Investieren im Nebel Preise hoch Renditen niedrig Bulwiengesa Studie hinterfragt Asset Klassen
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Investieren im Nebel

Preise hoch, Renditen niedrig: Bulwiengesa-Studie hinterfragt Asset-Klassen

Nicht nur im Hotspot München sind die Immobilien-Preise hoch und die Objekte knapp.Foto: Camilla Bundgaard Unsplash

Frankfurt. Steigende Immobilienpreise, horrende Mieten und ein Mangel an Objekten treiben die Gemüter in der Branche nicht nur in München, dem Hotspot bei Immobilien-Preisen, um. Vermeintliche Ursachen für die Entwicklungen gibt es viele. Allmählich allerdings mehren sich die Zeichen, dass immer neue Rekord-Umsätze langsam unwahrscheinlich werden, da Investoren immer schwerer rentierliche Objekte finden. Eine neue Studie des Immobilien-Research-Unternehmens Bulwiengesa kam auf Renditen zwischen knapp 2 und 7%. Hotels lagen mit knapp 3,5% im Mittelfeld, stehen aber auch unter Druck. Im Vergleich mit anderen Asset-Klassen macht die Branche aber immer noch eine gute Figur.

Zum vierten Mal hat der Bulwiengesa mit Unterstützung der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft und von Warburg-HIH Invest Real Estate den deutschen Immobilienmarkt auf seine Rendite-Potenziale untersucht. Anders als viele andere Studien allerdings zäumten sie das Pferd von hinten auf: Sie gliederten die Analyse nicht – wie sonst üblich – nach Nutzungsarten oder der geografischen Lage, und die Analyse betrachtetet nicht die Netto-Anfangsrenditen oder die Vervielfältiger, sondern gehen vom IRR aus.

Diese internationale Kennziffer steht für "Internal Rate of Return" und beschreibt die durchschnittliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Dieses dynamische Verfahren erlaubt eine ganzheitliche Betrachtung der Investment-Situation, denn so kann man nicht nur die Performance des Investments, sondern auch des Portfolios bewerten. Ziel der Studie, so Sven Carstensen, Bereichsleiter bei Bulwiengesa, sei ein Benchmarking der derzeitigen Marktsituation mit der lange geltenden 5% Rendite-Hürde von Investoren aus früheren Marktphasen für die Asset-Klassen Büro, Wohnen, Hotels, Einzelhandel, Logistik und Unternehmensimmobilien.

Rendite rutscht fast überall

Als wichtigstes Ergebnis der Studie lässt sich festhalten: A-Büromärkte rutschen unter die 3%-Grenze, die derzeit so beliebten und im Fokus stehenden Wohnimmobilien bieten kaum Inflationsschutz, Fachmärkte ziehen in der Beliebtheit und vom Ergebnis fast mit Shoppingcenter gleich. Hotels sind beliebt, rangieren im Renditebereich deshalb unter 3,5%. Etwas bessere Renditen, bei höherem Risiko, erzielen vor allem die Logistik-Immobilien. Zudem machen ihnen immer mehr behördliche Auflagen das Leben schwer und limitieren zunehmend auch das Angebot. Sie liegen einen halben Prozentpunkt über den Hotels. Unternehmensimmobilien, ausgehend von einem niedrigen Niveau dagegen überspringen die magische 5%-Grenze locker – Gewerbeparks und Produktionsimmobilien bringen gute Werte, sind aber auch risikoreicher, vor allem in Bezug auf die Drittverwendbarkeit, sollte ein Mieter ausfallen.

Thomas Schober sieht die aktuellen Entwicklungen auf dem Immobilien-Markt durchaus kritisch.

Auf dem Podium zogen Thomas Schober, Geschäftsführer Ressort Real Estate bei der LHI Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, sowie Klaus Beine, Partner bei Beiten Burkhardt Frankfurt und Leiter der Praxisgruppe Real Estate, sowie Ralf Fröba, Geschäftsführer bulwiengesa Appraisal, den Brückenschlag zur Praxis. Sie fanden durchaus kritische Töne für die aktuelle politische Situation, die zunehmende Regulierung und für die Anforderungen beim Bauen, aber auch in Bezug auf das mangelnde Angebot. Hier gelte es noch genauer hinzuschauen als bisher.

Hohe Preise, nebelige Lage

Die grosse Nachfrage seitens der Investoren trifft auf ein knappes Angebot. Trotz aller Warnungen vor Überhitzung am Immobilien-Markt – der Markt quittiert es mit einem Schulterzucken. Das treibt die Preise. Die Investoren müssen daher auf immer teureren Märkten einkaufen. "Insgesamt zeigen die globalen Immobilien-Märkte derzeit aber weiterhin eine gute Performance", sagt auch Timo Tschammler, CEO bei JLL Germany. Er geht davon aus, dass die globalen Investitionen in Gewerbe-Immobilien im Gesamtjahr 2018 mit rund 715 Milliarden USD in etwa auf dem Niveau des Vorjahres bleiben werden.

Doch wo und in welchen Asset-Klassen kann noch gekauft werden, damit noch auskömmliche Renditen möglich sind? Hier gibt es natürlich keine pauschale Antwort, so Carstensen. Es hänge im Wesentlichen von zwei Parametern ab – erstens der Risiko-Neigung des Investors, ob er also eine reine Core-Strategie verfolge oder auch ein grösseres Risiko-Profil akzeptieren würde. Und zweitens hänge es davon ab, was er selbst als auskömmliche Rendite definiere.

Befragt man Investoren im Fonds-Bereich, so wollen sie vor allem Immobilien in Deutschland und Europa, aber auch Ländern, die im Zyklus schon weiter sind, wie die USA oder Polen. Da in vielen Länder die politischen Spannungen, vor allem mit Blick auf die Handelskonflikte, eher zu- als abnehmen, werden jene Investoren, die nach Stabilität, Qualität und Sicherheit Ausschau zu halten, die angespannte Marktsituation eher weiter anfachen.

Die Kapital- und Immobilien-Märkte müssen derzeit allerdings einiges verdauen. Die meiste Arbeit haben derzeit wohl Analysten und Beobachter damit, herauszufinden, was politische Rhetorik ist und was tatsächlich ernst zu nehmende Probleme für Wirtschaft und Kapitalmarkt darstellt. Mehr denn je werden daher die Vernetzung und die lokale Marktexpertise gefragt sein, um geeignete Objekte für Kauf- und Miet-Interessenten zu identifizieren. So manchem ist dann trotz aller Euphorie auch in der Veranstaltung etwas mulmig geworden, geht es nun doch das neunte Jahr in Folge fast nur aufwärts.

Hotel-Renditen gut, aber weiter unter Druck

Für Hotels setzt sich bei der Nachfrage der Erfolgskurs fort. Der Hotel-Standort Deutschland ist sehr gefragt bei nationalen und internationalen Investoren – allen voran die Fonds. Es kamen auch eine ganze Reihe neuer Markt-Player im vergangenen Jahr dazu. Sie besetzten dabei, so die Studie, auch Standorte, die jenseits der klassischen Hotellagen liegen. Ein Wunder ist das nicht, denn die Hotellerie brummt. Ihre Durchschnittspreise haben zwar angezogen, liegen im Vergleich zur internationalen Hotellerie aber immer noch niedriger – in Deutschland ein altbekanntes Problem.

Im achten Jahr in Folge befindet sich die Branche im Aufwind. Nach Angabe des Statistischen Bundesamtes wuchsen die Gäste-Übernachtungen in Deutschland im Zeitraum Januar bis Dezember 2017 um 2,7% auf 459,5 Millionen. Das Beherbergungsgewerbe verbucht damit das achte Wachstumsjahr in Folge. Dabei stieg die Übernachtungszahl ausländischer Gäste um 3,6% auf 83,9 Millionen; die der Inländer stieg um 2,5% auf 375,6 Millionen. Buliengesa schätzt den Incoming-Tourismus dabei als sehr ausbaufähig ein. Besonders gute Auslastungszahlen habe die Ketten-Hotellerie.

Er glaubt an eine weiterhin gute Performance: Timo Tschammler. 

Die Aussichten für 2018 bleiben zudem rosig: Das erste Quartal 2018 verlief nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes noch besser. So stieg die Zahl der Gäste-Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7% auf 86 Millionen. Davon entfielen 16,3 Millionen Übernachtungen auf Gäste aus dem Ausland und 69,7 Millionen auf inländische Gäste. Auch der aktuelle Tourismusindex des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft zeigte im August eine deutlich positive Reiseprognose für das gesamte Jahr.

Aufgrund des Nachfrage-Drucks hält auf der Investment-Seite die Rendite-Kompression allerdings an. Mit einer durchschnittlichen Rendite von 4,3% ist nochmals ein neuer Tiefstand erreicht. München gilt mit einer Spitzenrendite von 4,1% als besonders hochpreisiger Standort. Eine Abkühlung der Preise sehen die Forscher aber nicht. Im Hinblick auf das sehr hohe Preisniveau wird eher mit einer Seitwärtsbewegung gerechnet.

Insgesamt lag die Spannbreite zwischen 2,5 und 3,49%. Im Vorjahr lag der Wert bei 3,2 bis 4,6%. Im risikoreicheren Non-Core Bereich sind Renditen bis zu 6,7% möglich. Doch auch hier ist der Wert um 0,1 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Core-Investitionen werden für langfristige Pacht-Verträge mit etablierten Betreibern an nachhaltigen Standorten empfohlen. Bei der Gestaltung der Miet- und Pacht-Verträge, sei, so die Experten auf ausreichende Wertsicherung zu achten.

Die untersuchten anderen Asset-Klassen im Einzelnen:

Die Büromärkte sind derzeit extrem nachgefragt, das Angebot in den Big 7 so gering wie nie. In München, so die Panel-Teilnehmer unisono, herrsche Vollvermietung. Das bedeutet: Sollten bald nicht mehr Flächen auf den Markt kommen, werden sich Firmen überlegen, den Standort zu wechseln. Das liesse die Rendite noch einmal sinken. Sie pendelt sich denn bei 2,9% ein. Auch an B-, C- und D-Standorten nimmt der Rendite-Druck zu. So liegt er im B-Bereich bei 3,5%, im C-Bereich bei 4,3% und im D-Bereich bei 5,5%. D-Städte wären beispielsweise Schweinfurt und Passau. Hier wirkt vor allem das geringe Marktvolumen begrenzend.

Bei Wohnen schauen die Investoren inzwischen viel genauer hin, was man noch kaufen kann und was nicht, so Schober. Die anhaltenden Diskussionen um die Mietpreis-Bremse, die Querelen in der Politik wie jüngst mit der Abberufung von Staatssekretär Adler, einen ausgewiesenen Immobilien-Experten, sorgen für Unruhe. Daher ist hier der Rückgang besonders stark. In A-Städten wie München, Berlin und Hamburg liegt der Wert bei 1,9 bis 2,6%. Angesichts einer Inflationsrate von 2,0%, wird das Argument der Wertsicherung inzwischen oft ad absurdum geführt.

Co-Working: Kritisch zeigte man sich auf dem Podium auch gegenüber diesem Thema. Hier hätte die Asset-Klasse noch keinen Zyklus mitgemacht und sich daher noch nie in der Krise bewähren müssen. US-Banker vergeben deshalb Risiko-Aufschläge für die Anbieter bei der Fremdfinanzierung. Moniert wurde auch deren mangelnde Transparenz. Bisher habe noch kein Betreiber die Zahlen öffentlich gemacht, hiess es seitens der Experten.

Shoppingcenter: Die Rendite-Potenziale für grossvolumigere Investment-Möglichkeiten wie Shoppingcenter oder Fachmarktzentren sind relativ konstant geblieben: Die Spannen liegen zwischen 3,0% und 3,7% bei Shoppingcenter und 3,8% bei Fachmarktzentren.

Lukrativer dagegen entwickelte sich Logistik mit über 4% und Gewerbeparks mit über 5%. / BB

 

Quelle: bulwiengesa AG 

 

ERLÄUTERUNGEN zur Bulwiengesa-Studie

Als Core-Immobilien im Sinne dieser Studie werden Immobilien mit einer stabilen Vermietungssituation und nachhaltigen Lage-Parametern verstanden. Immobilien ausserhalb der Core-Spanne werden hier als Non-Core klassifiziert. Sie sind durch Leerstände gekennzeichnet und liegen in der Regel abseits der zentralen Lagen.

Parameter: Als marktgängige Los-Grösse nahmen die Forscher die Spanne von fünf bis 100 Millionen Euro. Als Parameter wählte man Bestandsgebäude mit einer typischen Objekt-Grösse von 2.600 bis 9.000 qm Nutzfläche, einer Netto-Anfangsrendite von 3,8%, die Pacht-Spanne bei Economy Hotels von 200 bis 450 Euro/Zimmer/Monat, Midscale 400 bis 600 Euro/Zimmer/Monat und Upscale 600 bis 1000 Euro/Zimmer/Monat. Laufzeit der Pacht: 5 bis 25 Jahre.

 

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