf mindestens 24 Stunden im Voraus ändern zu wollen. Die 2014 von IHG übernommenen Kimpton Hotels behalten ihre 48 Stunden-Storno-Richtlinie bei. Bei Hyatt beträgt diese je nach Hotel 24 oder 48 Stunden vor Anreise.

Europa verhält sich anders

In Europa wollen weder AccorHotels noch die Louvre Hotels Group aktuell diesem Trend folgen. "Wir verändern unsere Richtlinien nicht. Die Gäste können nach wie vor bis 12 Stunden vor der Anreise kostenlos stornieren", so ein Sprecher von Louvre Hotels in Paris dem Magazin gegenüber. Markus Keller, SVP Global Sales Organization bei AccorHotels, sagte hopsitalityInside.com, dass die Gruppe "die Entscheidungen der Konkurrenz natürlich genau beobachtet und abwägt, ob sie ihre Strategie in Zukunft ebenfalls ändern wird". Markus Keller weiss ausserdem, dass die neuen Storno-Bedingungen je nach Region unterschiedlich ausfallen, auch je nach Land und bei AccorHotels sogar je nach Haus. "Die Regeln ändern sich je nach Markt und Marke", so Markus Keller, der bestätigt, dass die Gruppe ihre Richtlinien nicht ändern wird. "Kostenlose Stornierungen bis um 19, 18 oder 14 Uhr des Anreisetages sind unseren Kunden wichtig und somit auch gut fürs Geschäft.

Pat Pacious: Choice will flexible Regelungen.  

Allerdings wäre hier eine 1, 2 oder 3-Tage-Regelung für Hoteliers auch sehr wertvoll, da sie so die Vermietung ihrer verfügbaren Zimmer besser planen und verwalten könnten. "Für Kunden wäre das ebenfalls interessant, da so wieder vermehrt Last Minute-Zimmer frei würden", so Keller, der alle Parameter auswerten wird, bevor die Gruppe eine Entscheidung in dieser Angelegenheit fällt. Sollten hier Entscheidungen getroffen werden, werden sie sich mit Sicherheit ohnehin von Markt zu Markt unterscheiden.

Strenge Regelungen verursachen höhere Kosten

Als verderbliches Produkt verursacht ein leeres Hotelzimmer Kosten. Aber ist das strengere Vorgehen gegenüber den Kunden die Lösung schlechthin fürs Inventory? HRS ist hier anderer Meinung und warnt die Köpfe der Hotellerie davor, Geschäftsreisende unter Druck zu setzen. In einem Statement erklärt der weltweit agierende Anbieter für Hotel-Lösungen: Wenn Hotel-Ketten zunehmend die Storno-Frist auf 48 Stunden im Voraus setzen, kommen auf Unternehmen zusätzliche Kosten in Millionen-Höhe zu. Nach Abschluss einer detaillierten Analyse von Buchungs- und Storno-Verhalten seines grössten Geschäftskunden in den letzten zwölf Monaten kam HRS zu dem Ergebnis, dass jede sechste Geschäftsreise storniert wird und 5 Prozent davon innerhalb von 48 Stunden vor der Anreise.

"Die strengeren Stornierungs-Richtlinien, die vor kurzem von grossen Ketten-Hotels eingeführt wurden, könnten bei den Unternehmen für steigende Hotel-Kosten sorgen. Diese Kosten könnten für einige Unternehmen in die Millionen gehen", unterstreicht HRS. Zum Beweis hierfür veröffentlichte das Unternehmen die Ergebnisse einer Fallstudie eines Gross-Kunden, der insgesamt über 82 Millionen Dollar für Hotel-Kosten aufwendet.

"Wenn alle Stornierungen, die dieses Unternehmen innerhalb von 48 Stunden vor Anreise getätigt hat, gebührenpflichtig wären, würde sich diese Summe auf 600.000 Dollar pro Jahr belaufen. Wenn alle Ketten-Hotels weltweit diese Richtlinien umsetzen würden, müsste dieses Unternehmen zusätzliche Kosten von bis zu 2,7 Millionen Dollar schultern, was drei Prozent des Gesamtvolumens aller Buchungen ausmacht", erklärt der Anbieter von Hotel-Lösungen. "Natürlich haben Hotels das Recht, ihre verfügbaren Zimmer maximal zu nutzen und Einnahmen zu generieren, aber sie sollten nicht vergessen, dass Flexibilität zu den wichtigsten Kriterien zählt, wenn Geschäftsreisende Zimmer buchen, da sich geschäftliche Treffen häufig verschieben", warnt HRS Managing Director Central & Northern Europe for Corporate Solutions, Dirk Schmidt.

Umfragen zeigen mächtige Position von Corporate Travellers

Sowohl für AccorHotels als auch Choice Hotels haben Kundenservice und ein gutes Verhältnis zu Geschäftsreisenden oberste Priorität. Pat Pacious, neuer CEO von Choice Hotels, sagte hopsitalityInside.com gegenüber, dass sie bei den Storno-Bedingungen aktuell nichts ändern wollen, "da viele Unternehmen sehr negativ auf Storno-Gebühren reagieren". "Uns ist wichtig, dass wir unsere Firmenreisenden behalten. Ich verstehe, warum die Konkurrenz sich so verhält, aber wir haben hier eine andere Sicht auf diese Dinge", fasst Pat Pacious zusammen und hofft insgeheim, dass Geschäftsreisende auf Flexibilität setzen und zu seinen Häusern wechseln.

Peter Verhoeven, Booking.com: Die Regelungen müssen transparent sein.

Eine Strategie, die sich laut Umfrage unter 100 Geschäftsreise-Managern von HRS auszahlen könnte. Sie zeigt, dass beinahe ein Drittel von ihnen bereits mit Hotels Spezial-Konditionen ausgehandelt hat. Wenn zwei Hotels mit derselben Anzahl von Sternen, demselben Service-Angebot und vergleichbarer Lage zur Auswahl stehen, würden 82 Prozent unter ihnen das Hotel mit den flexibleren Storno-Bedingungen bevorzugen.

Auf Anfrage von hospitalityInside.com hält Booking.com einige Ratschläge für seine Partner bereit. "Unsere Anbieter von Unterkünften haben die 100prozentige Kontrolle über die Preise und Bedingungen, die sie auf unserer Seite aufführen, darunter auch die Stornierungs-Richtlinien. Da unsere Daten zeigen, dass Kunden Flexibilität zu schätzen wissen, raten wir unseren Partnern, unseren Kunden nach Möglichkeit unterschiedliche Optionen für ihre Häuser zu gewähren, darunter auch eine Auswahl an nicht-erstattungsfähigen, teilweise flexiblen und vollständig flexiblen Preisen. Wir sorgen dann dafür, dass diese von ihnen bestimmten Richtlinien in allen Buchungs-Schritten für die Kunden klar und transparent sind, darunter auch jegliche Kosten, die bei einer Stornierung anfallen", so Peter Verhoeven, Global Director of Partner Services bei Booking.com.

Egal, ob Hoteliers so ihr Zimmerangebot besser im Griff haben oder wie die Airlines schlichtweg neue Umsatzströme generieren wollen, sollten sie sich jedenfalls gut überlegen, ob sie ihre Geschäftskunden unter Druck setzen. Am Ende des Tages haben Geschäftskunden immer noch die Macht der Wahl, insbesondere in Märkten wie Europa, wo unabhängige Hotels im Gegensatz zu den USA nach wie vor in der Mehrheit sind – in den USA sind es nur 30 Prozent. / Sarah Douag

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