Das nachhaltigste Hotel in Europa Das QO Amsterdam zeigt wie man Material und Ressourcen intelligent nutzt
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Das nachhaltigste Hotel in Europa

Das QO Amsterdam zeigt, wie man Material und Ressourcen intelligent nutzt

QO Amsterdam: Öko ist schick! Das nachhaltigste Hotel Europas präsentiert sich in hochwertigem Design.

Amsterdam. Offenbar befindet sich das nachhaltigste Hotel Europas in Amsterdam. Das QO Amsterdam, ein Haus mit 288 Zimmer und Suiten und modernem Art Déco-Innendesign wird von IHG betrieben und befindet sich im Amstelkwartier, das sich immer grösserer Beliebtheit erfreut und 15 Minuten vom Altstadt-Zentrum entfernt direkt am Ufer der Amstel liegt. Die Wasser- und Energie-Einsparungen sind drastisch, der Müll wurde von 60 auf 12 Kilo pro Quadratmeter reduziert und vom "Greenhouse", dem Gewächshaus auf dem Dach, profitiert auch die Nachbarschaft. Der Investor hatte Architekten und Abläufe herausgefordert, den Beweis zu erbringen, "dass die Hotellerie ein Katalysator ist, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen". Eine Geschichte mit unerwarteten Ergebnissen.

Vor einigen Jahren hatte die Nachbarschaft von QO einen so schlechten Ruf, dass dort niemand investieren wollte. Heute wird die ehemalige Gas-Versorgungs- und Abwasser-Anlage der Stadt einer vollständig "grünen" Transformation unterzogen und wird zum Nachhaltigkeitsmeile Amsterdams. "Unser Hotel ist CO2-neutral wie auch die Wohnhäuser und Studenten-Wohnheime in unserer Umgebung. Nebenan entsteht demnächst ein Gebäude von 70 Metern Höhe, das vollständig aus Holz gebaut wird", erklärte Paul de Ruiter, Architekt des QO-Hotels.

Seit 1997 ist er Experte für nachhaltiges Bauen und gab zu, noch nie Hotels entwickelt zu haben, weshalb er für das QO die Experten Mulderblauw Architects mit ins Boot holte. "Wir haben zusammengearbeitet, um ein Konzept zu entwickeln, das meinen Vorstellungen entsprach, dass ein Gebäude Energie produzieren sollte anstatt sie zu verbrauchen", sagte er. Für de Ruiter bedeutet Nachhaltigkeit, einen intelligenten Weg zu finden, Material und Ressourcen zu nutzen, um ein besseres Gebäude zu errichten, und er glaubt, mit dem QO Amsterdam genau dieses erreicht haben.

Ein luxuriöses, smart mitdenkendes Hotel

Das dreieckige Gebäude mit 22 Stockwerken umfasst von unten nach oben: eine Garage mit 130 Stellplätzen und zehn Ladestationen für E-Autos, ein "Café" im Erdgeschoss mit lokalen Produkten aus dem Greenhouse und von lokalen Anbietern, wo sich auch Anwohner willkommen fühlen; die Rezeption befindet sich direkt darüber im Mezzanin-Geschoss. Darüber wiederum befinden sich die Lobby-Bar, Konferenz-Räumlichkeiten sowie 18 Stockwerke mit zeitgenössischen Zimmern sowie 11 QO Suiten und eine Amstel Suite.

Gesundee Nachbarschaft: Auch die Wohnhäuser und Studenten-Wohnheime um das QO Hotel sind CO2-neutral.

Im 20. Stock können Gäste das Wellness-Yoga-Studio Embody nutzen. Im 21. Stockwerk befindet sich Juniper & Kin, der Küchen-Garten und die Bar, wo die Pflanzen, Kräuter und das Gemüse verarbeitet geerntet werden – alles in der Gebäude-Krone gelegen, im "Greenhouse". Diese Hightech-Anlage hat Platz für 5.000 Pflanzen, die in Wasser wachsen und nach den Regeln der Aquaponik angebaut werden. "Dies ist das Herzstück des Gebäudes", so Bueno de Mesquita, der hinter dem Konzept steht und vier Jahre lang als Repräsentant des Hotels fungierte und für den das Einstellen des richtigen Gärtners wichtiger war als den richtigen Hotel-Direktor auszuwählen. Da es sich hier um ein Gewächshaus in der Stadt mit einem Kreislauf-System handelt, können Fische und Pflanzen gemeinsam wachsen. Die Ausscheidungen der Fische dienen den Pflanzen als organische Nährstoffe, die wiederum das Wasser für die Fische reinigen. "Vom Fisch auf die Gabel. Nachhaltiger geht es nicht", so de Mesquita scherzhaft.

QO, die Hospitality-Zukunft

Getreu dem Motto "Das Leben gut behandeln" träumte de Mesquita von einem Hotel, in dem Gäste Innovation, Luxus, Technologie, gesundes Essen und Interaktion mit den Bewohnern vor Ort mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt geniessen können. "Ich glaube fest daran, dass die Hotellerie ein Katalysator ist, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen", sagte er uns. "Mit dem QO Amsterdam definieren wir die Standards, wie das Hotel von morgen aussehen soll, neu und ich weiss, dass wir das Richtige tun. Dieses Haus ist die Zukunft der Hotellerie". Der Guru in Sachen Nachhaltigkeit fordert Investoren, Entwickler und Betreiber auf, das Konzept anzunehmen, wies aber auch darauf hin, dass es kein Spaziergang war, seinen Traum umzusetzen – aus mehreren Gründen.

Ein herausforderndes Projekt

Die "Gründungsväter" von QO entschieden sich für höchste Qualität, als sie den Anforderungen des globalen Bewertungs-Systems LEED für ökologische Gebäude folgten. "Wir hatten beschlossen, die höchste Stufe, LEED Platinum, erreichen zu wollen. Dies ist sehr kompliziert, doch wir hatten das Glück, einen Eigentümer/Entwickler zu haben, der bei der Nachhaltigkeit noch grössere Ziele verfolgte als wir", so der Architekt lächelnd.

Einen Kunden mit "Mut und Geld" zu haben, hat sicherlich geholfen, das Projekt trotz Verzögerungen fortzusetzen. Das Team musste Verzögerungen beim Bau hinnehmen, hauptsächlich unter der Erdoberfläche, wo sich herausstellte, dass die Stadtverwaltung diese Hochhäuser auf einem riesigen Wassertank errichtet hatte. "Dort unten waren 586 Löcher. Wir merkten, dass wir auf Pflöcken sassen und nicht auf festem Untergrund", bestätigte Bueno de Mesquita. Paul de Ruiter fügte schnell hinzu, dass das Gebäude natürlich sehr stabil und zudem 25 Prozent leichter als andere Gebäude ist.

Herzstück des Hotels ist das eigene Gewächshaus für Obst, Gemüse, Kräuter und Blumen.

Bau-Unternehmer müssen auch grün sein

Aufgrund der LEED-Anforderungen nutzte der Architekt weniger Material und möglichst viele recycelte Ressourcen. Beim Abfall-Management durften beispielsweise vor Ort nicht mehr als 12 Kilo pro Quadratmeter anfallen, wohingegen normalerweise 60 Kilo in den Niederlanden erlaubt sind. "Unsere Bau-Unternehmer mussten neue Wege finden, wie sie arbeiten. Letztendlich wurden unsere Zimmer woanders vormontiert. Sie wurden auf Paletten verladen und per Aufzug geliefert", beschrieb der Architekt und sagte, die Arbeit für die Mitarbeiter des Bau-Unternehmens so viel einfacher war. Teile waren vorgeschnitten, es musste nichts Schweres geschleppt werden, es mussten kein Plastik und keine Verpackung weggeworfen werden und es gab auch keinen Staub. "Bau-Unternehmer fanden es zudem gut, wie viel günstiger es für sie war, so zu arbeiten. Sie machen es jetzt überall so und klären die Leute darüber auf. Das ist ein positives Label für ihr Unternehmen", so Xander Bueno de Mesquita.

50% des Gebäudes recycelt

Der Bau einer 100prozentig nachhaltigen Immobilie aus Beton und Glas mit einem Gewächshaus auf dem Dach war nicht günstig. Für alle Investoren und Entwickler da draussen hatte der Architekt folgende Botschaft: "Es ist nicht günstiger". Das Geld ist letztendlich in die Beschaffung des richtigen Materials geflossen. Es war weniger schwierig, recyceltes Material für das Innendesign zu finden als Material, das haltbar und nicht giftig war und einen hohen Recycel-Anteil besass. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass unter LEED Platinum-Standards alles aus einem Umkreis von 800 Kilometern stammen muss.

Beim Beton musste der Architekt nicht lang suchen. Ein Drittel des Betons, der für den Bau des QO verwendet wurde, stammte von der bekannten, ehemaligen Shell-Zentrale, dem A'dam Tower in Amsterdam Noord. "Die Gäste wissen es nicht, aber fast 50% dieses Gebäudes ist recycelt oder besteht aus recyceltem Material", hob de Ruiter stolz hervor und ergänzte: die Holzböden in Zimmern, Restaurants und der Bar, alle Teppiche wurden aus 100 Prozent recycelten Fischernetzen gefertigt, in den Tapeten wurden teilweise PET-Flaschen verarbeitet und vieles mehr.

65% Energie-Ersparnis

Natürlich sind Paul de Ruiter, Xander Bueno de Mesquita, Bart van de Kamp sowie Direktorin Inge van Weert stolze "Eltern" dieses sechs Monate alten, aussergewöhnlichen "lebendigen Gebäudes". Und je mehr man darüber erfährt, desto besser versteht man auch ihre Freude. Wie viele Hotels wurden als Ökosystem gebaut, in dem der Energiefluss neutral ist? Nicht viele. Das QO Amsterdam verspricht, 65% Energie zu sparen, indem es möglichst viele geschlossene Kreisläufe bildet. Einer davon ist die Nutzung und Wiederverwertung von Wasser. Grauwasser aus Duschen wird beispielsweise gefiltert und anschliessend für die Toiletten-Spülung genutzt. Anderes Wasser geht direkt rauf ins Greenhouse für die Bewässerung der Pflanzen und in Zukunft auch für die Fischzucht. Frischer als das geht es nicht.

Lichtdurchflutet: Im Restaurant Persijn fliesst viel natürliches Tageslicht – das spart Strom.

Eine intelligente Fassade,
die Wärme speichert

Ein weiteres Beispiel für einen geschlossenen Kreislauf ist das Wärme- und Klima-System des Gebäudes. "Wir haben einige intelligente Wege gefunden, Energie zu sparen und sogar Wärme und Kälte zu sammeln", erklärte Paul de Ruiter. "Einer davon ist unsere intelligente Fassade mit ihren 1.638 reaktiven Thermal-Paneelen, die auf das Wetter reagieren. Die Paneele öffnen sich, wenn der Gast mit der Karte die Zimmertür entsperrt und schliessen sich, wenn er das Zimmer wieder verlässt, um die Energie im Inneren zu speichern.

Dadurch sammelt das Hotel im Sommer Wärme, die anschliessend 70 Meter unter der Erde gespeichert und im Winter hochgepumpt wird, um das Gebäude zu heizen, wenn es draussen kalt ist, und andersherum. Selbst die Wärme des Wassers aus den Duschen wird gesammelt und mithilfe eines Systems für unterirdische Langzeit-Speicherung von Energie, das den Namen STES trägt, gespeichert.

80% Tageslicht

"Ein Gast hält sich maximal acht Stunden im Zimmer auf. Alle Installationen die restlichen 16 Stunden eingeschaltet zu lassen, ist Energie-Verschwendung. Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung, Belüftung, selbst die Minibar sollte ausgeschaltet sein, wenn der Gast nicht da ist. Es ist verrückt", so der Architekt, der behauptet, durch das Ausschalten von allem könnte das Hotel 90% bei der Klimatisierung und 50% bei der Heizung sparen. Die Tatsache, dass 80% der Beleuchtung aufgrund raumhoher Fenster von natürlichem Tageslicht stammt, hilft ebenfalls, die Stromrechnung zu senken.

Gebäude-System und PMS vernetzt

Hinsichtlich der IT profitiert das QO Amsterdam wie kein anderes Haus von der Tatsache, dass das Gebäude-Management-System in das Hotel-PMS integriert ist, so dass Informationen über Systeme, Gebäude und Gäste untereinander ausgetauscht werden. "Durch unsere Art, Daten zu verarbeiten, wissen unsere Mitarbeiter mehr über unsere Gäste als in einem Standard-Hotel. Beispielsweise haben alle Räumlichkeiten Zugriff auf die Gäste-Profile, so dass wir ihnen das bestmögliche persönliche Erlebnis bieten können", so Inge van Weert. Diese junge niederländische Mitarbeiterin, die früher dachte, "die Hotellerie in den Niederlanden sei langweilig", vertritt nun die Überzeugung, dass Technologie und IT dazu dienen, "den Mitarbeitern mehr Zeit zu verschaffen, die sie den Gästen widmen können, und keine Ausrede sind, um Stellen abzubauen".

Nachhaltig auch innerhalb der Commumity

Die menschliche Seite des Nachhaltigkeits-Konzepts von QO war ausschlaggebend für Inge de Weert, die Stelle anzunehmen, obwohl sie sich damals in Dubai aufhielt. "Ein smartes Hotel zu sein, bedeutet auch, sich mit den Leuten in der unmittelbaren Umgebung und darüber hinaus zu beschäftigen. Es ist uns wichtig, dass sich unsere Nachbarn in unserem Haus willkommen fühlen. Deshalb befindet sich die Rezeption auch im Zwischengeschoss, so dass das Restaurant im Erdgeschoss allen offen steht".

Van Weert sagt, dass das Engagement sogar noch weiter geht. Das QO bietet den Nachbarn Dienstleistungen an, hält einmal pro Monat einen Bauernmarkt ab, lehrt Studenten von neben an, wie das Kompostieren funktioniert, bietet Nachbarn auf einer speziellen Seite auf der Hotel-Website besondere Preise an und bewahrt deren Ersatz-Schlüssel auf, für den Fall, dass sie sich aussperren sollten. "Warum auch nicht, wir haben 24/7 geöffnet", so van Weert lächelnd. / Sarah Douag

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