Ein Bild voller Licht und Schatten Hotel Arbeitsmarkt Italien Studien fordern höhere Löhne und bessere Ausbildung
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Ein Bild voller Licht und Schatten

Hotel-Arbeitsmarkt Italien: Studien fordern höhere Löhne und bessere Ausbildung

In Italien schuf die Branche zuletzt 30.000 Arbeitsplätze. Aber die Bezahlung und Anerkennung hinken noch viel stärker hinterher als in anderen EU-Ländern.Foto: Adobe Stock Drobot Dean

Rom. Italiens Hospitality-Segment kämpft seit Langem um Fachkräfte. Der Grund hierfür ist ein grosses Lohngefälle im Vergleich zu anderen Branchen sowie ein umfassendes Image-Problem: Arbeitsplätze in der Reise-Branche werden häufig nicht als vollwertige Karriere-Möglichkeiten gesehen, sondern lediglich als Arbeitsplätze zweiter Wahl. Zwei junge Studien zeigen, was der Sektor seinen Arbeitskräften bietet und wo noch Nachholbedarf besteht.

Laut der Studie "Employment configuration of the hotel segment in the Italian tourism leisure industry" – durchgeführt vom Think-Tank "Fondo per la Sussidarietà" und dem Forschungszentrum CRISP, die beide zur Universität Milano Bicocca gehören – hat die Tourismus-Branche in letzter Zeit eine beneidenswerte Dynamik gezeigt.

Zwischen 2014 und 2017 schuf das Hospitality-Segment beispielsweise 30.000 neue Arbeitsplätze und konnte dadurch eine fünfmal höhere Wachstumsrate bei neuen Stellen als die nationale Wirtschaft vorweisen. Ausserdem stiegen 2019 die wertschöpfenden Beiträge zum nationalen GOP 3,56-mal schneller als die der italienischen Gesamtwirtschaft.

Allerdings zahlt sich das für die Arbeitnehmer nicht unbedingt aus. "Wir erleben ein allgemeines Lohngefälle, bei Männern und bei Frauen, insbesondere bei höher qualifizierten Arbeitskräften. Ungelernte Kräfte in der Hotellerie verdienen lediglich 0,7% weniger als das nationale statistische Mittel, während Hotel-Mitarbeiter mit mindestens einem Bachelor-Abschluss durchschnittlich 20% unter dem Bruttoverdienst pro Stunde im entsprechenden italienischen Mittelwert liegen", wie Aldo Brugnoli, Wissenschaftlicher Direktor der Fondazione per la Sussidiarietà, sagte.

Trotzdem sollte erwähnt werden, dass die Personalkosten trotz niedrigerer Löhne in der italienischen Hotellerie im Vergleich zu anderen Ländern relativ hoch sind. Diese Diskrepanz ist zum Teil auf höhere Bruttoeinnahmen der italienischen Hospitality-Unternehmen zurückzuführen, aber auch auf die Belastung durch die Besteuerung der Arbeit, die mit bis zu 42% des Bruttoverdiensts zu den höchsten in Europa zählt.

Jeder Hotel-Manager kümmert sich um 96 Mitarbeiter. Ist das einer der Gründe für mangelnde Qualifikation?Foto: Adobe Stock Petiovs

Unzureichend qualifiziert für höhere Posten

Die Bicocca-Studie zeigt ausserdem, dass der italienische Arbeitsmarkt unter mangelndem Fachwissen leidet. Nur 6,5% der Arbeitskräfte in der italienischen Hospitality-Branche können mindestens einen Bachelor-Abschluss vorweisen verglichen mit dem nationalen Arbeitsmarkt mit durchschnittlich insgesamt 15%, wie die Studie belegt. Dieser Trend setzt sich fort, wenn es um Schulabschlüsse wie beispielsweise das Abitur geht, das 37% der Hotel-Fachkräfte vorweisen können im Vergleich zum nationalen Durchschnitt von 39%. Beim Blick nach unten auf der Qualifikationsskala kehren sich diese Diskrepanzen um: 34% der Hotellerie-Mitarbeiter verfügen über eine niedrigere Mittelschulbildung und 4% haben keinen Schulabschluss. Diese Ergebnisse müssen jedoch im Kontext betrachtet werden: Auf jeden Manager in der Hotellerie entfallen 96 Mitarbeiter auf niedrigeren Positionen, während auf nationaler Ebene ein Manager auf 22 Mitarbeiter kommt.

Gründe für diese Situation sind in der Studie der Mailänder Universität IULM zu finden, die in Zusammenarbeit mit der Hotel-Vereinigung Confindustria Alberghi durchgeführt wurde, und die sich mit dem Bildungssystem und dessen Verhältnis zu den Bedürfnissen der Branche befasst. An der Umfrage nahmen 167 Hotels teil, von denen 76% nur teilweise entsprechend qualifizierte Mitarbeiter auf dem aktuellen Arbeitsmarkt finden konnten. 18% gaben an, die erforderlichen Qualifikationen seien überhaupt nicht vorhanden und lediglich 6% behaupteten, keine Schwierigkeiten bei der Suche nach den erforderlichen Mitarbeitern gehabt zu haben. "Junge Mitarbeiter, die aus dem nationalen Schulsystem stammen, verfügen normalerweise über gutes abstraktes Wissen, was die Branche betrifft, aber gleichzeitig mangelt es ihnen an praktischen Fähigkeiten", so Manuela De Carlo, Director of the Master in Hospitality and Tourism Management an der IULM.

Zu den gefragteren Positionen zählen die Bereiche Front Office, gefolgt von F&B, Housekeeping, Spa & Wellness sowie Meeting und Events. "Aus unseren Interviews und Fokusgruppen heraus hat sich ein starker Bedarf an Schulungs- und Ausbildungs-Programmen für das mittlere Management ergeben, insbesondere in Bezug auf Coaching-Aktivitäten zur Stärkung der Führungs-Kompetenzen, der Fähigkeiten im Bereich Personal-Management und allgemein aller Management-Aufgaben", fügte Manuela De Carlo hinzu.

Hoher Anteil an Frauen und internationalen Arbeitnehmern

Laut Bicocca-Studie handelt es sich bei 51% aller Mitarbeiter im italienischen Hospitality-Segment um Frauen. "Das zeigt, welche wichtige Rolle die Hotel-Branche bei der Verringerung der sogenannten geschlechtsspezifischen Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt spielt", so Aldo Brugnoli. "Selbst geschlechtsspezifische Lohn-Unterschiede fallen normalerweise niedriger aus als in anderen Branchen: 2016 erhielten Arbeitnehmerinnen im Hotel-Geschäft einen um 4,8% niedrigeren Brutto-Stundenlohn als ihre männlichen Kollegen, waren jedoch weit vom landesweiten Unterschied von 8,3% in der Wirtschaft entfernt."

Darüber hinaus schliesst die Hotel-Branche hinsichtlich sozialer Eingliederung gut ab: Der Anteil junger Arbeitnehmer und internationaler Mitarbeiter liegt deutlich über dem nationalen Durchschnitt mit 19% bzw. 22%, wie er weiter hervorhob.

Das bedeutet aber auch, dass diese Gruppen überdurchschnittlich stark von vorherrschenden Arbeitsbedingungen wie Niedriglöhnen und befristeten Arbeitsverträgen betroffen sind. Die Studie zeigt, dass 57% der Beschäftigten im Gastgewerbe befristete Verträge haben im Vergleich zu 15% im nationalen Durchschnitt.

Über die Studien: Die beiden Reports wurden von der Hotelgruppe TH Resorts und der nationalen Entwicklungsbank CDP im Rahmen der neuen Italian Hospitality School in Auftrag gegeben und finanziert. Die Ergebnisse wurden bei der offiziellen Einführung der neuen Bildungseinrichtung im Dezember 2019 in Rom vorgestellt. / Massimilano Sarti

 

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