Deutschland Impfen verzögert VAE schafft Faken
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Deutschland: Impfen verzögert – VAE schafft Fakten

Berlin. Während sich die deutsche Regierung mit den Fortschritten beim Impfen brüstet, hagelt es Kritik an der Strategie. In Dubai hingegen beginnen Airlnes und Hotels bereits mit dem Impfen.

Die Verzögerungen in der Impfstrategie haben bereits einen hohen Preis: Grosse Veranstaltungen werden weiter und weiter nach hinten geschoben, manche ganz abgesagt – mit massiven wirtschaftlichen Folgen auch für Hotellerie und Gastronomie. So hat z.B. die Messe Frankfurt vor wenigen Tagen Messen im zweiten Quartal 2021 auf 2022 verschoben, wie die Prolight + Sound, Heimtextil und Techtextil sowie Texprocess. Die International Consumer Goods Show wurde als Präsenzveranstaltung abgesagt, bietet jedoch digital am 20. April 2021 eine Alternative.

In anderen Ländern schaffen die Wirtschaftsunternehmen bereits neue Fakten – und es riecht auch schon nach einem neuen Trend: Impf-Tourismus.

Dubai: Airlines und Hotels impfen Mitarbeiter und Familien

Emirates Airlines hat unterdessen begonnen, seine Mitarbeiter zu impfen – vorrangig die Crews. Die Impfungen fänden nun zwölf Stunden pro Tag und an sieben Tagen die Woche statt, sagt das Unternehmen.

Der Landentwickler Nakheel startete vor zwei Tagen die grosse Impf-Aktion für seine Mitarbeiter und deren Familien-Mitglieder.Foto: Nakheel

In Dubai begannen zudem die ersten zwei Hotelgruppe diese Woche, ihre Mitarbeiter und Familien-Angehörigen zu impfen: Die lokale Marke JA Resorts & Hotels hat in zwei Tagen 80% aller berechtigten Mitarbeiter in sieben Hotels und Resorts in Dubai die erste Dosis des Sinopharm-Impfstoffes verabreicht. Für alle Team-Mitglieder wurde ein kostenloser Transport während der Arbeitszeit organisiert. Am zweiten Tag kamen die Familien-Mitglieder dran.

Am gestrigen Donnerstag begann der Mega-Developer Nakheel aus Dubai, unternehmensweit Mitarbeiter und deren Familien zu impfen. Über 1.200 meldeten sich für die Aktion an, wobei stündlich 150 Personen geimpft wurden. 14 medizinische Mitarbeiter verabreichten den Sinopharm-Impfstoff.

Darüber hinaus ist Emirates Airlines einer der ersten Partner der International Air Transport Association, die den "IATA Travel Pass" testen will – eine Mobile App, über die die Impfdaten gespeichert und abgerufen werden können und so dem Kunden eine digitale und störungsfreie Reise ermöglichen. Die Daten könnten auch Behörden zur Verfügung stehen.

Auf Facebook meldete sich ein Filmlehrer und Produzent aus Hofheim bei Frankfurt zu Wort, der von einer ersten "Corona-Impfreise" berichtet: London/Dubai für 40.000 Euro, inklusive zwei Impfungen und einem längeren Aufenthalt in einem Luxushotel in Dubai.

Deutschland und die Regeln

Die VAE schaffen Fakten, Deutschland diskutiert immer noch. Die offizielle Verlautbarung der deutschen Bundesregierung vom 19. Januar zum Impf-Status Quo lautet: Seit dem Start der Impfungen in Deutschland am 27. Dezember 2020 wurden in Deutschland über eine Million Bürger geimpft. Die ersten Zweitimpfungen im Abstand von mindestens drei Wochen zur Erstimpfung haben begonnen. Fast 50% der Bewohner von Pflegeheimen wurden bereits geimpft. Bund und Länder halten an ihrem Ziel fest, bis spätestens Mitte Februar allen Pflegeheim-Bewohnern ein Impfangebot zu machen.

Nachdem die Lieferungen bis zum 18./19. Januar 2021 nach Plan erfolgten, wurde unerwartet und viel zu kurzfristig am 15. Januar dem Bund und den Ländern über die EU-Kommission mitgeteilt, dass Pfizer/Biontech wegen Umbauten im belgischen Werk Puurs die bereits zugesagte Liefermenge für die nächsten zwei bis drei Wochen nicht werden vollständig einhalten können. Danach kann mehr produziert werden. Zugesagt wurde jedoch, dass die für das erste Quartal angekündigten Mengen trotz dieser Umbauten vollständig im ersten Quartal geliefert werden.

Und noch eine Verordnung

Bund und Länder setzen darauf, dass nach den Zulassungen der Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna auch der von der EMA/European Medical Agency angekündigte Zeitplan bis Ende Januar zu einer Zulassung des Impfstoffes von AstraZeneca führt, um das Impfen generell zu beschleunigen.

Deutschland will bis spätestens Ende des Sommers allen ein Impfangebot machen können. Eingeführt wird zudem eine Coronavirus-Surveillance-Verordnung, die dafür sorgen soll, dass kurzfristig mehr Daten der zirkulierenden Virus-Varianten zur Verfügung stehen und dem RKI gemeldet werden. Ausserdem sollen die Gesundheitsämter zur Nachverfolgung weiter aufgerüstet werden, u.a. durch die Schulung von Studenten auf das neue System Sormas.

Angesichts der neuen Virus-Mutationen wurden Stimmen laut, die Zweitimpfung – wie es in Grossbritannien geschieht – hinauszuzögern, um mehr Menschen in kürzerer Zeit einen, wenn auch geringeren Impfschutz zu bieten. Dies lehnen viele Wissenschaftler allerdings inzwischen ab, darunter auch die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts. Danach sollte die zweite Dosis in einem Mindestabstand von 21 bzw. 28 Tagen und nicht später als 42 Tage nach der ersten Impfstoffdosis verabreicht werden.

Israel und Grossbritannien an der Spitze

Unbestritten bleibt, dass andere Länder wie Grossbritannien, Israel oder auch die USA früher mit dem Impfen begannen und grössere Dosen zur Verfügung haben als Deutschland. Der Hintergrund dieser Misere: Die EU hatte im Sommer vergangenen Jahres für alle Mitgliedstaaten pauschal fast zwei Milliarden Impfdosen bei sieben Anbietern bestellt. Die EU sicherte sich im August bis zu 400 Millionen Impfdosen beim britisch-schwedischen Anbieter AstraZeneca, im September 300 Millionen Dosen beim französischen Anbieter Sanofi.

Erst im November bestellte die EU auch beim Mainzer Unternehmen Biontech 200 Millionen Impfdosen mit einer Option auf 100 Millionen weitere Rationen sowie 160 Millionen Impfdosen der Firma Moderna. Doch ausgerechnet diese beiden Impfstoffe erhielten als erste die Zulassung, so dass EU deutlich kleinere Mengen als benötigt erhielt. Nach Informationen der Tageszeitung FAZ vom 20. Januar hinkt Deutschland bei der Quote der Erstimpfungen mit gerade einmal 1,4% den Spitzenreitern deutlich hinterher. In Israel beträgt der Wert 30, in Grossbritannien 6,7 und in den USA 3,7%. Unter den EU-Mitgliedern steht jedoch eine Mehrheit schlechter da als Deutschland, darunter Frankreich, die Niederlande, Schweden und Polen.

Aussenminister will Lockerungen für Geimpfte

Einen anderen Aspekt zum Impfthema brachte am 17. Januar Bundesaussenminister Heiko Maas in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" ins Spiel. "Geimpfte sollten wieder ihre Grundrechte ausüben dürfen", so Maas. Sie sollten z.B. früher wieder in Restaurants und Kinos gehen können als Nichtgeimpfte.

Sowohl das Justiz- als auch das Gesundheitsministerium lehnten den Vorstoss des SPD-Politikers ab. "Eingriffe in Freiheitsrechte müssen immer gut begründet sein. Aber solange nicht klar ist, ob ein Geimpfter das Virus übertragen kann, kann es keine Ausnahmen geben", sagte ein BMG-Sprecher laut "aerzteblatt online" der Nachrichtenagentur Reuters. Auch Justizministerin Christine Lambrecht sagte, es verbiete sich, Geimpfte anders zu behandeln als Nichtgeimpfte.

Auch Maas räumte ein, dass noch nicht abschliessend geklärt sei, inwiefern Geimpfte andere weiterhin infizieren könnten. "Was aber klar ist: Ein Geimpfter nimmt niemandem mehr ein Beatmungsgerät weg. Damit fällt mindestens ein zentraler Grund für die Einschränkung der Grundrechte weg", so der frühere Justizminister. Zudem schränkten Bund und Länder auch die Grundrechte von Menschen ein, die Restaurants, Kinos, Theater oder Museen betreiben. "Die haben ein Recht darauf, ihre Betriebe irgendwann wieder zu öffnen, wenn es dafür eine Möglichkeit gibt", so Maas. "Wenn erst mal nur Geimpfte im Restaurant oder Kino sind, können die sich nicht mehr gegenseitig gefährden." / red

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