EU bringt Airbnb zusätzlich in Bedrängnis
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EU bringt Airbnb zusätzlich in Bedrängnis

Brüssel. Airbnb hat Handlungsbedarf. Ob EU Kommission, Verbände oder Gemeinden: Von ganz unterschiedlichen Seiten hagelt es immer mehr Kritik an der Sharing Economy-Plattform. Die EU-Kommission hat dem Unternehmen inzwischen sogar ein Ultimatum gestellt. Auch die ÖHV verlangt strengere Massnahmen in Österreich. Trotzdem unterzeichnete in Deutschland jetzt auch die Stadt Frankfurt mit Airbnb eine Vereinbarung über die Abgaben. In New York beendete der Stadtrat die Diskussionen vor zwei Tagen und verurteilte Airbnb, die Namen freizugeben oder hohe Geldstrafen zu zahlen.

Am 16. Juli war es soweit: Die Europäische Kommission und die EU-Verbraucherbehörden forderten Airbnb auf, ihre Bedingungen an die EU-Verbraucherregeln anzugleichen und bei der Preisgestaltung transparent zu sein, so die offizielle Meldung der EU Kommission.

Dazu Vera Jourová, Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung der Geschlechter: "Popularität kann keine Entschuldigung für die Nichteinhaltung der EU-Verbraucherregeln sein. Die Verbraucher müssen leicht verstehen, wofür und wie viel sie für die Dienstleistungen bezahlen müssen, und faire Regeln haben, z.B. bei Stornierung der Unterkunft durch den Eigentümer. Ich erwarte, dass Airbnb schnell die richtigen Lösungen findet".

Die aktuelle Preis-Darstellung von Airbnb und sowie die Unterscheidung zwischen privaten und beruflichen Gastgebern entsprechen laut Kommission nicht den Richtlinien der EU-Gesetzgebung, insbesondere nicht der über unlautere Geschäftspraktiken und Vertragsbedingungen. Deshalb fordert die Kommission von Airbnb eine Reihe von Änderungen. Das Unternehmen hat bis Ende August Zeit, seine Vorschläge vorzulegen. Werden sie nicht als zufriedenstellend angesehen, könnte Airbnb mit einer Durchsetzungsmassnahme rechnen.
Airbnb sollte:

- Preise auf seiner Website so präsentieren, dass der Verbraucher bei jedem Angebot den Gesamtpreis einschliesslich aller anwendbaren obligatorischen Steuern und Gebühren, wie Service- und Reinigungskosten, erhält, oder, wenn es nicht möglich ist, den Endpreis im Voraus zu berechnen und den Verbraucher klar darüber zu informieren, dass zusätzliche Gebühren anfallen könnten;
- eindeutig angeben, ob das Angebot von einem privaten Gastgeber oder einem Gewerbetreibenden gemacht wird, da die Verbraucherschutzbestimmungen unterschiedlich sind.

Klärung oder Entfernung von Klauseln

Die Dienstleistungsbedingungen von Airbnb sollten mit dem europäischen Verbraucherrecht in Einklang gebracht werden.

Für Airbnb heisst das zum Beispiel:

- dass das Unternehmen die Verbraucher nicht irreführen sollte, indem es sich an ein Gericht in einem anderen Land als dem ihres Wohnsitz-Mitgliedstaats wendet;
- Airbnb kann nicht einseitig und ungerechtfertigt entscheiden, welche Bedingungen im Falle einer Vertragsbeendigung in Kraft bleiben können;
- Airbnb kann die Verbraucher nicht von ihren gesetzlichen Grundrechten entbinden, einen Gastgeber im Falle von Personenschäden oder anderen Schäden zu verklagen;
- Airbnb kann die Geschäftsbedingungen nicht einseitig ändern, ohne die Verbraucher im Voraus klar zu informieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, den Vertrag zu kündigen;
- Die Nutzungsbedingungen können Airbnb keine unbegrenzte und diskretionäre Befugnis zur Entfernung von Inhalten verleihen;
- Die Kündigung oder Aussetzung eines Vertrags durch Airbnb sollte den Verbrauchern durch klare Regeln erklärt werden und den Verbrauchern nicht das Recht auf eine angemessene Entschädigung oder das Recht auf Berufung vorenthalten.

Die Politik von Airbnb in Bezug auf Erstattungen, Entschädigungen und die Eintreibung von Schadensersatz-Ansprüchen sollte klar definiert sein und den Verbrauchern nicht das Recht vorenthalten, die verfügbaren Rechtsmittel zu aktivieren. Schliesslich sollte Airbnb einen leicht zugänglichen Link zur Online Dispute Resolution Plattform auf seiner Website und alle notwendigen Informationen zur Streitbeilegung gemäss der ODR-Verordnung bereitstellen.

Noch mehr europäischer Widerstand

Unterdessen erlebt Airbnb auch an andere Stelle Widerstand. Nach Zürich und Dortmund führt im deutschsprachigen Raum ab August 2018 auch Frankfurt am Main den automatisierten Einzug des Tourismus-Beitrags bei Airbnb-Kunden über das Portal ein. Pro Person und Übernachtung werden zwei Euro fällig. Die Einnahmen aus diesem Beitrag sollen ins Tourismus-Marketing fliessen und dazu beitragen, die touristische Infrastruktur der Stadt zu erhalten und diese so als Destination insgesamt weiter zu stärken. Die Stadt Frankfurt am Main führe Kontrollen zur Richtigkeit der Angaben durch, antwortete der Magistrat auf Anfrage von hospitalityInside.com. Wie diese Kontrollen aussehen, verriet die Stadt aber nicht. Für 2018 erwartet Frankfurt am Main über den Tourismusbeitrag insgesamt Einnahmen von vier Millionen Euro.

Nach eigenen Angaben hat Airbnb bereits mit über 400 Städten und Kommunen sowie über eine nationale Vereinbarung mit 23.000 französischen Gemeinden eine Vereinbarung zur automatisierten Einhebung und Ausschüttung von Beherbergungsabgaben geschlossen. In Österreich hat Airbnb den Austausch zu einer solchen Vereinbarung bereits u.a. der Stadt Wien sowie den Ländern Salzburg, Tirol, Oberösterreich und der Steiermark proaktiv angeboten. In Deutschland wurden nach Medien-Informationen u.a. Berlin und Hamburg angeblich schon entsprechende Angebote gemacht.

London: Airbnb deckt ein Drittel der Hotelzimmer ab

Der Widerstand gegen die Plattform in der Branche steigt nicht von ungefähr. Wie das amerikanische "hotels magazine" berichtet, stellt Airbnb laut einer aktuellen Studie der britischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Moore Stephens bereits ein Drittel der in London verfügbaren Hotelzimmer dar. Die Studie ergab, dass es in der britischen Hauptstadt rund 64.000 bei Airbnb gelistete Objekte gibt, verglichen mit 197.970 Hotelzimmern. Brighton, Bristol, Norfolk und Manchester sind ebenfalls stark auf der Plattform vertreten. Der Home-Sharing-Service repräsentiert 30% des Hotelsektors in Brighton und 20% in Bristol. "Airbnb gewinnt zunehmend Marktanteile von Hotels", sagt Peter Duffy, Direktor bei Moore Stephens. "Hotelgruppen begründen dies damit, dass Airbnb die Vorschriften der Industrie umgehen kann, um die formale Industrie zu unterbieten".

Airbnb reduziert Wohnraum

Der Österreichische Hotel Vereinigung in Wien bringt auch noch einen anderen Aspekt ins Spiel: die Wohnraum-Verknappung durch Airbnb. Deshalb schlägt die ÖHV für Wien ein Registrierungsmodell nach dem Vorbild Amsterdams vor. Der Aufwand für die Vermieter dort ist gering: Werden in Amsterdam Wohnungen ohne Lizenz an Touristen vermietet, drohen Strafen bis zu 20.500 Euro. ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer will diesen Standard auch in Österreich gesetzlich verankert sehen – auf Landes- und Bundesebene: "Weil eine Ebene für Ortstaxen zuständig ist, die andere für die Steuern".

In einer Presse-Information listet die ÖHV weitere internationale Beispiele im Umgang mit Airbnb auf: In Japan beispielsweise zog Airbnb 80% der peer-to-peer-Angebote aus dem Geschäft. Die Begründung: Sie können die neuerdings erforderliche Registrierungsnummer, bestehend aus dem "M" für Minpaku und einer neunstelligen Ziffer, nicht vorweisen. In Katalonien weist Booking.com für legale Gästeunterkünfte die verpflichtenden Lizenznummern aus. Illegaler Vermietung begegnet Barcelona mit einem 40köpfigen Team von Sonder-Ermittlern, das auf 100 aufgestockt werden soll, und Strafen von 600.000 Euro: Darauf reagierten die Plattformen. "Null Toleranz" wirkt offenbar besser als Reden.

"Wohnraum ist in Wien, Tirol oder Kärnten nicht weniger knapp als in Amsterdam, Barcelona oder Japan", verweist Reitterer auf die Notwendigkeit, sich in einem ersten Schritt durch die Registrierungspflicht einen Überblick über die Lage zu verschaffen: "Wer nichts zu verbergen hat, wird das ja nicht ablehnen". Erst in einem nächsten Schritt wären aus den gewonnenen Erkenntnissen Konsequenzen abzuleiten. Die müssen nicht so aussehen wie in Barcelona. Aber sie könnten es". Der Aufwand für private Anbieter bliebe überschaubar: "Eine Online-Registrierung müsste machbar sein."

Arme Omi oder Immo-Spekulant?

Die Registrierungspflicht würde auch Licht ins Dunkel der Angebotsstruktur bringen: "Viele Accounts auf Sharing Economy-Portalen haben nicht Omas und Studenten angelegt, um mit der Untervermietung ihrer karg möblierten Wohnung etwas dazuzuverdienen. Hinter vielen Angeboten stecken grössere Strukturen", kritisiert Reitterer sogenannte Fake-Accounts, denen das Engagement der Plattform-Betreiber für den Datenschutz sehr gelegen kommt.

Inzwischen erhält die ÖHV auch Unterstützung von der Wiener Apartmentvermieter Vereinigung WAVV. "Wir stehen für professionelle Vermietung und Transparenz", so WAVV-Präsidentin Stephanie Rank. "Weil wir unsere Einnahmen deklarieren und Ortstaxen und Steuern in vollem Umfang abführen. Ein Einblick in die Bücher ist jederzeit möglich".

Der WAVV trägt die ÖHV-Forderungen an die Gesetzgeber in Bund und Ländern mit: "Völlig fremde Leute in das eigene Schlafzimmer zu lassen, aber sich gleichzeitig hinter einem Fake-Account verstecken, das passt nicht zusammen. Warum tut man so etwas bloss?", fasst Rank die Zweifel der registrierten Anbieter in einer rhetorischen Frage zusammen und plädiert für die Einführung einer Registrierungspflicht für alle Unterkunftsanbieter nach dem Vorbild von Amsterdam oder San Francisco.

Man höre ja ständig, dass die Sharing Economy erst an ihrem Anfang stehe. Wenn jetzt schon der Wohnraum in vielen Regionen knapp sei, können sich ja dieser Zustand nur verschlimmern. Rank und Reitterer schlagen daher vor, Wohnungen weiterhin in erster Linie für Wohnzwecke zu verwenden und das touristische Angebot an Gäste zu vermieten.

New York verdammt Airbnb zur Herausgabe der Namen

Der Stadtrat von New York City verabschiedete vor zwei Tagen einen Gesetzentwurf, der die Herausgabe der Namen und Adressen ihrer Gastgeber oder Bussgelder in Höhe von 1.500 US-Dollar pro Listing vorschreibt – oder den Gesamtbetrag der im Vorjahr erhobenen Gebühren, wenn sie die Informationen nicht weitergeben, berichtete die "New York Post" gestern. Airbnb hat die Massnahme im City Council Housing Committee bekämpft und behauptet, dass sie die Privatsphäre der Gastgeber verletzt. Das Gesetz tritt in sechs Monaten in Kraft. Es wurde erwartet, dass der gesamte Rat die Massnahme im Laufe des Tages beschliesst.

Airbnb hat ungefähr 52.000 Auflistungen in New York City, sagt die New York Post und erinnert, dass Airbnbs Listings um 50 Prozent fielen, als San Francisco eine ähnliche Massnahme durchsetzte. / sst, kn

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