Die neuen Investoren Darlings Wer schnell hohe Raten will macht Hostels Der nächste Boom nach Budget
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Die neuen Investoren-Darlings

Wer schnell hohe Raten will, macht Hostels - Der nächste Boom nach Budget?

Ein Dorm in einem Generator Hostel: Die Betten und Staufächer sind numeriert.

Wiesbaden. Institutionelle Investoren im Beherbergungs-Bereich haben einen neuen Liebling: Hostels. Schon die Beteiligungen an A&O und Meininger Hotels zogen die Aufmerksamkeit der Branche auf sich. Doch spätestens seit dem millionenschweren Deal um die Generator Hostels vor kurzem ist man sich einig: Dieser Markt hat noch Mega-Potenzial. Dank Betten-Verkauf und schlanker Infrastruktur rechnen sich die Konzepte besser und schneller als Budget. Selbst Gruppen wie A&O, die im F&B aufrüsten wollen, bringen die Kalkulation noch nicht in Gefahr.

Für 450 Millionen Euro wechselten in diesem Frühjahr die Generator Hostels den Eigentümer. Patron Capital und Invesco Real Estate verkauften die Gruppe aus 14 Hostels mit 8.639 Betten an Queensgate Investments. Alle Hostels liegen in attraktiven Destinationen wie London, Paris, Kopenhagen, Amsterdam, Miami, Dublin, Hamburg, Barcelona, Berlin-Mitte, Berlin-Prenzlauer Berg, Stockholm, Madrid, Venedig und Rom.

Queensgate gab bekannt, weitere 300 Millionen Euro in die Expansion der Gruppe zu investieren. Der Jahresumsatz von Generator Hostels wurde laut Medienberichten mit 70 Millionen Euro beziffert. Invesco hatte sich 2014 an der Gruppe beteiligt und soll damals 60 Millionen Euro für einen Anteil von 24 Prozent bezahlt haben. Jason Kow, CEO von Queensgate Investments, sagte unmittelbar nach dem Kauf: "Generator Hostels steht für qualitative hochwertige Immobilien, robuste Umsätze und eine attraktive Lifestyle-Marke sowie skalierbare Gelegenheiten." Generator und Queensgate würden gemeinsam an der Entwicklung der Marke arbeiten.

Das Erlebnis wird bezahlt

Der Vorteil eines Generator Hostels sei, dass man dafür keine festen Grundrisse brauche, erläuterte Generator-CEO Frederik Korallus hospitalityInside.com am Rande des diesjährigen IHIF in Berlin (Wie hospitalityInside.com gestern abend kurz vor Redaktionsschluss erfuhr, hat Korallus vor kurzem das Unternehmen verlassen. Ein Nachfolger steht noch nicht fest. Die nachfolgenden Aussagen von Korallus beziehen sich also alle auf das Gespräch am IHIF im März). Alle bisherigen Generator-Hostels seien Conversions bestehender Gebäude mit einer gewissen Patina, z.B. eine ehemalige Destillerie, ein Kaufhaus oder eine Polizeistation. Wichtig sei die Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln.

Ex-Generator-CEO Frederik Korallus: Hostels brauchen den besonderen Touch.

70 Prozent der Generator-Zimmer sind laut Korallus Mehrbett-Zimmer, 30 Prozent sogenannte Private Rooms mit eigenem Bad. In Zukunft werde die Gruppe noch mehr Augenmerk auf ein peppiges F&B-Konzept legen: Bars mit Food und Nachtclubs. "F&B zieht die Gäste an, sie bezahlen noch mehr, wenn sie zusätzlich zu ihrem Bett ein Erlebnis erhalten", so Korallus. In Amsterdam erziele man bereits einen durchschnittlichen Übernachtungspreis von 35 Euro pro Bett, die meisten Mitbewerber hinkten hier noch mit 18 Euro hinterher. Bei der Ausstattung seien inzwischen weniger Gemeinschaftsküchen und -bäder gefragt, sondern Bäder direkt im Zimmer; dabei sollte die Toilette separiert sein, getrennt von Waschbecken und Dusche, welche der Privatsphäre wegen aber auch zum Mehrbett-Zimmer hin auch noch optisch geschützt sein sollten.

Der Generator-Umsatz generiert sich laut Korallus derzeit zu 60 Prozent aus der Logis und zu 40 Prozent aus restlichen Einnahmen bei Retail, Bars oder aus dem Verkauf von Besichtigungstouren. Für 2017 erwartet er für Generator einen Umsatz von 78 Millionen Euro.

Von den bisher 14 Generator Hostels – Madrid eröffnet im September, Miami im November – befinden sich 12 im Eigentum der Gruppe. Die Hostels in Stockholm und Berlin-Prenzlauer Berg sind gepachtet. Die künftige Expansionspolitik sieht laut Korallus eine weitere Konsolidierung in Europa vor, man hätte dort gerne noch mehr Häuser in Berlin, Hamburg, Paris oder London. Zudem bestehe Interesse beispielsweise an Warschau, Prag, Budapest, Tel Aviv, München, Florenz oder Mailand. Die Expansion mit Eigentum solle selektiv erfolgen, in Risiko-Märkten wie etwa Tel Aviv wolle man eher auf Management- denn auf Pacht-Verträge setzen.

54% mehr Hostels in fünf Jahren

Auch die Zahlen von A&O Hostels sprechen nur für dieses Segment. Mit rund 23.000 Betten und mehr als 3,7 Millionen Übernachtungen im Jahr 2016 setzte A&O rund 114 Millionen Euro um. Die Gäste-Struktur setzte sich dabei aus Leisure-/Städte-Tourismus, Gruppen/Klassenreisen, Familien und Geschäftsreise zusammen.

"Das Segment Hostels ist für Investoren sehr bedeutend geworden, weil es ein erstaunlich hohes Markt-Wachstum hat", erklärt Denis Gjorgiev, Business Analyst der A&O Holding. "Die Zahl der Hostels in Europas Hauptstädten ist in den vergangenen fünf Jahren weiterhin deutlich gestiegen – Anfang 2017 waren gegenüber 2012 insgesamt 54 Prozent mehr Hostel-Betriebe zu beobachten. Damit wuchs die Anzahl der Betriebe dieses Segments im Vergleich zur regulären Hotellerie der Budget-Märkte wiederum deutlich schneller."

Familienzimmer im A&O Kopenhagen: Erstmals wurden die Zimmer modular aufgebaut.

Den Erfolg des Geschäftsmodells erklärt Gjorgiev mit den vergleichsweise niedrigen Standards und der hohen Bettenstruktur. "Damit ist es auch mit kleineren Betrieben möglich, rentabel zu wirtschaften", sagt er. "Verfügt ein Hotel mit 100 Zimmern üblicherweise über 200 Betten, so kann ein Hostel mit 25 Zimmern durchaus auf die gleichen Betten-Kapazitäten kommen. Bei der baulichen Erstellung werden rund 75 Bäder eingespart, Nebenflächen werden kleiner, der Baukörper kompakter und durch das Modell des Dorms, lässt sich das Konzept an vorhandene Raum-Grössen elastisch anpassen."

5,5 Millionen für 684 Betten

Wie ein Hostel der jüngsten Generation aussieht, stellte A&O Hostels vor wenigen Tagen anhand seines ersten Projektes in Dänemark vor. Das A&O Kopenhagen Nørrebro wurde innerhalb von acht Monaten erbaut und langfristig auf 30 Jahre bei AP Pension angemietet. Die Bau-Investitionen inklusive Möblierung und Ausstattung belaufen sich auf 5,5 Millionen Euro. In der neuen 6.144 qm grossen, vierstöckigen Immobilie im Tagensvej 135-137 wird eine Nacht im Mehrbettzimmer ab 12 Euro, im Doppelzimmer ab 39 Euro kosten. Die Unterkunft bietet 684 Betten, verteilt auf 168 Zimmer, vorwiegend in den Kategorien Vierer- und Sechser-Familienzimmer sowie Doppelzimmer: "Unter der Woche decken wir so den hohen Bedarf an Mehrbettzimmern für Gruppen, an den Wochenenden werden die Zimmer von Individualreisenden wie Pärchen und Familien genutzt", erklärt Phillip Winter, Chief Marketing Officer der A&O Hostelgruppe.

Erstmals wurden die Zimmer modular aufgebaut; d.h. Funktionsboards aus Holz integrieren sämtliche Elektronik und Kabel bei einfacher Montage. Die Zimmer-Schlösser funktionieren mit Karten-Codierung und sind bereits auf das Türöffnen per Smartphone ausgelegt. Jedes Familien-Mehrbettzimmer ist mit sogenannten Privacy Boards ausgestattet, einer Verblendung der Etagenbetten für mehr Privatsphäre mit LED-Leselicht, Tablet-Halterung und zwei USB-Anschlüssen; in gleicher Weise ist der Kopfteil der Doppelbetten ausgestattet. In den Zimmern ersetzen Sitzhocker die konventionelle Bestuhlung.

A&O-CMO Philip Winter:Die Zielgruppen verteilen sich.

Im öffentlichen Bereich gibt es Sitzinseln als Couch-Elemente, eine Leseecke mit Sofas und den Lounge-Bereich mit Sesseln und Kaffee-Selbstbedienung. Der Frühstücksraum mit kleiner Terrasse ist neben Dreiertisch-Arrangements auch mit Hochtischen im Barstil ausgestattet. Gästeküche, Laundry und die Kinderspielecke liegen in der Lobby. Die Kette teilt sich das Gebäude übrigens mit einem Studentenwohnheim. Das Hotel bietet daher einen "Students Only"-Bereich für die jungen Akademiker mit Ruhezone und Highspeed Wi-Fi an.

Vorzeigbarer Track Rekord

Marc Socker, Managing Director Fund Management Hotels bei Invesco Real Estate, erklärte gegenüber hospitalityInside com: "Wir waren als institutioneller Investor im Hostel-Sektor Vorreiter in diesem sehr aktiven und liquiden Bereich. Die Generator Hostels waren eine aufregende Gelegenheit für uns, in eine pan-europäische Hostel-Plattform mit einem signifikanten Expansionspotenzial zu investieren."

Die Frage, ob er erneut in Hostels investieren würde, beantwortete Socker klar mit Ja. Hostel-Typen wie Generator seien eines der am schnellsten expandierenden Segmente innerhalb der Hotellerie und würden in vieler Hinsicht die Spitze des Budget- und Lifestyle-Hotel-Segments einnehmen. Allerdings sei es dabei wichtig, welche Qualität das Immobilien- und Management-Team habe.

Er geht davon aus, dass sich künftig noch mehr kreditwürdige Gelegenheiten und Partner in diesem Segment entwickeln werden. Inzwischen könne man auch auf mehr Daten über diese Investment-Klasse zurückgreifen. Auch seien erfolgreiche Marken wie Meininger und Generator inzwischen über zehn Jahre an unterschiedlichen Standorten am Markt, dies sei ein vorzeigbarer Track Rekord.

Socker: "Jugendreisen generieren die grösste Nachfrage, sie sind das am schnellsten wachsende Segment im weltweiten Reise-Business und zudem bleiben sie auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten robuster. Der Jugendreise-Markt wird derzeit auf 20 Prozent des internationalen Tourismus und auf 15 Prozent der weltweiten Ausgaben geschätzt. Dabei stellt er nur fünf Prozent des gesamten Beherbergungsmarktes. Wenn das Hostel-Segment mit einer starken Marke auftritt, ist dieses Produkt eine sehr attraktive Investment-Gelegenheit. Unterstützt wird es zudem durch das Wachstum der Low Cost Carrier, die Reisen durch Europa günstiger machen."

Marc Socker, Invesco: Vorreiter unter den institutionellen Investoren im Hostel-Segment.

Geringe Investition, kräftige Raten

Die Dynamik der Hostels beschäftigt auch andere: "Wir beobachten den Hostel-Markt schon seit Jahren sehr intensiv. Die Transaktionen in den letzten Jahren sind ein Indiz für die Dynamik am Markt. Hinzu kommt, dass mittlerweile auch neue Marken in diesem Segment entwickelt werden, z.B. H.Ostels von H-Hotels oder Jo&Joe von AccorHotels", sagt Michael Lidl, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Treugast aus München. Die anhaltende hohe Attraktivität dieses Markt-Segments zeige sich auch im "Treugast Investment Ranking", in dem die Marktführer im deutschen Hostelbereich, Meininger und A&O, bereits seit Jahren im AA-Bereich lägen und damit auf einer Linie mit Hotelgruppen wie Hilton, Leonardo, Lindner und Marriott liegen.

Als grossen Vorteil der Hostels bezeichnet Lidl deren unglaublich hohe Kosten- und Flächeneffizienz aufgrund der Mehrbett-Zimmer, der verhältnismässig geringen öffentlichen Flächen sowie des kostengünstigen FF&E. "Somit ergeben sich sehr geringe Investitionskosten im Hostel-Segment von ca. 15.000 bis 25.000 Euro pro Bett", sagt er. Damit bewegt sich, aufs Doppel-Zimmer umgelegt, der teuerste Hostel-Anbieter immer noch auf dem Level des günstigsten Budget-Anbieters.

Hostels unterscheiden sich laut Lidl nicht so stark von Budget-Hotels, generieren aber schneller höhere Raten: Rechnet sich schneller hoch – ab 3 Bett-Zimmer liegt er deutlich höher. Eine durchschnittliche Betten-Rate von rund 30 Euro im Hostel erzeugt, so Lidl, hochgerechnet einen durchschnittlichen Zimmerpreis von 90 Euro – und das lässt sich im Markt derzeit leicht durchsetzen.

Für den Treugast-Geschäftsführer ändert sich die Hostel-Kalkulation auch dann noch nicht, wenn Anbieter wie A&O ihren öffentlichen Bereichen mehr Sexappeal verleihen möchten und auch das F&B-Konzept aufpeppen: Bei Hostels, die bis zu 1.000 Betten in einem Haus zählen, sind solche Verschönerungsmassnahmen nur noch marginal – erzeugen aber trotzdem noch eine höhere Gast-Bindung.

Nur wenige grosse Player

Die Lobby des neuen A&O Kopenhagen. Die Gruppe sieht aber auch noch viel Platz für ihre Hostels ausserhalb der City Center.

Die Dynamik des Hostel-Segments werten die Treugast-Berater auch als weiteren Beleg für die zunehmende Vermischung am Markt. Die Markteintritts-Barrieren in diesem Markt-Segment seien noch verhältnismässig gering, weil es bislang wirklich nur wenige grosse Player gibt. "Die grössten Player in Deutschland sind das Deutsche Jugendherbergswerk, A&O und Meininger, wobei jede dieser drei Gruppen ein klare Positionierung und Abgrenzung vom jeweiligen Wettbewerber hat", so Lidl. Man gehe davon aus, dass H.Ostel und Jo&Joe nicht die einzigen neuen Marken-Konzepte im Hostel-Segment blieben und dass dieses Segment nach wie vor die grössten Wachstums-Potentiale am Markt habe.

"Wenngleich das Markt-Volumen nicht so gross ist wie im Budget-Segment, hat der Hostel-Markt das Potenzial, der neue Boom-Markt in Deutschland zu werden und den nun seit 15 Jahren anhaltenden Boom der Budget-Hotels langsam abzulösen", so Lidl.

Entstanden Hostels bisher in Stadtzentren, sieht Denis Gjorgiev von der A&O Holding inzwischen auch einen Markt für Objekte ausserhalb touristischer Kernbereiche von Städten. Zudem, so der Business Analyst, führten die durch die Digitalisierung geschaffenen neuen Vertriebsstrukturen – die aufgrund ihrer Skalierbarkeit nun auch sehr kleine Einheiten technisch zeitgemäss versorgen könnten – vermehrt zu neuen Konzepten. / Susanne Stauss

 

 

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