Kein Massen Tourismus erwartet Kroatien zählt mehr Einheimische aber Flieger bringen im Juli mehr Ausländer
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Kein Massen-Tourismus erwartet

Kroatien zählt mehr Einheimische, aber Flieger bringen im Juli mehr Ausländer

Kroatiens Strände in Istrien: Wenig Platz für Social Distancing.Foto: map

Zagreb. Rasch steigende Corona-Fallzahlen müssen keine zweite Pandemie-Welle bedeuten. Ein Beleg dafür ist aktuell Kroatien: Ein Land, in dem bisher nur insgesamt 3.220 Personen positiv auf Covid-19 getestet wurden, kann angesichts einer Verdoppelung aber leicht erschrecken. Dem Tourismus-abhängigen Küstenland fährt der Schreck besonders heftig in die Glieder.

"Gestern hatten wir 431.000 Touristen im Land. Die epidemiologische Situation in Istrien und Dalmatien ist sehr gut, viel besser als im Landesinneren. Deshalb gab es bisher keinen einzigen Fall einer Infektion von Touristen in gewerblichen Unterkünften", kämpft Veljko Ostojić, Direktor der Kroatischen Tourismus Vereinigung HUT gegen Alarm-Meldungen im deutschsprachigen Raum an. Offiziellen Angaben zufolge haben seit Anfang des Jahres über 1,9 Millionen Touristen Kroatien besucht, mit über 9 Millionen Übernachtungen. Im Sommer zählt das Land jeden Tag über 400.000 ausländische Touristen.

Betroffen ist Kroatien besonders von der Entwicklung in den Nachbarstaaten. Zwar empfahl die EU den Mitgliedstaaten kürzlich, die Einreiseverbote in 14 Drittstaaten aufzuheben – darunter auch Serbien und Montenegro. Andererseits hatte Österreich angesichts rasch steigender Fallzahlen in den Westbalkan-Staaten die höchste Reisewarnstufe ausgerufen und die Reisefreiheit damit wieder eingeschränkt. Slowenien und Kroatien waren als EU-Mitglieder davon aber nicht betroffen, anders als Serbien, Kosovo, Montenegro und Nordmazedonien. Auch das Auswärtige Amt in Berlin rät von nicht notwendigen Reisen in diese Staaten ab.

Veljko Ostojić: Ende Juli sind alle Hotels und Campingplätze offen.Foto: HUT 

Die Fallzahlen im Vergleich

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass Kroatien von der Pandemie bislang nur gering betroffen war. Deshalb gilt die aktuelle Entwicklung keinesfalls als "zweite Welle". Im Verhältnis zur Einwohnerzahl liegen die seit Beginn positiv getesteten Fälle bei rund einem Drittel im Verhältnis zu Deutschland oder Österreich. Noch drastischer bei den Covid-Todesfällen: An Covid-19 starben in Österreich relativ betrachtet dreimal so viele Menschen, in Deutschland waren es sogar viermal so viele. Anders sieht es mit den aktuell Erkrankten aus. In Kroatien sind aktuell doppelt so viele Menschen Corona-positiv wie Österreich und sogar knapp viermal so viele wie in Deutschland.

Dessen ungeachtet betont Veljko Ostojić, der Direktor der kroatischen Tourismusverbands im Interview mit hospitalityInside.com die weiterhin touristenfreundliche Situation: "Seit Anfang Juni sind wir als nächstgelegenes und sicherstes Mittelmeer-Ziel praktisch die einzigen in Europa, die einen erheblichen Reiseverkehr haben." Die touristische Situation beschreibt Ostojić so: Im Verhältnis zum starken Jahr 2019 erreicht der monatliche Index der Übernachtungen in ganz Kroatien 46,69%. Istrien sei in den ersten Juli-Tagen bereits bei knapp der Hälfte der Vorjahresbelegung gelegen: "Mit dem wiedereinsetzenden Flugverkehr wächst auch das Touristen-Aufkommen in Dalmatien".

Viermal so viele einheimische Urlauber

Entsprechend zügig beginnen nun auch viele Hotels, ihre Türen wieder aufzusperren. Anfang Juli waren in Kroatien nur 677 von 1.173 Hotels und 358 von 503 Campingplätzen geöffnet. "Ende des Monats werden fast alle Einrichtungen geöffnet sein", ist der HUT-Direktor – seines Zeichens von 2011 bis 2013 auch Tourismusminister – überzeugt. Er sieht das kontinuierliche Öffnen der Anlagen seit den Grenzöffnungen Mitte Juni als Beweis, dass die Tourismusbranche an ein gutes Ergebnis im Rahmen der Gesamtsituation glaube. Wie bereits vor einem Monat von Valamar-Aufsichtsrat Franz Lanschützer angekündigt, zeichnet sich für die Belegungsraten von Apartment- und Camping-Anlagen ein etwas besseres Ergebnis ab.

Eine wachsende Bedeutung dürfte dem Binnentourismus zukommen. 2019 zählte Kroatien 91,2 Millionen touristische Übernachtungen, weniger als 10% davon kamen von Kroaten. "In diesem Jahr ist der Anteil der einheimischen Touristen erheblich höher. Bisher machen sie etwas mehr als 40% aller Übernachtungen aus", bestätigt Ostojić.

Staatliche Hilfen bis zur nächsten Saison

Auch wenn die absoluten Schliesszeiten im April und Mai in schwache Saisonzeiten fielen, hat die Pandemie den kroatischen Tourismussektor hart getroffen. Immerhin trägt Tourismus, der für 10% aller Arbeitsplätze verantwortlich zeichnet, 17% zum kroatischen GDP bei. Sehr bald nach Ausbruch der Epidemie habe die Regierung verschiedene Massnahmen ergriffen, um die Liquidität der Unternehmen und das Beschäftigungsniveau aufrechtzuerhalten, sagt Ostojić. "So konnte der Sektor die erste Phase, in der die Grenze zu und die Unternehmen weitgehend geschlossen waren, überstehen. Aktuell kämpfen wir in der Branche für die Verlängerung einiger dieser Massnahmen – möglichst bis zum Beginn der nächsten Touristensaison."

Obst und Gemüse am Strassenrand: Vor allem Apartment-Bewohner lieben den Einkauf beim Erzeuger.Foto: map

Schliesslich sei der Tourismus eine der am stärksten betroffenen Branchen. "Diese Saison wird sicherlich nicht genügend Einnahmen generieren, um alle Kapazitäten beizubehalten", sagt er. "Grosse Unternehmen haben aufgrund der entsprechenden Kapital-Ausstattung einen Vorteil. Dennoch wird der gesamte Sektor zweifellos die Hilfe des Staates benötigen, um den Winter zu überleben und für die nächste Saison bereit zu sein."

Konkret gibt es seit März vom Staat für Unternehmen, die weniger als die Hälfte ihres Vorjahresumsatzes erreichen, pro angestelltem Mitarbeiter pauschal 4.000 Kuna Entschädigung. Ab September soll im Rahmen des EU-Sure-Programms Kurzarbeit gefördert werden, vergleichbar den Modellen in Deutschland und Österreich.

Kein Massen-Tourismus erwartet

Wie weit diese notwendig wird, hängt nicht zuletzt von der Corona-Entwicklung ab. Kroatien will mit detailliert festgeschriebenen Hygiene-Massnahmen wachsende Infektionszahlen in touristischen Gebieten in den Griff bekommen. "Wo immer möglich, wird viel Wert auf Hygiene, Belüftung und kontaktlosen Service gelegt. Überall stehen Desinfektionsmittel und die Mitarbeiter werden mit Schutzausrüstung ausgestattet", sagt der HUT-Direktor. Social Distancing werde kontrolliert und alle Gäste werden detailliert über alle Massnahmen informiert. Der Mund-Nasen-Schutz ist zwar für alle geschlossenen Räumlichkeiten empfohlen, aber nicht einheitlich geregelt. In Istrien sind die Masken in Shoppingcenter vorgeschrieben, andernorts nicht. Landesweit gilt die Maskenpflicht aber in öffentlichen Verkehrsmitteln. In den Restaurants müssen die Tische zumindest mit zwei Meter Abstand stehen.

Bei all den Massnahmen hält Ostojić eines aber für entscheidend: "Wichtig für den Tourismus ist jedoch, dass das Hotel ein Hotel geblieben ist, damit sich die Gäste im Urlaub auch wohl fühlen können." Doch wie können diese etwa an überfüllten Stränden kontrolliert werden? Ostojic ist überzeugt, dass sich diese Sorgen in Luft auflösen werden: "Ich erwarte, dass es in diesem Jahr keinen Massentourimus geben wird." Aussserdem gibt es Regeln für öffentliche Ansammlungen und die Behörden kontrollieren.

Laut einer aktuellen Umfrage von reiseanalyse.de gaben immerhin 3% der Befragten Kroatien als ihr geplantes Urlaubsziel an. In Österreich lag dieser Wert bei einer vergleichbaren Umfrage von ÖHV/Wifo bei 28,5%. Momentan gibt es zwar keine unüberwindlichen Reise-Beschränkungen, aber doch Hürden. So werden bei der Einreise die Kontaktdaten der Reisenden für die Dauer ihres Aufenthalts in Kroatien registriert.

Zur Vermeidung langer Wartezeiten bei einem Grenzübertritt empfiehlt das kroatische Innenministerium, die Kontakt- und Aufenthaltsdaten vorab online zu hinterlegen. Damit es nicht zu langen Staus kommt, wurden an den grösseren Grenzübergängen Schnellspuren für Touristen eingerichtet, die ihre Ankunft über Enter Croatia online angemeldet haben. / Fred Fettner

 

Der Kroatische Tourismusverband (HUT/Hrvatska udruga turizma)

...ist der Dachverband der wichtigsten Industrie in Kroatien. Mitglieder sind zwei der grössten Verbände im kroatischen Tourismussektor: der Verband der Arbeitgeber im kroatischen Gastgewerbe und der Kroatische Campingverband, ergänzt durch die 14 grössten in Kroatien tätigen Hotel-Unternehmen.

Veljko Ostojić ist der Direktor des Kroatischen Tourismusverbandes mit einer schillernden Karriere im Tourismus. Von 2011 bis 2013 war er Minister für Tourismus in der Regierung der Republik Kroatien. Er leitete mehrere touristische Unternehmen und war auch Direktor des Fremdenverkehrsamtes der Gespanschaft Istrien.

 

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