Die Blüte im Blogger Sumpf Wie PR Manager bunte Bilder und schöne Worte bewerten und nutzen
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Die Blüte im Blogger-Sumpf

Wie PR-Manager bunte Bilder und schöne Worte bewerten und nutzen

Dieser Blog-Beitrag von Weltenbummlermag.de über Mallorca ist gekennzeichnet: Er sagt, dass dahinter der 'Sponsor des Monats' steht.

München. Längst haben Blogger die Reisewelt erobert. Statt auf Fakten setzen sie vor allem auf persönliche Erlebnisse und schöne Bilder. Zwar erklären die befragten PR-Agenturen, dass sie Blogger genauso behandeln wie Journalisten und nicht bezahlen. Dennoch dürfte die Dunkelziffer bei der Schleichwerbung hoch sein. Schleichwerbung ist in Deutschland verboten; rein medienrechtlich bewegen sich da Hotels wie Blogger häufig auf einem schmalen Grad. Herausfordernd ist es inzwischen für PR-Manager, im Blogger-Sumpf die Blüte zu finden. Follower-Zahlen sind jedenfalls nicht das entscheidende Kriterium. Und der Rest ist Bauch-Gefühl.

"Mallorca: Die Insel ganz nach deinem Geschmack" von "Sponsor aus Spanien". So steht es über einem schwärmerischen Artikel auf dem Blog www.weltenbummlermag.de. "Die tolle Hotelauswahl macht die Insel noch einmaliger. Für welches der vielen Hotels auf Mallorca du dich auch entscheidest – deine Wahl wird dich nicht enttäuschen." Wer auf den letzten Link klickt, landet bei Barceló Hotels.

Betrieben wird der Blog von Marianna Hillmer in Berlin, selbstständige Autorin, Fotografin und Webdesignerin. "Du willst mit Weltenbummler Mag kooperieren oder Sponsor werden? Du hast ein Projekt im Sinn, bei dem wir zusammenarbeiten könnten oder deine Zahlengier befriedigen und mein Media Kit anfordern? Moment! Eine Bitte noch: Affiliate Deals und Pressemitteilungen interessieren mich null, zero, nada!" Dafür sei native Advertising eine "schöne Kooperationsmöglichkeit": "Ich biete ausgewählten Unternehmen die Möglichkeit exklusiv auf meinem Blog als Sponsor des Monats/der Woche gefeatured zu werden. Da es sich um einen Blogbeitrag handelt, erreicht ihr meine Leser direkt." Nach Absprache könne der Artikel auch über ihre reichweitenstarken Social Media-Kanäle gepusht werden.

Marina Noble: Auch Journalisten sind Influencer.

Das Angebot kommt offenbar an. Zu den "Sponsoren" gehören die kanadische Provinz Quebec ebenso wie die Airline KLM und zahlreiche Hotels wie die Residence Bougainville auf Sardinien, das Hotel Mirafiori in Jesolo oder der Lärchenhof in Seefeld, Tirol.

Wie Marianna Hillmer tummeln sich immer mehr Blogger in der schönen neuen Reisewelt. Über 2.000 dieser Web-Tagebücher über Reisen soll es inzwischen in Deutschland geben. Manche Blogger sind Journalisten, die so ihre Reiseartikel unter die Leute bringen und sich mit Banner-Werbung und Affiliate-Links etwas Geld dazu verdienen. Andere frönen ihrem Hobby Reisen oder betreiben das Blog-Geschäft professionell und verdienen sich damit ihren Lebensunterhalt. Die meisten schreiben nicht nur – meist kurze – Texte und posten viele Fotos auf ihrem Blog, sondern nutzen auch Kanäle wie Twitter, YouTube, Instagram, Pinterest oder Snapchat, um ihre Posts zu verbreiten.

Blogger oder Influencer?

Ihr gemeinsames Ziel: Möglichst viele Follower und Leser auf möglichst vielen Kanälen. Je mehr Reichweite ein Blogger hat, desto eher gilt er als Influencer – wobei es dafür keine eindeutige Definition gibt. "Ein Influencer hat Einfluss auf die Meinung", sagt Marina Noble, Inhaberin der PR-Agentur Noble Kommunikation in Neu-Isenburg. "Auch der Journalist ist für mich ein Influencer."

Ein Influencer agiere mehr im Bereich der Marken-Bildung und Image-Aufwertung, sagt Ute C. Hopfengärtner, Geschäftsführerin der auf Tourismus und Hotellerie spezialisierten PR-Agentur Wilde & Partner in München. Das laufe vor allem im Bereich Fashion, Lifestyle und Kosmetik gut: Wenn der Influencer einen Lippenstift nützt, dann kaufen seine Follower ihn auch. "Wir haben wenig mit Influencern zu tun", sagt die PR-Expertin. "Die Margen in der Hotellerie erlauben das nicht."

Anders ist es in der Modewelt, wo Influencer inzwischen eine wichtige Position haben. Laut einem Bericht im deutschen Magazin "Stern" verlangen manche 4.000 Euro für einen Post auf Instagram oder ihrem Blog und bekommen das Geld auch. Dabei stellen sie auch immer mehr eine Konkurrenz zu den Hochglanz-Lifestyle-Magazinen dar. Letztere könnten daher zunehmend Probleme bekommen, glaubt Eike Kraft, zuständig für Corporate Communications & Social Responsibility bei AccorHotels.

Ute C. Hopfengärtner: Influencer stehen stärker auf der Marken-Seite.

Aber auch im Reise-Journalismus werden die Blogger zunehmend zum Konkurrenten von Journalisten und Redakteuren. Schliesslich sind die sozialen Medien für die Kunden ein guter Weg, ihre Botschaften zu verbreiten. "Online-Sichtbarkeit ist interessant für uns, weil die Leute zunehmend online buchen", sagt Eike Kraft. Daher fahre man schon länger einen crossmedialen Ansatz und messe auch Bloggern, YouTubern oder Instagramern eine "gewichtige Bedeutung" zu. Inzwischen kümmern sich bei AccorHotels drei Mitarbeiter um Social Media und ein Mitarbeiter nur um Influencer und Blogger Relations.

Redakteure bringen Anzeigen-Verkäufer mit

"Wir sind schon sehr bedacht, welche Nachricht wir senden wollen und welche Multiplikatoren das rüberbringen", so der AccorHotels-Pressesprecher. Ziel sei natürlich die höchstmögliche Wahrnehmung. Dabei gehe man stets vom Thema aus und überlege, welcher Kanal für welches Thema passt und der Inhalt werde dann passend für jeden Kanal aufbereitet. Entscheidend sei dabei auch die Zielgruppe, die erreicht werden soll. Da könne einmal ein klassisches Reisemagazin, ein anderes Mal ein Blog interessant sein, so Kraft. Eine hohe Reichweite des Blogs sei dabei nicht das Wichtigste. "Es geht auch um Nachhaltigkeit". Da sei manchmal auch ein kleiner Leserkreis attraktiv, der ein interessanter Multiplikator ist.

Was zudem für die Blogger spricht: "Konsumenten glauben Inhalte, die nicht direkt vom Unternehmen kommen, eher als die Inhalte klassischer Werbung", weiss Kraft. Dabei seien Blogger eher am Erlebnis und weniger an Fakten interessiert. Beim Journalismus stehe dagegen die Neuigkeit im Vordergrund. Bei Reiseberichten gebe es allerdings Überschneidungen. Dass Blogger weniger kritisch sind, sieht er nicht. "Reisejournalisten schreiben doch auch nur selten etwas Negatives und es gibt auch Beispiele von Bloggern, die sehr differenziert berichten."

Häufig jedenfalls riecht es nach "gehorsamer" Berichterstattung – um sich bzw. dem Verlag die jeweiligen Geldquellen nicht zuzuschütten. Damit ist auch Eike Kraft schon gleich beim Thema: Was die Koppelung mit Anzeigen angeht, verschwimmen die Unterschiede, merkt er an. "Im Printbereich kommen die Anzeigen-Verkäufer mittlerweile immer häufiger gleich mit den Redakteuren mit", so Kraft. "Das ist inzwischen stark kostengetrieben."

Eike Kraft: Redakteure und Anzeigen-Verkäufer kommen zusammen.

Gegengeschäfte und Unsitten blühen

Die traditionellen Medien hätten viel von ihrer Glaubwürdigkeit verloren, beobachtet auch PR-Expertin Noble. Gerade bei Pressereisen seien es doch die Verlage, die Journalisten und PR-Agenturen schon seit langem in die Zwickmühle bringen. Weil kaum noch ein Verlag oder Sender Reisekosten bezahlt, sind Redakteure und freie Reise-Journalisten auf die Unterstützung der Anbieter angewiesen. Bei Bloggern sei das nicht anders. "Das ist letztlich ein Gegengeschäft: Kostenloser Aufenthalt gegen Blog-Post", so die Agentur-Chefin.

Für die PR-Agenturen bedeuten die Blogger erst einmal mehr Arbeit. Carmen Stromberger, Geschäftsführerin von Stromberger PR aus München, bekommt täglich Anfragen von Bloggern. Da die Agentur jedoch vor allem Hotels im gehobenen Segment vertritt, passen die Leser vieler Blogger nicht zu den Kunden. "Ein 20jähriger, dessen Blog vor allem von 18- bis 23jährigen gelesen wird, ist für die meisten unserer Kunden nicht interessant", so die Chefin der Münchner Agentur Stromberger PR. Schliesslich könnten sich die meisten in dem Alter noch kein teures Hotel leisten.

Und genau deshalb wollen sich vor allem viele Youngster als Blogger etablieren: Freizeit-Spass auf Kosten von anderen, das bisschen Schreiben, Knipsen und Sharen kriegt man auch noch nachts hin. Wenn 18jährige Kids reisen und schreiben wollen, treibt das schon seltsame Blüten: Ein Mädel dieses Alters nahm die Mutter mit auf Reisen, weil es alleine Angst hatte – und das Interview mit dem Hotelier führte dann die Mutter, erzählte die PR-Managerin einer grösseren Hotelgruppe hospitalityInside.com bei einem Mittagessen.

Als Advertorial kennzeichnen

Wenn die Zielgruppe passt, spiele die Reichweite eines Blogs für Carmen Stromberger nur eine untergeordnete Rolle. Für internationale Kunden sei sie jedoch oft das Entscheidende. "Da hilft es auch nicht, wenn ich ihnen erkläre, dass die Zielgruppe nicht passt." Als Agentur behandele sie Blogger genauso wie Journalisten. Erst zweimal sei es vorgekommen, dass ein Kunde unbedingt einen bestimmten Blogger haben wollte und für dessen Posts auch bezahlt habe.

Weltenbummlermag.de verlinkt auf Barcelo Hotels.

"Eine gekaufte redaktionelle Leistung auf einem Blog sollte ebenso wie die Advertorials im Printbereich transparent gemacht werden", fordert Stromberger unterdessen. Auch bei AccorHotels sind bezahlte Blogger eine Ausnahme. In Einzelfällen habe es auch schon Kampagnen gegeben, die bezahlt wurden. "Das ist wie ein Advertorial und auch entsprechend gekennzeichnet", so Kraft. Generell lege man Wert auf die Einhaltung medienrechtlicher Vorschriften. "Wer sich aus Werbung finanziert, muss das auch kennzeichnen".

Das sind zwar hehre Grundsätze; ob sich die meisten Blogger daran halten, ist fraglich. Dabei ist Schleichwerbung in Deutschland verboten. Das regelt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb: Unlauter handelt, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Wer für Produkt-Platzierungen Geld, Produkte oder auch Rabatte bekomme, müsse dies also als Werbung kennzeichnen, erklärte der Berliner Medienrechtler Jan O. Baier in einem Artikel bei "Werben & Verkaufen". Bereits das blosse Unterlassen der Kenntlichmachung einer Werbeleistung kann als Schleichwerbung eingestuft werden." Den Betroffenen drohen dann Schadensersatz-Klagen und Unterlassungsklagen von Wettbewerbern der beworbenen Marken sowie Abmahnungen durch Verbraucherschützer und Wettbewerbsbehörden.

Um den werblichen Charakter eines bezahlten Beitrags auf ein Minimum zu reduzieren, verwenden viele Blogger den Zusatz "sponsored by". Allerdings stellte der Bundesgerichtshof 2014 fest, dass die Bezeichnung "sponsored by" nicht ausreicht, um den kommerziellen Charakter einer Produkt-Platzierung dem durchschnittlichen Verbraucher deutlich zu machen. Nach derzeitigem Stand sei das keine gesetzeskonforme Alternative zur herkömmlichen "Anzeige", so Rechtsexperte Baier.

Carmen Stromberger: GekaufteBeiträge sollten als Advertorial gekennzeichnet sein.

Doch wo kein Kläger, auch keine Klage. Kaum ein Unternehmen dürfte gegen einen Blogger vorgehen, weil der ihr Produkt vermarktet, ohne es als Werbung zu kennzeichnen. Man könnte es auch anders und krasser formulieren: Beide Seiten bilden in stillem gegenseitigem Einvernehmen eine kommerziell orientierte Zweckgesellschaft. Der Zweck heiligt die Mittel…

Blogger immer wieder überprüfen

Für PR-Agenturen gehört der Umgang mit Bloggern längst zum Alltag. Bei Wilde & Partner hat man vor eineinhalb Jahren eine Datenbank für Blogger und Influencer aufgebaut und inzwischen kümmern sich drei Mitarbeiter darum. "Wir müssen immer wieder prüfen, wer macht was und macht er das auch wirklich", so Hopfengärtner. Aber das sei bei Journalisten nicht anders. Bei Blogs schaue man auch danach, wie oft etwas gepostet wird, ob es kommentiert und mit anderen sozialen Medien verknüpft ist. Auch die Interaktivität sei daher wichtig. Die Reichweite allein sei nicht unbedingt ausschlaggebend.

Auch Tina Olivia Seiler, PR-Managerin bei den Mövenpick Hotels & Resorts in der Schweiz, arbeitet seit langem mit Bloggern zusammen. Für sie muss vor allem die Chemie stimmen und der Blogger muss zur Hotelgruppe passen. "Oft höre ich von einem Blogger, schaue mir das Blog an und wenn es mir gefällt, treffe ich mich zum Mittagessen und kläre die gegenseitigen Erwartungen", erzählt sie. "Das geht sehr nach Bauchgefühl." Qualitätsmerkmale seien für sie schöne und sehr gut geschriebene Posts und ein professioneller Auftritt. Wie viele Follower einer hat, interessiere sie erst in zweiter Linie. "Lieber arbeite ich mit jemanden zusammen, der noch im Aufbau ist, aber das Endprodukt passt", so Seiler.

Ein Blogger teste ein Hotel genauso wie ein Journalist, wobei das Hotel allein eigentlich nie die Geschichte sei, aber der Hoteltipp im Artikel ein schöner Nebeneffekt sei, so Seiler. Bezahlt habe sie einen Blogger noch nie. "Das geht gegen meine Philosophie", sagt die PR-Managerin. Die Frage komme zwar immer wieder, aber es werde auch akzeptiert, wenn sie Nein sagt.

Verlinkungen als Marketing-Chance

Die Mövenpick-Sprecherin empfindet Blogs als Bereicherung. "Früher habe ich Artikel rausgerissen, heute gehe ich auf gute Blogs, bevor ich verreise", erzählt sie. Ob sich die Kooperation mit Bloggern lohnt, könne sie nicht sagen. "Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es schon etwas bringt und der Marke nachhaltig hilft."

Tina Seiler: Vieles bleibt Bauchgefühl.

Die Frage sei immer, was man erreichen will, betont Hopfengärtner. Gerade in der Hotellerie sollten sich die Verantwortlichen immer zuerst fragen, was ihr Ziel ist und wen sie ansprechen wollen. "Man muss lernen, sich nicht überall mitreissen zu lassen", so die PR-Expertin. Vor allem, wenn man kurzfristig ein Thema lancieren wolle oder eine bestimmte Zielgruppe im Visier habe, könnten Blogs eine interessante Option sein.

So könnten Hotels auch Zugriff auf Inhalte bekommen. Schöne Fotos auf Instagram oder lustige Videos auf YouTube lassen sich auf der Website verlinken und können über soziale Medien verbreitet werden. Für andere gehe es vor allem um die Reichweite oder um Backlinks. Eine Herausforderung sei es jedoch, in dem grossen Spektrum der Blogger den passenden Partner zu finden, so Hopfengärtner.

Dass die sozialen Medien den klassischen Journalismus ersetzen, glaubt sie nicht. Das hängt allerdings auch von der Entwicklung der klassischen Medien ab. Dabei beobachtet AccorHotels-Pressechef Kraft eine zunehmende Ressourcen-Verschiebung. So produzierten immer mehr Unternehmen selbst journalistische Formate, die nicht mehr so werblich daherkommen, sondern mehr auf Geschichten setzen: "Die Unternehmen bauen auf, die Medien ab." / Bärbel Schwertfeger

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