Kommt nun die grosse Umnutzungswelle Das Covid Desaster treibt die Frage eine Umwandlung bleibt aber schwierig
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Kommt nun die grosse Umnutzungswelle?

Das Covid-Desaster treibt die Frage, eine Umwandlung bleibt aber schwierig

Auf den ersten Blick bieten sich Hotels für viele Neu-Nutzungen an. Vor allem Baufragen aber machen viele Pläne zunichte.Foto: unsplash loewe technologies

München. Die Karten auf den Immobilien-Märkten werden neu gemischt. Die Rückkehr zur Normalität gestaltet sich deutlich komplexer als angenommen. Für viele Hotels könnte das bald das Aus bedeuten. Was aber wird aus notleidenden Hotels und Projekten im Bau? Drittverwertung, Umwidmung? Das ist leicht gesagt. Hohe Kosten beim Umbau, Grundrisse und Extras erschweren die schnelle Wandlung.

Zwar glauben die klassischen Investoren grundsätzlich weiter an die Asset-Klasse Hotel – doch nur an Top-Standorten mit langfristigen Mietverträgen und etablierten Konzepten.

Es gibt nichts mehr schön zu reden: Die gesamte Hotel-Landschaft wurde von der Corona-Krise massiv getroffen. Nach sechs Monaten Lockdown seit März 2020 und nach wie vor nicht eintreffenden Finanzhilfen ist die Lage für viele Hotels inzwischen dramatisch. Auch wenn Nachholeffekte die Hoteliers hoffen lassen, eine rasche gesamtwirtschaftliche Erholung – wie noch im 2.Quartal 2020 von den Kapitalmärkten antizipiert – wird es nicht geben.

"Einige Teilsegmente werden sich voraussichtlich ab dem 2. Quartal 2021 nach Beendigung des Lockdowns und im Zuge des Impf-Fortschritts recht zügig erholen", prognostiziert Alexander Trobitz, Managing Director/Head of Hotel Services bei BNP Paribas Real Estate. "Einige Hotels werden aber auf absehbare Zeit nicht profitabel wirtschaften können. Hierzu zählen wir u.a. Hotels mit einem nicht mehr aktuellen Erscheinungsbild in Stadtrand- oder Messelagen sowie Hotels im 4-Sterne- und im Tagungssegment."

Alexander Trobitz: Einige Hotels werden nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können.Foto: BNP Paribas

In diesen Häusern stünden die jeweiligen Eigentümer vor grossen Herausforderungen, ihre Immobilie zukunftsfähig aufzustellen. Denkbare und derzeit an zahlreichen Standorten geprüfte Möglichkeiten seien beispielsweise die Umwandlung der bisherigen Hotel-Immobilien in Serviced Apartments, Co- oder Senior-Living-Konzepte, eine Umnutzung in Wohnungen oder auch in eine klassische Büroimmobilie.

Ebertz: Erst bereinigt sich der Hotelmarkt selbst

Von Seiten der Investoren gibt man sich ebenfalls verhalten. Dr. Peter Ebertz, Geschäftsführer und Head of Hotels bei Art Invest, rechnet, dass der Hotelmarkt erst wieder 2023/24 anspringen werde, da der Hotelmarkt auch selbst einem Transformationsprozess unterläge: Viele Hotels würden vom Markt gehen. Im Gegensatz aber zu den sich ebenfalls im Krisenmodus befindlichen Warenhäusern, die auch auf der Umwidmungs-Plattform präsentiert werden, hätten Hotels eine andere Ausgangslage, denn viele hätten vor der Krise noch gut performt. Vor allem beim Thema Konferenzhotel stelle sich das Thema Umnutzung häufig, doch oft sei der Umbau so teuer wie ein Neubau.

Umnutzung: Nicht von der Stange

Bei Umwidmungen gilt es aber genau zu differenzieren. Die Hotels über einen Kamm zu scheren, funktioniert weder beim Thema Investition noch bei der Umnutzung der Immobilie. Hotels sind hochkomplexe Spezial-Immobilien, die häufig stark auf einen bestimmten Betreiber zugeschnitten und folglich nur eingeschränkt drittverwendungsfähig sind. "Jedes Hotel ist ein Massanzug", betont Reiner Nittka, CEO der GBI AG, "da passen nicht mehr viele andere rein". Anders formuliert: Die Umnutzung eines Hotels ist ein Kraftakt und manchmal auch ein Kunstwerk.

Aus Standort-Analysen für Hotel-Immobilien wird auch ersichtlich, dass es – je nach Hotellage - mit dem Anforderungskatalog für Wohnstandorte nicht immer viele Gemeinsamkeiten gibt. Auch hinsichtlich der Raum-Aufteilung und der Funktionsanforderungen gibt es deutliche Unterschiede, da ein klassisches Hotel – anders als standardisierte Budget-Hotels – oft einen erheblichen Bedarf an öffentlichen und Wirtschaftsflächen hat.

Felix von Braun, DPF: Die Preise für den Kauf eines Hotels sind noch zu hoch.Foto: Yves Sucksdorff

Korian: Health Care ist anders

Und dennoch kann es sich lohnen, die Umwidmung einer Hotel-Immobilie in Erwägung zu ziehen, wenn wichtige Parameter, darunter auch der Preis, passen. Dem kann Arno Schwalie, CEO des Health Care-Marktführers Korian, nur beipflichten: "Eine Drittverwendung hängt immer von der konkreten Konstellation ab". Obwohl Health Care und Hospitality in ihrem Kern nahe beieinander liegen, hat er bis heute noch keine Hotel-Immobilie in ein Pflegeheim verwandeln können. Häuser, die ihm bisher vorgeschlagen wurden, würden sich allenfalls für Betreutes Wohnen eignen. Die ersten Barrieren entstehen bereits bei Basis-Anforderungen: So sind beispielsweise die Gänge nicht breit genug, die Zimmer sind nicht rollstuhlfähig oder es gibt keinen Raum pro Etage, um ein Schwesternzimmer einzurichten. Ein grosses Problem ist zudem die Zuwegung.

Korian gehört zudem zu den Health Care-Betreibern, die mit 80 bis 120 Zimmern bevorzugt kleinere Gebäude betreiben – was eine Kooperation mit grossen Projektentwicklern wie der GBI schon scheitern lassen könnte: "Ich habe noch nie Hotels unter 170 Zimmer gebaut", sagt Nittka. Korian will jetzt selbst Immobilien kaufen.

Umgebaute Budget-Hotels als Senioren-Residenzen

Felix von Braun, CEO der DPF AG, will eigentlich Neubauten. Mit Tertianum hat das Berliner Unternehmen ein eingeführtes Premium-Produkt für luxuriöse Senioren-Residenzen am Markt. Mit Livrée wird nun auch ein 3-Sterne Konzept eingeführt. Inzwischen, so von Braun, werde er aber jede Woche von Hotel-Eigentümern angesprochen, so dass er auch Bestandsobjekte prüfe, die sich mit den eigenen Lagekriterien decken, wie beispielsweise die Stadtgrösse ab 70.000 Einwohner und die nötige Infrastruktur sowie Zentrumsnähe.

Noch aber seien die Preise oft zu hoch für einen Einstieg, doch mit dem Fall der Insolvenz-Aussetzung sehe er deutlich mehr Objekte auf den Markt kommen. Für ihn seien auch Budgethotels durchaus interessant, da man in diesem Fall einfach zwei Hotelzimmer verbinde und aus dem zweiten Bad eine Küche mache. Da beide DPF-Marken ausserhalb des staatlichen Vergütungssystems laufen, sieht von Braun angesichts der steigenden Nachfrage kaum Risiken.

Hotels eignen sich am besten noch für eine Umwandlung in Wohn-Einheiten.Foto: unsplash adam winger

Warten auf
niedrigere Preise

Den Schritt in Richtung altersgerechtes Wohnen will auch John Bothe gehen, Gründer und Geschäftsführer von Silverlake, einem Immobilien-Investor aus Düsseldorf. Er will Objekte identifizieren, die sich für möblierte Wohnungen und Senioren-Anlagen eignen. In ihrem Fokus sind dabei neue Hotels ohne Betreiber und Bestandshotels. Aus Sicht von Bothe sind vor allem Hotels aus den siebziger und achtziger Jahren interessant. "Sie sind noch in Skelett-Bauweise errichtet worden und haben die entsprechenden Deckenhöhen und Flächentiefen, die eine Umwidmung möglich machen." Komplizierter werde es bei den Objekten aus den neunziger Jahren. Sie verfügten oft über schwierigere Schnitte und Elemente wie Säulen inmitten der Räume, das mache Umbauten aufwendig und teuer.

Teuer sollte es aber nicht sein, denn nur wenn die Investoren es günstig kaufen können, lohnt sich für sie auch der Aufwand. Viele Angebote, die Bothe auf dem Schreibtisch hat, scheiden aus diesen Gründen noch aus. "Häufig sind sie noch zu teuer als dass sich für uns ein Umbau lohnen würde, dafür reichen die derzeitig gebotenen 10 bis 20 % Abschlag nicht aus".

Doch das könnte sich seiner Meinung bald ändern. Nach der Finanzkrise 2009 war der Hotelmarkt rund zwei Jahre sehr verhalten, bis die Investitionen wieder ansprangen, das konnten Hoteliers durchstehen. Doch dieses Mal könnte die Phase länger dauern, da sich die Entwicklung des Hotelmarktes schon vor Covid-19 abschwächte.

4-Sterne-Hotels für Langzeit-Wohnen

Einar Skjerven, Geschäftsführer Skjerven Group, setzt dagegen auf Langzeit-Wohnen. "Besonders gut geeignet zur Umnutzung in Serviced Apartments sind ältere 4-Sterne-Häuser. Vor 20 Jahren gebaut, weisen diese Häuser einen gewissen Modernisierungsbedarf auf, der angesichts der derzeitigen Marktsituation nicht ohne weiteres aufzuholen ist. Zudem haben insbesondere ältere Hotels der höheren Kategorien noch Zimmer-Grössen, die den Einbau einer Kitchenette gestatten. Bei der Objektauswahl werden zentrale Lagen bevorzugt. Alternativ sollte eine sehr gute Verkehrsanbindung in Richtung des Stadtzentrums vorhanden sein."

Alexander Eckmann: Für ihn zählt primär die Lage.Foto: Savvy Group

Aus Hotels werden Wohnungen

Auf das Boom-Segment Wohnen setzt die noch recht junge Savvy Gruppe aus München. Mit dem einstigen Isaria-Chef Michael Haupt an der Spitze hat sie jedoch einen erfahrenen Manager an Bord. Das Unternehmen will in den Top-7 Städten Mikro-Wohnungen neu bauen, sofern die Lage und der Preis passen, seien aber auch Hotels zur Umnutzung im Fokus, so Alexander Eckmann, Business Development Manager bei der Savvy Group.

Er sieht beim Thema Umwidmung weniger die Bausubstanz als die Lage als Vorteil, denn gute Innenstadt-Grundstücke mit guter Anbindung an den Nahverkehr seien kaum am Markt zu finden. Eckmann hat bei diesem Thema vor allem Hotels mit Zimmern um die 25 qm im 4-Sterne-Bereich im Fokus. Budget-Hotels mit den oft 16-17 qm kleinen Zimmern seien dagegen zu aufwendig umzubauen. Es müssten zwei Zimmer zusammengelegt werden, das sei oft baulich kompliziert. Für die Gemeinschaftsflächen der 4-Sterne-Hotels im Erdgeschoss sieht Eckmann auch Chancen in Untervermietungen, beispielsweise an Einzelhandel und Gastronomie oder für mobile Büro-Boxen, abhängig vom Standort.

Häufig grosse bauliche Veränderungen notwendig

Umwidmungen auf die leichte Schulter zu nehmen, davor warnt Eckmann. Vieles sei hochpolitisch und an strenge behördliche Regularien gebunden. Ein weiteres Problem, so die Gesprächspartner unisono, seien fehlende und unvollständige Pläne, dazu kommen je Nutzungsart andere Regulierungen im Brandschutz, im Baurecht oder bei den Fluchtwegen.

Das macht es nicht nur technisch, sondern damit auch wirtschaftlich nicht immer einfach. So bestehen beispielsweise bei den Bädern eines Seniorenheimes im Vergleich zu einem 4-Sterne-Hotel erhebliche Unterschiede. Während in solchen Hotels in der Regel Wannenbäder vorgesehen sind, benötigen Pflege-Immobilien gemäss DIN 18025 barrierefreie, also bodengleiche Duschen. Auch in puncto Schallschutz werden andere Anforderungen an eine Senioren-Einrichtung gestellt. In Hotels sind in den Etagenfluren Teppichböden ohne schwimmenden Estrich verlegt. Pflegeeinrichtung hingegen benötigen aus Hygienegründen PVC-Beläge. Hinzu kommt, dass Hotel-Tagungsräume insbesondere in Bezug auf ihre Raumhöhe nicht immer eine Wohnraumqualität aufweisen und sich somit auch nicht ohne weiteres in notwendige Betriebsräume umwandeln lassen.

Die Zukunft gehört den gemischten Immobilien und Quartieren.Foto: unsplash chuttersnap

Mixed Use und
Innenstadt-Quartiere

Entwickler bauen zwar immer noch Hotels, aber nur wenn sie weitgehend durchfinanziert sind. Experten schätzen jedoch, dass etwa ein Fünftel der geplanten Hotels infolge der Krise möglicherweise nicht mehr realisiert oder aber anders genutzt werden. Allerdings würden Entwickler ihre Pläne nicht kurzfristig ändern, sondern eher bei Projekten, die für 2023 oder 2024 in der Pipeline sind. Denn hier besteht das Problem angesichts der anhaltenden Unsicherheiten, zugkräftige Marken als Betreiber zu finden und die Finanzierung in trockene Tücher zu bringen, sollte die Bank die Risiken anders einstufen.

Für Helge Scheunemann, Head of Research Germany in JLL, gehören daher Mixed Use und Multi-Nutzer-Konzepten die Zukunft. Das werde unterstützt von dem Trend hin zu hybriden Immobilien, die dem Bedürfnis der Nutzer nach Wohnen, Arbeiten und Leben "unter einem Dach" nachkommen. "In den nächsten Jahren dürften daher zahlreiche gemischt genutzte Immobilien oder Quartiere entstehen, die dann auch das Interesse der Investoren auf sich ziehen", so Scheunemanns Ausblick.

Auf die Hotellerie kommen schwere Zeiten zu: Endet die Insolvenz-Aussetzung, könnten gleich mehrere Wellen an Kreditausfällen von notleidenden Hotels auf die Banken zurollen. Christoph Schalast, Professor für Wirtschaftsrecht an der Frankfurt School of Finance, rechnet damit, dass sich auch der Bestand an faulen Krediten über alle Branchen dann verdoppeln wird. Derzeit machten diese in der EU etwa 400 Milliarden Euro aus – was im historischen Vergleich aber ein eher niedriger Betrag sei und daher zu keiner Bankenkrise führen würde. Für die Hotelbranche kann diese Entwicklung jedoch weitere unangenehme Folgen haben: Da die Banken bereits jetzt sehr restriktiv bei Krediten sind, könnte es zu einer anhaltenden Kreditklemme für sie kommen. / Beatrix Boutonnet

Katastrophale Zahlen in 2020

Die Anzahl der Übernachtungen in Deutschland gingen im ersten Halbjahr 2020 um rund 50% zurück, so der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband. Neben den rückläufigen Geschäftsreisenden erhöhten die fehlenden internationalen Gäste – China mit einem Minus von 84,6%, Taiwan 82,6% und Australien mit 82,5% - den Druck. Die durchschnittliche Zimmer-Auslastung in Hotel-Betrieben mit mehr als 25 Gästezimmern lag von Januar bis September 2020 bei 41,2%. Das Umsatzminus im ersten Halbjahr summierte sich auf knapp 40%.

Europaweit sieht es noch unschöner aus. Laut HVS sank die Auslastung europaweit um 61,6% auf 26,3%, wobei die absolute Auslastung den niedrigsten Stand aller registrierten Jahre erreichte. Ähnlich unschön sieht es auf dem Investment-Sektor bei den Hotelbewertungen aus. HVS ermittelte bei den Hotelobjekten auch einen Wertverlust zwischen 5 und 30 % auf dem europäischen Hotelmarkt. / BB

 

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