Küchenplanung mit KI Digi Talk Wie das Parkhotel Stuttgart Messe Team und Arbeit optimiert
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Küchenplanung mit KI

Digi Talk: Wie das Parkhotel Stuttgart Messe Team und Arbeit optimiert

Eine KI-optimierte Küchenplanung verbessert nicht nur die Arbeitszeiten der Mitarbeiter, sondern hilft auch Abfälle zu reduzieren.Foto: Syda Productions Fotolia

Stuttgart. Das 220 Zimmer grosse Parkhotel Stuttgart Messe-Airport in Echterdingen hat 18 Tagungsräume und vier F&B-Outlets. Im Schnitt zählt das Hotel 300 bis 400 Couverts pro Tag. In der Küche hat seit kurzem ein neuer "Chef" das Sagen: Künstliche Intelligenz. KI erleichtert die Planung und reduziert die Kosten. Direktor Elouan Pêcheur ist begeistert.

Herr Pêcheur, was hat Sie dazu bewogen, KI in der Küche einziehen zu lassen?

Wir befassen uns schon länger mit der Verbesserung von Arbeitszeiten in unserem Hotel. Das neue System hilft, die Arbeitszeit und die Organisation der Produktion so umzustrukturieren, dass wir nun keinen Teildienst mehr benötigen, sondern Frühschicht, eine durchgehende Schicht und Spätschicht anbieten können. Wir wollen wieder mehr junge Leute für unsere Branche begeistern und unsere Mitarbeiter zufriedener und glücklicher machen.

Wie sind Sie vorgegangen?

Zuerst wurden alle typischen Prozesse und Abläufe analysiert. Wer hat welche Rolle in der Hotelküche? Welcher Mitarbeiter wird wo eingesetzt? Was passiert in der Küche wie und wann? Ausserdem haben wir den aktuellen Personalmangel berücksichtigt. Für die Küche findet man heute vor allem ungelernte Aushilfen, es mangelt an Chefs an den einzelnen Stationen. Der Küchenchef muss ein Instrument an die Hand bekommen, mit dem er die ungelernten Mitarbeiter einfach anleiten kann.

Anfangs wurde die komplette Produktion analysiert, und ein Querschnitt erarbeitet. Rezepturen wurden in ihren Zusammensetzungen erfasst und Aufgaben zusammengefasst. Wir bewegten uns weg von dem klassischen Partie-Gedanken. Früher war jeder Koch für einen Teil zuständig. Dieses Prinzip haben wir nun massiv vereinfacht.

Elouan Pêcheur: Die Einsparungen zeigen sich bei den Personalkosten.Foto: Parkhotel Stuttgart

Dazu ein Beispiel: Der Mitarbeiter, der um 15 Uhr startet, kann sich darauf verlassen, dass alles, was er für seine Produktion braucht, bestellt oder schon produziert wurde. Er muss nicht nachfragen, da er selbst bereits am Vortag den Prozess planen oder beeinflussen konnte. Der Küchenchef hat ebenfalls eine komplette Live-Übersicht. Die Kommunikation ist viel effizienter, die Qualität hat weniger Schwankungen, die Mengen werden besser definiert und zeitlich passend geliefert.

Bisher haben wir zudem mit Excel-Tabellen gearbeitet. Dabei waren einerseits die ausgedruckten Papierberge nicht aktuell genug noch konnte jeder Mitarbeiter mit dem Programm umgehen. Also wollten wir auf eine einfache Informationsplattform wechseln, die jedem Mitarbeiter zugänglich ist, eine App.

Welches Software-Unternehmen haben Sie für diesen Schritt gewählt?

Wir haben die Probleme und das Optimierungspotenzial gemeinsam mit dem IT-Spezialisten Simon Schweizer von Inventive Software identifiziert.

Hatte Inventive Software Erfahrung im F&B-Bereich oder ist Ihr Unternehmen das Pilotprojekt?

Nein, Simon Schweizer entwickelt eigentlich Software für die Automobil-Industrie. Er ist aber kein klassischer IT'ler, er weiss sich in die Lage von operativen Menschen zu versetzten und hat Schritt für Schritt die Denkweise einer Küchenbrigade verstanden.

Wie muss man sich die Arbeit mit dem System nun konkret vorstellen?

Alle Speisen sind in eine Web-Applikation integriert. Jede Rezeptur besteht aus Arbeitsschritten, die effizient zusammengefasst und organisiert sind. Der Küchenchef pflegt pro Saison die Speisekarte für das A-la-Carte-Angebot, die Büffets und die Menüs von Veranstaltungen ein. Wöchentlich trägt er die Anzahl der erwarteten Gäste aus den Reservierungen und seine Erfahrungswerte ein. Der Algorithmus macht den Rest. Das heisst, die Software im Hintergrund erstellt die Wochen- und Monatsplanung ebenso wie den Personaleinsatz und die Waren-Bestellungen.

Weshalb haben Sie kein herkömmliches Waren-Wirtschaftssystem gewählt?

Sie sind viel zu kompliziert in der Handhabung. Bei unserer App ist zwar auch eine Datenbank hinterlegt, doch durch die neuen Technologien nutzen unsere Mitarbeiter das System intuitiv. Jeder Mitarbeiter hat ein Tablet oder bedient die Anwendung über ein Smartphone. Die Aufgaben sind für jeden aufgelistet, in einer Spalte kann man jeden Teil als erledigt abhaken. Wer nicht weiter weiss, kann sich durch einzelne Arbeitsschritte klicken. Per Chat-Funktion kann der Küchenchef das Team darüber informieren, dass er zusätzliche Hilfe braucht. Und er kann auf einen Blick prüfen, welche Aufgaben bereits erledigt wurden. Handgriffe in der Küche werden so effizienter.

Können Sie bitte ein Beispiel nennen?

Früher kochte jeder Mitarbeiter so viel Gemüsebrühe wie er gerade benötigte. Etwa Brühe für den Kartoffelsalat, für das Mittagsbuffet und die abendliche Hochzeitsgesellschaft. Jetzt gibt die Software an, zu welchem Zeitpunkt 100 Liter Gemüsebrühe gekocht werden müssen, damit alle sich daran bedienen können.

Auf dem Tablet oder Smartphone sehen die Mitarbeiter ihre Aufgaben und können diese als erledigt markieren.Foto: Natalia Merzlyakova Fotolia

Wie lange hat es gedauert, dieses massgeschneiderte System zu entwickeln und einzuführen?

Die Anwendung wurde seit 2016 schrittweise entwickelt und eingeführt. Die erste Version als Online-Tool startete zwischen April und Juni 2017. Die Bedürfnisse, Rahmenbedingungen und die Rückmeldungen der Mitarbeiter wurden immer wieder eingearbeitet. So lassen sich Rezepturen variabel auf eine grössere oder kleinere Personenzahl anpassen, die Software berechnet es fix und sorgfältig. Die Synchronisation erfolgt in Echtzeit über die Cloud.

Hinzu kommt: Der Datenbestand eröffnet weitere Möglichkeiten. Arbeitsprozesse könnten mit Bildern und Filmen hinterlegt werden. So wären simple Zubereitungen auch für jene Mitarbeiter ohne spezielle Ausbildung machbar. Simon Schweizer hat uns aufgezeigt, dass wir noch lange nicht am Ende dessen sind, was technisch alles machbar ist.

Sie sprachen eben davon, dass jeder Mitarbeiter ein Tablet hat. Haben Sie diese zur Verfügung gestellt oder benutzen die Mitarbeiter ihr privates Smartphone?

Die Tablets werden vom Hotel zur Verfügung gestellt.

Wie hoch war die Investition, welche Einsparungen versprechen Sie sich?

Die Entwicklung hat weniger als 10.000 Euro gekostet. Wir haben teilweise bereits geschriebene Codes gekauft. Die Einsparungen zeigen sich bei den Personalkosten: Hatte die Küchenbrigade im Parkhotel in der Vergangenheit bis zu 30 Personen, sind es mittlerweile nur noch 20. Durch die tägliche Anpassung der zu produzierenden Mengen konnten wir die Abfälle um 2-3% reduzieren.

Welche Auswirkungen hat das Ganze auf das Team?

Durch das wirtschaftliche Arbeiten werden die Arbeitszeiten optimiert und die Mitarbeiter besser bezahlt. Sie verdienen im Schnitt zwischen 15% und 20% über dem Manteltarif-Vertrag der Dehoga. Gehalt, Arbeitsbelastung und Freizeit kommen zunehmend in Balance.

Ein anderer sehr wichtiger Aspekt ist, dass die Digitalisierung das Arbeiten für unseren Küchenchef Andreas Stanislawsky und sein Team ungemein entspannt hat. Die Produktion ist jetzt zentralisiert und digitalisiert, so lassen sich Spitzen leichter abdecken – z.B. bei 1.000 Gästen an einem Mittag. Denn die Standardaufgaben laufen jetzt als Routine, sie sind delegiert und automatisiert. So können sie sich mehr Zeit für Gerichte nehmen, die viel Aufmerksamkeit erfordern.

Die Software unterstützt die Küchenchefs dabei, Top-Leute genau zu der Zeit dort in der Küche einzusetzen, wo ihre Fähigkeiten gebraucht werden. Die Prozesse inklusive Standards und Garzeiten sind hinterlegt, so findet eine optimale Auslastung der Küchen-Mannschaft statt. / Susanne Stauss

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