Es geht nur mit langem Atem Der Fall Arborea lenkt den Blick auf die Stolpersteine neuer Resort Marken
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Es geht nur mit langem Atem

Der Fall Arborea lenkt den Blick auf die Stolpersteine neuer Resort-Marken

Gerade einmal 15 Monate alt wechselt das Arborea Marina Resort bereits den Betreiber.Foto: Arborea Hotels and Resorts

Neustadt. Resorts sind hipp. Der aktuelle Hype hebt sie hoch. Trotzdem ging das vielversprechende Konzept des Ferienhotels Arborea Marina Resort in Neustadt/Holstein schief: Zum 11. Oktober, letzten Freitag, hat die Hamburger Betreiber-Gesellschaft RIMC das 15 Monate alte Resort am Hafen übernommen – inklusive Marken-Namen und nachhaltigem Konzept. Diese kleine Geschichte führt dazu, den Hype zu hinterfragen: Wie viel Energie, Geld und Glück braucht es, um eine Resort-Marke zu etablieren? Weshalb ist das viel schwieriger als in der Stadt-Hotellerie? Berater, Resort-Experten und erfolgreiche Resort-Macher erläutern die Herausforderungen, Arborea-Gründer Johann Kerkhofs und RIMC-Geschäftsführer Marek Riegger legen ihre Sicht der Dinge dar.

Die aktuelle Geschichte von Arborea ist gar nicht so untypisch für die Branche, sagen die Experten; sie enthält etliche Stolper-Stellen, die grossartige Ideen über Nacht zunichtemachen können. Deshalb zuerst zu der jungen Marke.

Arborea hat als nachhaltiges Resort in Holzbauweise und mit integrierter eMobility im deutschsprachigen Markt für Aufsehen gesorgt. Mit einem Jahr Verspätung, am 16. Juli 2018, eröffnete das Arborea Marina Resort Neustadt am Yachthafen als erstes Haus der Marke. Es bietet 124 Zimmer, 1.000 qm Wellness mit Pool, zwei Restaurants, zwei Bars sowie The Stairs, eine riesige Freitreppe aus Holz, die sich zum Meer und zu den Salzwiesen öffnet. Die Treppe ist ebenso wie die Mitmach-Küche ein "signature" Feature der Marke, symbolisiert sie doch die Urlaubsidee, Gemeinschafts-, Natur- und Sport-Erlebnisse zu teilen.

Johann Kerkhofs: Das nachhaltige Konzept wird greifen.Foto: privat

Der Developer Johann Kerkhofs stellte das Arborea-Konzept schon im Jahr 2015 vor. Er war damals Geschäftsführer der LHRE GmbH, dem Real Estate-Arm der Düsseldorfer Lindner Hotels-Gruppe. Anfang 2016 trennte er sich von LHRE, gab seiner neuen Firma den Namen Orange Lion – und nahm seinen Partner Gerhard J. Geising, Architekturbüros Geising & Böker, mit in die Holding, die Arborea Hotels & Resorts GmbH. Jetzt sind Kerkhofs und Geising nur noch Minderheitsgesellschafter in der Holding, die Mehrheitsanteile in der Betreiber-Gesellschaft hält der dritte Partner Arne Schmidt mit 57%. Zudem sind Kerhofs und Geising durch RIMC letzte Woche aus ihrer Geschäftsführungsfunktion abberufen worden; sie sind ersetzt durch Marek N. Riegger, den CEO von RIMC, und deren CFO Audun Levke.

Der branchenfremde Investor

Der Mitt-Vierziger Arne Schmidt hat mit seinem ersten Hotel-Projekt offenbar die Geduld verloren. Er hat nämlich ein "Lieblingsgeschäft… Skalieren", schrieb die deutsche Wirtschaftszeitung Handelsblatt im Februar 2019 in einem Schmidt-Porträt. Skalieren dauert in der Hotellerie. Bei Fitnessketten und Spielhallen geht das schneller: Der Schmidt.Gruppe aus Coesfeld gehören laut Handelsblatt 80% der Discount-Fitnesskette FitX mit 74 "Studios" und 170 Glücksspiel-Stationen in Deutschland. Die Gruppe machte 2018 einen Umsatz von 400 Millionen Euro.

2015 war das Arborea Neustadt Marina mit 20 Millionen Euro kalkuliert worden, Insidern zufolge sind bis heute noch einmal 10 Millionen dazu gekommen. Die einjährige Verspätung erlaubte auch in diesem Sommer nur monatsweise guten Umsatz, weil das Hotel quasi mitten in der Saison eröffnete und damit keine Ressourcen mehr hatte, bereits das Nachfolge-Geschäft für den Winter anzukurbeln. Der stärkste Monat September schloss laut Kerkhofs mit etwa 78% Belegung ab; laut RIMC generierte der September 75% Belegung und einen ADR von 100 Euro. Das Konzept hat also Potential, wie es auch sehr gute Urlauber-Bewertungen andeuten.

Marek Riegger: Die Lage und das Lifestyle-Konzept waren ausschlaggebend für die Übernahme.Foto: RIMC

Das sieht der neue Betreiber RIMC genauso. Laut Marek Riegger wurde die Hamburger Betreiber-Gesellschaft bereits im Februar dieses Jahr von Oliver Seiter, dem Geschäftsführer der Eigentümer-Gesellschaft Ancora Marina GmbH & Co KG angefragt, ob man Interesse am Betrieb des Hauses habe. Johann Kerhofs erfuhr von neuen Ambitionen des Eigentümers und von den Bedenken seines Partners Arne Schmidt erst Mitte September, berichtet er hospitalityInside.com.

"Uns gefallen die Lage und das Lifestyle-Konzept", sagt Riegger. Deshalb hat RIMC den bisherigen, auf 20 Jahre angelegten Management-Vertrag mit Mindest-GOP und Garantien übernommen und hält seit letzter Woche nun 51% an der Marina Resort Neustadt GmbH. Zwischen dieser GmbH und der Mutter-Gesellschaft auf Betreiber-Seite, der Arborea Hotels und Resort GmbH, liegen noch zwei weitere 100prozentige Töchter. In all diesen hat Arne Schmidt das Sagen.

Johann Kerhofs ist angesichts der aktuellen Entwicklung sehr enttäuscht. Er sucht jetzt Investoren, um sich den Betrieb in Neustadt zurückzuholen und das zweite Projekt in Gallenkirch/Montafon zu sichern, welches aufgrund der aktuellen Ereignisse momentan in der Luft hängt. Fünf bis zehn Millionen würde er in einem ersten Schritt benötigen. Das dritte Projekt, das Arborea Resort Schierke im Nationalpark Harz, hat er abgesagt, berichtet Kerhofs.

"Um die Marke Arborea aufzubauen, brauchen wir drei bis vier Hotels. Dann erst ist die Marke wiedererkennbar und es existiert eine klare Message gegenüber dem Gast", erläutert Kerkhofs seine Einstellung, die aber offenbar nicht mehr von Investor Arne Schmidt geteilt wurde. Dass Resorts in Zentraleuropa künftig gefragt sein werden, ist aufgrund der gesellschaftlichen Bewegung in Sachen Nachhaltigkeit durchaus realistisch: Der CO2 Footprint rückt stärker ins Bewusstsein der Menschen, Flug-Schämen setzt ein. Daneben werden Flug-Reisen generell immer aufwändiger, und so manche Region kommt wegen geopolitischer Turbulenzen für viele Reisende nicht mehr in Frage.

Martina Fidlschuster: Bei Resorts braucht man einen langen Atem, was branchenfremde Investoren oftmals nicht erkennen.Foto: Hotour Gaby Sommer

Experten: Langer Atem gefragt

"Die ersten Projekte sind wie immer die schwierigsten", bestätigt Martina Fidlschuster, Geschäftsführerin der Hotour Hotel Consulting aus Frankfurt. Bis zu fünf Jahre betrage die Anlaufzeit, auch abhängig von der Bekanntheit des Ferienortes und natürlich von der Hotel-Lage. "Bei Resorts braucht man grundsätzlich viel oder mehr Kapital als bei Stadthotels und einen langen Atem".

Die höheren Renditen in der Ferienhotellerie würden gleichzeitig aber auch höhere Risiken mit sich bringen. "Und viele dieser Risiken kennt man nicht", sagt sie auch mit Blick auf branchenfremde Investoren, die ihre Entscheidung für ein Resort oft emotional fällen und dann verwundet seien, wenn sie auf überlastete Genehmigungsbehörden treffen, sich die Bauarbeiten verzögern oder fassungslos auf überteuerte Angebote von GUs schauen. Letzteres ist aufgrund des seit Jahren anhaltenden Bau-Engpasses im deutschen Markt ein bekanntes Phänomen.

Die Resort-erfahrene Beraterin rät Investoren und Betreibern dazu, zunächst in "einfache" Hotels – Stadthotels – zu investieren, um so Eigenkapital und Cashflow aufzubauen. "Ferienhotels sind immer scharf gerechnet", sagt Fidlschuster, und Investoren müsse deshalb bewusst sein, dass der hohe Investment-Bedarf bei dieser Spezial-Immobilie anhalte. Das Muster-Beispiel dafür ist immer das Spa, das so gut wie nie eine Rendite abwirft, das man aber haben muss, um die Gäste ganzjährig im Haus zu halten. Kurz gesagt: Allein fürs Spa opfert man also Eigenkapital oder man finanziert es mit über Subventionen, die es in einzelnen deutschen Bundesländern noch gibt.

Timing und fragile Finanzen

Olaf Steinhage, Geschäftsführer Horwath HTL Deutschland, hatte 2013 selbst die Idee zu einer eigenen Hotelgruppe: zu Holler Hotels & Resorts – leichten, unkonventionellen Ferienhotels mit einem gewissen Design-Anspruch, aber zu vernünftigen Preisen, möglichst im 120 Minuten-Auto-Radius rund um die

Olaf Steinhage: Das richtige Timing und etwas Glück entscheiden manchmal über Erfolg oder Misserfolg.Foto: Horwath HTL

deutschen Metropol-Regionen, am Strand, in den Bergen oder am See. Seine Idee kam nicht zum Fliegen: "Vielleicht waren wir etwas zu früh dran", sagt Steinhage rückblickend, "vielleicht hatten wir auch nur Pech: Wir wollten von einer anderen Hotelgruppe vier Objekte übernehmen, aber vor dem Notar-Termin gab es noch einmal Diskussionen ums Geld". Das Konzept liegt immer noch in seiner Schublade.

Als Berater sieht er die Ferienhotellerie heute immer noch in einem "sehr fragilen Finanzierungsumfeld". Institutionelle Anleger können sich nach wie vor nur schwer für das schwierige Produkt erwärmen, deshalb sind meist Family Offices oder Einzel-Investoren die Partner der Betreiber. Genauso zäh gestaltete sich der Weg der City-Budget-Hotels vor 15 Jahren. "Ich sehe jetzt erstmals, dass sich grosse Fonds oder Investmenthäuser für Ferienhotels interessieren, aber nur sehr vorsichtig", hat Steinhage wahrgenommen. Die häufigsten Finanzpartner sind immer noch Volksbanken/Raiffeisenbanken oder Sparkassen. Diese regional agierenden Banken kennen auch die Zugänge zu öffentlichen Fördertöpfen.

Potential sieht auch er im Leisure-Segment, aber nicht mehr unbedingt für die klassischen Konzepte. Sie werden abgespeckt: "Genau wie in der Stadthotellerie zeichnet sich ein Trend zu lässigen, leichten Ferienhotels ab". Zudem gibt er zu bedenken, dass die Destination wie auch die konkrete Location eine Mega-Rolle für den Erfolg spielen. Hier sei eine sehr gute Kooperation zwischen Investoren und Gemeinen gefragt – optimalerweise auf Basis einer Private Public Partnership. Das Wohlfühlen vor Ort und im gesamten Ort bzw. in der Umgebung ist ein entscheidender Faktor fürs Wiederkommen.

Die Erfolgsstory des Beach Motel

Ein Mann, der in Sachen Ferienhotels wohl alles richtig gemacht hat, ist Jens Sroka. Der Privathotelier aus Hamburg wurde für seine Innovationskraft dieses Jahr mit dem "Special Award" der Zeitung AHGZ ausgezeichnet. Unter dem Namen Heimathafen Hotels betreibt er in St. Peter-Ording und Heiligenhafen heute sechs Häuser, die den Tourismus an Nord- und Ostsee aufgemischt haben: Sie heissen Beach Motel oder Bretterbude und beschreiben sich selbst locker-flockig so: "Von der rotzig-rockigen Surfer & Skater-Bude in Heiligenhafen über exklusive Beach Apartments mit eigener Sauna bis hin zum lässig-luxuriösen Lighthouse Hotel & Spa in Büsum – mit uns entdeckst du die Küste noch mal ganz neu!"

Srokas neue Interpretation von Strandurlaub trägt Früchte: Jedes der Ferienhotels liegt bei einer Belegung von über 80 oder gar 92 Prozent zu tollen Raten. Im ersten Beach Motel in St. Peter-Ording freut er sich heute über 92% Belegung und eine Rate von 124 Euro netto netto. Im Beach Motel Heiligenhafen kommt er auf 83% Belegung und 140 Euro netto netto. Die ersten Häuser sind jetzt so stark, dass selbst der jüngste Zögling – das erst dieses Jahr eröffnete Lighthouse Hotel & Spa direkt am Museumshafen von Büsum – auf Anhieb 72% Belegung und eine Rate von 150 Euro netto netto schafft.

Lässig und luxuriös: Das neue Lighthouse Hotel in Büsum ist aufAnhieb ein Erfolg.Foto: Heimathafen Hotels

Den finanziellen Nährboden zu diesem Erfolg legte Jens Sroka mit seinem Bruder durch zwei andere Hotels im Familien-Besitz: das Hotel Ambassador und Hotel Strandgut in dem bekannten Kurort St. Peter-Ording. Der involvierte regionale Bau-Unternehmer wurde dann Srokas Joint Venture-Partner. Probleme mit den Banken habe es auch deshalb noch nie gegeben, berichtete der quirlige Unternehmer, der seine Gäste "Halunken" nennt. Zudem habe die Gemeinde gesehen, dass durch ihr Engagement in Heiligenhafen sehr viel mehr Übernachtungen zustande kamen.

Belegungsprobleme gab es für kein neues Haus: "40% unserer Gäste in den neuen Marken waren Stammgäste aus den beiden alten Häusern", berichtet er. "Aber wir hätten es beim ersten Beach Motel und bei der Bretterbude auch ohne das geschafft", sagt er, räumt aber auch ein, dass bei diesem Kraftaufwand mehr Atem gefordert ist.

Er gibt der Ferienhotellerie in Deutschland eine Riesenchance: "Es gibt unwahrscheinlich viel Geschäft; man muss nur wissen, wie man es sich holt". In einem Engpass nach Eröffnung hätte er seine Zimmer gnadenlos über Discount-Reiseanbieter wie Berge & Meer vermarktet. Hauptsache, die Zimmer sind voll und die Mundpropaganda läuft. Und: "Wir müssen ja auch die Jobs der Mitarbeiter sichern".

Inzwischen haben er und seine beiden Partner von Heimathafen Hotels auch gelernt, Zuschüsse vom Land oder aus der EU abzurufen. "Wir müssen 20% Eigenkapital aufbringen, durch die Zuschüsse kommen wir dann quasi auf 30%", verrät er. Vertrauen geniesst Jens Sroka inzwischen bei vielen Geschäftspartnern. Vorgehensweise, Strategie, Seriosität und Verlässlichkeit stimmen. Deshalb plant er vier weitere Hotels. / Maria Pütz-Willems

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