Venedig. Es war das schlimmste Jahr seit 2010: Die italienische Kreuzfahrt-Industrie verzeichnete 2017 einen starken Rückgang, wie die von Risposte Turismo in ihrem traditionellen Geschäftsbericht "Speciale Crociere" gesammelten Zahlen belegen. Aus globaler Sicht verliert die europäische Kreuzfahrtschifffahrt generell an Boden.
Die Studie von Risposte Turismo umfasst Daten aus einem Pool von 41 nationalen Anlaufhäfen, die 96% des gesamten Passagier-Aufkommens des Landes und 89,1% aller Schiffsbesuche ausmachen. Der Kreuzfahrt-Verkehr ging von 11 Millionen Passagieren vor zwei Jahren auf 10,2 Millionen Passagiere im Jahr 2017 zurück, während die Gesamtanzahl der Schiffsbesuche von 4.986 um 7.1% auf 4.628 zurückging. Keines der vier grossen nationalen Kreuzfahrt-Gebiete verzeichnete ein positives Ergebnis: In der Region Zentral-Süd-Tirreno sank der Kreuzfahrt-Passagier-Verkehr um 14,3%, im nördliches Tirreno um 9,4%, in der Adria um 4,5%, während der Rest von Süditalien und seine Inseln einen Rückgang von 2,4% meldeten.
Trotzdem gelang es Italien, fünf nationale Destinationen in die Top 10 der europäischen Anlaufhöfen aufzunehmen: Civitavecchia lag mit 2,2 Millionen Passagieren an zweiter Stelle hinter Barcelona, gefolgt von Venedig, und dann Neapel, Genua und Savona.
Risposte Turismo geht jedoch davon aus, dass der italienische Kreuzfahrt-Markt sich im laufenden Jahr deutlich erholen wird: Der Passagier-Verkehr soll um 8,6% steigen und rettet sich damit wieder auf das Level von 2016 mit 11 Millionen, und die Gesamtzahl der Schiffsbesuche soll um 5,2% auf 4.868 Besuche steigen. Ende 2018 sollten daher vier italienische Anlaufhäfen mindestens die Schwelle von einer Million Gästen erreichen: Civitavecchia; Venedig; Neapel, und Genua.
Venedig zögert noch, Europa verliert Marktanteile
Die für Venedig zu erwartende geringere Performance lässt sich leicht mit der derzeit unsicheren Zukunft der Kreuzfahrt in der Stadt erklären. Die Behörden haben noch keine alternative Lösung für riesige Kreuzfahrtschiffe gefunden, nachdem ein Regierungsausschuss letzten November beschlossen hatte, dass Schiffe über 55.000 Tonnen nicht mehr durch das St. Markus-Becken fahren und in der Stadt bis 2021 nicht anlegen dürfen. Solche Massnahmen kamen nach Jahren des Widerstandes der venezianischen Bürger, welche zunehmend durch die riesigen Schiffe gestört wurden, die viel grösser sind als die meisten Gebäude in der Stadt.
Darüber hinaus muss der positive Ausblick 2018 für Italien vor dem Hintergrund gesehen werden, dass der Mittelmeerraum als globales Kreuzfahrt-Ziel an Bedeutung verliert. Den Daten von Risposte Turismo zufolge wird das Gebiet 2018 trotz der zunehmenden Kapazität der Schiffe, die Richtung südeuropäisches Meer segeln, voraussichtlich den geringsten Anteil am Gesamtangebot der Weltkreuzfahrt in den letzten zehn Jahren aufweisen und bei 15,8% aufhören. Der Anteil lag 2017 bei 16,1% und 2008 bei 17,6%.
Im laufenden Jahr wird sich Italiens Kreuzfahrt-Angebot vor allem auf den karibischen Raum konzentrieren, gefolgt vom gleichen Anteil im Mittelmeerraum sowie von europäischen Destinationen ausserhalb des Mittelmeerraums. Der grösste Anstieg dürfte jedoch in der asiatischen Region zu verzeichnen sein, die voraussichtlich einen Anteil von 10,4% am weltweiten Kreuzfahrt-Angebot erreichen wird. Das ist ein grosser Sprung nach vorne, wenn man bedenkt, dass Asien vor nur zehn Jahren nur 1,2% des Gesamtangebots eingesammelt hat.
Sie finden den Kurzbericht "Speciale Crociere" von Risposte Turismo im angehängten PDF. / Massimiliano Sarti