Die Schere geht weiter auf Eine kleine Elite prägt Österreichs Ferienhotellerie aber der Markt schrumpft
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Die Schere geht weiter auf

Eine kleine Elite prägt Österreichs Ferienhotellerie, aber der Markt schrumpft

In Österreich gibt es etliche herausragende Familienbetriebe wie das Hotel Edelweiss in Grossarl.Foto: Michael Huber

Wien. Das wirtschaftlich erfolgreiche österreichische Ferienhotel ist eines, das mit Luxus aufwartet und von Gästen gestürmt wird – doch das trügt: Zwar prägt eine kleine Elite dieses stolze Bild, darunter aber raufen sich 90% der Betriebe um die verbleibende Hälfte des Umsatzes. Insgesamt bleiben österreichische Ferienhotels klein in der Bettenzahl und die Gewinn-Margen schrumpfen weiter. Der Abstand der Tophotels zu den anderen Beherbergungstypen wird immer grösser.

"Ganze 10% der Betriebe erzielen 30% der Übernachtungen und die Hälfte der gesamten Wertschöpfung in der Hotellerie", vermerkt die Prodinger Tourismusberatung in ihrer Analyse "Taten statt Worthülsen", die sie am 5. September präsentierte. Diese Betriebe sind dabei keineswegs immer in Top-Destinationen anzutreffen. Hotels wie der Hochschober auf der Turracher Höhe, der Krallerhof oder das Forsthofgut Leogang, Retter Pöllauberg oder der Stanglwirt bei Going zeigen, dass man nicht unbedingt in einer Top-Destination liegen muss, um in der Oberliga mitzuspielen.

Thomas Reisenzahn: Verbesserungen in der Ertragskraft sind allein dem niedrigen Zinsniveau zuzuschreiben.Foto: Florian Lechner

Warum gelingt das einigen, woran scheitert die Majorität? In der Regel braucht es Generationen, um diese Stärke zu erreichen. Zwar dominieren in Wien mit 59% die Hotelketten, doch österreichweit sind weiterhin 86,2% der Hotels Familienbetriebe. Darin sieht Peter Hettegger Senior, mit den Hotels Edelweiss in Grossarl und Berchtesgaden ein typischer Vertreter der absoluten Hotelelite, die absolute Stärke. 14 Mitglieder der Familie Hettegger sind diesen Winter persönlich anzutreffen. "Hinter jeder baulichen Massnahme steht eine starke Vision. Oft entwickeln und diskutieren wir über drei, vier Jahre, dann wird es aber schnell umgesetzt", so Hettegger. Er befürwortet es, wenn alle Mitarbeiter die Vision kennen und leben und die Umsetzung stimmig ist.

Mitarbeiter-Kosten fressen Betten-Wachstum

Das gelingt nicht jedem. Die Branche habe jahrelang zu viel in Hotelprodukte investiert, für die Gäste heute nicht mehr bereit seien, das Gleiche wie vor einigen Jahren indexiert zu bezahlen, meint Prodinger-Geschäftsführer Thomas Reisenzahn und verweist auf eine bemerkenswerte Statistik: In den vergangenen acht Jahren wuchs die Zahl der Betten in der gehobenen Hotellerie um 16,1%, doch dafür mussten 20,7% mehr Mitarbeiter beschäftigt werden. Für den Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, Markus Gratzer, ist das auch ein Zeichen für die zunehmende Schere zwischen dienstleistungsorientierten Tophotels sowie den Budgethotels und Apartment-Anlagen, die wenig Arbeitsplätze schaffen.

"Auch wenn auf den ersten Blick in den letzten Jahren eine Verbesserung der Ertragskraft erzielt werden konnte, ist diese allein dem niedrigen Zinsniveau zuzuschreiben. Rechnet man die günstigen Zinsen heraus, hat sich die Gewinnmarge de facto sogar verringert", unterlegt Prodinger die Aussage mit einem Vergleich. Während der Cashflow innerhalb von zehn Jahren von 12,1% auf 15,4% anstieg, sei der GOP von 23,4% auf 21,9% rückläufig.

Fakt sei, dass steigende Kosten in Hotelbetrieben nicht durch höhere Erlöse ausgeglichen werden können. Trotz der Verbesserung der Eigenkapital-Ausstattung in den vergangenen Jahren habe die Erosion der Erträge den finanziellen Spielraum der Unternehmen zunehmend eingeengt.

Peter Hettegger: Hinter jeder baulichen Massnahme steht eine starke Vision.Foto: Gustav Willeit

Doch wer sich wie Hettegger auf das Top-Segment spezialisiert, weiss, dass Investitionsschübe die Essenz der Luxushotellerie sind. Im 5-Sterne-Resort Edelweiss im kleinen Ort Grossarl entsteht der 7.000 qm grosse Wellnessbereich samt Aussenbecken und Indoor-Rutschenpark neu. Finanzieren sollen das 35 edle Suiten plus eine 120 qm grosse Suite im 8. Stock. Für die Investition von rund 37 Millionen Euro wurden 150.000 Kubikmeter Erdreich bewegt.

15% weniger Hotelbetriebe

Die Substanz und Wirtschaftlichkeit der Hettegger-Betriebe hält derartige Massnahmen aus. Andere nicht: Seit 2007 hat sich die Zahl der Hotelbetriebe in Österreich um 15% reduziert, die verbliebenen bieten aber jeweils gut ein Viertel mehr Zimmer an. Trotzdem verfügen knapp drei Viertel der Anbieter noch immer über weniger als 100 Betten.

Konkret verweist Prodinger auf das Schweizer Hoteljahrbuch, nach dem Österreich mit 48,7 Betten pro Hotelbetrieb gegenüber den Nachbarländern weiterhin den tiefsten Wert aufweist. Höher liegen Deutschland mit 52,9 und die Schweiz mit 54,9 Betten. In Italien und Frankreich steigert sich die Durchschnittsgrösse der Hotels weiter. Hotelier Hettegger warnt trotz seiner steten Expansion aber davor, nur die Betriebsgrösse als Allheilmittel zu sehen.

So wie die Prodinger Tourismusberatung viele ihrer Kunden in den obersten zehn Prozent wiederfindet, sieht auch die ÖHV eine grosse Deckungsgleichheit mit ihren 1.500 Mitgliedsbetrieben: "Unsere Mitglieder erfreuen Strukturen, welche die Komplexität des Geschäfts soweit reduzieren, dass sich die Hoteliers auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können," sagte Markus Gratzer.

Markus Gratzer: Die Ökosteuer ist das schlauere Instrument.Foto: ÖHV

Dauerthema Löhne und Steuern

Im dem vor den Wahlen auffrisierten ÖHV-Forderungskatalog sieht Gratzer eine Priorität bei den Investitionen: die Anpassung der 40 Jahres-Abschreibung an die kürzeren Investitionszyklen in Form der degressiven Abschreibung. Als wichtigste strukturelle Notwendigkeit aber sieht die Branche die Entlastung bei den Arbeitskosten. "Seit 2017 ist bei den Lohnkosten nichts Wesentliches umgesetzt worden. Und es kann frühestens 2021 wirklich etwas geschehen", beklagt Reisenzahn weitere vier vergeudete Jahre. Prodinger errechnete, dass eine vom Mitarbeiter gewünschte Nettolohn-Erhöhung von 100 Euro das Unternehmen 226 Euro koste. Allerdings basiert dieses Modell auf 2.500 bis 3.000 Euro Bruttogehalt, welches in der Branche nicht allzu häufig anzutreffen ist.

Dass die ÖHV keine Lust auf Vermögensbesteuerung hat, verwundert angesichts des kapitalintensiven Hotelgewerbes nicht. Generalsekretär Markus Gratzer sieht neben einer generell günstigeren Steuerquote bei den Ökosteuern das "schlauere Instrument".

Wer Branchenvertreter über schlechte Rahmenbedingungen klagen hört, wundert sich, wenn Parade-Unternehmer wie Hettegger ein durchaus positives Weltbild zeichnen. Zwar sei die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern die grösste Herausforderung, das Standing seiner modernen Betriebe mache die Sache aber leichter: "Wenn die Gesamtsituation und die Arbeitsgesetze nicht schlechter werden, dann bin ich schon zufrieden. Man muss sich ohnehin immer nach der Decke strecken." / Fred Fettner

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