Liquide aus dem Lockdown kommen
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Liquide aus dem Lockdown kommen

Wiesbaden. Österreich befindet sich bereits im Lockdown, in Deutschland sind einzelne Regionen betroffen, weitere könnten folgen. Strengere Corona-Regelungen führen zu den nächsten Umsatz-Einbussen im Gastgewerbe. Wie bereits im Vorjahr heisst es jetzt: Liquidität sichern! Und wie?

Cash Management bleibt ein Thema in diesem Winter.Foto: jason leung unsplash

Mit dem am 22. November 2021 in Österreich gestarteten Lockdown wird erneut ein massiver wirtschaftlicher Schaden ausgelöst. Er bildet die Spitze vieler Massnahmen, die den Tourismus bereits zuvor in Bedrängnis gebracht haben, wie die Schwierigkeiten bei den PCR-Tests oder die deutsche Reisewarnung. Thomas Reisenzahn von der Prodinger Tourismusberatung mit Sitz in Wien und Zell am See weist Hoteliers daher in seinem Blog und auf der Unternehmens-Website darauf hin, dass es insbesondere im Hinblick auf die Wintersaison 2021/2022 zu gravierenden Liquiditäts-Engpässen kommen wird. Nur wenn ein Hotel in der Lage ist, im Rahmen seines operativen Geschäftes per Saldo einen Mittelzufluss zu erzeugen, ist es auch in schwierigen Zeiten wirtschaftlich abgesichert. In den nächsten Wochen und Monaten sollte die Liquidität deshalb weiterhin permanent überprüft werden!

Michael Lidl, Geschäftsführender Partner der Treugast Solution Group aus München sieht das ebenso. In welcher Situation sich die Hotelbranche aktuell befinde, sei dabei schwierig einzuschätzen. Pauschal-Aussagen könne man kaum treffen, da die Lage je nach Hoteltyp, ob Stadt- oder Ferienhotel, ob Privat- oder Kettenhotel variiere.

Erfahrungen der letzten Lockdowns hätten jedoch klar aufgezeigt, dass Liquiditätsmanagement Trumpf sei: "Sofern es in den tatsächlichen Überlebenskampf geht, muss der Hotelier eine möglichst genaue Planung seiner Ein- und Auszahlungen vorliegen haben und genau abwägen, wann er welche Rechnungen zahlen kann bzw. muss", so Lidl. "Auch der undankbare Weg zu den Zulieferern und Vertragspartnern sollte in diesem Fall lieber früher als später gesucht werden, um möglichst frühzeitig Lösungen zu finden. Zum Beispiel die Aussetzung von Verträgen oder die Stundung von Rechnungen. Hierzu gehört natürlich auch die Mittelbeschaffung."

Bei 30% Belegung lieber schliessen

Michaedl Lidl: Trotz allem keine Entscheidung überstürzen! Foto: Treugast 

Lidl gibt dazu folgende Tipps: Alle offenen Forderungen eintreiben. Alle Hilfen ausschöpfen und rechtzeitig beantragen. Frühzeitig den Austausch und die offene Kommunikation mit seiner Hausbank suchen.

Ein zweiter wichtiger Hebel sei das Personal-Management. Hier empfiehlt die Treugast,

> frühzeitig darauf zu achten, dass Überstunden/Guttage/Urlaubstage abgebaut werden, um die Grundvoraussetzung für KUG zu erfüllen;
> zu prüfen, ob die bisherige KUG-Vereinbarung mit den Mitarbeitern auch noch bis März 2022 gültig ist oder ob eine neue abgeschlossen werden muss;
> Fluktuation zu vermeiden und zu prüfen, ob und in welchen Umfang freiwillige Zuschläge/Aufstockungen auf das KUG finanziell möglich sind, damit die Mitarbeiter nicht in andere Branche abwandern, weil sie sich weitere Gehaltseinbussen nicht leisten können oder wollen.
> Auch sollten Hoteliers die Öffnungs- & Schliessungs-Szenarien im Auge behalten. Der Hotelier muss eine Breakeven-Kalkulation anstellen, ab welcher Auslastung eine Schiessung des Betriebes kostentechnisch sinnvoll ist.

Thomas Reisenzahn: Die Hilfsmassnahmen müssenweitergehen.Foto: Florian Lechner 2015

"Erfahrungswerte zeigen, dass bei vielen Hotels dieser Wert bei 20 bis 30% Auslastung liegt," so Lidl. Entscheidend sei zudem eine schnelle Kommunikation, die auf allen Kanälen vorbereitet werden müsse, sowohl zu den Mitarbeitern als auch zu den Gästen. Lidl rät zudem zu weniger Sprunghaftigkeit. "Auch wenn die Inzidenzen und die Hospitalisierungsraten sich täglich ändern, sollten Entscheidungen zur Öffnung oder Schliessung nicht täglich neu getroffen werden. Das heisst, lieber ein paar Öffnungs- oder Schliesstage zu viel akzeptieren – oder anders ausgedrückt: Handeln Sie wie Unternehmer und nicht wie Politiker."

Massnahmen für Österreich

Die Prodinger Unternehmensberatung führt als Massnahme zur Betriebssicherung folgende Schritte auf:

> Tilgungs-Freistellung bei der Bank. Bei Banken und Leasing-Partnern eine Aussetzung aller Kreditraten/Annuitäten/Leasingraten beantragen.
> Nicht notwendige Reparaturen verschieben.
> Nur die notwendigsten Zahlungen für die Aufrechterhaltung des Betriebes durchführen.
> Mitarbeiter-Einsatzplanung: Einvernehmliche Auflösung mit Wiedereinstellung oder Kurzarbeit, wenn der Mitarbeiter tatsächlich gebraucht wird.
> Finanzämter und Krankenkassen in Österreich haben bis 31. Juni 2021 keine gestundeten Steuern und Abgaben eingefordert. Das Covid-19-Ratenzahlungsmodell wurde auf bis zu 36 Monate ausgeweitet.

Wichtige Massnahmen zur Liquiditätssicherung und Optimierung des Geldflusses aus der Geschäftstätigkeit des Hotels seien:

> Debitoren sofort versenden
> Mahnwesen up to date halten und Ergebnisse konsequent umsetzen
> Zahlungsfälligkeiten checken und evtl. verschieben
> Eingangsrechnung innerhalb der Skontofrist bezahlen
> Öffnungszeiten überdenken
> Mitarbeiter-Einsatz überprüfen
> Bei Engpässen früh genug den Kontakt zur Bank suchen

Um eine weitestgehende Schadensbegrenzung zu erreichen, so Reisenzahn, müssten aber auch die Hilfsmassnahmen schleunigst wieder hochgefahren werden. Lidl weist zudem auf ein anderes Ärgernis hin: "Forderungen an die Politik überlasse ich den offiziellen Branchensprechern", sagt er. "Aber klar ist, dass die Vielzahl an unterschiedlichen Regelungen und die sich ständig ändernden Regelungen ein riesiges Problem für die Unternehmer darstellen." / sst

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