Ganz normale Markt Bereinigung
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"Ganz normale Markt-Bereinigung"

Wiesbaden. Neue Eigentümer oder Betreiber und namhafte Hotels schliessen. Gibt es nun viele kleine Insolvenz-Wellen? Nein. Es gibt sogar positive News wie der Einstieg von Motel One in New York. hospitalityInside.com hat Branchenexpertin Martina Fidlschuster befragt.

Martina Fidlschuster leitet als geschäftsführende Gesellschafterin der Hotour Hotel Consulting in Frankfurt seit 2001 die Bereiche Transaktionsberatung, Asset Management und Hotelgutachten. Zu den aktuellen Ereignissen am Markt nimmt sie heute exklusiv für uns Stellung:

Vier Flemings Hotels, das Ellington Berlin, Hessischer Hof Frankfurt: Die Hotel-Schliessungen in Deutschland nehmen zu. Werden wir anstelle einer grossen Insolvenzwelle eher viele kleine, einzelne Konsolidierungen und Umwandlungen erleben?

Der Hessische Hof in Frankfurt war seit der Eröffnung von Villa Kennedy, Jumeirah und Sofitel bereits vor Corona und vor allem lagebedingt unter Druck geraten. Insofern war die Entscheidung des Eigentümers konsequent. Die drei Flemings Hotels sind meines Wissens ältere Eigentumsbetriebe der Familie, die auch Immobilien in anderen Asset-Klassen besitzt. Ich kann mir gut vorstellen, dass aktuell eine Alternativ-Nutzung lukrativer ist als ein Hotel, insbesondere weil in Frankfurt immer noch viele neue Hotels in Bau sind. Der Eigentümer des Ellington argumentiert ja gemäss Presseberichten ähnlich.

Motel One betreibt das bisherige Courtyard byMarriott. Als erstes steht das Re-Design an. Foto: UIR

Wir gehen davon aus, dass im Laufe der nächsten Jahre eine Reihe insbesondere älterer Hotel-Immobilien einer anderen Nutzung zugeführt wird und sehen das als ganz normale Markt-Bereinigung, von der Pandemie einfach nur beschleunigt. Da allerorts viele neue Hotels eröffnet wurden und noch werden, war dies ohnehin zu erwarten.

In Deutschland scheint man besonders grosse Angst vor einer vierten Virus-Welle zu haben. Im Wiesbadener Kurhaus z.B. wurden bereits alle grossen Veranstaltungen für den Herbst und Winter 2021 storniert, wann immer dies ohne Stornogebühren möglich war. Ist man in Ländern wie Österreich oder Schweiz genauso ängstlich?

Nein, von solch einer Vorsicht oder Angst in den beiden genannten Ländern ist mir nichts bekannt.

Wie hat sich die Stimmung bei Banken und Investoren hinsichtlich der Hotellerie entwickelt?

Wir sehen insgesamt wieder Bewegung im Markt – mehr bei den hotelerfahrenen und hotelaffinen Finanzierern und Investoren, während die unerfahrenen nach wie vor zurückschrecken.

Union Investment hat gerade einen Vertrag mit Motel One in New York abgeschlossen und kickt damit Marriott aus der Immobilie. Könnte dies eine Art Trendwende weg von anglo-amerikanischen No-Risk-Verträgen hin zu soliden deutschen Pächtern sein?

Wie Sie ja selbst recherchiert haben, hatte der Mieter einen Franchise-Vertrag mit Marriott für das Courtyard in Downtown Manhattan abgeschlossen. Den Mietvertrag hat die Union Investment nach eigenen Angaben vorzeitig gekündigt. Je nachdem, wie der Mieter durch die Krise gekommen ist und wie offen er mit der Umion Investment kommuniziert hat, ist es durchaus vorstellbar, dass Motel One hier nicht nur die höhere Fixpacht zahlen kann als auch das bessere Sicherheitenpaket bietet – und ggf. auch als verlässlicherer Partner gesehen wird.

Solche Pächter-Wechsel werden in den nächsten Jahren öfter passieren. Wir kennen eine Reihe von Investoren, die das Verhalten ihres Betreibers in der Corona-Krise nutzen, um einen Pächterwechsel vorzunehmen. Meist hat dieser Vorgang jedoch eine lange Vorgeschichte mit einem bereits gestörten Vertrauensverhältnis, das schon vor der Pandemie begonnen hat. Wenn die Partnerschaft jedoch immer solide und fair war und es wirtschaftlich sinnvoll ist, bleiben Investoren meist beim bestehenden Pächter.

Allerdings haben sich in der Pandemie auch schon Betreiber entschlossen, ihrerseits aus laufenden Verträgen auszusteigen, auch unter hohen Exit-Kosten. Die Motivation dürfte in der Regel ähnlich gewesen sein wie bei den Investoren. / sst

 

Union Investment & Motel One: Der Coup in New York

Die Union Investment setzt mit der deutschen Budget-Gruppe Motel One auf neues Glück in New York. Der Betreiber aus Münchner unterzeichnete für das Haus am World Trade Center in Downtown Manhattan einen 20-jährigen Mietvertrag und wird dieses zum 21. Juli. Seit 2016 wurde das 326 Zimmer-Hotel per Franchise unter der Marke Courtyard by Marriott geführt. "Der Vertrag mit dem vorherigen Pächter wurde durch Union Investment vorzeitig aufgelöst", schreibt die Union Investment in ihrer Pressemitteilung gestern und begründet dies damit, dass der Pächter pandemie-bedingt seinen Mietvertragsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte.

Jetzt stehen Re-Branding und Re-Design an. Vermieter und Mieter werden rund acht Millionen USD investieren, um das Design- und Lifestyle-Konzept weiter zu entwickeln und noch mehr an den trendsensiblen Gästen in New York auszurichten. Parallel dazu baut Motel One das Team vor Ort auf. "New York ist einer der grössten und spannendsten Hotelmärkte weltweit. Dort präsent zu sein, ist für Motel One ein grosser Schritt und ein toller Treiber für unsere internationale Expansion.", kommentieren die beiden Co-CEOs Daniel Müller und Stefan Lenze den Deal.

Die Union Investment hat sich ausserdem zu einem Turnaround in ihrem Hotel in Portland entschlossen. Das Hotel The Porter in Portland wird zukünftig durch Oxford Capital Group LLC als Mieter und Manager betrieben und ebenfalls im Juli an diese übergeben. Das Hotel gehört weiterhin der Marke Curio Collection by Hilton an. Der Pächter habe das Hotel aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben müssen, heisst es auch hierzu von der Union Investment. Beide Hotels gehören zum Bestand des Fonds des UniImmo: Global.

"Der US-Hotelmarkt feiert bereits sein Comeback, die Hoteliers richten sich auf einen Nachfrageschub ein. Mit Motel One und Oxford sind unsere Häuser in New York City und Portland für den erwarteten Turnaround sehr gut aufgestellt", sagt Martin Schaller, Leiter Asset Management Hospitality bei Union Investment. Das Investment-Haus aus Hamburg wurde bei diesen Deals von DLA Piper, Hogan Lovells und von Mayer Brown beraten. / map

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