Italien Ein Tourismus Minister. Und was noch
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Italien: Ein Tourismus-Minister. Und was noch?

Rom. Italien hat mit Massimo Garavaglia wieder einen Minister und somit auch ein Ministerium für Tourismus. Er sorgt für Hoffnung, doch die Realität ist hart. Hoteliers rechnen mit der Umsetzung von 14 Massnahmen. Das derzeitige Desaster ist offensichtlich.

Massimo Garavaglia wurde von der neuen Landesregierung unter Führung des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi ins Amt berufen; Draghi hat vor einigen Tagen nach dem Rücktritt von Giuseppe Conte die Regierung des Landes offiziell übernommen. In vielen europäischen Ländern mag die Ernennung des Ministers vielleicht ein ungewöhnlicher Schritt sein, aber nicht in Italien, wo die nationale Abteilung für die Reise-Branche nach einem Referendum, das in der Bevölkerung grossen Zuspruch fand, 1993 abgeschafft worden war. Heute macht die Reise-Branche rund 14 Prozent des Bruttosozialprodukts im Land aus.

Trotzdem könnte sich das neue Tourismus-Ministerium laut Tageszeitung Domani als ein Glas erweisen, das halb leer ist, mit zu wenig Mitarbeitern und Mitteln. Das Ministerium verfügt über lediglich 30 Mitarbeiter und die meisten von ihnen stehen kurz vor der Rente oder werden sich im Laufe des Jahres sicherlich entmutigen lassen. Und was noch schlimmer ist: Das Budget beträgt nur 70 Millionen Euro und muss zudem mit dem nationalen Tourismus-Verband geteilt werden.

Mario Draghi, der Mann, der in einer der grössten Krisen der EU hinter dem Satz steht "Was immer notwendig ist", hat das Wort Tourismus bisher viel häufiger als seine Vorgänger im Amt in den Mund genommen. Jüngst erwähnte Draghi, dass der Tourismus einer der Profiteure beschleunigter Impf-Programme sei. Der Präsident des Ministerrats sagte, dass er über die Tourismus-Branche die nationale Wirtschaft fördern wolle. Er gab sogar ein ambitioniertes Ziel vor: Bis Ende Juli sollen 25 Millionen Italiener geimpft sein.

Foto: unsplash jakob owens

Die Experten der Reise-Branche haben endlich das Gefühl, dass es jemanden gibt, der sie versteht... Das macht Hoffnung. Wofür sich der neue Tourismus-Minister auch entscheidet, es sollte jedenfalls schnell geschehen.

Der Übernachtungsschock

Laut offizieller Daten des nationalen Statistikamts ISTAT meldete die italienische Hotellerie in den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 einen Rückgang von 51,4% bei den Übernachtungen, was einem Minus von insgesamt 207 Millionen Übernachtungen verglichen mit dem Vorjahres-Zeitraum entspricht. Das ist ein echter Schock, der mit Blick auf die internationale Nachfrage noch grösser ausfällt, wo die Übernachtungen insgesamt um 68,9% zurückgegangen sind.

In den nachfolgenden Monaten haben sich die Trends sogar noch verschlechtert: Die offiziellen Zahlen von Federalberghi für das Gesamtjahr 2020 gehen von einem Rekord-Rückgang von insgesamt 54% bei den Übernachtungen aus. Aktuell stehen fast alle Saison-Arbeitskräfte in der Hotellerie ohne Arbeit da, während 50% der Arbeitnehmer mit unbefristeten Verträgen vorübergehend entlassen wurden.

Wie berichtet startete die Hotelier-Vereinigung, die an Confcommercio angeschlossen ist, eine Petition auf change.org, um die Aufmerksamkeit der staatlichen Institutionen auf sich zu lenken und um die Umsetzung von 14 Massnahmen zu bitten, die nachfolgend beschrieben sind. Sie sollen den Betreibern im Gastgewerbe helfen, die Krise besser zu überstehen:

1. Eine effizientere Freigabe der öffentlichen "Ristori"-Zuwendungen, die monatlich erfolgen und bis zum Ende der Krise über eine entsprechende Finanzierung verfügen sollten.

2. Die Verlängerung der Möglichkeit, Zahlungen jeglicher Kredit-, Hypotheken- und anderer Finanzierungs-Raten bis Ende 2022 aussetzen zu können.

3. Die Verlängerung aller staatlich garantierten Kredite aus dem Liquiditäts-Dekret vom letzten April auf 20 Jahre.

4. Die Befreiung von IMU-Tranchen-Zahlungen in der zweiten Jahreshälfte von 2021.
5. Die Ausweitung der Steuer-Gutschrift auf Immobilien-Pachten auf 80% der fälligen Zahlungen bis Ende 2021.

6. Die Aufhebung der TARI-Müllsteuer und der Lizenz-Gebühr für den öffentlichen Fernsehsender RAI für die Jahre 2020 und 2021. Die Federalberghi bittet ausserdem um eine Überarbeitung der zur Berechnung des TARI-Betrags zugrunde liegenden Rahmens, damit dieser dem tatsächlichen Müllaufkommen jeder einzelnen Immobilie entspricht.

7. Die Verlängerung der Befreiung von Beitrags-Zahlungen für die Einstellung von Saison-Arbeitskräften für das gesamte Jahr 2021.

8. Eine Überarbeitung des Freistellungs-Verfahrens für Beitragszahlungen, die für die Rückholung von vorübergehend entlassenen Arbeitnehmern fällig werden, damit auch Unternehmen davon profitieren, die nur einen Teil ihrer vorübergehend entlassenen Arbeitnehmer zurückholen.

9. Die Verlängerung aller Zahlungsfristen für Steuern bis Ende 2021.

10. Eine Steuer-Gutschrift von 110% auf alle Investitionen, die in Immobilien-Renovierungen fliessen.

11. Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen im Gastgewerbe auf 5%, wie es bereits in anderen europäischen Ländern erfolgt ist.

12. Die Verlängerung des vorübergehenden Freistellungs-Zeitraums für Mitarbeiter mit unbefristeten Arbeitsverträgen.

13. Die Schaffung von schnellen und adäquaten Hilfs-Massnahmen für Saison-Arbeiter, die aufgrund des Lockdowns in der Winter-Saison ohne Einkünfte, Arbeitslosen-Geld und Sozialversicherungs-Schutz dastehen: Qualifizierte Arbeits-Kräfte, die häufig gezwungen sind, sich ausserhalb des Gastgewerbes neue Arbeit zu suchen, was das Gastgewerbe zusätzlich schwächen könnte, sobald die Erholung endlich einsetzt.

14. Eine Aktualisierung des temporären Rahmens für staatliche Hilfen zur Unterstützung der Wirtschaft. So lassen sich die Hilfsmittel für Unternehmen erhöhen und der Anwendungs-Zeitraum verlängern.

 

Winter-Lockdown trifft Schnee-Destinationen in Italien hart

Das Defizit beläuft sich auf 9,4 Millionen Euro, nachdem die Ankünfte um 12,4 Millionen zurückgegangen sind. Die italienische Regierung hat gerade erst beschlossen, den Lockdown der Skilifte bis zum 5. März zu verlängern und macht somit jegliche Hoffnung auf eine Winter-Saison zunichte.

Das Statistik-Unternehmen Demoskopika hat deshalb versucht, die Verluste der einzelnen italienischen Schnee-Destinationen zu beziffern: Insgesamt bieten diese Gebiete 6.170 Kilometer Skipisten, rund 1.800 Abfahrten sowie direkte Arbeits-Plätze für 14.000 Personen.

Im Einzelnen handelt es sich bei den fünf am schwersten getroffenen Winter-Destinationen um Terentino-Südtirol, Piemont, Aostatal, Lombardei und Venetien. Insgesamt werden diese fünf Regionen rund 8,389 Milliarden Euro an Einnahmen verlieren: Terentino-Südtirol rechnet mit einem Verlust von 3,2 Milliarden Euro, Piemont von 2 Milliarden Euro, Aostatal von 1,3 Milliarden Euro, Lombardei von fast 1,1 Milliarden Euro und Venetien von 886.000 Euro. Diese Krise gefährdet mindestens 9.000 saisonale Arbeitsplätze sowie weitere 5.000 unbefristete Arbeitsverträge, wie Demoskopika hervorhebt. / MAS

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