Das operative Wunderkind HDV-Tagung Eine Diskussion um den Hotelmanager der Zukunft
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Das operative Wunderkind

HDV-Tagung: Eine Diskussion um den Hotelmanager der Zukunft

Thema bei HDV-Tagung: Wie bringen wir Hotels und potentielle Führungskräfte zusammen?Foto: HotelHead  

Neuss. Das Berufsbild des Hoteldirektors hat sich verändert. Angefangen bei der Qualifikation bis hin zum Führungsstil: Wer sich heute als Manager in dieser Branche behaupten möchte, muss auch "Immobilien können". Gelernte Köche oder Kellner werden zumindest von Investoren nicht mehr ernst genommen. Erwartet wird heute das operative Wunderkind. Trotzdem: Eine HR-Managerin appellierte an die Branche, sich nicht schlechter zu machen als sie ist – auch nicht bei der Bezahlung. Wohin die Reise gehen wird, beleuchtete die Frühjahrstagung der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland in Neuss.

Matthias Wirth zeigte anhand von Stellenausschreibungen die Veränderungen im Berufsbild Hoteldirektor auf.  

Die Zeiten, in denen ein Hotelmanager Koch oder Kellner gelernt haben muss, sind passé, auch wenn diese jahrzehntelang beste Ergebnisse brachten und es auch heute noch könnten. Als Gründe dafür führte Matthias Wirth, Geschäftsführer der Personalberatung Konen & Lorenzen aus Düsseldorf, die Globalisierung und den wachsenden Wettbewerb, aber auch verstärkten Investitionstätigkeiten auf dem deutschen Hotelmarkt an. "Der Kauf von Hilton durch Blackstone 2007 war ein Meilenstein, damit begannen die Investoren die Hotellerie zu verändern", so Wirth. Sie verlangten von ihrem operativen Gegenpart die Akademisierung. Doktoren, Professoren und Finanzjongleure erwarteten auf der Hotelseite ähnlich ausgebildete Menschen.

Als Konsequenz dieser Entwicklung entstanden zudem neuartige Betreiberverträge, die es Investoren ermöglichten, immer mehr Einfluss auf das operative Business zu nehmen. Beeinflusst werde die erwartete Qualifikation an einen Hoteldirektor aber auch durch die zunehmende Kategorisierung der Hotelwelt: Ein zentral straff überwachtes Budgethotel benötige einen anderen Manager als ein Franchise-Hotel oder gar ein Vollservice-Hotel der gehobenen Kategorie.

Die Professionalisierung der Branche, die Zentralisierung von Prozessen, die neue Vielfalt von Buchungsmöglichkeiten verbunden mit Revenue und Yield Management: All das umreisst eine neue Generation Manager, die aber schwer zu finden sein wird. "Der Markt der Hoteldirektoren wird sich zu einem Arbeitnehmer-Markt verwandeln", zeigte sich Wirth überzeugt. Denn der Fachkräfte-Mangel werde in Folge in einen Führungskräftemangel münden.

Anforderungen 2005 und 2017

Keine Karriere ohne Diplom. Das gilt vor allem in Deutschland, konstatiert Bart Beerkens. 

Wie schnell sich die Qualifikationsansprüche gewandelt haben, zeigte Wirth an Beispielen von Stellenausschreibungen aus den Jahren 2005 und 2017. Ein Inserat von 2005 forderte vom Hoteldirektor Fähigkeiten wie die Kontrolle von Wareneinsätzen, Budget und Kosten. Kenntnisse in Einkauf, Lagerhaltung und Kalkulation, Einhalten der Hygiene-Vorschriften, eine gefestigte Persönlichkeit im Umgang mit Gästen und MS Office Kenntnisse. Im Jahr 2017 hatten Formulierungen wie: "Sie definieren die Vision für das Hotel, legen Erlöse und Preismodelle fest und identifizieren neue Geschäftsfelder" Einzug gehalten. Andere Anforderungen hiessen: Budget-Verantwortung, Forecasting, Finanzanalyse, Reporting, Führung des Hotels als Teil einer Marke, Markt-Kenntnisse/Benchmarking, Sales & Marketing, Revenue Management, eCommerce, HR Management, HR Marketing, Training & Coaching, Teamplayer, unternehmerisches Denken. Zudem würde immer häufiger ein Bachelor- oder Master-Abschluss erwartet.

Gravierende Veränderungen ergäben sich auch beim Führungsstil: "Früher war ein kooperativer Führungsstil verpönt, heute laufen Ihnen die Mitarbeiter weg, wenn Sie ihn nicht haben", so Wirth. Nicht zuletzt deshalb übernähmen insbesondere Lifestyle-Hotels wie 25hours, Moxy oder niu für die Stellenbeschreibung Formulierungen aus der Sportwelt, etwa: "Du hast Lust, dir deine eigene Mannschaft aufzubauen? Du möchtest den Mannschaftsgeist zwischen den Abteilungen fördern? Du kannst als Kapitän Verantwortung für einen reibungslosen Tagesablauf übernehmen? Du bringst Taktik und Spielverständnis mit? Du hat eine nachweisebare Erfahrung mit der Kapitänsbinde auf der Spielwiese?"

Ohne akademischen Abschluss keine Karriere

In einer Podiumsdiskussion zum Thema "Berufsbild des Direktors im Wandel" auf der Tagung stellten sich Hoteliers den Fragen des Moderators Pierre-Emmanuel Derriks von dem Headhunting-Portal YourCareerGroup und des Publikums. Dabei kristallisierte sich klar heraus, dass die Gesellschaft einen akademischen Abschluss bei einem Hoteldirektor voraussetzt, auch wenn dieser in den Augen der Diskutanten nicht zwingend sein müsste.

Für alle weiterführenden Positionen, beispielsweise zum Regionaldirektor, werde ein akademisches Diplom allerdings unabdingbar. "Vor allem in Deutschland ist ein akademischer Abschluss immer wichtiger – das ist ein Scheinstaat, man braucht für alles einen Schein, ein Diplom", so Bart Beerkens Vice President Commercial bei den GCH Hotels, der selbst die FOM Hochschule für Ökonomie und Management besuchte. "Die Anforderungen an einen Hoteldirektor sind heute immens. Er sollte ein Studium haben, ein operatives Wunderkind sein und gleichzeitig verschiedenste Stakeholder bedienen können".

Gesucht und gefunden. Nun stellt sich noch die Frage nach dem Gehalt…Foto: HotelHead  

Anke Rohn-Maas, Leiterin HR Europa für Leonardo Hotels, führt viele Veränderungen in der Hotellerie auf allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen zurück, von denen andere Branchen ebenso betroffen seien: "Der Bachelor-Abschluss ist eine gesellschaftliche Entwicklung, der wir uns stellen müssen. Wir hätten liebend gerne Azubis im Bereich Hotelfachmann, Hotelkaufmann. Aber jeder möchte heute einen Bachelor machen. Daraus ergibt sich, dass wir diese beschäftigen werden. Es ist nicht gefordert und nicht notwendig, aber es wird so kommen", erklärte die erfahrene HR-Managerin, die vor ihrer Hotel-Tätigkeit u.a. im Bereich öffentlicher Dienst, Wissenschaftsverwaltung und bei anderen Dienstleistungsunternehmen beschäftigt war.

Zu den allgemeinen gesellschaftlichen Veränderungen zählt Rohn-Maas auch den Trend zu legererer Kleidung. Selbst Mercedes-Vorstand Dieter Zetsche trage inzwischen Sneakers. Im Bereich Networking, das in anderen Branchen gerade enorm an Bedeutung gewinne, sei die Hotellerie sogar viel besser aufgestellt als andere, weil die Player dort kommunikativ und zugewandt seien.

Gehälter sind sehr unterschiedlich

Auch bei der Frage nach der Entwicklung der Direktoren-Gehälter wehrte sich Rohn-Maas gegen den Eindruck, die Branche sei hier Schlusslicht. "Ich wäre sehr für eine aktuelle Gehaltsstudie, weil ich die pauschale Diskussion, in der Branche wird zu wenig bezahlt, sehr schwierig finde", sagt sie. "Es gibt irgendwann in der Karriere einen Punkt, wo ich in anderen Branchen besser verdiene. Wenn ich aber direkt nach einer dualen Ausbildung 2.000 Euro bekomme, kann ich mich nicht beklagen. Und die Azubi-Gehälter in der Branche zwischen 800 und 900 Euro sind absolut konkurrenzfähig".

Ihrer Ansicht nach seien Hoteldirektoren-Gehälter so aufgebaut, dass Erfahrung honoriert werde. "Bin ich 50 und habe diese Erfahrung, dann brauche ich auch eine entsprechende Position", so Rohn-Maas. Passe die Position nicht zur Erfahrung, sei beispielsweise der Entscheidungsspielraum eingeschränkt, dann entstehe eine Lücke. Beerkens stimmte dem zu: "Wir haben viele Hotels im Budget- und Midscale-Segment im Portfolio. Dort werden jüngere Manager eingesetzt, die von einem Revenue Manager, zentraler Buchhaltung und dem Regional Sales Manager unterstützt werden. Ihre Gehälter sind entsprechend niedriger, die Anforderungen aber auch anders".

Stets online und am Gast

Für Holger Berg ist Vertrauen wichtiger als Reporting.  

Einigkeit herrschte auch bei der künftigen Rolle des Hoteldirektors am Gast: Diese Rolle wird wachsen, während die Digitalisierung Prozesse hinter den Kulissen beschleunigt und optimiert. "Unsere Direktoren müssen beim Gast sein, ein Direktor, der sich am Schreibtisch sieht, wäre bei Leonardo nicht gerne gesehen", so Rohn-Maas. "Manchmal reporten sich die Direktoren von Franchise-Marken kaputt", bedauerte Wirth im Gegenzug. Aber auch angesichts der Transparenz der Branche über die Portale sei es wichtig, dass der Direktor beim Gast Präsenz zeige.

Zur Frage "Hält das Reporting den Direktor vom Gast ab?" zeigte sich Holger Berg, General Manager des Mercure Hotel Berlin Wittenbergplatz, gelassen. Man müsse nicht für jede Antwort eine Tabelle basteln, sagte er. Und man habe im Haus die Erfahrung gemacht, dass nicht oder zu spät eingesandte Reports nicht immer angemahnt würden. Dies sei am Anfang einer derartigen Geschäftsbeziehung üblich, relativiere sich aber nach einer langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Direktoren-Nachwuchs gewinnen

Ein Teil der Diskussionsrunde befasste sich auch mit der Auswahl von Nachwuchs-Führungskräften. "Während einer Ausbildung bekommt man sehr gut mit, was die Person kann", meinte Berg. Beerkens zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass bereits in einem frühen Stadium definiert werden könne, wer sich besser als andere für eine Führungsstelle eigne. Dies stehe häufig in einer engen Verbindung mit dem Elternhaus und dem allgemeinen Benehmen.

"Junge Fachkräfte mit 22 oder 23 Jahren sind zum Teil noch sehr unklar, aber man kann erkennen, ob jemand ein 'Big Picture' sehen kann, also das Grundtalent für den Überblick hat. Ob er später die Persönlichkeit für das Multitasking eines Hoteldirektors entwickelt, ist zu diesem Zeitpunkt noch schwer herauszufinden", argumentierte dagegen Rohn-Maas. Sie habe in der hauseigenen Leonardo-Akademie die Erfahrung gemacht, dass sich manche Teilnehmer, deren Teilnahme-Berechtigung sie anfangs angezweifelt hatte, ganz toll entwickelten – prädestinierte Hoffnungsträger dagegen nicht das Zeug zum Hoteldirektor entwickelten. "Die Hoteldirektoren-Position ist sehr speziell, das habe ich gelernt", so Rohn-Maas. Auch Wirth erlebte, dass Kandidaten, die anfangs begeisterten, plötzlich einknickten, während andere auftauten. "Manchmal geschehen auch private Dinge, die Einfluss auf den Beruf haben", sagte er.

Unsere Direktoren müssen beim Gast sein, nicht am Schreibtisch, sagt Anke Rohn-Maas.  

Der Gast zwischen Mensch und Roboter

Die Digitalisierung hat inzwischen nicht nur die Buchungswege, sondern auch den HR-Bereich im Griff. "Gäste und Mitarbeiter sind digital", so Rohn-Maas. "eMail ist out, man braucht künftig keine eMail-Adresse mehr". Junge Menschen erreiche man künftig in den sozialen Netzwerken.

Und wie wird der Tagesablauf eines Hoteldirektors in zehn Jahren aussehen, welche Veränderungen sind zu erwarten? "Mein Tagesablauf wird ähnlich sein wie heute", erklärte Holger Berg. "Wir werden uns noch weiter weg vom Schreibtisch entwickeln und dem Gast und dem Mitarbeiter zuhören. Wir werden fragen: Fritz, wie geht es dir, wie geht es der Familie..." Im Konzern gebe es genügend Menschen, die sich um die digitalen Themen kümmern könnten. "Es wird immer mehr auf die Beziehungsebene ankommen", so Berg.

Bart Beerkens hingegen sieht sich in zehn Jahren in einer ganz anderen Welt leben. Ein Thema dabei sei die Künstliche Intelligenz, die Siris und Alexas dieser Welt. "Die Kommunikation von Menschen wird in zehn Jahren zu 50 Prozent zwischen ihnen und anderen Menschen und zu 50 Prozent zwischen ihnen und Robotern stattfinden", so der Manager. Gebucht würde über WhatsApp. Wirth geht von einer komplexeren und digitaleren Arbeitswelt mit weiterer Prozess-Optimierung aus; der Druck auf die Verantwortlichen werde steigen, auch weil es weniger Mitarbeiter geben werde.

Am Ende der Diskussionsrunde fasste HDV-Vorsitzender Jürgen Gangl zusammen: "Der Hoteldirektor der 80er Jahre war ein harter Hund, heute ist er ein Kümmerer. Der Hoteldirektor ist zum Personal-Verantwortlichen geworden". Bewerbungen in seinem Hotel, dem Park Inn in Berlin, können heute übrigens bereits über WhatsApp eingehen. / Susanne Stauss

 

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