Deutschland Verlängerte und erhöhte Staatshilfen helfen nicht jedem
HI+

Deutschland: Verlängerte und erhöhte Staatshilfen helfen nicht jedem

Berlin. Die deutsche Bundesregierung wird die Wirtschaftshilfen für besonders belastete Unternehmen bis Ende September verlängern. Nicht jeder Tourismus-Verband ist damit zufrieden. Grössere Hotelgruppen dürften erleichtert sein. Grundsätzlich aber bleibt die Existenznot noch gross. Dehoga-Geschäftsführerin Ingrid Hartges äussert sich uns gegenüber zu dem Erreichten.

Die deutsche Bundesregierung verlängert die Überbrückungshilfen für Unternehmen, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind und für Solo-Selbstständige bis zum 30. September 2021, jetzt genannt Überbrückungshilfe III Plus. Die bisherigen Förderbedingungen werden in der Überbrückungshilfe III Plus beibehalten.

Die Neustarthilfe wird ebenfalls bis 30. September 2021 als Neustarthilfe Plus weitergeführt. Das heisst: Unternehmen, die im Zuge der Wiedereröffnung Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen, neu einstellen oder anderweitig die Beschäftigung erhöhen, erhalten wahlweise zur bestehenden Personalkosten-Pauschale eine Personalkostenhilfe als Zuschuss zu den dadurch steigenden Personalkosten. Sie erhalten auf die Differenz der tatsächlichen Personalkosten im Fördermonat Juli 2021 zu den Personalkosten im Mai 2021 einen Zuschuss von 60 Prozent. Im August beträgt der Zuschuss noch 40 und im September 20 Prozent. Nach September 2021 wird kein Zuschuss mehr gewährt. Die Neustarthilfe für Solo-Selbständige wird ebenfalls verlängert und auf bis zu 12.000 Euro für die ersten drei Quartale dieses Jahres erhöht.

Die Restart-Hilfe bis Ende September ist als Zuschuss für die steigenden Personalkosten gedacht.Foto: unsplash kevin grieve

Limits erhöht: Erleichterung für
grössere Hotelgruppen

Zudem erhöht die Bundesregierung die Obergrenze für die Förderung im Rahmen der Überbrückungshilfe III und der Überbrückungshilfe III Plus. Künftig können Unternehmen, die von staatlichen Schliessungsmassnahmen direkt oder indirekt betroffen sind, bis zu 40 Millionen Euro als Schadensausgleich im Rahmen der Überbrückungshilfe geltend machen.

Grundlage dafür ist die Bundesregelung Schadensausgleich, welche die Europäische Kommission auf Antrag der Bundesregierung hin genehmigt hat. Zusammen mit der bislang geltenden Obergrenze von bis zu 12 Millionen Euro beträgt der maximale Förderbetrag künftig in der Überbrückungshilfe III und der Überbrückungshilfe III Plus 52 Millionen Euro. Anträge auf Schadensausgleich nach der neuen Regelung können in Kürze gestellt werden.
Für Hilfen oberhalb der bisher geltenden 12 Millionen Euro gelten in Anlehnung an die im KfW-Sonderprogramm 2020 und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds bereits angewandten Regelungen Beschränkungen zu Gewinn- und Dividenden-Ausschüttungen, Aktien-Rückkäufen und Bonus-Zahlungen.

Ersetzt werden künftig auch Anwalts- und Gerichtskosten von bis zu 20.000 Euro pro Monat für die insolvenz-abwendende Restrukturierung von Unternehmen in einer drohenden Zahlungsunfähigkeit.

Die Härtefall-Hilfen der Länder sollen im Gleichklang mit der Überbrückungshilfe bis Ende September 2021 verlängert werden.

Die FAQ zur Überbrückungshilfe III werden überarbeitet und zeitnah veröffentlicht. Nach Anpassung des Programms kann die Antragstellung über die bekannte Plattform www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de erfolgen. Antragsbearbeitung und Auszahlung erfolgen in der Verantwortung der Länder. Weitere Infos zur Überbrückungshilfe gibt es seitens der Bundesregierung unter diesem Link.

Was Dehoga-Chefin Ingrid Hartges zu den Ergebnisssen sagt – siehe Kasten unten.

Verbände sind sich uneins

Die Meinungen zu diesen Erweiterungen sind zwiegespalten. Der Zentrale Immobilien Ausschuss etwa zeigt sich erfreut über die Verlängerung und Erhöhung der Überbrückungshilfen III. "Die vom Bundeswirtschaftsminister verkündete Lösung hilft dem von der Corona-Krise betroffenen Einzelhandel und der Hotellerie enorm. Das ist eine gute Nachricht für viele auch grössere Unternehmen, die harte Zeiten durchgemacht haben und jetzt auf höhere finanzielle Unterstützung hoffen können. Wichtig ist, dass die Hilfen jetzt schnell, unbürokratisch und unter Nutzung aller europarechtlichen Spielräume ausgezahlt werden", sagte ZIA-Hauptgeschäftsführer Oliver Wittke.

Auch der Deutsche Reiseverband wertet die Verlängerung und Ausweitung der Hilfen positiv, vor allem die Entschädigungs-Regelung, die jetzt viele Problematiken verbundener Unternehmen löst, die nur einen gemeinsamen Förderantrag stellen können und damit bisher weit weniger Hilfen erhielten, als wenn jede einzelne Betriebsstelle Unterstützungsleistungen beantragen könnte. "Der 'Corona-Entschädigungs-Schutzschirm' ist eine dringend notwendig Unterstützung für die grösseren mittelständischen Reisebüros und Reiseveranstalter", erklärt DRV-Präsident Norbert Fiebig. "Unser besonderer Dank gilt hier Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der unsere Argumentation unterstützt hat, und damit diesen Rettungsanker erst ermöglicht hat."

ATV: Ende September ist zu früh

Das Aktionsbündnis Tourismusvielfalt, das sich aus 28 touristischen Branchenverbänden zusammensetzt, hält den Verlängerungszeitraum bis Ende September hingegen für eine falsche Entscheidung der Politik. "Das lässt gerade die Touristik in den schwierigsten Monaten im Regen stehen. Die Touristik ist durch die mehrmonatigen Schliessungen ohnehin schon eine hart getroffene Branche", kritisiert ATV-Sprecher Michael Buller. "Sie nimmt erst sehr langsam wieder an Fahrt auf, doch können die Buchungsverluste von Januar bis März 2021 bei weitem nicht mehr wettgemacht werden. Maximal 40 Prozent des Jahresumsatzes von 2019 kann überhaupt dieses Jahr erreicht werden, was die Unternehmen weiterhin schwer belasten wird. Auch fehlt sicher noch auf längere Sicht der internationale Tourismus in Deutschland." Buller fordert: "Die Politik muss die Überbrückungshilfen dringend bis zum Jahresende weiterlaufen lassen. Die stark wirtschaftlich angeschlagenen Touristik-Unternehmen werden es sonst schwer haben, durch den Winter zu kommen."

Gastgewerbe-Umfrage: Existenznot bleibt gross

Eine aktuelle Branchen-Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes zeigt, wie dringend die Ausdehnung der Hilfen ist. Nach sieben Monaten Lockdown läuft das Geschäft inzwischen zwar an, aufgrund der Corona-Auflagen aber nur gebremst. Im Mai verzeichneten die gastgewerblichen Betriebe Umsatzeinbussen von 67,8 Prozent im Vergleich zum Mai 2019. 60,9 Prozent der Unternehmer sehen aufgrund der gültigen Corona-Auflagen wie Testpflicht, Kontakt-Beschränkungen und Abstandsgebote nur schwer eine Perspektive, rentabel wirtschaften zu können.

Die existenzielle Not ist weiterhin gross. Auch wenn sich die Zahl der Betriebe, die um ihre Existenz bangen, von 75,5 Prozent im Januar auf nun 45,6 Prozent deutlich reduziert hat. Daher fordert auch der Dehoga eine Verlängerung der Hilfen über den September hinaus. "Aufgabe der Politik ist es, für die Betriebe, die noch nicht öffnen dürfen bzw. weiter Umsatz-Einbussen von 30 Prozent und mehr zu verkraften haben, die Überbrückungshilfe III bis Jahresende zu verlängern", so Dehoga-Präsident Guido Zöllick.

Die betrifft insbesondere die Stadt- und Tagungshotellerie sowie den gesamten Bereich der Event-Gastronomie, da Veranstaltungen nur unter hohen Auflagen und mit Teilnehmer-Begrenzungen durchgeführt werden können. So fallen laut der Dehoga-Umfrage die Umsatzverluste der Betriebe in den Grossstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern im Mai mit 76,2 Prozent noch einmal höher aus als im Branchenschnitt. Die Ergebnisse der Umfrage verdeutlichen zudem, dass die Bars, Kneipen und Diskotheken weiterhin besonders stark unter den Corona bedingten Einschränkungen leiden. Die Einbussen liegen hier zwischen 75,8 Prozent bei den Bars und Kneipen und 93,9 Prozent bei den Clubs und Diskotheken.

Es fehlen immer noch Zahlungen – und jetzt auch Personal

Hinzu kommt: Noch immer warten viele Betriebe auf dringend notwendigen Zahlungen. Den Umfrage-Ergebnissen zufolge haben 9,3 Prozent der Betriebe noch nicht die vollständige Novemberhilfe erhalten. 8,1 Prozent warten auf die Dezemberhilfe. Bei 72,7 Prozent der Unternehmen steht die Auszahlung der Überbrückungshilfe III aus.

Ein weiteres, grosses Problem: Fast 30 Prozent der Betriebe, die derzeit noch nicht öffnen, nennen als Grund dafür fehlende Mitarbeiter. 42,4 Prozent der Betriebe beklagen den Wechsel von Beschäftigten in andere Branchen. Im Gegensatz dazu haben nur 26,3 Prozent der Betriebe Mitarbeiter kündigen müssen. Die meisten Betriebe, 73,7 Prozent, haben mit aller Kraft gekämpft, ihre Mitarbeiter zu halten.

An der Blitz-Umfrage des Dehoga Bundesverbandes zur wirtschaftlichen Lage beteiligten sich in der Zeit vom 1. bis 6. Juni 5.640 gastgewerbliche Betriebe.

Digitaler Impfpass in Deutschland am Start

In Deutschland ist seit dem 10. Juni der digitale Impf-Nachweis am Start. Er wird in der Arztpraxis, einem Impf-Zentrum oder ab dem 14. Juni für bereits Geimpfte in Apotheken ausgestellt. Will der Verbraucher den Nachweis auf sein Smartphone laden, muss er zunächst die kostenfreie CovPass App oder die Corona-Warn-App herunterladen. Er kann den 2D-Barcode des Impf-Nachweises dann direkt abscannen oder auch auf einem Papierausdruck erhalten und ihn später einscannen. Bei den Ausstellern werden die Daten wieder gelöscht.

Das Impf-Zertifikat enthält nur Informationen zum Impfstatus, den Namen des Geimpften und das Geburtsdatum. Für Dienstleister, die den Impf-Status überprüfen möchten, wird es eine Prüf-App geben. Damit kann der Status ähnlich wie der Barcode eines Flug- oder Bahntickets gescannt werden.

Welche deutschen Apotheken den digitalen Impf-Nachweis ausstellen können, wird auf dem Portal www.mein-apothekenmanager.de gelistet, auf dem sich schon jetzt Schnelltest-Apotheken finden lassen. Weitere Infos seitens der Bundesregierung zum Impf-Nachweis gibt es unter diesem Link. / red

 

{"host":"www.hospitalityinside.com","user-agent":"Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; ClaudeBot/1.0; +claudebot@anthropic.com)","accept":"*/*","x-forwarded-for":"13.59.243.194","x-forwarded-host":"www.hospitalityinside.com","x-forwarded-port":"443","x-forwarded-proto":"https","x-forwarded-server":"d9311dca5b36","x-real-ip":"13.59.243.194","accept-encoding":"gzip"}REACT_APP_OVERWRITE_FRONTEND_HOST:hospitalityinside.com &&& REACT_APP_GRAPHQL_ENDPOINT:http://app/api/v1